Aktion Demokratischer Fortschritt

Die Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF) war eine kurzlebige, linksgerichtete Kleinpartei in der Bundesrepublik Deutschland, die sich erfolglos an der Bundestagswahl 1969 beteiligte.

Geschichte

Die Gründung der Partei ging auf eine Initiative des Gießener Kreises um Werner Hofmann, den Direktor des soziologischen Instituts der Universität Marburg, Anfang 1968 zurück und stand im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen die Notstandsgesetze. Einer der Mitbegründer war Wilhelm Elfes.

Ein Gründungskongress tagte mit 2000 Teilnehmern am 2. November 1968 in Dortmund. Es wurde ein Aktions- und Wahlbündnis für die Bundestagswahl 1969 beschlossen. Organisatorisch wurde ein aus 162 Mitgliedern bestehender Rat und ein 20-köpfiger Arbeitsausschuss gebildet.

Die Konstituierung als Partei fand am 7. Dezember 1968 im Haus Sindlingen in Frankfurt am Main statt.[1] Es wurde ein 80 Personen umfassendes Parteipräsidium und ein 55-köpfiger Parteivorstand gewählt. Der geschäftsführende Parteivorstand bestand aus acht Präsidiumsmitgliedern, zwei gewählten Sekretären des Präsidiums, dem Schatzmeister und fünf gewählten Parteivorstandsmitgliedern. Ab dem 1. Januar 1969 verfügte die Partei über ein Büro in Bonn.

Inhaltlich war die Partei stark kommunistisch geprägt. Es sollte nach dem Muster einer Volksfrontpartei eine parlamentarische Basis für Vertreter der Außerparlamentarischen Opposition geschaffen werden. Obwohl als offenes Wahlbündnis angelegt, dominierten Mitglieder kommunistischer Gruppen. Die ADF wurde wesentlich vom Bund der Deutschen (BdD), der Deutschen Friedens-Union (DFU), der gerade gegründeten DKP, der SDAJ, dem Fränkischen Kreis, der VVN, der Westdeutschen Frauenfriedensbewegung (WFFB) und der Vereinigung unabhängiger Sozialisten (VUS) getragen. In den linksextremistischen Kreisen war eine enge Zusammenarbeit der Kommunisten und „bürgerlichen Linken“ umstritten.[2]

Die Wahlvorschläge der ADF wurden in allen 248 bestehenden Wahlkreisen angenommen; ihre Landeslistenvorschläge von den Landeswahlausschüssen in allen zehn Bundesländern zugelassen. Die Voraussetzungen nach der Bundeswahlordnung sah der Bundeswahlausschuss als erfüllt an, obwohl die ADF-Parteimitglieder zugleich Mitglieder in den sie konstituierenden Parteien blieben, zumal die Satzung der ADF diese doppelte Parteimitgliedschaft ausdrücklich nicht ausschloss.[3]

Bei der Bundestagswahl am 28. September 1969 erreichte die ADF einen Zweitstimmenanteil von 0,6 % (197.331 Stimmen). Die besten Ergebnisse erzielte sie in Bremen mit 1,5 % sowie in Hamburg und dem Saarland mit jeweils 1,2 %. Da ab einem Zweitstimmenanteil von bundesweit mehr als 0,5 Prozent die staatliche Erstattung der Wahlkampfkosten vorgenommen wird, erhielt die ADF aus dem Staatshaushalt 580.000 DM zurück.[4]

Im Anschluss an die Bundestagswahl wurde diese von Herrn Wilhelm Driemel aus Bonn-Lengsdorf angefochten; der Klageführer vertrat die Auffassung, die ADF sei keine Partei, sondern ein taktischer Zweckverband, der von mehreren Einzelparteien nur deswegen auf den Weg gebracht worden wäre, um die 5 % Klausel bei den gültigen Zweitstimmen zu umgehen. Als Block hätten sich die Parteien dieser Wählergemeinschaft eine Chance ausgerechnet, die notwendige Stimmenzahl zu erreichen, um in den Bundestag einzuziehen. Nach der Bundestagswahl hätten sich die Parteien, die die Aktion Demokratischer Fortschritt bildeten, entschlossen, aufgrund des (für sie ungünstigen) Wahlausgangs doch lieber unabhängig voneinander agieren zu wollen. Dies alles lasse den Schluss zu, das Gesamtergebnis der Bundestagswahl 1969 sei gesetzeswidrig beeinflusst worden. Eine Nichtzulassung der ADF hätte, so der Anfechter, nicht zwangsläufig eine Wahlenthaltung der ADF-Wählerschaft zur Folge gehabt; vielmehr hätte diese ihr Kreuz bei einer anderen Partei gemacht, deren Stimmenzahl sich erhöht hätte. Dieser Auffassung schloss sich der zuständige Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität des sechsten Deutschen Bundestages nicht an und verwarf den Wahleinspruch am 11. Dezember 1969.[5]

Nach der Wahl hatte die DKP erklärt, künftig als eigenständige Partei in die Wahlkämpfe zu gehen und das Wahlbündnis ADF zu verlassen, dieses aber im Bedarfsfall, um linke Aktionseinheiten auf örtlicher und regionaler Ebene zu bilden, flexibel zu reaktivieren. Dies auch, um mit bekannten Persönlichkeiten gemeinsam außerparlamentarische Präsenz zu zeigen.[6]

Allerdings löste sich nach dieser Wahlniederlage und als Folge des Todes des Parteigründers die ADF auf.

Kandidaten der ADF zur Bundestagswahl 1969 (Auswahl)

  • Beate Klarsfeld (644 Erststimmen: 0,7 % der Erststimmen, Direktkandidatin Wahlkreis Waldshut, Gegenkandidat Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, den sie 1968 geohrfeigt hatte)[7]
  • Werner Hofmann (Spitzenkandidat der Landesliste Hessen)
  • Artur von Behr (Spitzenkandidat der Landesliste Niedersachsen)
  • Arno Behrisch (DFU, Direktkandidat im Wahlkreis 114, Dortmund erreichte 0,8 % der Erststimmen)
  • Franz Paul Schneider (Spitzenkandidat der Landesliste Bayern)

Literatur

  • Extremismusberichte des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen, 1969 und 1970.

Einzelnachweise

  1. Kaffee kalt. In: Der Spiegel. Nr. 51, 1968, S. 34 (online).
  2. So wurde z. B. die Entstehung der ADF (in der Zeitschrift Internationale Revolution nr.2, Juni 1969, S.1) folgenderweise abgetan: „Wahlbündnis mit den lächerlichen kleinbürgerlich-pazifistischen Parteilein wie die ‚Friedensunion‘ und ‚Bund der Deutschen‘ mit einem diesen Gruppen entsprechenden Programm: ‚Aktion demokratischer Fortschritt‘!“
  3. Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache VI/362, Sachgebiet 111, 11. Dezember 1969
  4. Parteien, ADF. So arm, in: Der Spiegel, Nr. 41, 1969, vom 5. Oktober 1969
  5. Dr. Stark (Nürtingen) Berichterstatter: Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) - Wahlprüfungsangelegenheiten über den Wahleinspruch des Wilhelm Driemel, Bonn - Lengsdorf, gegen die Gültigkeit der Wahl zum 6. Deutschen Bundestag vom 28. September 1969. In: Deutscher Bundestag, 6. Wahlperiode, Drucksache VI/ 362. Deutscher Bundestag, 11. Dezember 1969, abgerufen am 15. August 2023.
  6. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. Oktober 1969
  7. Parteien, ADF. So arm, in: DER SPIEGEL Nr. 41, 1969, vom 5. Oktober 1969