Achaios der Jüngere

Achaios der Jüngere (altgriechisch ἈχαιόςAchaíos; † 214/13 v. Chr. in Sardes) war ein Verwandter des Antiochos III. und Gegenkönig in Kleinasien. Polybios zufolge war er ein Urenkel des seleukidischen Dynastiegründers Seleukos I. Nikator und diente zunächst wie sein Vater Andromachos und sein Großvater Achaios der Ältere dem Reich als General. Seine Tante Laodike war die Frau König Seleukos’ II. und die Mutter Antiochos’ III. Achaios war mit einer weiteren Laodike, der Tochter des pontischen Königs Mithridates II., verheiratet.[1]

Im Sommer 223 v. Chr.[2] wurde Seleukos III. auf einem Feldzug gegen Attalos von Pergamon Opfer einer Hofintrige. Das Heer trug das Diadem zunächst an Achaios, der sich nach dem Mord durch die Hinrichtung aller verdächtigen Höflinge verdient gemacht hatte, heran, doch dieser lehnte die Erhebung zum König zu diesem Zeitpunkt noch ab und sicherte dem jungen Antiochos so den Königsthron (Polyb. IV 48). Nach seinem Regierungsantritt beließ der junge König den ehrgeizigen Kanzler Hermeias von Karien in seiner Position als obersten Hofminister, ἐπὶ τῶν πραγμάτων, betraute seinen Onkel Achaios mit der Verwaltung der kleinasiatischen Provinzen und setzte Molon und dessen Bruder Alexandros als Generalstatthalter in den Oberen Satrapien ein, eine Stellung, die er vor dem Tod seines Bruders offenbar selbst innegehalten hatte. All diese Entscheidungen sollten sich als Fehler erweisen.[3] Bereits im Sommer 222 erhob sich der Generalstatthalter der Oberen Satrapien, Molon, gegen die seleukidische Königsmacht. Nach der Niederwerfung des Molon 220 wandte sich Antiochos zunächst gegen den Fürsten der Satrapeioi, Artabazanes, wohl da dieser Molon bei seiner Rebellion unterstützt hatte.[4] In dieser Situation erhob sich der Vizekönig[5] Achaios, welcher weniger Jahre zuvor noch das Diadem abgelehnt hatte, in Kleinasien gegen die seleukidische Herrschaftsmacht. Als Grund für die Erhebung des Achaios nennt Polybios die Hoffnung, Antiochos werde bei seiner Kampagne in den Bergen umkommen, außerdem habe er geglaubt, sich Syrien ohne Umstände bemächtigen zu können. Diese Annahme sollte sich schon bald als irrig erweisen, denn als Achaios im Sommer 220[6] mit seinem Heer die Grenze Lykaoniens erreichte, dämmerte es den Truppen, was wohl der wahre Zweck dieses Kriegszugs sei, und sie weigerten sich weiterzuziehen und die Waffen gegen ihren rechtmäßigen Herrscher zu erheben.[7] Achaios beschwichtigte die Truppen, indem er ihnen die Landschaft Pisidien zur Plünderung überließ, was die Disziplin in der Truppe wiederherzustellen vermochte, und zog sich dann nach Lydien zurück (Polyb. V 57). Achaios bemühte sich anschließend kein zweites Mal um die Eroberung Syriens, sondern wandte sich stattdessen der Konsolidierung seiner Herrschaft in Kleinasien zu. Antiochos erkannte, dass Achaios in nächster Zeit nicht dazu in der Lage sein würde, Krieg gegen ihn zu führen, oder gar seine Herrschaft ernstlich zu gefährden, und so widmete er sich vorerst der südlichen Front, dem Krieg gegen Ägypten. Von 219 an führte Antiochos Krieg in Koilesyrien, bis es schließlich im Sommer 217 zur Schlacht bei Raphia kam, welche für Antiochos in einer völligen Katastrophe enden sollte. Allerdings verstand es Ptolemaios IV. Philopator nicht, seinen Sieg entsprechend auszunutzen und so konnte sich Antiochos schon bald, trotz dieser schweren Niederlage, seinem rebellischen Verwandten in Kleinasien zuwenden.[8]

