35 × 228 mm

35 × 228 mm
35 x 228 Oerlikon Flab K-63 dimensions.png
Allgemeine Information
Kaliber35 × 228 mm[1][2]
HülsenformFlaschenhalshülsen mit Auszieherrille
Maße
Geschoss ⌀34,93 mm
Patronenboden ⌀54,58 mm
Hülsenlänge228 mm
Patronenlänge384 mm
Gewichte
Geschossgewichtca. 20 bis 500 g
Technische Daten
Geschwindigkeit v0ca. 1.000 bis 1.400 m/s
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Die 35 × 228 mm ist eine Nato-Patrone, die für Flugabwehrgeschütze und Nahbereichsverteidigungssysteme verwendet wird.

Geschichte

Die Nato-Patrone im Kaliber 35 × 228 mm (auch bekannt als 35 x 228 Oerlikon Flab K-63, 35 mm Oerlikon KDA, ECRA-ECDV 35 228 BGC 010 sowie XCR-Code 35-228-BGC-010) wurde Anfang der 1950er-Jahre von dem ehemaligen Schweizer Unternehmen Oerlikon-Bührle (seit 2009 Rheinmetall) entwickelt. Entwicklungsgeschichtlich ist sie mit der zum Ende des Ersten Weltkrieges entstandenen 20 × 138 mm B für die Solothurn S18/100 von Rheinmetall und der früheren 3,7-cm-Sockel-Flak L/14,5 von Krupp sowie mit der Munition der leichteren Flak-Geschütze des Zweiten Weltkrieges verwandt. Basierend auf den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges entwarf das schweizerische Unternehmen Oerlikon-Bührle in den frühen 1950er-Jahren die bis in das 21. Jahrhundert verbreitete Patrone im Kaliber 35 × 228 mm.[3][1][2]

Die Munition 35 × 228 mm wird für Mittelkaliberschnellfeuergeschütze und Maschinenkanonen verschiedener Bauart genutzt. Die 35-mm-Patrone schließt die Lücke zwischen der Munition im Kaliber 30 mm und der Munition im nächstgrößeren Kaliber 40 mm Bofors. In über 30 Staaten mit der Oerlikon-35-mm-Zwillingskanone sowie für die 35/1000-Maschinenkanone und das Bushmaster-III-Geschütz nebst weiteren daraus entwickelten Waffensystemen ist die Patrone nahezu weltweit beim Militär eingeführt worden. Hersteller wie Armaco[4] in Bulgarien, der türkische Hersteller Makina ve Kimya Endüstrisi (MKE),[5] Nammo[6] in Norwegen, Oerlikon-Bührle in der Schweiz, Rheinmetall in Deutschland und in der Schweiz sowie auch die Rheinmetall-Beteiligungsgesellschaft Denel[7] in Südafrika sind als Produzenten bekannt. Hersteller in der Zeit von 1950 bis in die 1970er-Jahre war die Liechtensteiner Presta AG (Press- und Stanzwerk AG) in Eschen (Vaduz), eine Tochtergesellschaft von Oerlikon-Bührle und seit 1991 Thyssenkrupp Presta AG, in Rumänien der Munitionshersteller UPS-Dragomiresti,[8] eine Tochtergesellschaft von ROMARM. Weitere Hersteller waren Santa Bárbara Sistemas in Spanien (seit 2001 ein Tochterunternehmen des US-Konzerns General Dynamics) und die inzwischen aufgelöste British Manufacturing and Research Company (BMARC) in Großbritannien.[1][2]

Im November 2022 wurde bekannt, dass Rheinmetall das spanische Tochterunternehmen Expal von Maxam aus der Rhône Capital Group gekauft hat und damit beabsichtigt, eine weitere Stätte zur Produktion der Munition im Kaliber 35 × 228 mm zu betreiben.[9][10] Die 2009 von Maxam erworbenen Betriebe der Santa Bárbara Sistemas, die langjährig als Munitionshersteller im Kaliber 35 × 228 mm bekannt waren, finden auf diese Weise den Weg in den Rheinmetall-Konzern.[11]

