8hours

8hours war eine europaweite Tierschutzkampagne mit dem Ziel, die Transportzeiten von Nutztieren innerhalb der Europäischen Union rechtlich auf maximal acht Stunden zu begrenzen. Dafür wurden innerhalb der EU Unterschriften gesammelt und die "Schriftliche Erklärung 49/2011" im EU-Parlament eingereicht.[1]

Struktur der Kampagne

8hours wurde 2008 durch den dänischen EU-Parlamentarier Dan Jørgensen und einer der stellvertretenden Vorsitzenden der "EU Intergroup on the Welfare and Conservation of Animals" initiiert.[2]

Die Kampagne wurde auf zwei Ebenen geführt:

  1. Unterschriftensammlung von EU-Bürgern, überwiegend online über soziale Netzwerke, aber auch an Informationsständen
  2. Unterschriftensammlung von EU-Parlamentariern zur Unterstützung der "Schriftlichen Erklärung 2011/49"[3]

Tierschutzorganisationen

8hours wurde von über 80 Tierschutzorganisationen in Europa aktiv unterstützt.[4] Angesichts der starken Zersplitterung der nationalen wie europäischen Tierschutzszene, in der Tierschutzkampagnen zu den gleichen Themen zeitlich zumeist völlig unkoordiniert verlaufen, war die breite Unterstützung für 8hours ein Novum. Eine wahrgenommene Schwachstelle der Kampagne war die hauptsächliche Fokussierung auf das Internet als Verbreitungsmedium. Einer der größten Unterstützer der Kampagne in Deutschland, der Deutsche Tierschutzbund, hat so beispielsweise unter seinen 800.000 Mitgliedern eine Vielzahl älterer Menschen, die keinen Zugang zum Internet haben.

EU-Parlament

Bereits zu Beginn der 8hours-Kampagne hatten sich einige EU-Parlamentarier als Unterstützer gezeigt. Seit Mitte September 2011 zeigten dann immer mehr Mitglieder des Europäischen Parlaments offiziell ihre Unterstützung für "8hours" auf der Kampagnen-Website. Von 736 EU-Parlamentariern im Europäischen Parlament (7. Wahlperiode 2009–2014) fanden sich 133 EU-Parlamentarier von 8 Parteien aus 18 von 27 Ländern auf der Unterstützer-Liste.

Alle vorherigen Vorstöße innerhalb der EU waren am Widerstand mehrerer Mitgliedsstaaten aus allen Regionen der EU gescheitert. So bekundeten bis Anfang März 2012 weniger als 33 % der deutschen EU-Parlamentarier offiziell auf der 8hours-Homepage ihre Unterstützung der Kampagne.

Für den parlamentarischen Prozess bedeutsamer war die von den 8hours Initiatoren Ende 2011 in den Brüsseler EU-Räumen ausgelegte "Schriftliche Erklärung 49/2011 zur Festsetzung einer Obergrenze von acht Stunden für die Beförderung von Schlachttieren in der Europäischen Union".[5] Diese Erklärung wurde bis zum Stichtag Mitte März 2012 von 395 EU-Parlamentariern unterschrieben und erreichte somit mehr als die erforderliche Mehrheit. Im Dezember 2012 forderte das EU-Parlament in einer Entschließung die Kommission dazu auf, die Höchstgrenze von acht Stunden umzusetzen. Die Abgeordneten erkannten auch an, dass eine Höchsttransportdauer von acht Stunden alleine nicht ausreiche, um den Tierschutz zu verbessern.[6]

Situation in Deutschland

In der Vergangenheit haben sich verschiedene EU-Länder für eine Begrenzung der Tiertransportzeiten auf 8 Stunden ausgesprochen. Auch in Deutschland fordern Politiker verschiedener Parteien seit Beginn der Massentransporte von Nutztieren Anfang der 1990er Jahre eine EU-weite 8-Stunden-Begrenzung. Verschiedene Landesregierungen haben seit 2000 immer wieder im Deutschen Bundesrat auf die Notwendigkeit der Zeitbegrenzung hingewiesen.[7][8] 2010 unterrichtete die Bundesregierung den Bundesrat darüber, dass das BMELV dafür eintrete "Transporte lebender Tiere über lange Strecken zu vermeiden" ohne jedoch eine zeitliche Regelung vorzuschlagen.[9] Im April 2011 stellten Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag im Bundestag mit der Aufforderung, die Bundesregierung möge sich u. a. innerhalb der EU ausnahmslos für die Begrenzung der Tiertransporte auf 8 Stunden einsetzen. Der Antrag wurde abgelehnt.[10] Im Juni 2011 traten Bündnis 90/Die Grünen in einem Bundesfraktionsbeschluss u. a. für die 8-Stunden Regelung in der EU ein.[11] Im September 2011 stellte die Fraktion Die Linke im Bundestag einen weiteren Antrag auf Begrenzung der EU-Transportzeiten auf 4 Stunden.[12] Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

