Abstrakte Fabrik
Die abstrakte Fabrik (englisch abstract factory, kit) ist ein Entwurfsmuster aus dem Bereich der Softwareentwicklung, das zur Kategorie der Erzeugungsmuster (englisch creational patterns) gehört. Es definiert eine Schnittstelle zur Erzeugung einer Familie von Objekten, wobei die konkreten Klassen der zu instanziierenden Objekte nicht näher festgelegt werden.[1] Das Muster ist eines der Entwurfsmuster, die von der sogenannten Viererbande (GoF) publiziert wurden.
Verwendung
Die abstrakte Fabrik wird angewendet, wenn
- ein System unabhängig von der Art der Erzeugung seiner Produkte arbeiten soll,
- ein System mit einer oder mehreren Produktfamilien konfiguriert werden soll,
- eine Gruppe von Produkten erzeugt und gemeinsam genutzt werden soll oder
- wenn in einer Klassenbibliothek die Schnittstellen von Produkten ohne deren Implementierung bereitgestellt werden sollen.
Eine typische Anwendung ist die Erstellung einer grafischen Benutzeroberfläche mit unterschiedlichen Oberflächenmotiven.
Eine abstrakte Fabrik vereinigt die Verantwortlichkeiten „Zusammenfassung der Objektgenerierung an einer Stelle“ und „Möglichkeit zu abstrakten Konstruktoren“ (siehe auch unten unter „Verwandte Entwurfsmuster“).
Akteure
AbstrakteFabrik
- definiert eine Schnittstelle zur Erzeugung abstrakter Produkte einer Produktfamilie
KonkreteFabrik
- erzeugt konkrete Produkte einer Produktfamilie durch Implementierung der Schnittstelle
AbstraktesProdukt
- definiert eine Schnittstelle für eine Produktart
KonkretesProdukt
- definiert ein konkretes Produkt einer Produktart durch Implementierung der Schnittstelle, wird durch die korrespondierende konkrete Fabrik erzeugt
Klient
- verwendet die Schnittstellen der abstrakten Fabrik und der abstrakten Produkte
Vorteile
- Der Klient ist von konkreten Klassen isoliert.[2]
- Der Austausch von Produktfamilien ist auf einfache Art und Weise möglich.
Nachteile
Neue Produktarten lassen sich schwer hinzufügen, da in allen konkreten Fabriken Änderungen vorzunehmen sind.
Verwendung in der Analyse
Wegen der gemeinsamen Komplexität der beiden wesentlichen Verantwortungen („Zusammenfassung der Objektgenerierung an einer Stelle“ und „Möglichkeit zu abstrakten Konstruktoren“) ist dieses Entwurfsmuster für die Analyse praktisch irrelevant.
Beispiele
C++
Diese C++11 Implementierung basiert auf dem vor C++98 Beispielcode im Buch Entwurfsmuster.
#include <iostream>
enum Richtung {Norden, Sueden, Osten, Westen};
class KartenEintrag {
public:
virtual void betrete() = 0;
virtual ~KartenEintrag() = default;
};
class Raum : public KartenEintrag {
public:
Raum() :raumNr(0) {}
Raum(int n) :raumNr(n) {}
void setSeite(Richtung d, KartenEintrag* ms) {
std::cout << "Raum::setSeite " << d << ' ' << ms << '\n';
}
virtual void betrete() {}
Raum(const Raum&) = delete; // Dreierregel
Raum& operator=(const Raum&) = delete;
private:
int raumNr;
};
class Wand : public KartenEintrag {
public:
Wand() {}
virtual void betrete() {}
};
class Tuer : public KartenEintrag {
public:
Tuer(Raum* r1 = nullptr, Raum* r2 = nullptr)
:raum1(r1), raum2(r2) {}
virtual void betrete() {}
Tuer(const Tuer&) = delete; // Dreierregel
Tuer& operator=(const Tuer&) = delete;
private:
Raum* raum1;
Raum* raum2;
};
class Labyrinth {
public:
void fuegeRaumHinzu(Raum* r) {
std::cout << "Labyrinth::fuegeRaumHinzu " << r << '\n';
}
Raum* raumNr(int) const {
return nullptr;
}
};
class LabyrinthFabrik {
public:
LabyrinthFabrik() = default;
virtual ~LabyrinthFabrik() = default;
virtual Labyrinth* erzeugeLabyrinth() const {
return new Labyrinth;
}
virtual Wand* erzeugeWand() const {
return new Wand;
}
virtual Raum* erzeugeRaum(int n) const {
return new Raum(n);
}
virtual Tuer* erzeugeTuer(Raum* r1, Raum* r2) const {
return new Tuer(r1, r2);
}
};
// Wenn baueLabyrinth ein Objekt als Parameter erhält, das zum Erzeugen von Räumen, Wänden und Türen verwendet wird, dann können Sie die Klassen von Räumen, Wänden und Türen durch das Hereinreichen verschiedener Parameter verändern. Dies ist ein Beispiel für das Abstrakte-Fabrik-Muster (107).
