Absetzerscheinung

Der Begriff Absetzerscheinungen (auch Absetzsymptome/-syndrome) bezeichnet die bei starker Reduzierung oder Absetzen eines Medikamentes auftretenden Symptome, und zählt zu den unerwünschten Nebenwirkungen.

Auch die körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen von psychotropen Medikamenten und dem anderer psychotroper Substanzen (Drogen) sind Absetzerscheinungen (siehe: Abhängigkeit).

Die Stärke von Absetzerscheinungen reicht von objektiv nicht feststellbar bis lebensgefährlich.[1] Sie treten in Form von nachgelagerten, verstärkten Nebenwirkungen der eingenommenen Substanzen oder als ganz neue Symptome auf.[2] Beschwerden, gegen die ein Medikament helfen sollte, können nach dem Absetzen verstärkt zu Tage treten (siehe: Reboundeffekt). Dies wird jedoch nicht zu den Absetzerscheinungen im engeren Sinne gezählt, wenn sich die Beschwerden in der Stärke nicht wesentlich von dem Zustand vor Einnahme des Medikamentes unterscheiden (die Beschwerden also nur auf die zu behandelnde Krankheit zurückzuführen sind). Zur Verhinderung von Absetzerscheinungen bedient man sich häufig der therapeutischen Methode des Ausschleichens.

Verwendung des Begriffs

Konzeptuell werden die Begriffe Absetzerscheinung und Entzugserscheinungen bzw. Entzugssymptomen/-syndromen in der Fachliteratur teilweise synonym gebraucht.[3][2]

Der Begriff ist nicht nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD genormt und erst in neuerer Zeit vermehrt aufgetreten, vor allem im Zusammenhang mit Antidepressiva der Gruppen SSRI, SNRI etc. In der aktuellen deutschen Version der ICD (ICD-10-GM) treten die Begriffe Entzugssymptom und Entzugssyndrom ebenfalls nicht als Diagnose auf, werden jedoch in den Kommentierungen gebraucht.[4] Da dies jedoch nur in Bezug auf abhängigkeitserzeugende Substanzen geschieht und dies auch dem lange gewohnten Gebrauch entspricht, entstünden Verwechslungsprobleme, wenn man die entsprechenden Symptome bei nicht-abhängigkeitserzeugenden Substanzen ebenso benennen würde; vor allem (aber nicht nur) Laien könnten die entsprechenden Substanzen fälschlicherweise für abhängigkeitserzeugend halten.

Im Englischen findet eine solche Unterscheidung formal nicht statt und man spricht allgemein von withdrawal syndrome/symptoms. Im nationalen (aber international gebrauchten) nordamerikanischen Klassifikationssystem von psychischen Störungen, DSM wird ebenfalls ganz allgemein von withdrawal (symptoms)[1] gesprochen. Es werden hier lediglich die Begriffe discontinuation syndrome und abstinence syndrome als Synonyme angeführt. Abstinence syndrome wird dabei in der Praxis vor allem im Zusammenhang mit Erscheinungen während der Peri- und Neonatalperiode gebraucht; discontinuation syndrome vor allem in Bezug auf die Erscheinungen nach Nicht-Fortsetzen der Einnahme gewisser nicht-abhängigkeitserzeugender Substanzen (non-addictive drugs).[5][6]

Beispiele

Einzelnachweise

  1. a b DSM-IV: Withdrawal (Memento vom 30. Januar 2008 im Internet Archive). Gefunden bei BehaveNet® Clinical Capsules™.
  2. a b B. Stuck et al.: Praxis der Schlafmedizin: Schlafstörungen, schlafbezogene Bewegungs- und Atmungsstörungen, Schnarchen. Springer, 2009, ISBN 3-540-88699-0, S. 229 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Brigitte Woggon: Behandlung mit Psychopharmaka. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2005. Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 1998/2005, ISBN 3-456-83538-8
  4. ICD-10-GM 2008: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (F10-F19) (Memento vom 3. März 2010 im Internet Archive), amtliche Version. Gefunden bei DIMDI.
  5. Pharmacology: discontinuation syndrome (Memento vom 11. Oktober 2008 im Internet Archive). Gefunden bei BehaveNet® Clinical Capsules™.
  6. Pharmacology: abstinence syndrome (Memento vom 11. Oktober 2008 im Internet Archive). Gefunden bei BehaveNet® Clinical Capsules™.