Ausblick

Der Ende 2011 im Europaparlament präsentierte Bericht zur „Auswirkung der EU-Verordnung Nr. 1/205 auf den Schutz von Tieren während des Transports“[13] wurde größtenteils als Bestätigung der bestehenden Gesetzgebung gesehen. Die langen Transportzeiten wurden im Bericht nicht thematisiert. Mit der Annahme der "Schriftlichen Erklärung 49/2011" im März 2012 wurde ein weiterer Meilenstein im politischen Kampf um die Begrenzung der Transportzeiten von Nutztieren innerhalb der EU erreicht.

Literatur

  • Focke, Herrmann: Tierschutz in Deutschland: Etikettenschwindel?! - Der gequälten Kreatur gewidmet. 2007, ISBN 978-3-939430-93-3
  • Animals' Angels e. V.: 8 Stunden sind mehr als genug! Europa fordert ein Ende der Langstreckentransporte lebender Tiere! 2012, ISBN 978-3-9814946-6-2
    • engl. ausgabe: Animals' Angels e. V.: 8 hours is more than enough! Europa calls for an end to long-distance transports for live animals! 2012, ISBN 978-3-9814946-6-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. EU-Parlament: Datenbank Schriftliche Erklärungen > P-Nummer Suche: 2011 49
  2. Homepage: EU Intergroup on the Welfare and Conservation of Animals
  3. Schriftliche Erklärung 2011/49: Festsetzung einer Obergrenze von acht Stunden für die Beförderung von Schlachttieren in der Europäischen Union (30. November 2011) (Memento vom 14. Januar 2012 im Internet Archive; PDF; 50 kB)
  4. Offizielle 8hours Unterstützerliste (Memento vom 10. September 2011 im Internet Archive)
  5. Written Declaration 49/2011 (Memento vom 15. April 2012 im Internet Archive)
  6. Bessere Transportbedingungen für Tiere, schärfere Strafen bei Verstößen, 12. Dezember 2012
  7. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.bundesrat.de (PDF; 578 kB) Bundesratsprotokoll 7. November 2003, S. 443: CDU-Minister Stächele (Baden-Württemberg): "Der Transport von Schlachttieren ist EU-weit auf maximal acht Stunden zu begrenzen."
  8. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.bundesrat.de (PDF; 246 kB) Bundesratsprotokoll 6. November 2009, S. 415: Staatsminister Hering (Rheinland-Pfalz): ""Zukünftig sollen Tiertransporte maximal acht Stunden dauern dürfen."
  9. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.bundesrat.de (PDF; 67 kB) Bundesrat 14. April 2010, Unterrichtung durch die Bundesregierung (CDU/FDP): "Das BMELV tritt grundsätzlich dafür ein, Transporte lebender Tiere über lange Strecken zu vermeiden und nach Möglichkeit durch Fleischtransporte zu ersetzen."
  10. Die Beschlüsse des Bundestages am 20. Oktober. Tierschutz bei Tiertransporten. In: www.bundestag.de. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Juli 2013.
  11. Bündnis 90/Die Grünen: Nutztierhaltung tiergereicht gestalten (7. Juni 2011) (Memento vom 3. Dezember 2011 im Internet Archive; PDF; 86 kB)
  12. Tiertransporte verringern – Tierschutz verbessern, Deutscher Bundestag, Drucksache 17/6913, 17. Wahlperiode, 5. September 2011 - Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens Petermann, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE (PDF; 49 kB)
  13. Study on the impact of Regulation No1/205 on the protection of animals during transport (April 2011) (Memento des Originals vom 22. Oktober 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ibf.be (PDF; 1,9 MB).