AT&S

AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft

RechtsformAktiengesellschaft
ISINAT0000969985
Gründung1987
SitzLeoben, Osterreich Österreich
LeitungAndreas Gerstenmayer (Vorstandsvorsitzender)[1]
Mitarbeiterzahl10.239 (2019/20)
Umsatz1.001 Mio. EUR (2019/20)[2]
BrancheElektronik
Websitehttps://ats.net/
Stand: 31. März 2020

Die AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft, kurz AT&S, ist ein weltweit führender[3] Leiterplattenhersteller. Kernkompetenz sind insbesondere Leiterplatten in der HDI-Microvia-Technologie. Die AT&S ist ein bedeutender Lieferant für die Mobilfunkbranche, Automobilelektronik, Industrieelektronik und Medizintechnik.

Struktur

Hauptsitz des Konzerns ist Leoben in der Steiermark. AT&S unterhält in Österreich derzeit zwei Produktionsstätten für Leiterplatten (Leoben, Fehring; bis 2013 zusätzlich Klagenfurt[4][5]) und betreibt weitere Leiterplattenwerke in Indien (Nanjangud bei Mysuru), China (Shanghai, sowie einem Werk für IC Substrate und mSAP in Chongqing) und Südkorea (Ansan bei Seoul).[5] Darüber hinaus existieren weltweit zahlreiche Vertriebsniederlassungen in Deutschland, Hongkong, Indien, Japan, Taiwan und USA.

Jedes der weltweiten Werke von AT&S ist auf ein dediziertes Technologieportfolio fokussiert: Die österreichischen Werke beliefern vor allem den europäischen aber ebenso zunehmend den amerikanischen Markt. Gesamt fokussieren sich die Werke in Österreich, Indien und Korea auf kleine und mittlere Serien für den Industrie- und den Automobilsektor. In China werden Großserien für Kunden aus dem Bereich mobile Endgeräte gefertigt.[6]

Shanghai und Leoben sind mit ihren Forschungseinheiten außerdem wesentliche Technologietreiber innerhalb der AT&S Gruppe.[6]

Geschichte

1987–1998

Das Unternehmen entstand 1987 aus drei in den 1970er-Jahren gegründeten Teilunternehmen: Einer Betriebsstätte der Körting Elektronik in Fehring welches zuvor 1979 von Elin übernommen wurde und den Namen Steirische Elektronik hatte (Fernseher und Leiterplatten), einem Zweigwerk von Eumig in Fohnsdorf und einer Betriebsstätte der Voest Alpine in Leoben, seit 1990 mit der E+E Leiterplattenholding als Muttergesellschaft.[7] Das Unternehmen war bis zur Privatisierung im November 1994 im Besitz der staatlichen Holding ÖIAG. Nach erfolgtem Verkauf an das Bieterkonsortium Androsch/Dörflinger/Zoidl[8] wurde es 1995 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Im Jahr 1998 streckte AT&S das erste Mal seine Fühler international aus und kaufte das damalige indisch-kanadische Unternehmen Indal Electronics in Nanjangud im Großraum Bengaluru in Indien.[7]

1999–2004

AT&S Hauptgebäude

Von 1999 bis 2008 war die AT&S an der Deutschen Börse in Frankfurt am Main notiert[8], ab 2003 bis 2008 war sie im TecDAX gelistet.[9]

Im Jahr 2000 fand die Eröffnung des neuen Logistik-Zentrums in Nörvenich in Deutschland statt. Es wurde ca. 2012 wieder geschlossen. Im selben Jahr war auch die schrittweise Inbetriebnahme des neugebauten Werkes Leoben-Hinterberg II. 2001 wurde das AT&S-Werk in Augsburg, welches zwei Jahre zuvor von Siemens und einem chinesischen Investor gekauft wurde, geschlossen.[7] 2002 startete die Produktion im neuen Werk in Shanghai, VR China. Gleichzeitig etablierte sich AT&S unter den Top-3-Unternehmen im Bereich HDI/Microvia weltweit.[8] Seit 2002 wurde die AT&S auch weltweiter Lieferant für Nokia und Siemens. Schwerpunkte im Jahr 2003 waren die Konzentration auf drei Geschäftsbereiche: Telekommunikation, Automobile, Industrie- und Medizintechnik und die Asien-Offensive, mit der Investition in ein indisches Werk. 2004 wurde in Shanghai der Bau des Werkes II beschlossen.

