Abenteuervierteiler

Als Abenteuervierteiler werden 16 Fernsehverfilmungen bezeichnet, die zwischen 1964 und 1983 produziert wurden. Die Mehrteiler liefen in der Regel in Erstausstrahlung während der Advents- oder Weihnachtszeit. Die meist vierteiligen Filme wurden vom deutschen Fernsehsender ZDF in internationaler Koproduktion mit Frankreich hergestellt und sind auch als Adventsvierteiler oder Weihnachtsvierteiler bekannt.

Produktionsnotizen

In den frühen 1960er Jahren entwickelte der deutsche Film- und Fernsehproduzent Walter Ulbrich die Idee, Fernsehmehrteiler in internationaler Koproduktion herstellen zu lassen. Auf diese Weise konnte die aufwendige Produktion epischer Abenteuerfilme finanziert werden. Ulbrich, der durch seine langjährige Produzententätigkeit viele internationale Kontakte hatte, konnte französische Produzenten für die Idee begeistern. Die Mehrteiler wurden in der Regel abwechselnd unter deutscher und französischer Federführung produziert. Als Vorlage dienten zunächst Klassiker der Weltliteratur wie zum Beispiel Robinson Crusoe, Don Quijote, Die Schatzinsel oder Die Abenteuer des Tom Sawyer. Ulbrich überwachte als Herstellungsleiter den gesamten Produktionsablauf und war in vielen Fällen auch als Drehbuchautor an der Gestaltung der Vierteiler beteiligt.

Obwohl die bekannten literarischen Vorlagen bereits für das Kino adaptiert worden waren, konnte ihre epische Handlung im Rahmen der Vierteiler buchgetreuer und ausführlicher erzählt werden. Ulbrich galt zudem als besonders sorgfältiger Produzent, der bei der Herstellung der Filme auf jedes Detail achtgab. Ein von Ulbrich favorisiertes Stilmittel war es, die Handlung durch eine Erzählstimme kommentieren zu lassen. Dies gab ihm beim Schnitt der Filme große Freiheiten, da er die Stimme des allwissenden Erzählers einsetzen konnte, um Handlungslücken zu überbrücken oder wichtige Informationen zu übermitteln. In den späteren Vierteilern wurde auf die Erzählstimme verzichtet, da dieses Stilmittel als veraltet empfunden wurde.

Hinter der Kamera standen bei den Mehrteilern erfahrene Regisseure wie Wolfgang Staudte oder Wolfgang Liebeneiner. Die Qualität der Adventsvierteiler wurde von Kritikern zwar unterschiedlich bewertet, aber vor allem in den 1960er und 1970er Jahren erzielten die Filme hohe Einschaltquoten und waren echte Straßenfeger.

Einigen der Hauptdarsteller gelang mit den Mehrteilern der nationale oder internationale Karrieredurchbruch, so zum Beispiel Robert Hoffmann als Robinson Crusoe, Michael Ande als Jim Hawkins (Die Schatzinsel) oder Hellmut Lange als Lederstrumpf. Raimund Harmstorf wurde zeitlebens mit seiner Rolle als Seewolf identifiziert und vor allem in den 1970er Jahren auch für internationale Filmproduktionen verpflichtet. Er wurde durch diese Rolle so populär, dass er als einziger Hauptdarsteller ein zweites Mal in der Titelrolle besetzt wurde, als Michael Strogoff im gleichnamigen Vierteiler von 1976. Nur der Hauptdarsteller des Don Quijote, Josef Meinrad, war zum Zeitpunkt der Verfilmung bereits ein sehr renommierter Bühnen- und Filmschauspieler.

Bekannte Film- und Fernsehkomponisten steuerten die Musik zu den Vierteilern bei. Hans Posegga war unter anderem für die Musik des Seewolf verantwortlich. Der französische Komponist Vladimir Cosma schrieb 1978 die Titelmelodie zu Die Abenteuer des David Balfour, die zu einem bekannten Ohrwurm wurde.

Nach dem Erfolg der Vierteiler im ZDF begann auch das Erste Deutsche Fernsehen damit, Mehrteiler zu produzieren. Diese hielten sich aber nicht so eng an das Vier-Teile-Schema. Da viele der großen literarischen Klassiker bereits als Adventsvierteiler produziert worden waren, wurden hier Romane verfilmt, die etwas weniger bekannt waren.

