(90) Antiope

Asteroid
(90) Antiope
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 13. September 2023 (JD 2.460.200,5)
OrbittypÄußerer Hauptgürtel
AsteroidenfamilieThemis-Familie
Große Halbachse3,153 AE
Exzentrizität

0,169

Perihel – Aphel2,620 AE – 3,686 AE
Neigung der Bahnebene2,2°
Länge des aufsteigenden Knotens69,9°
Argument der Periapsis245,2°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs29. August 2022
Siderische Umlaufperiode5 a 214 d
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit16,70 km/s
Physikalische Eigenschaften
Abmessungen93,0 km × 87,0 km × 83,6 km
Masse4,2 · 1017Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Masse kg
Albedo0,058 ± 0,004
Mittlere Dichte(1,25 ± 0,05) g/cm³
Rotationsperiode16 h 30 min
Absolute Helligkeit8,1 mag
SpektralklasseC
Geschichte
EntdeckerKarl T. R. Luther
Datum der Entdeckung1. Oktober 1866
Andere Bezeichnung1952 BK2
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.
Vorlage:Infobox Asteroid/Wartung/Spektralklasse

(90) Antiope ist ein Asteroid des äußeren Asteroiden-Hauptgürtels. Durch die Entdeckung des geringfügig kleineren Begleiters S/2000 (90) 1 gilt Antiope als Doppelasteroiden-System.

Entdeckung und Benennung

Antiope wurde am 1. Oktober 1866 vom deutschen Astronomen Karl Theodor Robert Luther an der Sternwarte Düsseldorf entdeckt.[1]

Benannt wurde der Himmelskörper nach Antiope aus der griechischen Mythologie. Es ist aber umstritten, ob nach der Amazone Antiope, nach der Tochter des Zeus, die von Theseus entführt wurde, oder nach Antiope, der Geliebten von Zeus, dem sie die beiden Söhne Zethos und Amphion gebar.

Seit der Entdeckung des Begleiters wird der Name „Antiope“ offiziell für die größere Komponente verwendet, während für die kleinere Komponente die Bezeichnung S/2000 (90) 1 gilt. Doch wird der Name oft auch für das ganze System verwendet. Inoffiziell wird der Asteroid daher zuweilen auch als Antiope A bezeichnet.

Insgesamt wurde der Asteroid durch mehrere erdbasierte Teleskope beobachtet, insgesamt bisher 4348 Mal innerhalb von 154 Jahren.[2] (Stand Nov. 2020).

Bahneigenschaften

Umlauf- und Rotationsdynamik im Antiope-System

Umlaufbahn

Antiope umrundet die Sonne auf einer prograden elliptischen Umlaufbahn zwischen 393 Mill. km (2,62 AE) und 549 Mill. km (3,67 AE) Abstand zu deren Zentrum. Die Bahnexzentrizität beträgt 0,166, die Bahn ist um 2,2° gegenüber der Ekliptik geneigt. Ihre Bahn liegt demnach im äußeren Asteroidengürtel.

Die Umlaufzeit von Antiope beträgt 5,59 Jahre.

Antiope gehört zur Themis-Familie,[3] einer knapp 5000 Mitglieder zählenden Anzahl von Asteroiden, die die Sonne auf ähnlichen Bahnen umlaufen und wahrscheinlich Fragmente einer vorangegangenen Kollision sind.

Rotation

Beobachtungen des Antiope-Systems 2003–2005 mit dem VLT

Antiope rotiert in 16 Stunden und 30 Minuten einmal um ihre Achse. Da die Umlaufzeit gleich der Rotationszeit ist und sich die kleinere Komponente S/2000 (90) 1 ebenso verhält, handelt es sich um eine doppelt gebundene Rotation. Das bedeutet, dass sich beide Körper stets dieselbe Seite zuwenden. Nach dem System Pluto/Charon wurde hier zum zweiten Mal eine doppelt gebundene Rotation nachgewiesen. Voraussetzung dafür sind ähnliche Massen und eine enge Umlaufbahn der beiden Körper.

