Abū Lahab

Abu Lahab (arabisch أبو لهب, DMG Abū Lahab ‚Vater der Flamme‘; gest. 624) war ein Onkel und unversöhnlicher Gegner des Propheten Mohammed. Er und seine Frau werden in der Koransure 111, die – neben anderen – auch seinen Namen trägt, verdammt. Sein voller Name lautete عبد العزى بن عبد المطلب / ʿAbd al-ʿUzzā b. ʿAbd al-Muṭṭalib.

Leben und Familie

Abu Lahab war ein Sohn von Abd al-Muttalib und einer der Führer der Quraisch. Die Überlieferungen beschreiben ihn als großen, korpulenten Mann, der leicht in Zorn entflammte.

Die Mutter Abu Lahabs hieß Lubna bint al-Harith.[1] Seine Frau hieß Umm Dschamil bint Harb b. Umaiya und hegte eine heftige Abneigung gegen den Propheten. Sie gebar Abu Lahab drei Söhne. Umm Dschamil erhielt in Anspielung auf Koran 111:4 den Spottnamen „die Holzträgerin“.[2] Zwei dieser Söhne, Utba ibn Abi Lahab und Utayba ibn Abi Lahab, waren zwischenzeitlich mit zwei Töchtern Mohammeds, Umm Kulthum bint Muhammad und Ruqayya bint Muhammad, verheiratet.

Die Koransure

Abu Lahab war einer der beiden Zeitgenossen Mohammeds, die im Koran namentlich erwähnt werden.[3] Es gilt als unzweifelhaft, dass Abu Lahab in der Vorgeschichte dieser Sure Mohammed vielfach angefeindet hat.[4] Theodor Nöldeke schildert den Hintergrund dieser Sure folgendermaßen:

„Als eine der ältesten Offenbarungen gilt allen Sūra 111. Hinsichtlich ihrer Veranlassung stimmen die meisten Traditionen in folgenden Zügen überein: Muhammed rief nach langem Zaudern endlich seine Landsleute, oder, nach wahrscheinlicherem Berichte, sein Geschlecht, die Banū Hāšim, zusammen, und forderte sie auf, sich zu Gott zu bekehren. Aber sein Vatersbruder 'Abd-al'uzza b. 'Abd-almuttalib, genannt Abū Lahab, sprach: تبا لك ألهذا دعوتنا؟ ‚Geh zum Henker, hast du uns darum zusammengerufen?‘ Auf diese Worte, des in der Familie sehr angesehenen Mannes, die sicher nicht so schlimm gemeint waren, wie sie klingen, trennte sich die Versammlung, weil sie keinen Sinn in Muhammads Reden fand. Da schleuderte der Prophet mit den Worten der Sure 111 gegen Abū Lahab und sein ganzes Haus eine schwere Verwünschung, wodurch er sich ihn zu seinem heftigsten Feinde machte.“[5][6]

Die Sure öffnet mit ähnlichen Worten wie die Verwünschung aus dem Munde Abū Lahabs:

„Dem Verderben seien die Hände Abū Lahabs preisgegeben! Dem Verderben sei er (mit seiner ganzen Person) preisgegeben! Was nützt ihm sein Vermögen, und was er erworben hat? Er wird (dereinst) in einem lodernden Feuer schmoren, (er) und seine Frau, die (elende) Brennholzträgerin.“

Tod

Abu Lahab erkrankte an Pocken. Er starb im Jahre 624 n. Chr. zwei Jahre nach der Hidschra, kurz nachdem ihn die Kunde der Niederlage der Mekkaner in der Schlacht von Badr erreicht hatte. In einer Überlieferung heißt es: „Abu Lahab lebte nach diesem Vorfall nur noch sieben Tage, dann tötete ihn Gott durch giftige Blattern.“[7]

Theologie

In der islamischen Theologie werden Sure 111 und Abū Lahab als Typus herangezogen, um die Frage der Vorherbestimmung des Menschen (Prädestinationslehre) im Zusammenhang mit der Lehre vom ungeschaffenen Koran zu diskutieren. Denn Sure 111 verflucht Abū Lahab aufgrund seiner Taten. Ist der Koran ungeschaffen und vor aller Zeit, dann hat entsprechend auch schon vor aller Zeit festgestanden, dass die Taten des Abū Lahab fluchwürdig sind, und war dieser nicht frei, Muslim zu sein, sondern musste den Propheten bekämpfen. Umgekehrt setze daher eine Freiheit des Willens voraus, dass der Koran kontingent und mithin geschaffen ist.[8]

Literatur

  • E. J. Brill’s First Encyclopaedia of Islam 1913–1936, Leiden 1987, Bd. I, Stichwort: Abu Lahab.

Einzelnachweise

  1. Ferdinand Wüstenfeld: Genealogische Tabellen der arabischen Stämme und Familien. Göttingen 1852, S. 227
  2. Ferdinand Wüstenfeld: Genealogische Tabellen der arabischen Stämme und Familien. Göttingen 1852, S. 180
  3. Ignaz Goldziher: Die Richtungen der islamischen Koranauslegung, Leiden 1920, S. 289
  4. E. J. Brill’s First Encyclopaedia of Islam 1913–1936, Leiden 1987, Bd. I, Stichwort: Abu Lahab
  5. Theodor Nöldeke (Hrsg.): Geschichte des Qorans. Teil I, Dieterich, Leipzig 1909, S. 89f.
  6. Vgl. zu dieser Begebenheit auch die Überlieferungen von Buchari (Memento vom 19. Januar 2008 im Internet Archive)
  7. Das Leben Mohammed’s nach Muhammad ibn Ishāq bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm. Bd. I. (Übers. Gustav Weil) Stuttgart 1864, S. 344.
  8. Malise Ruthven: Der Islam. Eine kurze Einführung. Aus dem Englischen übersetzt von Matthias Jendis, Reclam Stuttgart 2000 (Oxford 1997) ISBN 3-15-018057-0, S. 82–83. Uri Rubin: Abū Lahab and Sūra CXI, in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 42 (1979), S. 13–28.