Accursius
Accursius (* 1182/85 in Bagnolo all’Impruneta (Ortsteil von Impruneta) bei Florenz; † 1260/63 in Bologna) gehörte zur Gruppe der sogenannten Glossatoren.
Leben
Accursius studierte an der Universität von Bologna Rechtswissenschaften. Einer seiner Lehrer war Azo. Ab etwa 1215 war Accursius dort selbst als Rechtslehrer tätig.
Er verfasste die so genannte Glossa ordinaria (Zusammenfassung der bis dorthin geschriebenen Glossen). Sie umfasst etwa 97.000 Randbemerkungen und stellte die ausführlichste aller Zusammenfassungen dar. Er wollte eine vollständige Erläuterung des justinianischen Corpus Iuris Civilis schaffen, die das Gesetzeswerk einheitlich und widerspruchsfrei wiedergibt. Die Glossa ordinaria erlangte in der Praxis teilweise gesetzesähnliche Kraft und stellte sich gleichsam vor den Text des Corpus Iuris Civilis: Demjenigen, der sich auf den Gesetzestext berief, um gegen die Glossa ordinaria zu argumentieren, konnte entgegnet werden, dass es anmaßend sei, zu glauben, man könne den Text besser als Accursius verstehen („Quidquid non agnoscit glossa, non agnoscit curia“ – Was die Glossa ordinaria nicht anerkennt, erkennt [auch] das Gericht nicht an). Mit Accursius und seinem monumentalen Werk, welches um 1230 fertiggestellt worden war, endet die Glossatorenschulentätigkeit. Accursius’ Werk wurde aber bis zum 18. Jahrhundert in der juristischen Praxis aufgegriffen.[1]
Der in späteren Quellen dem Accursius zugeschriebene Vorname „Franciscus“ hat, wie andere Beinamen („Bonus“, „Azoninus“) auch, keine historische Grundlage. Mehrere seiner Söhne sind ebenfalls als Juristen tätig geworden. Unter ihnen ist Franciscus (* um 1225), der auch am englischen Königshof unter Eduard I. tätig war, der Bedeutendste. Zur Unterscheidung von seinem Vater wird er Franciscus Accursii genannt, d. h. Franciscus (Sohn) des Accursius. Dante zählt Franciscus zu den Sodomiten in der Hölle (Inferno V, 109).
Grablege
Accursius’ Grab liegt im Außenbereich der Basilica San Francesco in Bologna. Dort liegt er in einem Mausoleum mit seinem Sohn Franciscus. Daneben liegt in einem gleichartigen Grabmal sein Schüler Odofredus.
Werke
- Corpus iuris civilis: Digesta Justiniani. Infortiatum. Mit der Glossa ordinaria des Accursius und mit Summaria des Hieronymus Clarius. Venedig: Baptista de Tortis, 1495. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf (nur Infortiatum; Accursius und spätere Anmerkungen)
- Corpus iuris civilis : Justiniani Institutiones. Mit der glossa ordinaria des Accursius. Michael Wenßler, Basel 31. V. 1476, vielmehr um 1477 (Digitalisat)
- Corpus iuris civilis : Justiniani Institutiones. Mit der glossa ordinaria des Accursius. Basel : Nikolaus Keßler, 1487/88 (Digitalisat)
- Corpus iuris civilis Iustinianei, cum commentariis Accursii, scholiis Contii et D. Gothofredi lucublationibus ad Accursium. Lyon: 1627. Digitalisierte Ausgabe Lyon 1627 der Universitätsbibliothek Heidelberg (Accursius und spätere Anmerkungen)
- Neudruck der Glossa ordinaria Accursii in: Corpus glossatorum juris civilis. Bd. 7: Accursii Glossa in Digestum vetus, Torino: 1969; Bd. 8: Accursii Glossa in Digestum infortiatum, Torino: 1968; Bd. 9. Accursii Glossa in Digestum novum, Torino: 1968; Bd. 10: Accursii Glossa in Codicem, Torino: 1968; Bd. 11: Accursii Glossa in Volumen, Torino: 1969.
Literatur
- Franz Dorn: Accursius. In: Gerd Kleinheyer, Jan Schröder (Hrsg.): Deutsche und europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. 4. Auflage, C.F. Müller, Heidelberg 1996, S. 13–16, ISBN 3-8252-0578-9.
- Piero Fiorelli: ACCORSO (latinizzato dapprima in Accursus, poi comunemente in Accursius, ritradotto nella forma Accursio, oggi la più usata; anche Accorso Fiorentino o da Bagnolo; chiamato a volte senza fondamento Accurzio, l'Accursio, Francesco Accursio, Bono Accursio, Accursio Azzone o Azzonio). In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 1: Aaron–Albertucci. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1960.
- Erich Genzmer: Zur Lebensgeschichte des Accursius. In: FS Wenger, 1945, S. 223ff.
- Hermann Lange: Römisches Recht im Mittelalter. Bd. 1. Die Glossatoren. Beck, München 1997, S. 335–385, ISBN 3-406-41904-6.
- Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4 (Grundrisse des Rechts), § 2 Rnr. 6 (S. 23).
- Horst Heinrich Jakobs: Magna Glossa. Textstufen der legistischen glossa ordinaria. Paderborn 2006, ISBN 3-506-75620-6
- S. Lohsse, Accursius und "die Glosse", Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 2011, S. 366ff.
- P. Weimar: Accursius. In: Michael Stolleis (Hrsg.): Juristen. Ein biographisches Lexikon von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Beck, München 2001, S. 18f., ISBN 3-406-45957-9.
Weblinks
- Literatur von und über Accursius im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Accursius in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von Accursius im Gesamtkatalog der Wiegendrucke
Einzelnachweise
- ↑ Uwe Wesel: Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zur Gegenwart. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Beck, München 2006, ISBN 3-406-47543-4. S. 317–320 (319).
Personendaten | |
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NAME | Accursius |
ALTERNATIVNAMEN | Accursius, Franciscus |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Glossator |
GEBURTSDATUM | 1182 oder 1185 |
GEBURTSORT | Bagnolo all'Impruneta bei Florenz |
STERBEDATUM | 1260 oder 1263 |
STERBEORT | Bologna |
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Accursius Grabmal in Bologna an der Basilica San Francesco, Sep. 2017.
Autor/Urheber: Riccardo Speziari (User:RicciSpeziari), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Statue von Accursius (* 1182/85 in Bagnolo all'Impruneta bei Florenz; † 1260/63 in Bologna) gehörte zur Gruppe der Glossatoren. Er studierte an der Universität von Bologna die Rechtswissenschaften. Einer seiner Lehrer war Azo. Ab etwa 1215 war Accursius dort als Rechtslehrer tätig. Etwa 1215.