Daraus ergibt sich, dass der Asteroid in einem Antiope-Jahr 2.968,7 Eigendrehungen („Tage“) vollführt.

Beobachtungen der Lichtkurve zeigen eine Ausrichtung von Antiopes Pol in Richtung der ekliptischen Koordinaten mit ±2° Unsicherheit. Daraus ergibt sich eine Achsenneigung von 63,7 ± 2°. Antiopes Rotation ist demnach prograd.

Physikalische Eigenschaften

Größe

Die bisherigen Beobachtungen von Antiope weisen auf einen rundlichen, leicht unregelmäßig geformten Körper hin; die genaueste Durchmesserbestimmung (geometrisches Mittel) liegt bei 87,8 km. Hinsichtlich der genauen Dimensionen liegt der präziseste Wert bei 93,0 × 87,0 × 83,6 km. Der gemessene Wert von rund 116 km bezieht sich auf beide Antiope-Körper.[4]

Ausgehend von einem mittleren Durchmesser von 87,8 km ergibt sich eine Oberfläche von etwa 24.200 km², was knapp der Fläche Nordmazedoniens entspricht.

Insgesamt gehören beide Antiope-Komponenten zu den 500 größten Asteroiden im Sonnensystem.

Bestimmungen des Durchmessers für Antiope
JahrAbmessungen in kmQuelle
2001120,07 ± 4,0IRAS[5]
200787,8 ± 1Descamps u. a.[6]
200793,0 × 87,0 × 83,6Descamps u. a.[7]
2014115,974Masiero u. a.[8]

(Die präziseste Bestimmung ist fett markiert.)

Oberfläche

Die Lücken in den von verschiedenen Standorten aus gewonnenen Beobachtungen einer Sternbedeckung durch Antiope am 19. Juli 2011 zeichnen die Silhouetten der beiden Komponenten nach

2007 lieferten Beobachtungen mit dem VLT-Teleskop unter Anwendung adaptiver Optik und Analysen von Lichtkurven Hinweise auf einen 68 km großen Einschlagskrater auf einem der beiden Körper. Dies könnte das Resultat einer Kollision einer Proto-Antiope sein, die zu der Teilung des Körpers in zwei ähnlich große Körper führte. Ein solcher Impaktor müsste mehr als 17 km Durchmesser gehabt haben. Der Krater kann durch das 10-m-Keck-Teleskop II nicht aufgelöst werden, doch wurde er durch die etwa 30 Sekunden dauernde Bedeckung des Sterns LQ Aquarii am 19. Juli 2011 bestätigt. Bereits am 11. Juni 1980 wurde eine Sternbedeckung aufgezeichnet.[9]

Innerer Aufbau

Antiope gehört zu den C-Typ-Asteroiden und besitzt daher eine dunkle, kohlenstoffreiche Oberfläche mit einer Albedo von 0,058. Die Oberflächenfärbung ist damit dunkler als Kohle. Die ungewöhnlich geringe mittlere Dichte von 1,25 g/cm³ ist ein Hinweis darauf, dass es sich nicht um einen kompakten Körper handelt, sondern ein Rubble Pile sein dürfte, eine Ansammlung von Staub und Gesteinen, die von Hohlräumen durchsetzt ist. Die Porosität wird auf über 30 % geschätzt. Es ist denkbar, dass sich der Asteroid aus Schutt einer vorangegangenen Kollision formiert hat, möglicherweise diejenige, in der die Themis-Familie ihren Ursprung hat.

Nach einer 2009 erfolgten spektroskopischen Untersuchung ist der Aufbau von (90) Antiope und S/2000 (90) 1 identisch.[10]

Die Masse von Antiope ließ sich bislang auf berechnen.

Die absolute Helligkeit wird mit 8,1 mag angegeben.

Die mittlere Oberflächentemperatur beträgt rund 158 K (−115 °C) und kann mittags bis auf maximal 244 K (−29 °C) ansteigen.