2005–2010

Im Jahr 2005 war der Start des AT&TACK-Projektes: Kundenorientierung im europäischen Markt, Konzentration auf die Bereiche Medizintechnik und Industrieelektronik. Es folgte die Spezialisierung der Werke in Fohnsdorf (starrflexible Leiterplatten) und Fehring (flexible Leiterplatten) auf europäische Nischenmärkte.[7] Willi Dörflinger wechselte vom Vorstand in den Aufsichtsrat. Harald Sommerer (CEO), Steen Hansen (CFO) und Heinz Moitzi (CTO) wurden das neue Vorstandsteam. 2006 wurde das zweite Werk in Shanghai eröffnet und das Werk in Fohnsdorf wurde geschlossen und mit Leoben zusammengelegt (Bereiche HDI und SPP/Spezialprodukte-Prototypen).[10] Weiters wurde die koreanische Firma Tofic Co. Ltd., Hersteller flexibler Leiterplatte, akquiriert.[8] Im Jahr 2007 war der Ramp-up des dritten AT&S-Werkes in Shanghai. Bis 2008 notierte das Unternehmen an der Frankfurter Wertpapierbörse. Nach einer Übergangsphase mit Doppellisting in Frankfurt und Wien notiert AT&S nun ausschließlich an der Wiener Börse.[8] 2009 gab es eine neue Produktionsausrichtung. Seitdem konzentriert sich die österreichische Produktion auf hochwertige Nischen im Automotiv- und Industriesegment und das Werk in Shanghai auf das High-End Mobile Device Segment. Im Jahr 2010 erfolgte der Produktionsstart von Werk II in Indien.[8]

2011 bis heute

Seit 2011 wird an dem neuen Werk in Chongqing (China) gebaut.[8] Dieses Werk war ursprünglich als weiteres HDI-Leiterplattenwerk geplant, dieser Plan wurde jedoch Ende 2012 geändert, als man 2013 Intel als neuen Kunden gewinnen konnte.[8] Seitdem ist das Werk zur einen Hälfte als Produktionsstandort für IC Substrate für Desktops und Notebooks und zur anderen Hälfte für die nächste Technologiegeneration mSAP (substratähnliche Leiterplatten) im Kerngeschäft für mobile Endgeräte ausgelegt.[11] Im Februar 2014 wurde mit der Einbringung der ersten Maschinen begonnen.

AT&S erfüllte Anfang 2016 die Bedingungen für die Aufnahme in den ATX, welche am 21. März 2016 wirksam wurde.[12] Im September desselben Jahres musste der Platz jedoch für das Gastronomieunternehmen Do&Co wieder geräumt werden.

Der Bau des neuen Werks in Chongqing gliedert sich in zwei Aufbauphasen. Nachdem im Jahr 2016 schon mit der teilweisen Serienproduktion von IC Substraten begonnen wurde, konnte die erste Phase im Juni 2017 komplett abgeschlossen werden. Seit Juli 2017 können IC Substrate (Werk 1) für Server und Computing-Anwendungen (Desktop und Notebooks) für Halbleiterkunden und die neue Technologiegeneration mSAP (Werk 2) für mobile Endgeräte auf jeweils zwei Fertigungslinien produziert werden.[13] Dafür wurden insgesamt, nachdem sich das Unternehmen im Jahr 2015 dazu entschlossen hatte die Gesamtinvestitionen am Standort Chongqing bis 2017 von EUR 350 Millionen auf etwa EUR 480 Millionen zu erhöhen,[14] rund 510 Mio. Euro investiert.[15] Aufgrund der laufenden Technologieevaluierung im Werk 1 hat AT&S beschlossen, den Ausbau im laufenden Geschäftsjahr 2017/2018 noch nicht zu beginnen. Ein weiterer Ausbauplan für das Werk 2 in Chongqing ist derzeit in Evaluierung.[13] Das Werk in Chongqing bietet noch Platz für je zwei Fertigungslinien im Werk 1 und 2.[15]

Am 19. März 2018 wurde die erneute Aufnahme der AT&S Aktie in den ATX wirksam. Somit befindet sich das Unternehmen unter den 20 nach Börsenumsätzen und Streubesitzkapitalisierung größten an der Wiener Börse notierten Unternehmen.[16] Im Juni 2021 wurde bekannt, dass in Malaysia ein neues Werk für ABF-Substrate (Ajinomoto Build-up Film) gebaut werden soll. Baubeginn ist in der zweiten Jahreshälfte 2021, der Start der Serienfertigung ist ab Ende 2024 geplant. Diese Investition soll mit bis zu 1,7 Milliarden Euro innerhalb mehrerer Jahre die größte der Firmengeschichte werden.[17][18]

