1000-km-Rennen von Caracas 1957

Maserati 300S

Das 1000-km-Rennen von Caracas 1957, auch Venezuelan Grand Prix, 1000 km Caracas, fand am 3. November statt und war der siebte und letzte Wertungslauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft dieses Jahres.

Vor dem Rennen

Das 1000-km-Rennen von Caracas kam erst im Spätsommer 1957 in den Rennkalender der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Nachdem die RAC Tourist Trophy abgesagt wurde, entschlossen sich die Verantwortlichen der Fédération Internationale de l’Automobile, das Langstreckenrennen in der venezolanischen Hauptstadt Caracas als Weltmeisterschaftslauf zu werten. Die Saison war geprägt vom Zweikampf der Werksmannschaften von Ferrari und Maserati, sowie der Privatteams, die Fahrzeuge der beiden Marken einsetzten, da es in der Weltmeisterschaft der Marken unerheblich war, von welchen Team die Wagen der jeweiligen Hersteller gemeldet wurden.

Das erste Rennen der Saison, das 1000-km-Rennen von Buenos Aires, endete mit dem Sieg des von US-amerikanischen Scuderia Temple Buell gemeldeten Ferrari 290MM, der von Masten Gregory, Eugenio Castellotti und Luigi Musso gefahren wurde[1]. Beim folgenden 12-Stunden-Rennen von Sebring feierte Maserati mit den Mannschaften Juan Manuel Fangio/Jean Behra und Stirling Moss/Harry Schell einen Doppelsieg[2].

Nach dem Erfolg von Piero Taruffi bei der Mille Miglia[3] gab es zwei Gesamtsiege von britischen Teams; Tony Brooks und Noël Cunningham-Reid triumphierten auf einem Aston Martin DBR1/300 beim 1000-km-Rennen am Nürburgring[4], und der Ecurie-Ecosse-Jaguar D-Type von Ivor Bueb und Ron Flockhart überquerte als Erster die Ziellinie beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Nach dem zweiten Saisonsieg von Maserati beim 1000-km-Rennen von Kristianstad[5] musste die Entscheidung in der Weltmeisterschaft beim letzten Rennen in Caracas fallen, wohin Ferrari (28 Punkte) mit einem Vorsprung von drei Punkten auf Maserati (25 Punkte) kam.

Das Rennen

Das 1000-km-Rennen von Caracas wurde zum dritten Mal ausgetragen und führte über knapp neun Kilometer öffentliche Straßen; darunter Teile der Stadtautobahn, eine Unterführung und Schikanen auf den langen Geraden, um die hohen Geschwindigkeiten der Sportwagen minimieren zu können. Der Kurs entsprach nicht annähernd dem an sich schon mangelhaftem Sicherheitskonzepten der 1950er-Jahre. Dazu der US-amerikanische Ferrari-Werkspilot Phil Hill: „Der ganze Kurs war eine Lachnummer; wie ein surrealistischer Alptraum. Er hatte keinerlei Markierungen, abgesehen davon, dass die Leute am Straßenrand standen und in viele Richtungen zeigten.“[6].

Vor dem Rennen verblüffte Maserati-Rennleiter Nello Ugolini seine Fahrer mit einer eigentümlichen Botschaft. Der Werksleitung in Modena habe die Werkswagen bereits verkauft, und die Rennwagen durften in keiner Weise beschädigt werden. Prompt wurden alle Maserati, die im Training deutlich schneller waren als die Ferrari, durch Unfälle teilweise komplett zerstört. Stirling Moss im 450S prallte beim Versuch, einem langsamen Fahrzeug ausweichen, in eine Mauer und beschädigte den Rennwagen erheblich. Beim zweiten 450S, der von Harry Schell gefahren wurde, platzte ausgerechnet beim Überholen des Teamkollegen Joakim Bonnier, der einen 300S pilotierte, ein Reifen; die Wagen kollidierten, wobei der Schell-Wagen Feuer fing und vollständig ausbrannte.

Nachdem Masten Gregory im privat gemeldeten 450S schon in der ersten Runde nach einem Unfall in der Unterführung ausgefallen war, hatte Maserati keine Chance mehr auf den Weltmeistertitel. Ferrari feierte einen ungefährdeten Vierfachsieg und gewann den Titel.

Für Maserati war der Einsatz in Caracas einer der letzten Einsätze als Werksteam bei einer internationalen Motorsportveranstaltung. Der Verlust der drei Werkswagen, die trotz bestehender Verträge nachvollziehbar nicht mehr verkauft werden konnten, erhöhte den Jahresverlust auf 455 Millionen Lire und stürzte die italienische Marke in eine große Krise[7].