Zur gleichen Zeit wurden ähnliche Fernsehserien auch ohne deutsche Beteiligung gedreht, zum Beispiel der spanisch-französisch-italienische Mehrteiler Die geheimnisvolle Insel (1973) mit Omar Sharif als Kapitän Nemo.

In den späten 1970er Jahren zeichnete es sich ab, dass geeignete Vorlagen für die Adventsvierteiler immer schwerer zu finden waren. 1982 wurde mit Der schwarze Bumerang erstmals auf keine Romanvorlage zurückgegriffen, sondern ein Originaldrehbuch verfilmt. Ein Jahr später beschloss das ZDF, die Reihe mit Der Mann von Suez einzustellen.

Die „Adventsvierteiler“ im ZDF

JahrTitelRegieErstausstrahlung
1964Robinson CrusoeJean Sacha3.–24. Okt. 1964
1965Don Quijote von der ManchaCarlo Rim8. – 29. Okt. 1965
1966Die SchatzinselWolfgang Liebeneiner25. Dez. 1966 – 1. Jan. 1967
1968Tom Sawyers und Huckleberry Finns AbenteuerWolfgang Liebeneiner1.–22. Dez. 1968
1969Die LederstrumpferzählungenPierre Gaspard-Huit (Teil 1+4)
Jean Dréville (Teil 2+3)
25.–28. Dez. 1969
1971Der SeewolfWolfgang Staudte, Sergiu Nicolaescu5.–26. Dez. 1971
1973Cagliostro (3 Teile in Deutschland)
Joseph Balsamo (7 Teile in Frankreich)
André Hunebelle23. Dez. 1973 – 1. Jan. 1974
1974Zwei Jahre FerienSergiu Nicolaescu, Gilles Grangier8.–29. Dez. 1974
1975Lockruf des GoldesWolfgang Staudte, Sergiu Nicolaescu21.–30. Dez. 1975
1976Michael StrogoffJean-Pierre Decourt28. Dez. 1976 – 6. Jan. 1977
1978Die Abenteuer des David BalfourJean-Pierre Decourt8.–17. Dez. 1978
1979Mathias SandorfJean-Pierre Decourt2.–11. Dez. 1979
1980Tödliches GeheimnisHerbert Wise2.–14. Dez. 1980
1981Wettlauf nach BombayChristian-Jaque29. Nov. – 8. Dez. 1981
1982Der schwarze BumerangRüdiger Bahr28. Nov. – 7. Dez. 1982
1983Der Mann von SuezChristian-Jaque4.–13. Dez. 1983

Weitere Abenteuermehrteiler

JahrTitelRegieMusikSender
1973Die merkwürdige Lebensgeschichte des Friedrich Freiherrn von der TrenckFritz UmgelterMiloslav HurkaZDF
1975Die unfreiwilligen Reisen des Moritz August BenjowskiFritz UmgelterHans PoseggaZDF
1975Des Christoffel von Grimmelshausen abenteuerlicher SimplizissimusFritz UmgelterRolf UnkelZDF
1976Der Winter, der ein Sommer warFritz UmgelterRolf UnkelARD
1978WallensteinFranz Peter WirthEugen ThomassZDF
1978ScharnhorstWolf-Dieter PanseHenry KrtschilDFF
1979Martin EdenGiacomo BattiatoRuggero CiniZDF
1980FantômasJuan Luis Buñuel, Claude ChabrolGeorges Delerue
1984Der eiserne WegWolfgang StaudteRudolf Gregor KnablZDF
1988Wind und SterneLawrence Gordon ClarkJosé NietoARD
1989Insel der MeutererFrançois LeterrierJean-Claude PetitARD

Mit Ausnahme von Insel der Meuterer liegen sämtliche Mehrteiler auf DVD vor.

