Afanassjewo-Kultur

Afanassjewo-Kultur
Zeitalter:späte KupfersteinzeitFrühe Bronzezeit
Absolut:3100 v. Chr. – 2800 v. Chr.

Ausdehnung
Südsibirien
Leitformen

Linienzier

Verbreitung der Afanassjewo-Kultur um 3000 v. Chr.

Die Afanassjewo-Kultur (russisch Афанасьевская культура, wissenschaftl. Umschrift der Ortsangabe Afanas'evo) ist eine archäologische Kultur der Kupfersteinzeit. Nach neueren AMS-Datierungen ergab sich gegenüber älteren Datierungen eine kürzere Chronologie, nämlich für die Altai-Gruppe das 31. bis 29. Jahrhundert v. Chr., für das mittlere Jenissei-Gebiet das 29. bis 25. Jahrhundert v. Chr.[1]

Regionale Verbreitung

Ausgrabungen, die dieser Kultur zugeordnet werden können, finden sich vor allem im Gebiet von Minussinsk in der Region Krasnojarsk im südlichen Sibirien, im südlich angrenzenden Tuwa und im Altaigebirge, daneben aber auch weit verbreitet von der westlichen Mongolei, dem nördlichen Xinjiang, wie auch im östlichen und zentralen Kasachstan. Verbindungen scheinen auch nach Tadschikistan und dem Aralseegebiet zu bestehen.

Kultur

Prähistorische Kulturen Russlands[2]
Mittelsteinzeit
Kunda-Kultur7400–6000 v. Chr.
Jungsteinzeit
Bug-Dnister-Kultur6500–5000 v. Chr.
Dnjepr-Donez-Kultur5500–4000 v. Chr.
Sredny-Stog-Kultur4500–3500 v. Chr.
Jekaterininka-Kultur4300–3700 v. Chr.
Kammkeramische Kultur4200–2000 v. Chr.
Fatjanowo-Kulturum 2500 v. Chr.
Kupfersteinzeit
Nordkaspische Kultur
Kurgankultur5000–3000 v. Chr.
Samara-Kulturum 5000 v. Chr.
Chwalynsk-Kultur5000–4500 v. Chr.
Botai-Kultur3700–3100 v. Chr.
Jamnaja-Kultur3600–2300 v. Chr.
Afanassjewo-Kultur3500–2500 v. Chr.
Ussatowe-Kultur3300–3200 v. Chr.
Glaskowo-Kultur3200–2400 v. Chr.
Bronzezeit
Poltavka-Kultur2700–2100 v. Chr.
Potapovka-Kultur2500–2000 v. Chr.
Katakombengrab-Kultur2500–2000 v. Chr.
Abaschewo-Kultur2500–1800 v. Chr.
Sintaschta-Kultur2100–1800 v. Chr.
Okunew-Kulturum 2000 v. Chr.
Samus-Kulturum 2000 v. Chr.
Andronowo-Kultur2000–1200 v. Chr.
Susgun-Kulturum 1700 v. Chr.
Srubna-Kultur1600–1200 v. Chr.
Kolchis-Kultur1700–600 v. Chr.
Begasy-Dandybai-Kulturum 1300 v. Chr.
Karassuk-Kulturum 1200 v. Chr.
Ust-Mil-Kulturum 1200–500 v. Chr.
Koban-Kultur1200–400 v. Chr.
Irmen-Kultur1200–400 v. Chr.
Spätirmen-Kulturum 1000 v. Chr.
Plattengrabkulturum 1300–300 v. Chr.
Aldy-Bel-Kultur900–700 v. Chr.
Eisenzeit
Baitowo-Kultur
Tagar-Kultur900–300 v. Chr.
Nosilowo-Gruppe900–600 v. Chr.
Ananino-Kultur800–300 v. Chr.
Tasmola-Kultur700–300 v. Chr.
Gorochowo-Kultur600–200 v. Chr.
Sagly-Baschi-Kultur500–300 v. Chr.
Jessik-Beschsatyr-Kultur500–300 v. Chr.
Pasyryk-Stufe500–300 v. Chr.
Sargat-Kultur500 v. Chr.–400 n. Chr.
Kulaika-Kultur400 v. Chr.–400 n. Chr.
Tes-Stufe300 v. Chr.–100 n. Chr.
Schurmak-Kultur200 v. Chr.–200 n. Chr.
Taschtyk-Kultur100–600 n. Chr.
Tschernjachow-Kultur200–500 n. Chr.

