Albert Krebs (Gauleiter)

Albert Krebs (* 3. März 1899 in Amorbach; † 26. Juni 1974 in Hamburg) war ein deutscher Politiker und 1928 kurzzeitig Gauleiter der NSDAP in Hamburg.

Leben

Ausbildung

Krebs, Sohn eines höheren Archivbeamten, legte nach dem Besuch eines Gymnasiums in Aschaffenburg 1917 das Abitur ab und meldete sich anschließend freiwillig zum Militär; er kam aber im Krieg nicht zum Einsatz.

Im März 1919 wurde er aus dem Militärdienst entlassen. Danach begann er sein Studium der Germanistik, Geschichte, Nationalökonomie und der Sprache Englisch, das er in Würzburg, Tübingen, Marburg und Frankfurt am Main absolvierte. 1922 promovierte er und schloss sich im selben Jahr der NSDAP[1] an.

Bereits vor dem Krieg hatte sich Krebs in der Jugendbewegung betätigt; außerdem war er während des Studiums in der Deutschen Gildenschaft und in den Freikorps Epp und Oberland.

Politische Laufbahn bis 1940

Ab März 1925 fungierte er als „Referent für politische Erziehung und volksbürgerliche Arbeitsgemeinschaften“ (Abteilung 17) bei der völkisch-antisemitisch ausgerichteten Angestelltengewerkschaft Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband (DHV) in Berlin-Spandau.[2] Nach der Neugründung der NSDAP trat ihr Krebs im Mai 1926 erneut bei und wurde in einer Versammlung der Hamburger NSDAP, die vorher vom Gau zur Ortsgruppe zurückgestuft worden war, am 4. November 1926 zu deren Leiter ernannt. Mit ihm rückte „in der NSDAP eine jüngere Generation und eine moderne soziale Schicht, der ‚neue Mittelstand der Angestellten und Akademiker‘, nach vorne“.[3] Unter seiner Führung erlebte die NSDAP bald einen Aufschwung. Ende 1927 errichtete Krebs eine Rednerschule, ab Februar 1928 erschien als erste nationalsozialistischen Zeitung in Hamburg wöchentlich das Hamburger Volksblatt. Die Anzahl der Parteimitglieder stieg von 130 im November 1926 auf über auf 600 Mitglieder im Jahre 1928.[4]

Nachdem die Ortsgruppe am 26. Februar 1928 erneut zum Gau aufstiegen war, wurde Krebs Gauleiter von Hamburg.[5] In seiner Zeit als Gauleiter setzte Krebs sich im Rahmen der Berliner Betriebszellenbewegung zusammen mit Johannes Engel für eine reichsweite Ausdehnung und Zusammenfassung der lokalen nationalsozialistischen Angestelltenorganisationen ein. Damit sollte verhindert werden, „dass bei einer Untätigkeit der Parteileitung überall wilde Angestelltenausschüsse emporwachsen, die gar nicht zu kontrollieren sind.“[6]

Dies löste parteiinterne Streitereien aus, bei denen Krebs sich von der Parteileitung in München zu wenig unterstützt fühlte, und als Konsequenz trat er im Mai 1928 – nach nur 3 Monaten – als Gauleiter zurück. Offiziell wurde seine Amtszeit im September 1928 beendet. Während einer Übergangsphase wurde der Gau kommissarisch von Schleswig-Holstein aus geleitet, tatsächlich bestimmte der Gaugeschäftsführer und Abgeordnete der Bürgerschaft Wilhelm Hüttmann die Richtung.[7]

Im April 1930 übernahm Krebs die Leitung der Betriebszellenorganisation von Hamburg.

Ab 1931 arbeitete er als ehrenamtlicher Chefredakteur der NS-Tageszeitung Hamburger Tageblatt. Wegen eines am 18. Mai 1932 darin veröffentlichten kritischen Artikels gegen Kurt von Schleicher, in dem er u. a. behauptete, Schleicher wolle „nur mit den Nationalsozialisten spielen, wie er vorher mit anderen Gruppen spielte, um sie hernach seinem eisigen Ehrgeiz zu opfern“,[8] wurde Krebs von Adolf Hitler persönlich gemaßregelt und aus der Partei ausgeschlossen.[9]

Beruflich setzte er seine Tätigkeit als Volksbildungs- und Kulturreferent beim DHV bis zu dessen Auflösung im April 1934 fort. In den folgenden Jahren bekleidete er verschiedene Positionen innerhalb der Hamburger Kulturverwaltung: im September 1934 wurde er zum Leiter der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen ernannt und vier Jahre später, 1938, war er bereits in der „Verwaltung für Kunst und Kultur“ angestellt. 1940 wurde er zum Senatsdirektor befördert.[10]

Reichskommissariat Ostland

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion wurde Krebs als Sonderführer der Propaganda-Abteilung Ostland im Reichskommissariat Ostland (RKO) zugeteilt und übernahm in den Städten Riga und Reval den Kulturbereich. Außerdem war er Gebietskommissar des Bezirkes Orscha im Hauptkommissariat Wizebsk.[11] Militär- und Zivilverwaltung, Polizei, SS und einheimische Verbände im RKO waren nachweislich an Maßnahmen gegen Juden und am Holocaust beteiligt. Dass dies auch für die dortigen Gebietskommissare zutraf, zeigt das Beispiel von Hans Gewecke. Gewecke hatte 1958 vor einem Lübecker Gericht gestanden, dass er auch bei der Erfassung von Juden und deren Eigentum und bei Überführungen von Juden in Ghettos mitgeholfen habe.[12]

Über die 1942 vermittelte Bekanntschaft mit Fritz-Dietlof von der Schulenburg wusste Krebs von den Umsturzplänen und auch vom bevorstehenden Attentat auf Hitler. Nach dessen Scheitern, am 20. Juli 1944, tauchte er unter.