Am 9. November 2022 berichtete das Handelsblatt zu einem Auftrag der Bundeswehr zur Munition für den Schützenpanzer Puma, der von Rheinmetall gemeldet wurde. Demnach sei das „Ordervolumen für die 600.000 Schuss bei 576 Millionen Euro“, was umgerechnet einem Preis von € 976,67 pro Patrone entspricht. Noch in 2022 ist vorgesehen, 25.000 Schuss dieses Auftrags auszuliefert.[12] Nach Angaben von Rheinmetall soll diese erste Charge aus der Munition „DM21 im Kaliber 30 x 173 Millimeter“ bestehen. Später soll auch weitere Munition der Art „KE-TF DM21 sowie KE DM33 für den Schützenpanzer Puma“ geliefert werden.[13]

Munitionsvarianten

35 × 228-mm-Übungs-Munition bei der Bundeswehr
Türkische 35 × 228-mm-Munition von Makina ve Kimya Endüstrisi (Mitte mit gelben und blauen Geschossen)

Die seit den 1950er-Jahren verfügbaren Munitionsvarianten kann man grob in die Gruppen von Exerzierpatronen, Übungsmunition, Leuchtspurmunition und Munition mit Wuchtgeschossen sowie Explosivgeschossen unterteilen. Die im Tiefziehverfahren hergestellten Flaschenhalshülsen mit Auszieherrille haben im Patronenboden ein Gewinde für auswechselbare Zündsätze der Zentralfeuerpatrone. Die oft aus Stahl, seltener aus Messing gefertigten Hülsen werden meist grün lackiert und mit den jeweiligen Munitionskennzeichungen der Hersteller versehen. Auch die Projektile werden farblich gekennzeichnet. Ähnlich wie bei den Varianten zu Patronen und Entwicklungen zu Projektilen im Bereich der Munitionsvarianten im Kaliber 30 mm und der Munition im nächstgrößeren Kaliber 40 mm Bofors wurden auch für die 35-mm-Munition Weiterentwicklungen eingeführt, deren technische Parameter auf die jeweiligen Wirkeigenschaften abgestimmt sind. Die Reichweite der Patronenvarianten liegt im Bereich bis etwa 6.000 Meter.[1][14]

AHEAD-Munition und die Induktionsspulen. Zwei kleinere Spulen zur Geschwindkeitsmessung, eine größere Spule zur Programmierungsübertragung
Japanische 35 × 228-mm-Munition für den Flakpanzer Mitsubishi Typ 89
(c) Mehr News Agency, CC BY 4.0
35 × 228-mm-Munition einer Flak-Einheit im Iran
Typen und Farbcodierungen[1][2]

Das „-T“ in den Bezeichnungen bedeutet jeweils Tracer, womit Munitionvarianten mit Leuchtspureigenschaften bezeichnet werden.

  • UEB-T Übungsmunition (Tracer), weißes Projektil
  • EJ und EJ-T Exercise (Tracer), blaues Projektil
  • HVAPDS-T-Munition High-Velocity Armor-Piercing Discarding Sabot-Tracer, gelbes Projektil mit rotem Streifen
  • HE-T High Explosive (Tracer) Panzerbrechende Sprenggeschosse (APHE-T/AP-HEI), gelbes Projektil mit rotem Streifen, weiße Spitze
  • FAPDS Frangible Armour Piercing Discarding Sabot, zerbrechliche, panzerbrechende Treibkäfigmunition, schwarzes Projektil, Kegelspitze/Kunststoffkappe

Die Typen der 35 × 228-mm-AHEAD-Munition (advanced hit efficiency and destruction) nehmen als zeitgesteuerte Air Burst Munition (ABM) eine Sonderrolle ein. Die Programmierung des Zünders im Projektil überträgt beim Verlassen des Geschützrohres eine Induktionsspule. Das Geschoss zerlegt sich nach der vorberechneten Zeit in der Luft in 152 einzelne jeweils 3,3 g schwere Subprojektile, wodurch die Trefferwahrscheinlichkeit verbessert wird.[15] Ohne die entsprechenden Einrichtungen mit Rechnersystemen und der Programmierspule kann die Besonderheit dieser Munition nicht genutzt werden.