Kennzeichnend sind verschiedene Typen von Keramik. Sehr häufig sind hohe, eiförmige Gefäße mit Spitzboden und abgesetztem Rand, daneben finden sich auch kugelförmige Töpfe und kleine „Räucherschalen“. Die Keramik ist durch Abdrücke, Kerben und Einstiche verziert, die auf der gesamten Gefäßoberfläche in horizontalen Reihen angeordnet sind. Neben Knochen und Silex wurde bereits Kupfer verarbeitet. Es sind mehrere Siedlungsplätze bekannt, die über eine längere Zeit benutzt wurden; an ihnen fanden sich jedoch in den meisten Fällen nur Herdstellen, aber keine Gebäudereste; die Träger der Afanassjewo-Kultur siedelten also wohl in leichten, zeltartigen Behausungen. Daneben wurden im Altai auch Höhlen aufgesucht. Schafsmistreste aus Höhlen zeigt, dass die Träger der Afanassjewo-Kultur bereits Viehzucht betrieben, die große Menge an gefundenen Knochen von Wildtieren belegt jedoch gleichzeitig, dass die Jagd weiterhin von großer Bedeutung war. Die Nekropolen der Afanassjewo-Kultur waren recht klein und wurden meist auf Terrassen angelegt. Die Toten wurden in Kurganen mit Steinkreis in Rückenhockerlage in einer rechteckigen Grabgrube bestattet und mit Steinplatten abgedeckt. In der Nähe der Nekropolen befanden sich häufig kleine Brandopferplätze, die aus Steinkreisen bestanden, in deren Innern Keramik, Tierknochen, Kleinfunde und Asche gefunden wurde.

Pestepidemie

Aus Zähnen in bei Afanasevo Gora ergrabenen Skeletten eines Massengrabes wurden zwei Stämme des Pestbazillus (Yersinia pestis) extrahiert. Naturgemäß überschneiden sich die beiden Datierungen (2909–2679 bzw. 2887–2677 v. Chr.).[3]

Zusammenhang mit Indogermanen?

Die gefundenen Bestattungen, aber auch der Lebensstil mit vorwiegend Viehzucht, auch Ackerbau und die archäologisch-materiellen Hinterlassenschaften weisen große Ähnlichkeiten mit in Osteuropa gelegenen Kulturen, wie der Jamnaja-Kultur, der Sredny-Stog-Kultur, der Katakomben-Kultur und der Poltavka-Kultur auf, wobei die Jamnaja-Kultur von den meisten Forschern in der Tradition von Marija Gimbutas als Ursprung der indogermanischen Sprachen betrachtet wird (sogenannte Kurgankultur oder Kurganhypothese).[4][5][6][7] Neue gentechnische Ergebnisse beweisen verwandtschaftliche Beziehungen zu osteuropäischen Gruppen über die Haplogruppe R1a1-M17.[8] Die Übereinstimmungen legen nahe, dass die Etablierung der Afanassjewo-Kultur das Ergebnis einer sehr frühen Migration nach Osten aus dem Komplex der Kurgankultur, besonders der Chwalynsk-Kultur und der Repin-Kultur um 3700–3300 v. Chr. war.[9]

Frühe Afanassjewo-Kultur mit südlich angrenzendem Tienschan- und Pamirgebirge und Tarimbecken

Einige Jahrhunderte später, ca. 3000–2500 v. Chr., breiteten sich charakteristische Afanassjewo-Fundplätze nach Süden durch die Region Xinjiang bis ins Tarimbecken, aber auch westlich davon, nach Tadschikistan und in die Region um Buchara aus. Westlich des Pamir und nördlich des Tienschan endeten die Afanassjewo-Funde Ende 3.–2. Jahrtausend v. Chr. Vermutlich wurden die Afanassjewo-Leute von der sich ausbreitenden Andronowo-Kultur allmählich kulturell und womöglich auch sprachlich assimiliert. Im Nordosten dagegen formten sie durch Einflüsse aus anderen Nachbarkulturen die Okunew-Kultur. Demgegenüber lassen sich im Tarim-Becken noch sehr lange archäologisch-kulturelle Kontinuitäten bis in die Tarim-Kultur im 1. Jahrtausend v. Chr. beobachten. Die erforschten archäologischen Übereinstimmungen sind besonders zahlreich und erstrecken sich von Lebensstil und Ernährung, typischen Kurganen, Metallurgie und Keramik bis hin zu Textilien und Holzbearbeitungen, weil das trockene Wüstenklima der Taklamakan, wie auch der Permafrostboden im Norden auch organische Funde konserviert.

Die Beobachtungen der frühen Einwanderung aus den westlichen Steppen und der späteren Ausbreitungen nach Süden führten zu der auf James Patrick Mallory zurückgehenden Hypothese, dass die Träger dieser Kultur die frühesten Sprecher der tocharischen Sprachen gewesen sein könnten[10], die noch im 1. nachchristlichen Jahrtausend im Tarimbecken verwendet wurden und die innerhalb der indogermanischen Sprachfamilie eine Sonderstellung einnehmen.