Ergebnisse

Schlussklassement

Pos.KlasseNr.TeamFahrerFahrzeugRunden
1S + 2.014ItalienItalien Equipo FerrariVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Peter Collins
Vereinigte Staaten 48 Phil Hill
Ferrari 335 Sport101
2S + 2.012ItalienItalien Equipo FerrariVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Mike Hawthorn
ItalienItalien Luigi Musso
Ferrari 335 Sport100
3S + 2.016ItalienItalien Equipo FerrariDeutschland Wolfgang Graf Berghe von Trips
Deutschland Wolfgang Seidel
Ferrari 250TR97
4S + 2.018ItalienItalien Equipo FerrariFrankreich 1946 Maurice Trintignant
Belgien Olivier Gendebien
Ferrari 250TR/5897
5S 2.066Deutschland Equipo PorscheDeutschland Fritz Huschke von Hanstein
Deutschland Demokratische Republik 1949 Edgar Barth
Porsche 718 RSK91
6S + 2.030Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 Mauricio Marcotulli
Venezuela 1954 Ettore Chimeri
Maserati 300S91
7S 1.568Vereinigte Staaten 48 Ed CrawfordVereinigte Staaten 48 Ed Crawford
Vereinigte Staaten 48 Ed Hugus
Porsche 550 RS90
8S 2.038Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 Julio Pola
ItalienItalien Piero Drogo
Ferrari 500TR90
9S 2.060Kuba Escuderia CubaKuba Julio Batista Falla
NiederlandeNiederlande Jan de Vroom
Ferrari 500TRC88
10S 1.565Vereinigte Staaten 48 Art Bunker
NiederlandeNiederlande Carel Godin de Beaufort
Porsche 550 RS88
11S 1.576Monaco Equipo MontecarloItalienItalien Umberto Masetti
Frankreich 1946 André Testut
Osca MT486
12S + 2.022Vereinigte Staaten 48 Equipo CorvetteVereinigte Staaten 48 Dick Thompson
Vereinigte Staaten 48 Dick Doane
Chevrolet Corvette85
13S 1.570Vereinigte Staaten 48 Denise McCluggageVereinigte Staaten 48 Denise McCluggage
Vereinigte Staaten 48 Ruth Levy
Porsche 550 RS85
14S + 2.040Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 C. Martinez
Venezuela 1954 Ramón Lopez
Ferrari 500TR79
15S 1.564Kuba Equipo CubaKuba Santiago Gonzalez
Kuba Manuel Garcia
Porsche 550 RS78
16S 2.074Venezuela 1954 Augusto Gutierrez
Venezuela 1954 Deblin
AC Ace77
17S 2.050Kolumbien Equipo ColombiaKolumbien Antonio Izquierdo
Kolumbien Juan Uribe
AC Ace76
18S 2.031Venezuela 1954 Joao Rozende Dos Santos
Venezuela 1954 Francisco Borjes
Aston Martin DB3S76
19S 2.052Venezuela 1954 Equipo C.A.D.V.Venezuela 1954 Sergio Gonzalez
Argentinien Alberto Gutierrez
Maserati 200S75
20S 2.032Venezuela 1954 Equipo C.A.D.V.Venezuela 1954 Lino Fayen
Venezuela 1954 Jacques Oliver
Trans-Oliver74
21S 2.058Venezuela 1954 Equipo C.A.D.V.Venezuela 1954 Renny Ottolina
Venezuela 1954 Fredy Brandt
AC Ace72
Ausgefallen
22S + 2.02ItalienItalien Equipo MaseratiFrankreich 1946 Jean Behra
Vereinigte Staaten 48 Harry Schell
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Stirling Moss
Maserati 450S55
23S + 2.024Vereinigte Staaten 48 Equipo CorvetteVereinigte Staaten 48 John Kilborn
Vereinigte Staaten 48 Tom Pistone
Chevrolet Corvette55
24S + 2.06ItalienItalien Equipo MaseratiSchwedenSchweden Joakim Bonnier
ItalienItalien Giorgio Scarlatti
Maserati 300S54
25S 2.046Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 Silvano Turco
Venezuela 1954 Ugo Tosa
Maserati A6G34
26S + 2.04ItalienItalien Equipo MaseratiVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Stirling Moss
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Tony Brooks
Maserati 450S32
27S + 2.026Vereinigte Staaten 48 Equipo CorvetteVereinigte Staaten 48 Jim Jeffords
Vereinigte Staaten 48 Fred Windridge
Chevrolet Corvette31
28S 2.054Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Equipo A.C. BristolVereinigte Staaten 48 Joseph Dressel
Vereinigte Staaten 48 Frank Pohanka
AC Ace25
29S 1.578Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaArgentinien Luis Ojanguren
Schweiz Peter Monteverdi
Lotus Eleven23
30S 2.056Venezuela 1954 Equipo C.A.D.V.Venezuela 1954 J. L. Droullers
Venezuela 1954 Juan Fernandez
AC Ace18
31S 2.062ItalienItalien Escuderia O.S.C.A.Argentinien Alejandro de Tomaso
Vereinigte Staaten 48 Isabelle Haskell
Osca MT416
32S + 2.010Vereinigte Staaten 48 Equipo BuellVereinigte Staaten 48 Masten Gregory
Vereinigte Staaten 48 Dale Duncan
Maserati 450S1
Nicht gestartet
33S + 2.08ItalienItalien Equipo MaseratiVenezuela 1954 Augusto Gutierrez
Spanien 1945 Paco Godia
ItalienItalien Giorgio Scarlatti
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Tony Brooks
Maserati 350S1
34S + 2.028Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaItalienItalien Guido Lollobrigita
Venezuela 1954 E. Soriani
Ferrari2
35S 2.034Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaItalienItalien Azzurro ManziniMaserati A6G3
Nicht qualifiziert
36S 2.044Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 R. J. Dominguez
Venezuela 1954 C. Martinez
Ferrari4
37S 2.048Venezuela 1954 Equipo C.A.D.V.Venezuela 1954 Oscar Oropeza
Venezuela 1954 Marcelo Hernandez
AC Ace5

