17. November (Terrororganisation)

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Die Revolutionäre Organisation 17. November (griechisch Επαναστατική Οργάνωση 17 ΝοέμβρηEpanastatiki Organosi Dekati Evdomi Noemvri), meist kürzer Dekati Evdomi Noemvri oder 17N, war eine terroristische Untergrundorganisation in Griechenland, die ideologisch eine Mischung aus Marxismus, Kommunismus und Anarchismus vertrat.

Die Organisation benannte sich nach der blutigen Niederschlagung des Aufstands am Polytechnio Athen gegen die griechische Militärdiktatur am 17. November 1973.

Geschichte

Die Gruppierung trat zum ersten Mal 1975 in Erscheinung und verübte über 100 Anschläge und ermordete dabei 23 Menschen. Nach der Festnahme einer größeren Anzahl ihrer Mitglieder im Jahre 2002 löste sie sich auf.[1] Die EU und die USA führen die Organisation auf ihren Listen der Terrororganisationen.[2][3]

Teilweise wird gemutmaßt, dass ehemalige Mitglieder, die der Verhaftung entgehen konnten, an dem seit 2003 aktiven Epanastatikos Agonas (Revolutionärer Kampf) beteiligt sind.[4]

Anschläge

Die Gruppe 17. November bekannte sich seit 1975 zu 23 Morden und zahlreichen Bombenanschlägen in Griechenland. Im Einzelnen werden der Organisation folgende Anschläge zugeschrieben:[5]