Unternehmenszahlen

Im Geschäftsjahr 2017/18 wurde ein Umsatz von 991,8 Millionen Euro erzielt. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeiten (EBIT) lag bei 90,3 Millionen Euro und das Konzernergebnis bei 56,6 Millionen Euro.[19]

Das Unternehmen beschäftigt weltweit 9.526 Mitarbeiter (Stand Ultimo 30. Juni 2018).[20]

Kennzahlen laufendes Geschäftsjahr 2018/19

Ergebnis nach IFRS[20]Q1 17/18Q1 18/19Veränderung in %
Umsatzerlöse in Mio. EUR199,6222,1+11,2 %
EBITDA in Mio. EUR29,752,0+75,4 %
EBITDA-Marge14,9 %23,4 %-
EBIT in Mio. EUR−3,418,3-
EBIT-Marge−1,7 %8,3 %-
Konzernergebnis in Mio. EUR−11,213,5-

Ausblick

Mit der Veröffentlichung der Zahlen zum ersten Quartal 2018 bestätigte das Management ein Umsatzwachstum von bis zu 6 % bei einer EBITDA-Marge in der Bandbreite von 20 – 23 % für das Geschäftsjahr 2018/19. Aufgrund der guten Entwicklung im ersten Quartal erwartet AT&S zu diesem Zeitpunkt, das obere Ende der genannten Bandbreiten zu erreichen. Der prognostizierte Umsatz für das Geschäftsjahr 2018/19 beträgt somit bis zu 1,051 Milliarden Euro, wodurch sich ein zu erwartendes EBITDA in der Bandbreite von 198,4 bis 241,8 Millionen Euro ableiten lässt.[21]

Kennzahlen im Jahresvergleich von 2007–2022

Ergebnis nach IFRS[22]GJ 07/08GJ 08/09GJ 09/10GJ 10/11GJ 11/12GJ 12/13GJ 13/14GJ 14/15GJ 15/16GJ 16/17GJ 17/18GJ 18/19GJ 19/20GJ 20/21GJ 21/22
Umsatzerlöse in Mio. EUR485,7449,9372,2487,9514,2541,7589,9667,0762,9814,9991,81.028,01.000,61.188,21.589,9
EBITDA in Mio. EUR79,852,434,595,9103,4102,4127,2167,6167,5130,9226250,1194,5245,7349,5
EBITDA-Marge16,4 %11,6 %9,3 %19,7 %20,1 %18,9 %21,6 %25,1 %22,0 %16,1 %22,8 %24,3 %19,4 %20,7 %22,0 %
EBIT in Mio. EUR42,1−1,1−25,646,542,131,453,990,177,06,690,3117,247,479,8126,5
EBIT-Marge8,7 %−0,2 %−6,9 %9,5 %8,2 %5,8 %9,1 %13,5 %10,1 %0,8 %9,1 %11,4 %4,7 %6,7 %8,0 %
Konzernergebnis in Mio. EUR41,3−5,8−37,635,026,514,638,269,356,0−22,956,589,021,547,4103,3

Produkte - Business Units

AT&S unterteilt seine Segmente in die Bereiche "Mobile Devices & Substrates", "Automotive, Industrial, Medical" und "Sonstige (inkl. Business Unit Advanced Packaging)".[23]

Das Segment "Mobile Devices & Substrates" hat einen Anteil von ca. 65 % am Umsatz und kurze Produktzyklen. Das Portfolio umfasst IC-Substrate, HDI Anylayer-Leiterplatten, HDI-Leiterplatten und Multilayer-Leiterplatten. Diese Produkte werden in Smartphones, Wearables, Tablets, Notebooks, PCs, Kameras, Smart Homes, Artificial Intelligence Devices und Spielkonsolen verbaut.[23]

Das Segment "Automotive, Industrial, Medical" hat einen Anteil von ca. 35 % am Umsatz und einen längeren Produktzyklus. Hierfür werden unter anderem HDI Microvia-Leiterplatten, Multilayer-Leiterplatten, flexible- und semiflexible Leiterplatten verbaut, welche in Assistenzsysteme für Autos oder in Steuerungslösungen für die Industrie benötigt werden.[23]

Das kleinste Segment "Sonstige (inkl. Business Unit Advanced Packaging)" beinhaltet das Embedded Component Packaging, welches zum Beispiel in SSD-Speicherkarten seine Anwendung findet.[23]

Kunden

Ab 1992 war Nokia Kunde bei AT&S. Die AT&S konnte auch Motorola, Siemens[7] und Sony Ericsson[24] als Kunden gewinnen.

