Bilanzsumme

Die Bilanzsumme ist im Rechnungswesen die Summe der Vermögensgegenstände auf der Aktivseite bzw. die Summe des Gesamtkapitals auf der Passivseite einer Bilanz zum Bilanzstichtag.

Allgemeines

Die Bilanzsumme auf der Aktivseite und der Passivseite der Bilanz ist stets identisch. Das liegt daran, dass der Ausgleich beider Bilanzseiten über das Eigenkapital (durch Gewinne oder Verluste) erfolgt. Die Bilanzsumme ist ein Aggregat, welches sich auf der Vermögensseite einer Bilanz aus dem Anlagevermögen und dem Umlaufvermögen sowie auf der Kapitalseite aus dem Eigenkapital und dem Fremdkapital zusammensetzt:

AktivaPassiva
AnlagevermögenEigenkapital
+ Umlaufvermögen+ Fremdkapital
= Bilanzsumme= Bilanzsumme

Die Bilanzsumme ist ein Rechtsbegriff. In § 266 Abs. 2 und 3 HGB sind die einzelnen Bilanzpositionen („Posten“) abschließend aufgezählt, ohne dass die Bilanzsumme als ihr Additionsergebnis erwähnt wird. Bilanzrechtlich ist also die Bilanzsumme keine Bilanzposition. Der nach § 266 Abs. 3 HGB auf der Aktivseite zu verbuchende Jahresfehlbetrag darf gemäß § 267 Abs. 4a HGB nicht in die Bilanzsumme einbezogen werden.

Aktivtausch/Passivtausch, Bilanzverlängerung/Bilanzverkürzung

Einzelne Bilanzpositionen können sich durch Geschäftsvorgänge ändern und müssen dadurch innerhalb der Bilanz anders, neu oder nicht mehr zugeordnet werden. Das kann zu einem Aktivtausch oder Passivtausch oder zu einer Bilanzverlängerung oder Bilanzverkürzung führen. Während Aktiv- und Passivtausch sich bilanzsummenneutral verhalten, wirken sich Bilanzverlängerung und -verkürzung auf die Höhe der Bilanzsumme aus.

Aktivtausch

Aktivtausch ist ein Vorgang, bei dem Positionen innerhalb der Aktivseite einer Bilanz umgeschichtet werden, ohne dass sich dabei die Bilanzsumme verändert.

Beispiele

Passivtausch

Passivtausch ist ein Vorgang, bei dem Positionen innerhalb der Passivseite einer Bilanz umgeschichtet werden, ohne dass sich dabei die Bilanzsumme verändert.

Beispiele

Bilanzverlängerung

Eine Bilanzverlängerung liegt vor, wenn sich Aktivseite und Passivseite einer Bilanz um die gleiche Summe erhöhen; die Bilanzsumme steigt. Eine Bilanzverlängerung wird auch als Aktiv-Passiv-Mehrung bezeichnet.

Beispiele
  • Ein Unternehmen finanziert eine Lagerhalle auf Kredit: Auf der Aktivseite erhöht der Bilanzposten Sachanlagevermögen die Bilanzsumme, auf der Passivseite erhöht der Kredit den Bilanzposten Verbindlichkeiten und damit ebenfalls die Bilanzsumme. Das Gesamtvermögen des Unternehmens ändert sich dadurch nicht.
Bilanzverlängerung und -verkürzung bei Betrachtung der Kreditgewährung einer einzelnen Geschäftsbank.
  • Für eine kreditgebende Bank stellt die Kreditvergabe zunächst eine Bilanzverlängerung dar:[1] Der dem Kreditnehmer gutgeschriebene Geldbetrag erhöht den Passivsaldo der Bank (Verbindlichkeiten), die Schuld des Kreditnehmers erhöht den Aktivsaldo um denselben Betrag (Kreditforderungen). Sobald der Kreditnehmer über den gutgeschriebenen Kreditbetrag verfügt (Barabhebung oder durch Überweisung an eine andere Bank), wird die Bilanz der kreditgewährenden Bank wiederum verkürzt (minus Zentralbankreserven [Aktiva]/minus Verbindlichkeiten [Passiva]). Die Vermögen von Kreditnehmer und Kreditgeber bleiben dabei unverändert.
  • Durch Verbuchung durchlaufender Posten.