  • 23. Dezember 1975: CIA-Chefagent Richard Welch wird in Psychiko getötet.
  • 13. Dezember 1976: ehemaliger Polizeioffizier Evangelos Mallios in Paleo Faliro getötet.
  • 16. Januar 1980: Polizei-Vizedirektor Pandelis Petrou und sein Fahrer Sotiris Stamoulis in Pangrati getötet.
  • 15. November 1983: US-Flottenkapitän George Tsantes, Chef der JUSMAGG, und sein Fahrer Nikos Veloutsos in Psychiko getötet.
  • 3. April 1984: JUSMAGG-Offizier Robert Chant überlebt Angriff in Elliniko.
  • 21. Februar 1985: Nikos Momferato, Herausgeber der Zeitung Apogevmatini, und sein Fahrer Panagiotis Roussetis in Kolonaki getötet.
  • 26. November 1985: Polizeibus in Kesariani gesprengt, Offizier N. Georgakopoulos getötet.
  • 8. April 1986: Industrieller Dimitris Angelopoulos in Kolonaki getötet.
  • 5. Oktober 1986: Bombenangriffe auf vier Finanzämter.
  • 4. Februar 1987: Dr. Zacharias Kapsalakis in Chalandri bei Angriff verletzt.
  • 24. April 1987: 11 Amerikanische Soldaten bei Anschlag auf Luftwaffenbus in Rendi verletzt.
  • 10. August 1987: Neun Amerikaner bei Bombenexplosion in Bus in Kavouri verletzt.
  • 21. Januar 1988: Versuchter Mordanschlag auf US-Vertreter George Karos in Filothei.
  • 1. März 1988: Industrieller Alexandros Athanasiadis-Bodosakis in Filothei getötet.
  • 23. März 1988: Vier Fahrzeuge türkischer Diplomaten in Pangrati bei Bombenanschlag beschädigt.
  • 28. Juni 1988: US-Militärattaché William Nordeen durch Autobombe in Kifissia getötet.
  • 14. August 1988: Überfall auf die Polizeistation Vyronas durch sechs Mitglieder des 17. November; Waffen werden entwendet.
  • 10. Januar 1989: Staatsanwalt Konstantinos Androulidakis an den Beinen verletzt; er verstirbt einen Monat später.
  • 18. Januar 1989: Staatsanwalt Panagiotis Tarasouleas in Maroussi verletzt.
  • 22. Februar 1989: Bombenanschläge auf Luxuswohnungen in Kolonaki, Chalandri und Vrilissia.
  • 8. Mai 1989: Giorgos Petsos bei Bombenanschlag auf sein Auto in Filothei verletzt.
  • 26. September 1989: Parlamentsabgeordneter Pavlos Bakogiannis in Kolonaki getötet.
  • 25. Dezember 1989: Mitglieder des 17. November entwenden aus Armeelager in Sykouri Raketen und Munition. Wenige Monate später beginnt eine Serie von Raketenanschlägen.
  • 3. Februar 1990: Mitglieder des 17. November stehlen Panzerfäuste aus dem Kriegsmuseum.
  • 15. Mai 1990: 23 Bombenexplosionen erschüttern Ekali im Norden Athens.
  • 10. Juni 1990: Erster Raketenanschlag, auf Büros von Procter & Gamble.
  • 20. November 1990: Unternehmer Vardis Vardinogiannis entkommt unverletzt einem Anschlag durch drei Raketen gegen sein gepanzertes Fahrzeug in Erythrea nördlich von Athen.
  • 16. Dezember 1990: Zwei Raketen werden auf das Büro der EG in der Leoforos Vasilissis Sofias im Zentrum Athens abgefeuert.
  • 24. Januar 1991: Bombenanschlag auf das Haus des französischen Militärattaches in Metz.
  • 28. Januar 1991: Raketeneinschlag in der American Express Bank in der Panepistimou-Straße im Zentrum Athens.
  • 29. Januar 1991: Raketeneinschlag in Büros der BP in der Kifissias-Avenue.
  • 10. März 1991: Fünf Touristenbusse werden durch Bombenexplosionen in den Athener Stadtteilen Galatsi und Ano Kypseli beschädigt.
  • 13. März 1991: US-Unteroffizier Ronald Stewart bei einer ferngesteuerten Explosion in Ano Glyfada getötet.
  • 31. März 1991: Raketenangriff auf das Pendelikon-Hotel in Kifissia im Norden Athens.
  • 27. April 1991: Bombenexplosion auf dem Schlepper Karapiperis im Hafen von Perama.
  • 2. Mai 1991: Raketenangriff auf die Public Power Corporation (DEH) in Agii Anargyri.
  • 8. Mai 1991: Raketenangriff auf die Siemens-Niederlassung in Maroussi.
  • 16. Mai 1991: Raketenangriff auf Halyps Zement in Aspropyrgos.
  • 31. Mai 1991: Raketenangriff auf Löwenbräu in Atalanti.
  • 16. Juli 1991: Autosprengfalle verletzt den türkischen Geschäftsträger Deniz Bulukbasi in Psychiko.
  • 7. Oktober 1991: Cetin Giorku, Assistent des Presseattaches der türkischen Botschaft, getötet.
  • 2. November 1991: Raketen- und Handgranatenangriff auf Bus eines Überfallkommandos in Exarchia, der Polizeibeamte Giannis Varis (25) wird getötet, sechs weitere Beamte verletzt.
  • 8. Dezember 1991: Raketenangriff auf Büros der Gesellschaft Biohalko in Nea Filothei.
  • 14. Juli 1992: Raketenangriff auf die Limousine von Finanzminister Ioannis Palaiokrassas am Syntagma-Platz in Athen. Der Passant Athanasios Axarlian, 22, wird getötet.
  • 20. November 1992: Raketenangriff auf das Finanzamt Nea Filadelfia.
  • 4. Dezember 1992: Bombenexplosion am Finanzamt Maroussi.
  • 21. Dezember 1992: Mitglieder des 17. November verletzen mit Pistolen den Abgeordneten Eleftherios Papadimitriou.
  • 11. Februar 1993: Bombenexplosion am Finanzamt Moschato.
  • 23. Februar 1993: Bombenexplosion am Finanzamt Chaidari.
  • 3. März 1993: Bombenexplosion am Finanzamt Peristeri.
  • 9. März 1993: Raketenangriff auf das Finanzamt Kaminia bei Piräus.
  • 11. März 1993: Bombenexplosion am Finanzamt Petroupolis.
  • 24. Januar 1994: Michalis Vranopoulos, ehemaliger Gouverneur der National Bank von Griechenland, in Kolonaki getötet; sein Fahrer Nikos Grispos wird verletzt.
  • 11. April 1994: Raketenangriffe auf die Versicherungsbüros Aliko und Nationale Nederlanden. Weitere zwei Raketen auf das britische Lufttransportunternehmen Ark Royal in Piräus verfehlen ihr Ziel.
  • 21. April 1994: Bombenexplosion an Miele-Ausstellungsraum in Psychiko.
  • 18. Mai 1994: Raketenangriff auf das IBM-Büro in der Filellinon-Straße im Zentrum Athens.
  • 4. Juli 1994: Der türkische Diplomat Omer Sipahioglou wird getötet.
  • 15. März 1995: Zwei Raketen werden auf die Fernsehstudios Mega in Peania im Nordosten Athens abgefeuert.
  • 15. Februar 1996: Raketenangriff auf die US-Botschaft trifft die Außenmauer.
  • 28. Mai 1997: Reeder Kostas Peratikos in Piräus getötet.
  • 3. Februar 1998: Bombenanschläge auf McDonald’s-Geschäfte in Chalandri und Vrilissia.
  • 19. Februar 1998: Bombenexplosion an General-Motors-Ausstellungsräumen in der Kifissias-Avenue.
  • 12. Mai 1998: Bombenexplosion an Chrysler-Ausstellungsräumen in der Katehaki-Avenue und Opel Ausstellungsräumen in Mesogion Avenue.
  • 1. April 1999: Raketenangriff auf das PASOK-Hauptquartier in der Charilaou-Trikoupi-Straße in Athen.
  • 5. Mai 1999: Drei Raketenangriffe auf verschiedene Banken in Piräus.
  • 17. Mai 1999: Rakete trifft das Dach der Residenz des deutschen Botschafters in Chalandri.
  • 8. Juni 2000: Der britische Militärattache Stephen Saunders wird in der Kifissias-Avenue in Athen getötet.