Doppelsystem

Durch die Entdeckung des Begleiters im Jahr 2000 besteht Antiope aus zwei großen Körpern, die einander im mittleren Abstand von 170 Kilometern in 16,52 Stunden doppelt synchron umlaufen, was bedeutet, dass beide Körper einander stets dieselbe Seite zuwenden. Im Hauptgürtel stellen solche Binärsysteme eher eine Seltenheit dar, während sie im Kuipergürtel nicht ungewöhnlich sind. Die Gesamtmasse des Systems beträgt

Das Antiope-System in der Übersicht
KomponentenPhysikalische ParameterBahnparameterEntdeckung
NameDurch-
messer
(km)
Relativ-
größe
%
Masse
(kg)
Große
Halbachse
(km)
Umlaufzeit
(d)
Exzentrizität
Inklination
zur
Ekliptik
Datum der EntdeckungDatum der Veröffentlichung
(90) Antiope
(„Antiope A“)
87,8100,004,2 · 1017~ 850,6878< 0,00663,7°1. Okt. 18661866
S/2000 (90) 1
(„Antiope B“)
83,895,44,1 · 1017~ 850,6878< 0,00663,7°10. Aug. 20003. Okt. 2000

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Discovery Circumstances: Numbered Minor Planets. The International Astronomical Union – Minor Planet Center, 19. Oktober 2020, abgerufen am 22. November 2020.
  2. (90) Antiope in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory (englisch).
  3. D. Nesvorny, M. Broz, V. Carruba: Identification and Dynamical Properties of Asteroid Families. 2014, arXiv:1502.01628.
  4. Stuart J. Weidenschilling u. a.: Origin of the double asteroid 90 Antiope: a continuing puzzle. (PDF; 15,6 kB) 2001, abgerufen am 22. November 2020.
  5. Binary Asteroid 90 Antiope Closest Approach To Earth (1.773 AU). 17. Juni 2016, archiviert vom Original am 6. September 2017; abgerufen am 22. November 2020.
  6. Pascal Descamps u. a.: Figure of the double Asteroid 90 Antiope from adaptive optics and lightcurve observations. April 2007, abgerufen am 22. November 2020.
  7. Pascal Descamps u. a.: The Impossible Siblings. 29. März 2007, archiviert vom Original am 3. April 2007; abgerufen am 22. November 2020.
  8. Joseph R. Masiero u. a.: Main-belt Asteroids with WISE/NEOWISE: Near-infrared Albedos. 2014, bibcode:2014ApJ...791..121M.
  9. Franck Marchis u. a.: An Occultation by the double asteroid (90) Antiope seen in California (2011). 21. Juli 2011, abgerufen am 6. September 2017.
  10. Franck Marchis, J. Emilio Enriquez, Joshua P. Emery, Jerome Berthier, Pascal Descamp, Frederic Vachier: The Origin of (90) Antiope from Component-Resolved Near-Infrared Spectroscopy. (PDF; 4,1 MB) Abgerufen am 22. November 2020.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Orbit1.gif
Two bodies of similar mass orbiting around a common barycenter (red cross) with circular orbits.
ESO - The double asteroid Antiope (by).jpg
Autor/Urheber: ESO, Lizenz: CC BY 4.0
Artist's impression of the double asteroid 90 Antiope. Both components are shown to have a quasi-spherical shape.
The Antiope Doublet - Eso0718b.png
Autor/Urheber: European Southern Observatory, Lizenz: CC BY 4.0
Very Large Telescope observations of the double asteroid (90) Antiope during 2004. The adaptive optics NACO instrument was used, allowing the astronomers to perfectly distinguish the two components and so, precisely determine the orbit. The two objects are separated by 171 kilometres (106 mi), and they perform their celestial dance in 16.5 hours. The adaptive optics observations could, however, never resolve the shape of the individual components as they are too small.
90Antiope 20110719 (Multichord Occultation).jpg
Autor/Urheber: KuriwaObs, Lizenz: CC BY-SA 4.0
90 Antiope occulted HIP 112420 on July 19 2011. 46 stations observed a positive, and 11 stations observed misses. Many however were clouded. Many stations were pre-pointed and left unattended. All stations were in Western USA.