Literatur

Archäologie:

  • Hermann Parzinger: Die frühen Völker Eurasiens. Vom Neolithikum bis zum Mittelalter (= Historische Bibliothek der Gerda-Henkel-Stiftung.). Beck, München 2006, ISBN 3-406-54961-6, S. 186 ff.
  • Эльга Б. Вадецкая: Археологические памятники в степях среднего Енисея. Наука, Ленинград 1986.

Afanassjewo-Kultur und Indogermanen:

  • Henri-Paul Francfort: The Archaeology of Protohistoric Central Asia and the Problems of Identifying Indo-European and Uralic-Speaking Populations. In: Christian Carpelan, Asko Parpola, Petteri Koskikallio (Hrsg.): Early Contacts between Uralic and Indo-European. Linguistic and Archaeological considerations (= Suomalais-Ugrilaisen Seuran Toimituksia. Band 242). Papers presented at an international Symposium held at the Tvärminne Research Station of the University of Helsinki, 8–10 January, 1999. Suomalais-Ugrilainen Seura, Helsinki 2001, ISBN 952-5150-59-3, S. 151–168 (Besprechung in ling.ed.ac.uk).
  • James P. Mallory: Afanasevo Culture. In: James P. Mallory, Douglas Q. Adams (Hrsg.): Encyclopedia of Indo-European Culture. Fitzroy Dearborn Publishers, London u. a. 1997, ISBN 3-404-64162-0.
  • Павел М. Кожин: О псалиях из афанасьевских могил. In: Советская археология. Nr. 4, 1970, ISSN 0038-5034, S. 189–193.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Poliakov et al.: A Review of the Radiocarbon Dates for the Afanasyevo Culture (Central Asia): Shifting Towards the “Shorter” Chronology. In: Radiocarbon 61-1 , Feb 2019 , S. 243–263; doi:10.1017/RDC.2018.70.
  2. Die Datierungen in der Tabelle sind den einzelnen Artikeln entnommen und müssen nicht immer zuverlässig sein. Kulturen auf Gebieten anderer ehemaliger Sowjetrepubliken wurden einbezogen.
  3. Rasmussen et al. 2015: Early Divergent Strains of Yersinia pestis in Eurasia 5,000 Years Ago. Cell 163, 571–582
  4. Anton Scherer (Hrsg.): Die Urheimat der Indogermanen (= Wege der Forschung. Bd. 166, ISSN 0509-9609). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1968.
  5. James P. Mallory, Douglas Q. Adams (Hrsg.): Encyclopedia of Indo-European Culture. Fitzroy Dearborn Publishers, London u. a. 1997, ISBN 3-404-64162-0.
  6. Christian Carpelan, Asko Parpola, Petteri Koskikallio (Hrsg.): Early Contacts between Uralic and Indo-European. Linguistic and Archaeological considerations (= Suomalais-Ugrilaisen Seuran Toimituksia. Bd. 242). Papers presented at an international Symposium held at the Tvärminne Research Station of the University of Helsinki, 8–10 January, 1999. Suomalais-Ugrilainen Seura, Helsinki 2001, ISBN 952-5150-59-3.
  7. David W. Anthony: The Horse, the Wheel and Language. How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes shaped the modern World. Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2007, ISBN 978-0-691-05887-0.
  8. Christine Keyser, Caroline Bouakaze, Eric Crubézy, Valery G. Nikolaev, Daniel Montagnon, Tatiana Reis, Bertrand Ludes: Ancient DNA provides new insights into the history of south Siberian Kurgan people. Human Genetics. In: Human Genetics. Bd. 126, Nr. 3, September 2009, ISSN 0340-6717, S. 395–410, doi:10.1007/s00439-009-0683-0.
  9. Vgl. z. B. David W. Anthony: The Horse, the Wheel and Language. How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes shaped the modern World., S. 307–336.
  10. Elena Efimowna Kuzmina, Victor H. Mair: The Prehistory of the Silk Road. Pennsylvania 2008, S. 93–98

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Autor/Urheber: Christophe cagé - based on File:Western Regions 1st century BC (ja).png, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Comparison between area of Afanasievo culture (IV millenium BCE) and Tarim culture (Tocharian culture - Ie millenieum CE). Afanasievo culture is possibly ancestor of Tocharian culture.
Afanasevo provisional.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Dbachmann in der Wikipedia auf Englisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
from the sources I came up with from a websearch, I'd say the actual extension of the culture looks about thusly. The exact delineation is probably not even known, I suspect. They can easily be the Proto-Tocharians, situation and timeframe fit perfectly (loss of contact with Yamna from about 3500). dab (ᛏ) 14:45, 14 August 2005 (UTC).