Strafrechtliche Verfolgung

Der griechischen Polizei gelang es während der drei Jahrzehnte dauernden Aktivität der Gruppe nicht, Mitglieder der Gruppe zu identifizieren oder gar zu verhaften. Erst im Juni 2002 konnte ein Mitglied der Gruppe schwerverletzt festgenommen werden. Aufgefundene Beweismittel und umfangreiche Aussagen des Schwerverletzten im Krankenhaus führten zur Identifizierung und Verhaftung des harten Kerns der Organisation. Im September desselben Jahres stellte sich auch der flüchtige mutmaßliche operative Kopf der Gruppe Dimitris Koufontinas und erklärte die Beendigung der terroristischen Praxis. Die Gruppe gilt seitdem als zerschlagen.[6]

In dem darauf folgenden Prozess wurden 19 Personen angeklagt. Am 17. Dezember 2003 wurden Alexandros Giotopoulos und Dimitris Koufontinas zu eine Strafe von je 21 Mal lebenslänglicher Haft verurteilt.[7] 14 weitere Mitglieder der Organisation erhielten lebenslange oder mehrjährig befristete Gefängnisstrafen. Vier weitere Angeklagte wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. In zweiter Instanz wurden zwei weitere Angeklagte wegen Verjährung der ihnen vorgeworfenen Taten ebenfalls freigesprochen. Das Strafmaß gegen Giotopoulos wurde auf 17 Mal lebenslängliche Haft reduziert.[8]

Im Januar 2014 floh Christodoulos Xiros, ein ehemaliges Mitglied der Organisation, aus dem Hafturlaub. In einem im Internet veröffentlichten Video erklärte er, den bewaffneten Kampf fortsetzen zu wollen, und drohte mit neuen Terroranschlägen. Im Januar 2015 wurde er erneut verhaftet. Die griechische Polizei verdächtigt ihn, mit der Verschwörung der Feuerzellen kooperiert zu haben.[9]

Im November 2017 wurde Dimitris Koufontinas zu elfmal lebenslängliche Haft plus 25 weiteren Jahren verurteilt. Nach 15 Jahren Haft wurde ihm ein 48-stündiger Freigang gewährt, den er am 9. November antrat. Die Gewährung des Freigangs führte zu Protesten von Diplomaten der USA, der Türkei und des Vereinigten Königreichs.[10] Die Terrororganisation Verschwörung der Feuerzellen widmete ihm hingegen ihre Anschläge mit der Begründung: "Dimitris Koufontinas ist einer der wenigen authentischen Revolutionäre, der niemals aufgab und keine Deals einging."[11]

2018 wurde Koufontinas, nach 16 Jahren Haft, aus einem extra für Terroristen ausgebauten Hochsicherheitsgefängnis in ein ländliches Gefängnis mit besseren Haftbedingungen verlegt. Doch 2019, nach der Wahl des rechtskonservativen Premierminister Kyriakos Mitsotakis, wurde ein spezielles Gesetz ausschließlich gegen Koufontinas geschrieben, um diese Lockerungen für ihn zurücknehmen zu können. Sympathisanten Koufontinas sehen dahinter eine Art „Rache“: Der 17. November hatte ein Schwager Mitsotakis’, Pavlos Bakogiannis (verheiratet mit Dora Bakogiannis), im Jahr 1989 erschossen.[12]