Im Sommer 216 rückte der Seleukidenkönig in Anatolien ein. Im Vorfeld dieses Feldzuges hatte er ein Bündnis mit Attalos von Pergamon geschlossen. Achaios ward in seiner Hauptstadt Sardes eingeschlossen und mit einem Belagerungsring belegt. Zwei Jahre sollte sich die Belagerung der Stadt hinziehen, ehe die Stadt Antiochos schließlich durch eine Kriegslist zufallen sollte (Polyb. VII 15–18). Durch eine Täuschung des von der ptolemäischen Regierung entsandten, kretischen Unterhändlers Bolis, von welchem Polybios einen schlimmen Charakter zeichnet,[9] gelang es 214/13 schließlich auch, sich des Achaios zu bemächtigen, welcher sich nach der Einnahme der Stadt in der über der Stadt gelegenen Burg verschanzt gehalten hatte. Gefesselt wurde der Empörer in der Nacht in das Zelt des Königs gebracht und auf den Boden gelegt, woraufhin Antiochos vor Ergriffenheit in Tränen ausbrach (Polyb. VIII 22). Am Morgen trat der Kronrat zusammen und man besprach, welche Strafe für den Verräter wohl am geeignetsten wäre: „Am Ende beschloß man, dem Unglücklichen zuerst die Hände und Füße, danach den Kopf abzuhauen und den Rumpf in eine Eselshaut eingenäht ans Kreuz zu schlagen.“[10] Die Festungsgarnison teilte sich anschließend in zwei Lager, denn man war sich uneins wie nun weiter verfahren werden sollte. Schließlich streckten aber beide Fraktionen die Waffen und übergaben die Festung an den Seleukidenherrscher, womit die Rebellion des Achaios ihr Ende fand (Polyb. VIII 23).

Literatur

  • Wilcken, Ulrich: 25) Antiochos, RE I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2459–70.
  • Drexler, Hans (Hrsg.): Polybios. Geschichte, Gesamtausgabe in zwei Bänden, erster Band, Zürich u. a. 21978.
  • Wilcken, Ulrich: 4) Achaios, RE I,1, Stuttgart 1893, Sp. 206f.
  • Ehling, Kay: Der Tod des Usurpators Achaios. In: Historia, Bd. 56, H. 4 (2007), S. 497–501.
  • Effenterre, Henri van: La Crète et le monde grec de Platon à Polybe, Paris 1948.
  • Grimal, Pierre: Weltgeschichte. 6, Die Mittelmeerwelt im Altertum II, Der Hellenismus und der Aufstieg Roms, Augsburg 2000 [1965].
  • Schmitt, Hatto H.: Untersuchungen zur Geschichte Antiochos’ des Großen und seiner Zeit, Wiesbaden 1964.
  • Mc Auley, Alex: The House of Achaios: reconstructing an early client dynasty of Seleukid Anatolia. In: The Seleukid Empire, 281–222 BC: war within the family, hrsg. v. Kyle Erickson, Swansea 2018, S. 37–58.

Einzelnachweise

  1. Wilcken: Achaios, RE I,1, 1893, Sp. 206. Zur Forschungsdiskussion betreffend den Verwandtschaftsgrad siehe Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 30ff. und Mc Auley: The House of Achaios, 2018, S. 38ff. Sicher ist, dass Achaios mit Antiochos verschwägert war.
  2. Vgl. Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 2f.
  3. Polyb. V 40; 41,2 und Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 111, 116–119.
  4. Polyb. 55,1f.; Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 149.
  5. Zu den Titeln und Ämtern des Achaios vgl. insbesondere Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 158ff.
  6. Schmitt: Untersuchungen, 1964, S. 165.
  7. Zur Erklärung des ambivalenten Gebarens der Truppen des Achaios, welche zwar einerseits seine Erhebung zum König betrieben, sich dann jedoch eines Waffenganges gegen Antiochos verweigerten vgl. Ehling: Tod des Usurpators Achaios, 2007, S. 497, Anm. 2.
  8. Grimal: Hellenismus, 2000, S. 162f. und Wilcken: 25) Antiochos, RE I, 2, 1894, Sp. 2461.
  9. Zum Kreterbild bei Polybios vgl. Effenterre: La Crète et le monde grec, 1948, S. 283–292, 295f., 308–312.
  10. Polyb. VIII 23, übersetzt nach Drexler: Historien, 1978, S. 641.