Abugida

Beispiel Abugida: Genesis-Text in äthiopischer Schrift und Sprache

Der Begriff Abugida (von altäthiopisch አቡጊዳabugida, von den ersten vier Buchstaben des amharischen Alphabets) resp. Alphasyllabar bezeichnet einen bestimmten Typus von Buchstabenschrift (Alphabet), bei dem die Buchstaben nicht streng nach der gesprochenen Reihenfolge angeordnet, sondern segmental nach Silben gruppiert werden, weswegen sie manchmal fälschlich als Silbenschrift bezeichnet werden.

Dieses Schriftprinzip ist charakteristisch für die indischen Schriften und die äthiopische Schrift.

Inhärenter Vokal

Beispiel in der indischen Devanagari-Schrift

  • K = /ka/ =
  • Ki = /ki/ =
  • K* = /k/ = (mit Halant unter dem Zeichen)
  • K*M = /kma/ =
  • İK = /ika/ =
  • İK* = /ik/ =
  • İKi = /iki/ =
  • etc.

Bei Abugidas bildet eine Zeichengruppe von der Größenordnung einer Silbe eine graphische Einheit, die Silbendarstellung wird aber aus kleineren Segmenten zusammengesetzt. Zu jedem Konsonanten gehört ein inhärenter Vokal, der mittels verschiedener diakritischer Vokalzeichen modifiziert werden kann. So steht in der indischen Devanagari-Schrift das Zeichen für die Silbe ka. Durch Hinzufügung eines Vokalzeichens kann etwa die Silbeकेke dargestellt werden.

Vokalzeichen
Das unselbstständige Vokalzeichen kann nicht allein stehen, sondern bildet zusammen mit dem Konsonantenzeichen eine feste Einheit. Aus der Grundsilbela wird durch die Vokalzeichenला,लिli,ली,लुlu,लू,लेle,लैlai,लोlo undलौlau.

लालिलीलुलूलेलैलोलौ
lalilulelailolau

Die entstehenden Einheiten stimmen im Allgemeinen nicht mit den Sprechsilben überein.

Bei von den indischen Schriften abstammenden Abugidas haben anlautende Vokale eine andere Form, als wenn sie Konsonanten angehängt werden.

Position der diakritischen Zeichen in Brahmi-Abugidas
PositionSilbeAusspracheGrundformSchrift
obenके/keː//k(a)/Devanagari
untenकु/ku/
linksकि/ki/
rechtsको/koː/
um … herumகௌ/kau//ka/Tamil
umgebenកៀ/kie//kɑɑ/Khmer
innerhalbಕಿ/ki//ka/Kannada

Begriff

Der Begriff Abugida wurde von dem Sprachwissenschaftler Peter T. Daniels geprägt und steht im Gegensatz zu dem Begriff Abdschad, einem Schriftsystem ohne Vokalzeichen. Der Name leitet sich analog zum Wort Alphabet von den ersten vier Buchstaben der äthiopischen Schrift in der klassischen Reihenfolge ab. Im Englischen ist auch der Begriff alphasyllabary üblich.

Untypische Abugida

Eine untypische Abugida ist die Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte Cree-Schrift, bei der die Vokale nicht durch hinzugefügte Zeichenelemente, sondern durch die Orientierung des Konsonantenzeichens dargestellt werden.

ipiti
ao papo tato 
e pe te 

Literatur

  • Florian Coulmas (Hrsg.): The Blackwell Encyclopedia of Writing Systems. Blackwell Publishers, 1999, ISBN 0-631-21481-X (englisch).
  • Peter T. Daniels, William Bright (Hrsg.): The World’s Writing Systems. Oxford University Press, Oxford 1996, ISBN 0-19-507993-0 (englisch).
  • Akira Nakanishi: Writing Systems of the World. Alphabets, Syllabaries, Pictograms. Tuttle Publishing, 1989, ISBN 978-0-8048-1654-0 (englisch).
  • Henry Rogers: Writing Systems. A Linguistic Approach (= Blackwell Textbooks in Linguistics). Wiley-Blackwell, 2004, ISBN 978-0-631-23464-7 (englisch).
  • Hindi – Devanagari-Schrift. In: Fischer Lexikon Sprachen. 1972, ISBN 3-436-01177-0, S. 157 f.
  • Elvira Friedrich: Einführung in die indischen Schriften. Band 1: Devanagari. Buske, Hamburg 1993, ISBN 978-3-87548-462-5.
  • Jutta M Zimmermann: Sanskrit – Devanagari. Die Schrift aus der Stadt der Götter. Ein Lehrbuch für Anfänger. Band 1. Raja, 2012, ISBN 978-3-936684-06-3.
  • Wolfgang-Ekkehard Scharlipp, Dieter Back: Einführung in die tibetische Schrift. Buske, Hamburg 1995, ISBN 978-3-87548-114-3.
Commons: Abugida – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Auf dieser Seite verwendete Medien

Devnag kma.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Groupe kma en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag halant.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war MedBot in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Halant de la devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag ki.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Groupe ki en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag ka.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Lettre k en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag ika.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Groupe ika en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag ik.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Groupe ik en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos
Devnag k.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Lettre k dévoyellée en forme conjointe en devanāgarī ; Vincent Ramos
Ethiopic genesis (ch. 29, v. 11-16), 15th century (The S.S. Teacher's Edition-The Holy Bible - Plate XII, 1).jpg
A portion of the Octateuch in Ethiopian, British Library Oriental MS. 480, containing Genesis 29:11-16. This MS. was written in the 15th century, & is part of a library collected by Emperor Theodore at Magdala for an intended church of the Redeemer of the World. It was brought to the U.K. as part of the spoils of the 1868 Expedition to Abyssinia.
Devnag iki.png
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Vincent Ramos in der Wikipedia auf Französisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Groupe iki en devanāgarī ; Utilisateur:Vincent Ramos