Bilanzverkürzung

Eine Bilanzverkürzung liegt vor, wenn sich Aktivseite und Passivseite der Bilanz um die gleiche Summe verringern (beide Seiten werden „verkürzt“), die Bilanzsumme schrumpft. Dies geschieht beispielsweise, wenn das Unternehmen aus dem Kassenbestand der Aktivseite seine Lieferverbindlichkeiten bezahlt, wobei beide Bilanzpositionen um den gleichen Betrag abnehmen. Ein weiterer Fall ist die effektive Kapitalherabsetzung, bei der die Gesellschafter einen Teil ihres Eigenkapitals aus dem Betriebsvermögen zurückgezahlt bekommen. Bilanzverkürzung wird auch als Aktiv-Passiv-Minderung bezeichnet.

Beispiel Bankbilanz: Wertminderungen von Vermögenspositionen (Aktiva) vermindern auf der anderen Seite bilanztechnisch das Eigenkapital (Passiva).

Eine Bilanzverkürzung findet beispielsweise statt, wenn Vermögenswerte (auf der Aktivseite) abwerten und letztlich teilweise abgeschrieben werden müssen. Dann verkürzt sich (auf beiden Seiten der Bilanz) die Bilanzsumme. Die Höhe der Verbindlichkeiten bleibt bestehen, die Solvabilität verringert sich, im schlimmsten Fall droht daraus Insolvenz.

Bilanzsumme als Kennzahl

Die Bilanzsumme selbst ist bereits eine betriebswirtschaftliche Kennzahl. Für andere Kennzahlen dient sie als Berechnungsgrundlage wie bei der Anlagendeckung, Eigenkapitalquote oder der Gesamtkapitalrentabilität.

Bilanzsumme als Größenmaßstab

Für die Unterteilung in verschiedene Größenklassen teilt das Gesetz die Kapitalgesellschaften nach § 267 HGB in kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaften ein; als Maßstab dient dem Gesetz die Bilanzsumme. Das gilt auch für so genannte Kleinstkapitalgesellschaften des § 267a HGB. Verschiedene Gesetze orientieren sich bei der Messung der Unternehmensgröße ebenso an der Bilanzsumme wie bei der Bemessung der Betriebsgröße.

In der Betriebswirtschaftslehre indes ist die Bilanzsumme lediglich im Rahmen der Bankbilanzierung bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten ein Größenmaßstab,[2][3][4] meistens erhöht um die Eventualverbindlichkeiten zum Geschäftsvolumen. Hier gilt die Bilanzsumme als repräsentative Kennzahl, die einen Vergleich von Banken erlaubt und Rangordnungen von Banken ermöglicht.

Bei Nichtbanken dient die Bilanzsumme meist nicht als repräsentatives Größenkriterium; hier werden vielmehr die Umsatzerlöse oder die Anzahl der Beschäftigten herangezogen;[5] die Bilanzsumme gilt hier lediglich als eines von vielen quantitativen Abgrenzungskriterien.

Literatur

  • Hilmar J. Vollmuth: Bilanzen richtig lesen, besser verstehen, optimal gestalten: Bilanzanalyse und Bilanzkritik für die Praxis. Haufe Verlag DE, 2009, Google books
  • Ernst Heymann, Norbert Horn: Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht): Kommentar. Walter de Gruyter, 1999. Google books

Einzelnachweise

  1. Hans Gestrich: Kredit und Sparen, 1944, S. 78: „Hat seinerzeit die Gewährung des Investitionskredits die Bankbilanz verlängert und dementsprechend die Liquidität der Bank gemindert, so wird nunmehr durch den Wertpapierankauf der Emissionskredit zurückgezahlt, die Bankbilanz verkürzt und die Liquidität der Bank erhöht.“
  2. Andreas Eiselt/Thomas Kaspereit: Nachhaltigkeitsberichterstattung als Instrument der Kapitalmarktkommunikation, in: Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung (KoR) 2010, S. 379–384 (381)
  3. Kai Schumacher/Tobias Rauss: Bewertung von Banken – eine Fallstudie, in: Die Bank, Heft 01/2011, S. 44–51
  4. kritisch dazu Sebastian Jost, Die „Bilanzsumme“ hat wenig Aussagekraft bei Welt online, abgerufen am 21. Juni 2011
  5. Sönke Peters/Rolf Brühl/Johannes N. Stelling: Betriebswirtschaftslehre: Einführung, 2005, S. 62

Auf dieser Seite verwendete Medien

Bank of England Mc Leavy et al. (2014) Banks Money Creation Balance Sheets (failed in consistent description).png

Balance Sheets by Bank of England (stylized) trying to proof money creation by commercial banks.

