Albrecht Rosengarten

Albrecht Rosengarten (eigentlich Abraham, aber auch Albert Rosengarten, * 5. Januar 1810 in Kassel; † 15. August 1893 in Wiesbaden)[1][2] war ein deutscher Architekt, dessen Werk großen Einfluss auf den Synagogenbau in Deutschland und Österreich-Ungarn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte.

Herkunft und Werdegang

Die Hauptsynagoge in Kassel von 1839
Die Synagoge an den Kohlhöfen in Hamburg von 1859
Gast- und Krankenhaus Hamburg
Schröderstift Hamburg

Rosengarten stammte aus einer jüdischen Kasseler Familie und erlernte seinen Beruf in den 1830er Jahren beim Bauamt in Kassel. Er arbeitete 12 Jahre im kurhessischen Staatsdienst und bildete sich bei Auslandsaufenthalten 1839 in Paris (bei Henri Labrouste) und 1841 in Rom weiter. Er war der erste jüdische Architekt in Deutschland, der Synagogen baute, und wurde bekannt als Erbauer der Hauptsynagoge in Kassel (1836–1838), der Synagoge im nordhessischen Gudensberg (1840–1843), sowie dreier in Ziegelrohbauweise ausgeführter Synagogen (darunter die große Synagoge Kohlhöfen) und des Gast- und Krankenhauses an der Danziger Straße in Hamburg (1853–1857).

Hauptsynagoge Kassel

Die große, zweistöckige, dreischiffige Hauptsynagoge in Kassel, die bis 1938 in der Unteren Königstraße stand und etwa 800 Gemeindemitgliedern Platz bot, wurde 1839 nach drei Jahren Bauzeit eingeweiht. Sie sollte sich, gemäß dem Wunsch der jüdischen Gemeinde von Kassel, architektonisch selbstbewusst darstellen, aber in ihrer Bauweise von der Umgebung nicht allzu sehr abheben. Mit ihrer schnörkellosen Fassade, den neuromanischen Rundbögen und dem gelblich-weißen Bruchstein fügte sie sich harmonisch ins Stadtbild.

Einfluss

Rosengarten kreierte mit diesem Bau einen neuen Stil im Synagogenbau. Er veröffentlichte seine Ansichten und Pläne 1840 in der Wiener Allgemeinen Bauzeitung, weshalb sie bis heute erhalten sind. Rosengartens Architektur war geprägt von dem Anliegen, die Integration der Juden auch im Baustil zu symbolisieren. Vorbild und damit gemeinsame Wurzel für Juden und Christen war für ihn die Basilika, und er hielt den Rundbogenstil als für Synagogen am besten geeignet. Er lehnte den ägyptischen Stil wegen seiner Assoziation mit Sklaverei, den neugotischen wegen seiner allzu offenkundigen Verbindung mit christlicher Architektur ab, und er war gegen das Kopieren klassischer Tempel. Sein Kasseler Werk wurde stilbestimmend für Synagogen in Frankfurt/Main (Schützenstraße, 1853) und Mannheim (1855). Sein Einfluss auf den Synagogenbau war besonders sichtbar im ehemaligen Österreich-Ungarn. Die Synagogen von Pohořelice (Pohrlitz) (1855), Brno (Brünn) (1855) und Jihlava (Iglau) (1863) in Mähren zeigen seinen Einfluss, ebenso die Neue Synagoge in Gliwice (Gleiwitz) (1861), die Große Synagoge in Plzeň (Pilsen) (1861) und die Linzer Synagoge (1877).

Da die meisten der von ihm erbauten Synagogen zerstört wurden, ist die Synagoge in Gudensberg in Nordhessen wohl eine der wenigen, wenn nicht die einzige noch erhaltene Synagoge Albrecht Rosengartens.

Bauten

  • 1836–1838: Hauptsynagoge Kassel
  • 1840–1843: Synagoge Gudensberg
  • nach 1842: Haus Wilkens, Hamburg, Alter Wall 56–58
  • nach 1842: Wohnhaus, Hamburg, Alsterdamm 3
  • nach 1842: Geschäftshaus Schumacher & Dahnert, Hamburg, Johannisstraße 19
  • 1851–1853: Schröderstift, Hamburg
  • 1858: Hospitalbau Gast- und Krankenhaus, Hamburg, Danziger Straße
  • 1857–1859: Synagoge Kohlhöfen, Hamburg
  • 1862: Grabkapelle Schröder, Hamburg, Petrikirchhof
  • 1867–1869: Oberaltenstift, Hamburg, Mühlendamm
  • 1872: Villa Horschitz, Hamburg, Harvestehuder Weg 8
  • 1874: Alida Schmidt-Stift, Hamburg, Bürgerweide 23

Schriften

  • (mit L. Runge): Architektonische Mittheilungen über Italien. Eine Auswahl interessantester und werthvoller Darstellungen aus den Mappen der Architekten L. Runge und A. Rosengarten. Müller, Berlin o. J. [ca. 1847].
  • Die architektonischen Stylarten. Eine kurze, allgemeinfaßliche Darstellung der charakteristischen Verschiedenheiten der architektonischen Stylarten. Vieweg, Braunschweig 1857. Digitalisat
  • Architekturbilder aus Paris und London. Hamburg 1860.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Melhop: Alt-Hamburgische Bauweise. Hamburg, 1925 (2. Aufl.), S. 226
  2. Saskia Rohde: Rosengarten, Albert. In: Das jüdische Hamburg: ein historisches Nachschlagewerk. Wallstein, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0004-0, S. 218.
  3. Das Riesser-Grabmal als Symbolfigur, doi:10.23691/jgo:article-26.de.v1

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Hamburg Gast- und Krankenhaus 1860.jpg
Hamburg, Gast- und Krankenhaus um 1860
Kohlhoefen-Synagoge Hamburg.jpg
Die ehemalige Hauptsynagoge der Deutsch-Israelitischen Gemeinde stand an den Kohlhöfen 19/20 in der Hamburger Neustadt. 1859 nach Plänen des Architekten Albrecht Rosengarten errichtet, lag sie als erste Hamburger Synagoge an einem von der Straße aus sichtbaren Platz, der dennoch durch eine Mauer abgeschirmt war. Im Zuge der Stadtteilsanierung wurde sie 1934 abgerissen.
Hamburg Schröderstift 002.jpg
Autor/Urheber: GeorgHH, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Schröderstift, Schröderstiftstrasse 34 in Hamburg-Eimsbüttel. Gestiftet von Johann Heinrich Schröder, erbaut im Stile des Historiums 1852, nach Plänen des Architekten Albert Rosengarten. 1896 erweitert nach Plänen von Albert Petersen.
Synagoge-Kassel-1.jpg
Synagoge in Kassel von 1839