1 Getriebeschaden im Training 2 nicht gestartet 3 nicht gestartet 4 nicht qualifiziert 5 nicht qualifiziert

Nur in der Meldeliste

Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.

Pos.KlasseNr.TeamFahrerChassis
38S + 2.020Vereinigte Staaten 48 Equipo CorvetteVereinigte Staaten 48 Troy Ruttman
Vereinigte Staaten 48 Johnnie Parsons
Chevrolet Corvette
39S 2.036Venezuela 1954 Escuderia Madunina VenezuelaVenezuela 1954 M. de Peppo
Venezuela 1954 C. Barbato
Ferrari
40S 1.572Vereinigte Staaten 48 Lucille DavisVereinigte Staaten 48 Lucille Davis
Vereinigte Staaten 48 Carrol
Porsche 550 RS
41S 1.574ItalienItalien Escuderia O.S.C.A.ItalienItalien Carlo Tomasi
Argentinien Alejandro de Tomaso
Osca MT4

Klassensieger

KlasseFahrerFahrerFahrzeugPlatzierung im Gesamtklassement
S + 2.0Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Peter CollinsVereinigte Staaten 48 Phil HillFerrari 335 SportGesamtsieg
S 2.0Deutschland Fritz Huschke von HansteinDeutschland Edgar BarthPorsche 718 RSKRang 5
S 1.5Vereinigte Staaten 48 Ed CrawfordVereinigte Staaten 48 Ed HugusPorsche 550 RSRang 7

Renndaten

  • Gemeldet: 41
  • Gestartet: 32
  • Gewertet: 21
  • Rennklassen: 3
  • Zuschauer: unbekannt
  • Wetter am Renntag: heiß und trocken
  • Streckenlänge: 9,930 km
  • Fahrzeit des Siegerteams: 6:31:55,800 Stunden
  • Gesamtrunden des Siegerteams: 101
  • Gesamtdistanz des Siegerteams: 1002,930 km
  • Siegerschnitt: 153,537 km/h
  • Pole Position: Stirling Moss – Maserati 450S (# 2) – 3:41,100 = 161,682 km/h
  • Schnellste Rennrunde: Stirling Moss – Maserati 450S (#2) – 3:38,499 = 163,681 km/h
  • Rennserie: 6. Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1957

Literatur

  • Peter Higham: The Guinness Guide to international Motor Racing. A Complete Reference from Formula One to Touring Cars. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1000-km-Rennen von Buenos Aires 1957
  2. 12-Stunden-Rennen von Sebring 1957
  3. Mille Miglia 1957
  4. 1000-km-Rennen am Nürburgring 1957
  5. 1000-km-Rennen von Kristianstad 1957
  6. Karl Ludvigsen: Ferrari vs. Maserati. Unerbittliche Motorsportrivalen. Heel, Königswinter 2008, ISBN 978-3-86852-051-4, S. 217.
  7. Karl Ludvigsen: Ferrari vs. Maserati. Unerbittliche Motorsportrivalen. Heel, Königswinter 2008, ISBN 978-3-86852-051-4, S. 218.
Vorgängerrennen
1000-km-Rennen von Kristianstad 1957
Sportwagen-WeltmeisterschaftNachfolgerennen
1000-km-Rennen von Buenos Aires 1958

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1957 Maserati 300S at the 2013 Greenwich Concours d'Elegance.