Albani-Psalter

Die Heiligen Drei Könige folgen dem Stern, Illumination aus dem Albani-Psalter, Tempera und Gold auf Pergament
Die Versuchung Christi

Der Albani-Psalter (englisch Albani Psalter), auch St.-Albans-Psalter, Psalter von St. Albans (nach dem englischen St Albans Psalter) oder Psalter der Christina von Markyate, ist ein Hauptwerk englischer romanischer Buchmalerei. Er entstand im 12. Jahrhundert in der Abtei St. Alban in Hertfordshire. Heute befindet er sich in der Dombibliothek Hildesheim und stellt einen ihrer kostbarsten Schätze dar.

Maria Magdalena verkündet den Jüngern die Auferstehung Christi

Beschreibung

Das über vierhundertseitige Werk gehört zur Gattung der mittelalterlichen Psalter, die zur häuslichen Andacht oder für das liturgische Gebet bestimmt waren. Literarischer Hauptinhalt sind die Psalmen der biblischen Vulgata, dazu das altfranzösische Alexiuslied und zu Beginn ein liturgischer Kalender. Das Bildprogramm umfasst mehr als vierzig ganzseitige Miniaturen aus dem Evangelium, verschiedene Heiligendarstellungen sowie kunstvolle Schmuckmalerei, darunter über 200 goldverzierte Initialen.

Der Albani-Psalter steht an äußerem Aufwand und Ikonographie nahezu ohne Vorbild da und hat seinerseits die spätere Bildtradition nachhaltig beeinflusst.

Bischof Norbert Trelle übergibt ein Faksimile des Albani-Psalters an Bischof Alan Smith (Kathedrale von St Albans, 16. August 2011)

Geschichte

Der Erstherausgeber Adolph Goldschmidt identifizierte den Schreiber der Psalmen mit dem Eremiten und Mönch von St. Albans Roger († vor 1118), der mit seinem Todestag (12. September) im Kalender genannt wird. Bei dem Eremiten handelt es sich wahrscheinlich um den geistlich gewordenen anglonormannischen Adeligen Roger d'Aubigny, einen Bruder des Abtes Richard d'Aubigny (1087–1119).[1] Nach der Ansicht nachfolgender Forscher entstand der Albani-Psalter allerdings erst zwischen etwa 1120 und 1145 während des Abbatiats des Geoffrey von Gorham. Ihnen zufolge war das Werk ein Geschenk für die Eremitin Christina von Markyate (gestorben um 1155[2]), mit der Abt Geoffrey in enger geistlicher Freundschaft verbunden gewesen sein soll. Mit größerer Wahrscheinlichkeit wurde das Buch jedoch im Chordienst der Abtei verwendet.

Während des Bürgerkriegs von 1642 bis 1649 brachten englische Benediktiner den Psalter mit anderen Kostbarkeiten in ihre neue Zuflucht, das Kloster Lamspringe bei Hildesheim. Vermutlich bei dessen Auflösung 1803 kam er in den Besitz der Basilika St. Godehard in Hildesheim, deren Bücherbestand seit 1908 in der Dombibliothek verwahrt wird.

Vom 12. September 2009 bis 24. Januar 2010 wurden im Dommuseum Hildesheim alle Blätter des Psalters nebeneinander gezeigt, nachdem die Handschrift zur Restaurierung zerlegt werden musste. Im Herbst 2013 ist eine ähnliche Ausstellung im Getty Museum geplant.

Literarische Bearbeitung

Der historische Roman von Peter Dyckhoff Albani. Das unerhörte Abenteuer, dessen Hintergrund die Geschichte des Psalters ist, erschien 1998 (Steinkopf Verlag, Stuttgart).

Literatur

  • Jochen Bepler, Christian Heitzmann (Hrsg.): Der Albani-Psalter. Stand und Perspektiven der Forschung. Hildesheim 2013.
  • Katie Bugyis: The Author of the Life of Christina of Markyate: The Case for Robert de Gorron (d. 1166), in: The Journal of Ecclesiastical History 68 (2017), S. 719–746
  • Bernhard Gallistl: Der St. Albans Psalter und seine liturgische Verwendung, in: Concilium Medii Aevi 15, 2012, S. 213–548 (abgerufen am 28. November 2012)
  • Bernhard Gallistl: ‘The Christina of Markyate Psalter’. A Modern Legend: On the Purpose of the St. Albans Psalter, in: Concilium medii aevi 15, 2014, S. 21–55, online als PDF-Datei abrufbar: cma.gbv.de, abgerufen am 6. Dezember 2012
  • Bernhard Gallistl: Codex and Room. The St Albans Psalter, in: European Research Centre for Book and Paper Conservation Restoration. Newsletter 2/2015, Nov. 2015, S. 4–17 (abgerufen am 21. Dezember 2015)
  • Jane Geddes: Der Albani-Psalter. Eine englische Prachthandschrift des 12. Jahrhunderts für Christina von Markyate, Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2005, ISBN 978-3-7954-1751-2.
  • Adolph Goldschmidt: Der Albanipsalter in Hildesheim und seine Beziehung zur symbolischen Kirchensculptur des XII. Jahrhunderts, Siemens, Berlin 1895
  • Nicolaus Strube: Ein Weg zu mystischen Quellen. Meditationen zum Albani-Psalter, Verlag Monika Fuchs, Hildesheim 2006, ISBN 978-3-940078-01-8.

Weblinks

Commons: St. Albans Psalter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernhard Gallistl: „A book for Avicia?“ Der Eremit Roger im Psalter von St. Albans, in: Concilium medii aevi 21, 2018, S. 1–52 [1]
  2. Jan Ulrich Büttner: Religion: Christus Medicus. In: Medizin im Mittelalter. Zwischen Erfahrungswissen, Magie und Religion (= Spektrum der Wissenschaften. Spezial: Archäologie Geschichte Kultur. Band 2.19), 2019, S. 30–32, hier: S. 32.

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Vaterunser, Initial P. In: Albani-Psalter
Albanipsalter DreiKoenige.jpg
The Journey of the Magi, from St. Albans Psalter, about 1130, Alexis Master. Tempera and gold on parchment. Dombibliothek Hildesheim
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Gastmahl des Simon. In: Albani-Psalter
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Autor/Urheber: Bischöfliche Pressestelle Hildesheim (bph), Lizenz: Attribution
Kathedrale von St. Albans, 16. August 2011: Bischof Norbert Trelle (Hildesheim) übergibt Bischof Dr. Alan Smith (St. Albans) ein Faksimile des Albani-Psalters
Psalm 136 Initial S.jpg
Psalm 137 (nach Zählung der Septuaginta und der Vulgata, 136). Weitere Details zur Zählung im Wikipedia-Artikel Psalm 137 vorhanden. Diese Bilderhandschrift mit Initial S stammt aus dem Albani-Psalter.
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Temptation of Christ, from St. Albans Psalter, Hildesheim
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Albani-Psalter: Abstieg Christi ins Totenreich
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Kindermord von Bethlehem. In: Albani-Psalter
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Maria Magdalena berichtet den Jüngern. In: Albani-Psalter
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Albani-Psalter: Christus in Getsemane