Zu den in der Bundeswehr eingeführten Munitionstypen nachfolgend ein Überblick:

DM-
Nummer
DM-Nummer
(vollständig)
KaliberWaffePlattformBemerkung
DM21DM21 HE35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM31DM31 HE-T35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM33DM33 FAPDS35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM23DM23 HVAPDS35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM18DM18 UEB-T35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM28DM28 Manöver35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard
DM20DM20 Ex35 × 228 mmOerlikon KDA 35 mm L/90FlakPz Gepard

Waffensysteme

Die Waffensysteme zur Munition im Kaliber 35 × 228 mm finden sich im Aufgabenbereich der Flugabwehrgeschütze und Nahbereichsverteidigungssysteme, wobei seit den 2010er-Jahren von der Rüstungsindustrie zunehmend Module entwickelt wurden, die wie in der Automobilindustrie den Einsatz mit Plattformen begünstigen. Zum Kaliber 35 × 228 mm nachfolgend ein Überblick der entsprechenden Waffensysteme, mit Stichworten zu Herstellern und Systemen:

Oerlikon/Rheinmetall-Systeme

Entwicklungsbeginn um 1952, Basis für zahlreiche Systeme, verbreitet in über 30 Staaten.
  • Rheinmetall 35-mm-Kanone 35/1000
    • MANTIS C-RAM System
    • Oerlikon Revolver Gun MK2 und MK3
    • Oerlikon Skyranger Mobile Air Defence System
    • Oerlikon Millennium Naval Gun, Nachfolgemodell zur Zwillingskanone
Oerlikon GDF-005 in Feuerstellung (Schweiz)
MANTIS-Flugabwehrsystem in Meppen (2018)

Bushmaster-Systeme

Literatur

  • Hans-Günter Behrendt: Flugabwehr in Deutschland: Stationierungsorte und Systeme 1956–2012. Carola Hartmann Miles-Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-96776-014-9.
  • Albert Wüst: Die Schweizerische Fliegerabwehr. Flabcollegium, Hünenberg 2011, ISBN 978-3-905616-20-0.

Weblinks

Commons: 35 x 228 mm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e 35x228 mm Oerlikon Flab Kan 63 / ECRA-ECDV 35 228 BGC 010. In: Medium Caliber Ammunition. municion.org, abgerufen am 10. November 2022 (spanisch).
  2. a b c d 35x228 mm Oerlikon Flab Kan 63 / ECRA-ECDV 35 228 BGC 010. In: Medium Caliber Ammunition. old.municion.org, abgerufen am 10. November 2022 (spanisch).
  3. Hans-Günter Behrendt: Flugabwehr in Deutschland: Stationierungsorte und Systeme 1956–2012.
  4. 35 x 228 mm. In: Medium Calibre. armaco.bg, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).
  5. 35 x 228 mm. In: Medium Calibre. armaco.bg, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).
  6. Nammo 35-mm-series. In: Medium Caliber Ammunition. Nammo, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).
  7. 35 x 228 mm Technical Data. In: Military Ammunition / Medium Calibre. Denel, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).
  8. 35 x 228mm Artillery Ammunition. In: Artillery Ammunition. upsdragomiresti.ro, abgerufen am 11. November 2022 (englisch).
  9. Martin Murphy, Larissa Holzki, Arno Schütze: Rheinmetall übernimmt spanischen Gepard-Munitionshersteller. Handelsblatt, 21. November 2022, abgerufen am 22. November 2022.
  10. Erika von Bassewitz: Rheinmetall macht Milliardendeal in Spanien. Finance (Magazin), 14. November 2022, abgerufen am 22. November 2022.
  11. El “Viva la muerte” de EXPAL. Delàs Center for Peace Studies, 29. Juli 2009, abgerufen am 22. November 2022 (europäisches Spanisch).
  12. Rheinmetall erhält Munitionsauftrag über 576 Millionen Euro. Handelsblatt, 9. Dezember 2022, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  13. Rheinmetall erhält Rahmenvertrag über 576 MioEUR für die Lieferung von 30mm-Munition für Schützenpanzer Puma. Rheinmetall, 8. Dezember 2022, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  14. Allan Buckley: Oerlikon Ammunition for New Defense Environment. (PDF) Rheinmetall, 2005, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).
  15. Datenblatt zur 35-mm-AHEAD-Munition auf der Website von Rheinmetall Defence (Memento vom 28. November 2010 im Internet Archive)
  16. Leon Engelbrecht: Fact file: Denel 35mm Dual Purpose Gun. In: defenseWeb. defenceweb.co.za, 15. Februar 2010, abgerufen am 10. November 2022 (englisch).

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