Der aufgrund des Niedergangs von Nokia rückläufige Umsatz wurde zuerst von RiM und nach deren rückläufigen Verkaufszahlen später von Apple übernommen.[7]

Die AT&S Werke in Shanghai und Chongqing befinden sich seit 2008[7] bzw. 2016 unter den Top 200 der weltweiten Lieferanten, die Apple beliefern.[25][26]

Im Jahr 2015 lieferte AT&S auch an Fairphone ihre Leiterplatten.[27]

Aktionärsstruktur

Nachdem es im Jahr 2013 zu einer Kapitalerhöhung kam, erhöhte sich die Anzahl der ausgegebenen Aktien auf 38,85 Millionen.[28] Im Zuge der Kapitalerhöhung beabsichtigte der weltgrößte Chiphersteller Intel Aktien im Wert von fünf Millionen Euro zu erwerben.[29]

Hauptaktionäre[23]Anteil
Streubesitz65,9 %
Dörflinger Privatstiftung17,8 %
Androsch Privatstiftung16,3 %

Weblinks

Commons: AT&S – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft: Vorstand
  2. AT&S: AT&S Geschäftsbericht 2019/20. AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft, 20. September 2020, abgerufen am 29. September 2020.
  3. Die Presse: Leiterplatten: AT&S verdoppelt Investitionen in China, Artikel vom 21. Oktober 2011
  4. AT&S schließt Standort Klagenfurt. In: ats.net. AT&S Leiterplatten, abgerufen am 21. April 2016.
  5. a b AT&S Worldwide. In: ats.net. AT&S Leiterplatten, abgerufen am 21. April 2016.
  6. a b AT&S: AT&S Worldwide. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  7. a b c d e f g Gerald Reischl: Die AT&S Story. Linde International, ISBN 978-3-7093-0620-8.
  8. a b c d e f g h AT&S: AT&S Geschichte. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  9. DerStandard.at: AT&S scheidet aus TecDAX aus. Abgerufen am 30. Oktober 2017.
  10. AT&S: AT&S in Leoben neu aufgestellt. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  11. AT&S: AT&S erweitert chinesischen Standort Chongqing um nächste High-Tech-Leiterplatten-Generation. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  12. AT&S: AT&S wird in den österreichischen Börsenleitindex ATX aufgenommen. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  13. a b AT&S: Ausblick und Kennzahlen. Abgerufen am 22. Oktober 2017.
  14. AT&S: AT&S erweitert chinesischen Standort Chongqing um nächste High-Tech-Leiterplatten-Generation. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  15. a b AT&S: Unternehmenspräsentation Oktober 2017. Abgerufen am 22. Oktober 2017 (englisch).
  16. AT&S kehrt in den österreichischen Börsenleitindex ATX zurück. Abgerufen am 9. August 2018.
  17. AT&S: Adhoc-Mitteilung. Abgerufen am 1. Juni 2021.
  18. Kurier: Größte Investition in Firmengeschichte: AT&S baut Werk in Malaysia. Abgerufen am 1. Juni 2021.
  19. AT&S: AT&S Geschäftsbericht. 9. August 2018, abgerufen am 9. August 2018.
  20. a b AT&S: Quartalsbericht 1.Quartal 18/19. Abgerufen am 9. August 2018.
  21. AT&S: https://ats.net/de/investoren/ausblick-kennzahlen/. Abgerufen am 9. August 2018.
  22. AT&S: Geschäftsbericht 2018/2019. Abgerufen am 9. August 2018.
  23. a b c d e AT&S: Geschäftsbericht 2017/2018. Abgerufen am 9. August 2018.
  24. AT&S: AT&S erhält Lieferanten Auszeichnung von Sony-Ericsson. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  25. Apple: Supplier List 2015. Abgerufen am 23. Oktober 2017 (englisch).
  26. Apple: Supplier List 2016. Abgerufen am 23. Oktober 2017 (englisch).
  27. Fairphone: Supplier List. In: https://forum.fairphone.com. Fairphone Community Forum, abgerufen am 23. Oktober 2017 (englisch).
  28. AT&S: Die Aktie - Basisinformationen. Abgerufen am 23. Oktober 2017.
  29. Die Presse: Chip-Riese Intel steigt bei AT&S ein. Abgerufen am 23. Oktober 2017.

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At&s Hauptgebäude Werk 1 und werk 2