Medien

Filmmusik

Am häufigsten wurden für die Verfilmungen die Komponisten Vladimir Cosma (vier Mehrteiler) und Hans Posegga (fünf Mehrteiler) eingesetzt, wobei Herstellungsleiter Ulbrich durchaus Musik eines Mehrteilers in einem anderen erneut verwendete, so geschehen mit der Musik aus „Die Schatzinsel“, die auch zum Teil in „Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer“ und „Die Lederstrumpferzählungen“ eingesetzt wurde. Bei „Robinson Crusoe“ wurde für die englische Fassung Musik von Robert Mellin und Gian Piero Reverberi verwendet, für die deutsch/französische Fassung Musik von Georges van Parys. Bei der Verfilmung von „Cagliostro“ schrieb für die deutsche Fassung Hans Posegga die Musik, die französische Fassung mit dem Titel „Joseph Balsamo“ erhielt Musik von Hubert Rostaing und auch bei der Verfilmung von „Zwei Jahre Ferien“ wurde bei der deutschen Fassung Hans Poseggas Musik genommen, für die französische Fassung „Deux Ans de Vacances“ aber Musik von Alain Le Meur. Von vielen Mehrteilern erschien die Musik auf Langspielplatte um den Zeitpunkt der Erstausstrahlung herum. Von „Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer“ gab es 1969 in Frankreich die Musik von Vladimir Cosma auf zwei EP-Singles und einer normalen Single.[1] Einige CD-Einspielungen wurden erst sehr viel später für Film- und Musikfans herausgegeben und sind mittlerweile gesuchte Liebhaberstücke.

  • Abenteuerklassiker – Schatzinsel, Seewolf, Lederstrumpf... – 2CD, BSC Music (mit mehreren Ausschnitten aus allen Vierteilern)[2]
  • Robinson Crusoe, Soundtrack der englischen Fassung der Filmmusik, CD (1990 + 1997), Silva Screen FILMCD 705[3]
  • Die Schatzinsel – Original-Soundtrack des ZDF-Vierteilers, CD (2002), BSC Music[4]
  • Der Seewolf, CD (1997), MSC Records MSC 4990[5]
  • Lockruf des Goldes, CD (1994), Tarantula Records, zusammen mit Zwei Jahre Ferien[6]
  • Michael Strogoff, CD (1998), Larghetto Music/Pomme Music[7]
  • Kidnapped (Die Abenteuer des David Balfour), CD (1987), Pomme Music (enthält auch die Musik aus „Die Rosen von Dublin“)[8]
  • L'Homme de Suez (Der Mann von Suez), CD (2006) limitierte Ausgabe, Cinéfonia Records (enthält auch die Musik aus „La Chambre Des Dames“)[9]

DVDs

Sämtliche „Adventsvierteiler“ des ZDF sind bei Concord Home Entertainment auf Doppel-DVDs erschienen.

2004

  • „Der Seewolf“

2005

  • „Lockruf des Goldes“
  • „Die Schatzinsel“

2006

  • „Die Lederstrumpf-Erzählungen“
  • „Robinson Crusoe“
  • „Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer“
  • „Don Quijote von der Mancha“
  • „Michael Strogoff“
  • „Der Seewolf“ – Neuauflage mit verbesserter Bildqualität

2007

  • „Zwei Jahre Ferien“
  • „Cagliostro“
  • „Mathias Sandorf“
  • „Die Abenteuer des David Balfour“

2008

  • „Tödliches Geheimnis“
  • „Wettlauf nach Bombay“
  • „Der schwarze Bumerang“
  • „Der Mann von Suez“

Unter dem Titel Die legendären TV-Vierteiler werden sie auch als 4-teilige Sammlung unterschiedlicher Serien in Form von DVD-Sammelboxen vertrieben.

  • „Die Frau in Weiß“ erschien in der Reihe Straßenfeger (10)
  • „Wind und Sterne“ erschien in der Reihe Große Geschichten

Blu-ray

2012 erschienen bei Concord Home Entertainment die Mehrteiler „Der Seewolf“, „Die Lederstrumpf-Erzählungen“ und „Lockruf des Goldes“ in einer Blu-ray-Box mit dem Titel Die legendären TV-Vierteiler in HD-Qualität. Die Mehrteiler sind auch einzeln auf Blu-ray erhältlich.

Siehe auch

Literatur

  • Oliver Kellner & Ulf Marek: Seewolf & Co. – Die großen Abenteuer-Vierteiler des ZDF, Schwarzkopf und Schwarzkopf, ISBN 3-89602-632-1

Einzelnachweise

  1. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  2. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  3. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  4. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  5. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  6. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  7. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  8. Eintrag bei SoundtrackCollector.com
  9. Eintrag bei SoundtrackCollector.com

Weblinks