2. Oberrheinisches Infanterie-Regiment Nr. 99

2. Oberrheinisches Infanterie-Regiment Nr. 99

Aktiv1881 bis Januar 1919
StaatKönigreich Preußen
StreitkräftePreußische Armee
TruppengattungInfanterie
Ehemalige StandorteZabern und Pfalzburg
sechs 99er im Jahr 1898, vorne zwei Musiker mit den charakteristischen Schwalbennestern

Das 2. Oberrheinische Infanterie-Regiment Nr. 99 war ein Infanterieverband der Preußischen Armee.

Geschichte

Zur Aufstellung wurden Kompanien der Infanterie-Regimenter Nr. 6, 7, 19, 37, 46, 50, 58, 59, 73, 74, 78 und 91 herangezogen.

Als Garnison bezog der Verband zunächst Posen und Schrimm. 1889 wurde das Regiment in das Reichsland Elsaß-Lothringen verlegt und war zunächst in Straßburg und Pfalzburg stationiert. 1890 erhielten schließlich zwei Bataillone ihren endgültigen Standort in Zabern im Unterelsass, wo sie in dem seit 1871 als Kaserne genutzten Rohan-Schloss untergebracht waren, in dem auch der Regimentskommandeur und sein Stab residierten, während der Rest des Verbandes im benachbarten, aber bereits lothringischen Pfalzburg verblieb.

Das Regiment war Teil der 60. Infanterie-Brigade und somit der 30. Division unterstellt.

Zabern-Affäre

Soldaten des II. Bataillons winken bei ihrer während der Zabern-Krise angeordneten vorübergehenden Verlegung aus dem Garnisonsort Zabern auf den Truppenübungsplatz Bitsch am 6. Dezember 1913 aus einem 3.-Klasse-Zugabteil.

In die Schlagzeilen der deutschen und internationalen Presse geriet das Regiment bei der so genannten „Zabern-Affäre“ Ende 1913, die durch das Fehlverhalten des jungen Leutnants Günter von Forstner ausgelöst wurde. Aufgrund beleidigender Äußerungen über die Elsässer, die nach Indiskretionen in die Presse gelangt waren, zog er sich den Unmut der Bevölkerung zu, der sich in Demonstrationen und Anfeindungen äußerte. Die Militärs reagierten darauf mit unverhältnismäßiger Gewalt und setzten schließlich die zivile Autorität in dem Garnisonsstädtchen außer Kraft. Die Truppen wurden daraufhin auf Geheiß Kaiser Wilhelms II. zeitweilig aus Zabern abgezogen und auf die Truppenübungsplätze Oberhofen bei Hagenau (I. Bat.) und Bitsch (II. Bat.) verlegt. Der damalige Regimentskommandeur Oberst Ernst von Reuter musste sich zusammen mit einem anderen Offizier des Regiments (Leutnant Schadt) vor einem Militärgericht verantworten. Zum Entsetzen der liberalen Öffentlichkeit wurden beide von dem Vorwurf, sich die Zivilgewalt widerrechtlich angeeignet zu haben, freigesprochen. Die beteiligten Offiziere wurden allerdings an andere Orte versetzt, bevor die beiden Bataillone am 5. April 1914 in ihre Zaberner Garnison zurückkehrten.

Erster Weltkrieg

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs machte das Regiment am 2. August 1914 mobil. Zunächst im Grenzschutz gegen Frankreich eingesetzt, nahm der Verband an der Schlacht in Lothringen, mit unter anderen der 8. Kompanie an der Schlacht an der Aisne (1914) und anschließend vor Nancy-Epinal teil. Während der Ersten Flandernschlacht erlitt das Regiment schwere Verlust bei Ypern. Daher wurden je zwei Kompanien zu einer zusammengefasst und am 20. November 1914 das I. und II. Bataillon zu einem vereinigt. Nach Zuführung des Ersatzes war das Regiment am 8. Dezember 1914 wieder aufgefüllt. Es nahm bis Anfang 1916 an den Stellungskämpfen in diesem Frontabschnitt teil und kämpfte dann das Jahr über in der Schlacht um Verdun. Während dieser Zeit wurde das Regiment im Februar um eine 2. und im September um eine 3. Maschinengewehr-Kompanie erweitert. Am 1. September 1918 erhielt der Verband eine Minenwerfer-Kompanie.[1]

Verbleib

Nach Kriegsende wurde das Regiment ab Januar 1919 in Schmalkalden demobilisiert. Aus Teilen bildete sich bereits ab 19. Dezember 1918 das Freiwilligen-Bataillon „Petri“, das dann in das Freikorps Hasse übernommen und zum Grenzschutz in Oberschlesien bei Rybnik und Pleß eingesetzt wurde. Später wurde das Freikorps ab Februar 1920 als I. Bataillon in das Reichswehr-Infanterie-Regiment 108 übernommen.

Die Tradition übernahm in der Reichswehr durch Erlass des Chefs der Heeresleitung General der Infanterie Hans von Seeckt vom 24. August 1921 die in Marienburg stationierte 16. Kompanie des 3. (Preußisches) Infanterie-Regiments.