Nachkriegszeit

Im Entnazifizierungsverfahren wurde er 1947 als „Entlasteter“ eingestuft, mit der Auflage, sich nicht mehr politisch zu betätigen. Im Berufungsverfahren, das im Oktober 1949 stattfand, wurde das Verbot aufgehoben.

Politisch engagierte er sich in der Vertriebenenpartei GB/BHE, für die er 1953 zur Bundestagswahl erfolglos auf der Landesliste Hamburg kandidierte.[13]

Autobiographie

In seiner Autobiografie, die 1959 veröffentlicht wurden, zeichnete Krebs sich als einen von den politischen Ideen und Zielen des Nationalsozialismus zunächst beeindruckten Zeitgenossen, der sich nach persönlichen Erfahrungen mit dem diktatorischen Führungsstil Hitlers und der „Inkompetenz im NS-Führerstaat“ enttäuscht aus dem politischen Leben zurückzog.

Werke

  • Vom Marxismus zum Sozialismus, 1932
  • Rebell von Gottes Gnaden, Roman über Reichsfreiherr vom Stein, 1937
  • Erzählungen von tapferen Herzen, 1939
  • Tendenzen und Gestalten der NSDAP. DVA, Stuttgart 1959.[14]
    • The infancy of Nazism. Memoirs of Ex-Gauleiter Albert Krebs 1923–1933. Hrsg. und übers. William Sheridan Allen. Franklin Watts, New Viewpoints, NY 1976, ISBN 0-531-05376-8.

Weblinks

Fußnoten

  1. Iris Hamel: Völkischer Verband und nationale Gewerkschaft. Der Deutsch-nationale Handlungsgehilfenverband 1893–1933. (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus in Hamburg. Band IV). Frankfurt am Main 1967, S. 239.
  2. Hamel, S. 239.
  3. Ursula Büttner: Der Aufstieg der NSDAP. In: Hamburg im ‚Dritten Reich‘. Göttingen 2005, ISBN 3-89244-903-1, S. 34.
  4. Ursula Büttner: Der Aufstieg der NSDAP. S. 34.
  5. Werner Jochmann: Nationalsozialismus und Revolution. Ursprung und Geschichte der NSDAP in Hamburg 1922–1933 – Dokumente. Frankfurt 1963, S. 292 ff. (Nr. 96)
  6. Zitat von Albert Krebs in Gunther Mai: Die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation. Zum Verhältnis von Arbeiterschaft und Nationalsozialismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Jahrgang 31 (1983), Heft 4, S. 573–613 (ifz-muenchen.de PDF).
  7. Ursula Büttner: Der Aufstieg der NSDAP. S. 37.
  8. Jochmann, S. 386; Abdruck des Artikels Schleicher Wehrminister? Schleicher und Goerdeler beim Reichskanzler bei Jochmann, S. 399–400.
  9. Schreiben Hitlers an Krebs vom 20. Mai 1932, abgedruckt bei Jochmann, S. 397–398 (online (Memento desOriginals vom 8. August 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.zeitgeschichte-hamburg.de)
  10. Nike Lepel: „Erwerbungen“ 1933–1944. NS-verfolgungsbedingt entzogene Buchbestände in der Bibliothek der Hamburger Kunsthalle. Diplomarbeit. Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg, 2005, S. 38.
  11. Hans-Dieter Handrack: Das Reichskommissariat Ostland. Die Kulturpolitik der deutschen Verwaltung zwischen Autonomie und Gleichschaltung 1941–1944. Hannover Münden 1981, S. 232.
  12. Uwe Danker: Der gescheiterte Versuch, die Legende der „Sauberen Zivilverwaltung“ zu entzaubern. In: Robert Bohn: Die deutsche Herrschaft in den „germanischen Ländern“ 1940–1945. Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07099-0, S. 173 und gegenwind.info Gewecke war Gebietskommissar von Scholen in Litauen und hat später in Lübeck folgendes ausgesagt: „Meine Dienststelle hatte selbstverständlich mit der ordnungsgemäßen (!) Beschlagnahme und Erfassung jüdischen Vermögens zu tun. Dafür bestanden ganz bestimmte Anordnungen der obersten Führung […] Diese Gegenstände […] mussten danach ordnungsgemäß erfasst, genau listenmäßig aufgeführt und über die zuständigen Stellen in Richtung Reich - so möchte ich sagen abgeliefert werden.“, weiterhin erklärte er, dass „Angehörige des Gebietskommisariats […] bei dieser Aktion mitgeholfen haben, die Juden aus ihren Wohnungen in die Gettos zu überführen“.
  13. Krebs, Albert, Dr. In: Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.B. – Die Volksvertretung 1946–1972. – [Kaaserer bis Kynast] (= KGParl Online-Publikationen). Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e. V., Berlin 2006, ISBN 3-7700-5224-2, S. 671, urn:nbn:de:101:1-2014070812574 (kgparl.de [PDF; 508 kB; abgerufen am 19. Juni 2017]).
  14. Rezension: NS-Geschichte: Goebbels als Führer? In: Der Spiegel. Nr. 24, 1960 (online).