Within Money Creation in the modern economy (by Bank of England 2014) is shown a further Balance Sheet pic. To this pic the authors (McLeavy et al.) explain, that the (buyer´s) bank gave the loan could retrieve its reserves (balance sheet extension again) and a deposit (i.e., giro resp. bank money) will be created in the exact amount of the loan originally granted (in the sense of "loans create deposits"). This is a rather inadequate explanation of money creation by the commercial banking system. To understand this exactly, it requires a macroeconomic view (see for example Hans Gestrich 1936: Balance Sheets of Lending in Lockstep). Knowing this model of Lending in Lockstep, in the context of a prosperous economic phase (only), it is possible to agree to BoE, McLeavy et al.: “But if all banks simultaneously decide to try to do more lending, money growth may not be limited in quite the same way. Although an individual bank may lose deposits to other banks, it would itself be likely to gain some deposits as a result of the other banks making loans.” That seems probable in theory, but a total compensation won´t be possible for smaller banks (especially in countries with balance of payments deficit) – see also Stützel (2011: 27) [Note: C.G.BRANDSTETTER 2023].

Reference:

“He Stützel argued that the view that new bank loans generally lead to an increase in the volume of bank credit originated from a fallacy of composition. While for a subset of banks an increase in new lending could lead to an increase in their balance of loan assets, this did not necessarily have to be the case for the group of banks as a whole (Stützel 1953 [1979]). [...] Hence, Stützel argued that there was no direct relationship between the increase in new loans per period and the credit volume. This is contrary to what a naïve interpretation of a ‘loans create deposits theory’ would suggest.” (Decker/Goodhart 2018).

References (german):

„Die Zunahme der Geldströme infolge Kreditgewährung, also die Giralgeldschöpfung der Kreditinstitute, wird erst bei einer zusammenfassenden Betrachtung aller Banken deutlich.“ (Claus Köhler: Der Geldkreislauf, Berlin 1962, S. 39).

„Für das Verhältnis zwischen Neuausleihungen pro Periode und den Veränderungen des Bankkreditvolumens kommt es nun ausschließlich darauf an, wie sich der [...] Strom von Neuausleihungen in die dort genannten beiden Ströme ‚Kreditrückzahlung‘ und ‚Neueinlagen‘ aufteilt.“ (Stützel 2011: 49).

„Durch Zahlungstransaktionen innerhalb der Gruppe der Bankgläubiger wird das Bankkreditvolumen nicht berührt, ebensowenig durch Zahlungstransaktionen innerhalb der Gruppe der Bankschuldner.“ (Stützel 2011: 220).

„So muß z. B. eine kleine Bank damit rechnen, dass die Überweisungen ihrer Kreditnehmer aus den ihnen eingeräumten Krediten vollständig bei anderen Banken landen, Kreditgewährung also zu einem gleichgroßen Liquiditätsverlust führt [...]. Eine größere Bank mit weit verstreutem Filialnetz kann bereits damit rechnen, dass ein Teil der Überweisungen ihrer Kreditnehmer auf den Konten von anderen eigenen Kunden landet, deren Einlagen erhöhen oder deren Kreditinanspruchnahme verringern. [...] Infolgedessen führt nahezu jede Schmälerung der flüssigen Mittel bei einer einzelnen Bank zu einer Vermehrung der flüssigen Mittel anderer Banken dieser Gesamtheit (Größenmechanik).“ (Stützel 2011: 27).

Valuation

This publication Money creation in the modern economy (2014) has been influental to central bank publications following (for example BoE 2015, 2019), to publications by International Monetary Fund (The Truth about Banks 2016) and the "bank of central banks" Bank for International Settlements (2020) – like a trail laid to CBDC policies in open economies (BIS 2023).
Bankbilanz (stilisiert) Veränderung bei Abschreibung.PNG

Bankbilanz-Veränderung
bei Wertminderung der Wertpapiere auf der Aktivseite der Bilanz, Eigenkapitalverminderung (bilanztechnische Gegenposition) auf der Passivseite

= Verschlechterung der Liquiditätsquote des jeweiligen Kreditinstitutes, weil Sekundärliquidität (potenzielles ZBGeld) absolut vermindert.