class LabyrinthSpiel {
public:
Labyrinth* baueLabyrinth(LabyrinthFabrik& fabrik) {
Labyrinth* einLabyrinth = fabrik.erzeugeLabyrinth();
Raum* r1 = fabrik.erzeugeRaum(1);
Raum* r2 = fabrik.erzeugeRaum(2);
Tuer* eineTuer = fabrik.erzeugeTuer(r1, r2);
einLabyrinth->fuegeRaumHinzu(r1);
einLabyrinth->fuegeRaumHinzu(r2);
r1->setSeite(Norden, fabrik.erzeugeWand());
r1->setSeite(Osten, eineTuer);
r1->setSeite(Sueden, fabrik.erzeugeWand());
r1->setSeite(Westen, fabrik.erzeugeWand());
r2->setSeite(Norden, fabrik.erzeugeWand());
r2->setSeite(Osten, fabrik.erzeugeWand());
r2->setSeite(Sueden, fabrik.erzeugeWand());
r2->setSeite(Westen, eineTuer);
return einLabyrinth;
}
};
int main() {
LabyrinthSpiel spiel;
LabyrinthFabrik fabrik;
spiel.baueLabyrinth(fabrik);
}
Die Programmausgabe ist ähnlich zu:
Labyrinth::fuegeRaumHinzu 0x18aeed0
Labyrinth::fuegeRaumHinzu 0x18aeef0
Raum::setSeite 0 0x18af340
Raum::setSeite 2 0x18aef10
Raum::setSeite 1 0x18af360
Raum::setSeite 3 0x18af380
Raum::setSeite 0 0x18af3a0
Raum::setSeite 2 0x18af3c0
Raum::setSeite 1 0x18af3e0
Raum::setSeite 3 0x18aef10
Es soll eine Spielesammlung per Software entwickelt werden. Die verwendeten Klassen sind dabei
- Spielbrett (erstes abstraktes Produkt), auf das Spielfiguren platziert werden können und das beispielsweise eine Methode besitzt, um sich auf dem Bildschirm anzuzeigen. Konkrete, davon abgeleitete Produkte sind Schachbrett, Mühlebrett, Halmabrett etc.
- Spielfigur (zweites abstraktes Produkt), die auf ein Spielbrett gesetzt werden kann. Konkrete, davon abgeleitete Produkte sind Hütchen, Schachfigur (der Einfachheit halber soll es hier nur einen Typ an Schachfiguren geben), Holzsteinchen etc.
- Spielfabrik (abstrakte Fabrik), die Komponenten (Spielbrett, Spielfiguren) eines Gesellschaftsspiels erstellt. Konkrete, davon abgeleitete Fabriken sind beispielsweise Mühlefabrik, Damefabrik, Schachfabrik etc.
Ein Klient (z. B. eine Instanz einer Spieler- oder Spielleiter-Klasse) kann sich von der abstrakten Fabrik Spielfiguren bzw. ein Spielbrett erstellen lassen. Je nachdem, welches konkrete Spiel gespielt wird, liefert beispielsweise
- die Schachfabrik ein Schachbrett und Schachfiguren,
- die Damefabrik ebenfalls ein Schachbrett, aber Holzsteinchen,
- die Mühlefabrik ein Mühlebrett, aber ebenfalls Holzsteinchen.
Programmierbeispiel in PHP
<?php
// abstraktes Produkt A
abstract class Spielbrett {
abstract function aufstellen();
}
// abstraktes Produkt B
abstract class Spielfigur {
abstract function bewegen();
}
// abstrakte Fabrik
abstract class Spielfabrik {
abstract function SpielbrettErzeugen();
abstract function SpielfigurErzeugen();
}
// konkrete Fabrik 1
class Dame extends Spielfabrik {
public function SpielbrettErzeugen() {
return new Schachbrett();
}
public function SpielfigurErzeugen() {
return new Damestein();
}
}
// konkrete Fabrik 2
class Schach extends Spielfabrik {
public function SpielbrettErzeugen() {
return new Schachbrett();
}
public function SpielfigurErzeugen() {
return new Schachfigur();
}
}
// konkrete Fabrik 3
class Muehle extends Spielfabrik {
public function SpielbrettErzeugen() {
return new Muehlebrett();
}
public function SpielfigurErzeugen() {
return new Damestein();
}
}
class Schachbrett extends Spielbrett {
public function aufstellen() {
echo "Schachbrett aufgestellt.".PHP_EOL;
}
}
class Muehlebrett extends Spielbrett {
public function aufstellen() {
echo "Mühle-Brett aufgestellt.".PHP_EOL;
}
}
class Damestein extends Spielfigur {
public function bewegen() {
echo "Damestein bewegt.".PHP_EOL;
}
}
class Schachfigur extends Spielfigur {
public function bewegen() {
echo "Schachfigur bewegt.".PHP_EOL;
}
}
function testeSpiel(Spielfabrik $fabrik) {
$brett = $fabrik->SpielbrettErzeugen();
$figur = $fabrik->SpielfigurErzeugen();
$brett->aufstellen();
$figur->bewegen();
}
testeSpiel(new Dame());
testeSpiel(new Muehle());
testeSpiel(new Schach());
Ausgabe:
Schachbrett aufgestellt. Damestein bewegt. Mühle-Brett aufgestellt. Damestein bewegt. Schachbrett aufgestellt. Schachfigur bewegt.
Verwandte Entwurfsmuster
Die abstrakte Fabrik ist einfach eine mehrfache Anwendung der Fabrikmethode. Die abstrakte Fabrik kann daher eine ganze Produktfamilie austauschbar machen, während sich die Fabrikmethode nur auf ein Produkt bezieht.
Soll generell eine zusätzliche Hierarchie von Fabriken zu einer Hierarchie von Produkten vermieden werden, kann das Muster des Prototyps verwendet werden. Bei diesem Muster werden zur Erzeugung neuer Objekte prototypische Instanzen kopiert.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Erich Gamma, Richard Helm, Ralph Johnson, John Vlissides: Entwurfsmuster. 5. Auflage. Addison-Wesley, 1996, ISBN 3-8273-1862-9, S. 107.
- ↑ Karl Eilebrecht, Gernot Starke: Patterns kompakt. Entwurfsmuster für effektive Software-Entwicklung. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2525-6, S. 26, doi:10.1007/978-3-8274-2526-3.
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Entwurfsmuster Abstrakte Fabrik, Sprache deutsch