3. Vorpostenflottille

Die 3. Vorpostenflottille war ein Marineverband der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg.

Geschichte

Aufstellung

Die Flottille wurde im September 1939 im Rahmen der Mobilmachung der Wehrmacht aufgestellt und war Teil der 3. Sicherungs-Division und später der 9. Sicherungs-Division.[1] Sie wurde aus neun Hochseefischdampfern gebildet, die bei Kriegsbeginn Anfang September 1939 aus ihren Fanggründen bei Island zurückgerufen worden waren. Am 4. September wurden die Boote mit den Kriegsmarine-Kennungen VP 301 bis VP 309 in Warnemünde und Kiel in Dienst gestellt. Nach leichten Umbauten und der Bewaffnung mit je einem 8,8-cm-Geschütz auf der Back, einer 2-cm-Flak und Maschinengewehren waren die Boote am 30. September 1939 einsatzbereit. In den folgenden Jahren wurden Wasserbombenwerfer mit den dazugehörigen Wasserbomben und Ausrüstung zur U-Boot-Suche an Bord genommen und die Flakbewaffnung der Boote verstärkt.

1939–1942

Operationsgebiet der Flottille war von Oktober 1939 bis März 1940 die Ostsee, dabei insbesondere die Überwachung des Öresunds zwischen Dänemark und Schweden gegen die Durchfahrt gegnerischer Handelsschiffe oder von Schiffen mit Konterbande.[2] Im April 1940 nahm die Flottille an der Invasion von Norwegen (Unternehmen Weserübung) teil, wobei sie Truppen- und Materialtransporte von Deutschland nach Norwegen sicherte. Die Flottille führte diese Geleitzugsicherungen nach Norwegen noch bis August 1940 durch.

Anfang September 1940 verlegte die Flottille für die geplante Invasion von England (Unternehmen Seelöwe) an die Kanalküste. Während ihrer Zeit an der französischen Küste fuhr die Flottille Geleitsicherungen bis nach Bordeaux. Um eingetretene Verluste auszugleichen und die Flottille zu verstärken, wurden ihr am 1. Juni 1941 die Boote VP 310 bis VP 314 zugeteilt, womit der Verband elf Vorpostenboote zur Verfügung hatte.

Anfang Juni 1941 wurde die Flottille für den bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion in die Ostsee nach Gotenhafen verlegt, während dessen die Boote Geleitsicherung für Nachschubtransporte fuhren. Im Frühjahr 1942 wurde die Flottille an der niederländischen Küste eingesetzt, verlegte aber bereits im Juni 1942 wieder in die Ostsee. Dort fuhr sie Geleitsicherung von Danzig nach Finnland und bis in den Finnischen Meerbusen und wurde dafür verstärkt um die Minensuchboote M 1806 und M 1808 und die Vorpostenboote Vp 1707 und Vp 1708.

1943–1945

Nach einer Generalüberholung der Boote in den ersten Monaten des Jahres 1943 wurde die Flottille im Finnischen Meerbusen zur Jagd auf sowjetische Unterseeboote eingesetzt, die versuchen könnten, die von Helsinki nach Reval quer durch den Finnischen Meerbusen verlegte U-Boot-Netzsperre zu durchbrechen, um in die Ostsee zu gelangen. Gleichzeitig wurden Boote der Flottille auch weiterhin zur Geleitzugsicherung eingesetzt.

Am 18. August 1943 wurde das in den Niederlanden als Vorpostenboot erbaute VP 316 der Flottille eingegliedert. Es wurde aber bereits während seiner Verlegung von Holland in die Ostsee als Geleitsicherungsfahrzeug des Konvois 1177 entlang der Nordseeküste bei einem britischen Luftangriff von einem Lufttorpedo am 25. September 1943 versenkt.

Während der Vereisung der Ostsee im Winter 1943–1944 wurden die Boote der Flottille grundüberholt, und die ersten überholten Boote standen ab Mitte Februar 1944 wieder an der U-Boot-Netzsperre im Finnischen Meerbusen oder fuhren Geleitsicherung.