Daher begann Koufontinas am 10. Januar 2021 einen Hungerstreik.[13][14] Unterstützer stürmten die Berliner Büros der Deutschen Welle und forderten die Redakteure auf, ihr Schweigen über "den geplanten Mord an Dimitris Koufontinas durch den griechischen Staat" zu brechen. Facebook wurde beschuldigt, Informationen über Koufontinas zu zensieren und die Seiten und Streaming-Veranstaltungen griechischer Journalisten, Reporter, Historiker, zivilgesellschaftlicher und politischer Gruppen zu sperren, die vom Athener Zweig der in Frankreich ansässigen Firma Teleperformance, dem Verbindungen zur Regierung und der griechischen Rechten vorgeworfen werden, überwacht wurden. Zehntausende protestieren in Solidarität mit dem Hungerstreikenden am 3. März 2021 in Athen, der nach 55 Tagen ohne Essen dem Tod nahe war.[15][16]

Biographien

  • Savvas Xiros: Guantanamo auf Griechisch: Zeitgenössische Folter im Rechtsstaat, Pahl-Rugenstein, Köln 2007. (Aus dem Griechischen von Heike Schrader.)
  • Dimitris Koufontinas: Geboren am 17. November – Eine Geschichte der griechischen Stadtguerilla, Bahoe Books, Wien 2019. (Aus dem Griechischen von Fee Meyer.)

Literatur

  • Florian Edelmann: Die Phantomguerilla: Revolutionäre Organisation 17. November in Griechenland. In: Alexander Straßner (Hrsg.): Sozialrevolutionärer Terrorismus. Wiesbaden 2008, S. 329–343.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Florian Edelmann: Die Phantomguerilla: Revolutionäre Organisation 17. November in Griechenland. In: Alexander Straßner (Hrsg.): Sozialrevolutionärer Terrorismus. Wiesbaden 2008, S. 330.
  2. Rat der Europäischen Union: EU terrorist list (PDF) in der Rubrik Bekämpfung des Terrorismus – Wichtige Dokumente, Stand: 15. Juni 2008
  3. Außenministerium der Vereinigten Staaten, Bureau of Counterterrorism, Stand: 27. Januar 2012
  4. Florian Edelmann: Die Phantomguerilla: Revolutionäre Organisation 17. November in Griechenland. In: Alexander Straßner (Hrsg.): Sozialrevolutionärer Terrorismus. Wiesbaden 2008, S. 343.
  5. Chronology of all November 17 attacks. In: www.ekathimerini.com. Kathimerini, 8. Juli 2002, archiviert vom Original am 10. August 2011; abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).
  6. Florian Edelmann: Die Phantomguerilla: Revolutionäre Organisation 17. November in Griechenland. In: Alexander Straßner (Hrsg.): Sozialrevolutionärer Terrorismus. Wiesbaden 2008, S. 329.
  7. Der Standard, 18. Dezember 2003, siehe: [1]
  8. Florian Edelmann: Die Phantomguerilla: Revolutionäre Organisation 17. November in Griechenland. In: Alexander Straßner (Hrsg.): Sozialrevolutionärer Terrorismus. Wiesbaden 2008, S. 335; Vorarlberg Online: Terrorist bekommt 17 Mal lebenslang. 9. Mai 2007.
  9. Polizei fasst Griechenlands meistgesuchten Terroristen, dpa via RP online, 4. Januar 2015
  10. Helena Smith: Greek terrorist's prison parole sparks global outrage The Guardian vom 10. November 2017
  11. Helena Smith: Greek terrorist's prison parole sparks global outrage The Guardian vom 10. November 2017
  12. Die Familie Mitsotakis ist ein Paradebeispiel für Vetternwirtschaft und Korruption in Griechenland: Konstantinos Mitsotakis war ab 1946 Mitglied des Parlaments und von 1990 bis 1993 Premierminister; sein Sohn Kyriakos Mitsotakis war ab 2004 Mitglied des Parlaments und ab 2019 Premierminister; seine Tochter Dora Bakogiannis, war ab 1996 Mitglied des Parlaments, von 2002 bis 2006 Bürgermeisterin von Athen und Leiterin verschiedener Ministerien; ihr Ehemann Pavlos Bakogiannis, Mitglied der Nea Dimokratia ab 1985 und ab 1989 Mitglied des Parlaments; ihr Sohn Kostas Bakogiannis ab 2019 Bürgermeister von Athen und war vorher ab 2014 Gouverneur der Region Mittelgriechenland, davor war er ab 2011 Bürgermeister der Stadt Karpenisi.
  13. Demonstranten besetzen griechisches Konsulat in Berlin
  14. Es geht um Leben und Tod
  15. Tens of thousands protest in solidarity with Greek hunger striker as he nears death
  16. November 17th, 1973 and the Legacy of State Terror

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