Kommandeure

Regimentskommandeur Oberst Ernst von Reuter (1860–1941)
DienstgradNameDatum[2]
OberstleutnantJulius Bergmann22. März 1881 bis 17. Mai 1881 (mit der Führung beauftragt)
Oberstleutnant/OberstJulius Bergmann18. Mai 1881 bis 3. Juni 1885
OberstPaul Steffen04. Juni bis 13. Juli 1885
OberstleutnantEduard von Münnich14. Juli 1885 bis 5. Juli 1886 (mit der Führung beauftragt)
OberstEduard von Münnich06. Juli 1886 bis 21. Mai 1889
OberstWilhelm Winckel22. Mai 1889 bis 15. April 1892
OberstJoseph Dobbelstein16. April 1892 bis 19. Mai 1893
OberstHugo Laurin20. Mai 1893 bis 21. März 1897
OberstAdolph Tecklenburg22. März 1897 bis 1. August 1900
OberstOskar von dem Hagen18. August 1900 bis 17. April 1903
OberstRichard Junk24. April 1903 bis 10. September 1907
OberstRudolf Heuer11. September 1907 bis 20. April 1911
OberstAdolf Barth21. April 1911 bis 18. November 1912
OberstErnst von Reuter19. November 1912 bis 2. Februar 1914
OberstleutnantFriedrich Gündell03. Februar bis 21. März 1914 (mit der Führung beauftragt)
OberstFriedrich Gündell22. März bis 25. September 1914
OberstHans Nollau26. September bis 11. November 1914
OberstleutnantWalter Schmidt11. November 1914 bis 4. April 1915
OberstleutnantFriedrich Bethcke05. April 1915 bis 25. April 1917
OberstHans Böckler26. April bis 30. Oktober 1917
OberstleutnantWilhelm Haupt31. Oktober 1917 bis 17. Januar 1919
OberstWerner Madlung18. Januar 1919 bis Auflösung

Literatur

  • Klaus v. Bredow, Ernst v. Wedel: Historische Rang- und Stammliste des Deutschen Heeres. Band 1,2. Biblio, Osnabrück 1972, ISBN 3-7648-0719-9.
  • Jürgen Kraus: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914–1918. Teil VI: Infanterie. Band 1: Infanterie-Regimenter. Verlag Militaria, Wien 2007, ISBN 978-3-902526-14-4, S. 173.
  • Günther Voigt: Die Infanterie-, Füsilier- bzw. Grenadier-Regimenter 61–99 der preussischen Armee. In: Dermot Bradley, Hans Bleckwenn (Hrsg.): Deutschlands Heere bis 1918. Ursprung und Entwicklung der einzelnen Formationen. Band 3. Biblio-Verlag, Osnabrück 1982, ISBN 3-7648-1199-4.
  • Shipman, Hugh, 2015: Palingbeek 1915 – The Battle for the Ridge Between The Bluff and Hill 60. – Heartnut Publishing, ISBN 978-0993256301.
  • Hans Friedrich Hübner: Offizier-Stammliste des 2. Oberrheinischen Infanterie-Regiments Nr. 99. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1906.

Einzelnachweise

  1. Hans Petri: 2. Oberrheinisches Infanterie-Regiment 99. In: Deutsche Nationalbibliothek (Hrsg.): Erinnerungsblätter deutscher Regimenter. Gerhard Stalling, Oldenburg i. O., Frankfurt am Main 2013, DNB 103143660X (Online bei der Deutschen Nationalbibliothek – Originaltitel: (Cover) 2. Oberrheinisches Infanterie-Regiment 99. 1925.).
  2. Günter Wegmann (Hrsg.), Günter Wegner: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Teil 1: Stellenbesetzung der deutschen Heere 1815–1939. Band 2: Die Stellenbesetzung der aktiven Infanterie-Regimenter sowie Jäger- und MG-Bataillone, Wehrbezirkskommandos und Ausbildungsleiter von der Stiftung bzw. Aufstellung bis 1939. Biblio Verlag, Osnabrück 1992, ISBN 3-7648-1782-8, S. 252.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Zabern Oberst von Reuter.png
Portrait du colonel von Reuter, protagoniste de l'Affaire de Saverne.
1898ZabernDeutschesHeerWehrpflichtige.jpg
sechs Wehrpflichtige des Deutschen Heeres der Kaiserzeit, hier: Infanteristen 1898 in Zabern (Saverne), vorne sitzend zwei Musiker (zu erkennen an den "Schwalbennestern") vom 2. Oberrheinischen Infanterie-Regiment Nr. 99 (–> Zahl „99“ auf den Schulterklappen). An der Mütze tragen alle oben die im Jahr zuvor eingeführte schwarz-weiß-rote Kokarde ("Reichskokarde").
AprA – gelb AK.jpg
Fahne der Linien-Infanterie-Regimenter der gelben Achselklappen ab 1891 mit Ausnahme der Jäger-Bataillone (leichte Infanterie)
Zabern Abschiedsbild.PNG
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

Soldaten des II. Bataillons des preußischen 2. Oberrheinischen Infanterie-Regiments Nr. 99 winken bei ihrer Verlegung vom Garnisonsort Zabern auf den Truppenübungsplatz Bitsch infolge der Zabern-Krise aus einem 3.-Klasse-Zugabteil.