Nachdem VP 317 zur Flottille gestoßen war, wurden der Flottille ab Mitte 1944 für die Abwehr der verstärkt auftretenden sowjetischen leichten Seestreitkräfte und Kampfflugzeuge eine Anzahl verschiedener kleiner Kriegsschiffe zugeteilt. Schließlich umfasste die Flottille Ende 1944 28 kleine Schiffe. Anfang 1945 wurden die Artillerieträger wieder aus der Flottille herausgezogen und für Beschießungen von sowjetischen Truppen an der Ostseeküste eingesetzt.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 begannen die Rückzüge der Wehrmacht an der Ostsee und damit die Unterstützung der 3. Vorpostenflottille bei der Rückführung deutscher Truppen und Zivilisten aus der östlichen Ostsee, bis schließlich 1945 die Flottille bei der Evakuierung der deutschen Bevölkerung über die Ostsee eingesetzt war.

Der letzte Kriegseinsatz der Flottille fand am 8. Mai 1945 statt als Sicherung für den letzten Geleitzug mit Flüchtlingen von Hela nach Westen.[3]

Die Boote der Flottille

NummerSchiffsnameTonnageIndienststellungaußer Dienst (aD) / versenkt (†)Anmerkung
V 301Weser639 BRT27.09.1939† 21.11.1939 Langelandauf deutsche Mine gelaufen, gehoben, 15. März 1941 zurück an Eigner
V 302Bremen408 BRT20.09.1939 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 303Tannenberg464 BRT23.09.1939† 05.01.1941gehoben, repariert, 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 304Breslau296 BRT30.09.1939† 17.09.1940 IJmuidenauf Hafensperrblöcken gestrandet
V 305Ostpreußen422 BRT30.09.1939aD 15.02.1944wird Vs 518; 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 306Fritz Hincke391 BRT23.09.1939† 05.01.1941 vor IJmuidenbritische Mine
V 307Württemberg425 BRT25.09.1939 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 308Oskar Neynaber337 BRT17.09.1939† 23.09.1941 bei Hogland, Finnischer MeerbusenTorpedotreffer von sowjetischem Schnellboot
V 309Martin Donandt391 BRT28.09.1939† 28.10.1941 vor Libausowjetische Mine
V 310Rosemarie296 BRT29.04.1941 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 311Osdorf247 BRT20.04.1941 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 312Hanseat306 BRT03.05.1941† 28.08.1942 vor Revalauf Unterwasserfelsen aufgelaufen
V 313Eifel290 BRT20.04.1941 1945 zurück an Vorkriegseigner
V 314Heinrich Lehnert269 BRT27.04.1941aD 01.10.1943wird Vs 314
V 315Bris (RT-25)589 BRT03.02.1942† 12.03.1945 vor RixhöftNeubau für die Sowjetunion, Juni 1941 von der Kriegsmarine beschlagnahmt; gesunken nach Kollision
V 316Neubau 538600 BRT18.08.1943† 25.09.1943 vor Den HelderNeubau für die Sowjetunion, Juni 1941 von der Kriegsmarine übernommen; versenkt durch britischen Lufttorpedo
V 317Wega337 BRT27.04.1944 1945 zurück an Vorkriegseigner











Zeitweise operativ hinzugetretene Fahrzeuge:
Vorpostenboote V 1707, V 1708, V 1803, V 1809,
Minensuchboote M 1806, M 1808,
Erprobungsboot Gauleiter Bürkel,
Leichter Artillerieträger Beatrix,
Schwere Artillerieträger Helene, Joost, Kemphan, Nienburg, Ostsee, Paraat, Polaris, Soemba, Trompenburg, Westflandern,
Flottenbegleiter F 10,
Torpedoboote T 123, T 196,
Artillerieschulboot Fuchs.

Flottillenchefs

Als Flottillenchefs wurden Reserveoffiziere reaktiviert.[4]

VonBisDienstgradName
September 1939November 1939Korvettenkapitän d.R.Wilhelm Bracklo
November 1939November 1943Korvettenkapitän d.R.Hans Drenckhan
November 1943Mai 1944Kapitänleutnant d. R.Erich Suhl
Mai 1944Mai 1945Korvettenkapitän d.R.Gottfried Böttger

Literatur

  • Werner Korthals: … ihre Hilferufe erstickten im Meer. Vorpostenboote, die unentbehrlichen Einheiten der Kriegsmarine im 2. Weltkrieg. Schüz: Ötigheim 1988, ISBN 3-925418-11-3.
  • Erich Gröner, Dieter Jung, Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945, Band 8. Bernard & Graefe: Koblenz 1993, ISBN 3-7637-4807-5.

Einzelnachweise

  1. Vorpostenboote 1939–1945. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, online auf wlb-stuttgart.de.
  2. Werner Korthals, 1988, Seite 14
  3. Werner Korthals, 1988, Seite 194
  4. Werner Korthals, 1988, Seite 195