Übergangsregierung Kirgisistans

Die Kirgisische Übergangsregierung unter Rosa Otunbajewa trat ihr Amt im April 2010 nach der Absetzung des Präsidenten Kurmanbek Bakijew mit dem erklärten Ziel an, Kirgisien in eine parlamentarische Republik umzuwandeln. Diese Umwandlung war mit dem positiven Ergebnis des Verfassungsreferendums im Juni erfolgreich. Nach diesem kam es zur Durchführung der Parlamentswahl im Oktober und schließlich zur Machtübergabe an die in der Folge gebildete neue Regierung unter Almasbek Atambajew im Dezember.

Ausgangssituation

Die Krise wurde durch Unzufriedenheit wegen Korruption, steigender Preise und fehlender Strategien der Regierung, mit den Folgen der Wirtschaftskrise umzugehen, ausgelöst. Ein Drittel der 5,3 Millionen Einwohner Kirgisistan lebt unter der Armutsgrenze. Durch die Wirtschaftskrise verschärften sich die Probleme durch die verminderten Überweisungen kirgisischer Arbeiter aus Russland die im Jahr 2008 rund 22 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachten und im darauffolgenden Jahr um 21 Prozent zurückgingen.[1][2] Auch führen Schmugglerrouten für den lukrativen Handel mit afghanischem Rauschgift durch die Region.[3]

Sowohl die USA als auch Russland unterhalten jeweils eine Militärbasis in Kirgisistan. Beide liegen im Norden, in der Nähe der Hauptstadt Bischkek.

Mitglieder

Rosa Otunbajewa
  • Übergangspräsidentin: Rosa Otunbajewa
  • Vizepräsident und Wirtschaftsminister: Almasbek Atambajew
  • Finanzminister: Temir Sarijew[4]
  • Beauftragter für Verfassungsreformen: Omurbek Tekebajew[5]
  • Oberster Staatsanwalt: Azimbek Beknazarow[6]
  • Innenminister: Bolot Schernijasow[7]
  • Gesundheitsminister: Damira Nijasaljewa[8]
  • Sicherheits-/ bzw. Geheimdienstchef: Kengeschbek Duischöbajew[9]
  • Arbeitsministerin: Aigul Riskulowa[10]

Tätigkeiten

Machtübernahme

Kurmanbek Bakijew

Bei Demonstrationen gegen die Regierung wurden im April Dutzende Menschen getötet.[11] Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Kirgisistans, Almasbek Atambajew, und weitere Oppositionelle wurden festgenommen. Gleichzeitig verhängte der damalige Präsident Bakijew in Bischkek sowie im Norden des Landes den Ausnahmezustand und eine nächtliche Ausgangssperre.[12][13]

Die Opposition verkündete am 7. April den Sturz der Regierung und die Einrichtung einer Übergangsregierung unter der Ex-Außenministerin Rosa Otunbajewa. Präsident Bakijew weigerte sich zunächst zurückzutreten und flüchtete in die Stadt Dschalal-Abad, seine Heimatstadt, im Süden des Landes.[14] Eine Woche nach dem Aufstand in Kirgisistan erklärte Bakijew jedoch seinen Rücktritt und setzte sich ins benachbarte Kasachstan und schließlich nach Belarus ab. Er selbst und Mitglieder seiner Familie werden wegen Mordes an 87 Demonstranten mit internationalem Haftbefehl gesucht.[15][16][17]

Schon am 20. April starben in dem Ort Majewka im Norden der Hauptstadt Bischkek bei Auseinandersetzungen mit Jugendlichen, die Grund und Boden unter ihre Kontrolle bringen wollten, mindestens fünf Menschen und 30 weitere wurden verletzt.[18]

Im Mai kämpften in Dschalal-Abad Bakijew-Anhänger mit ansässigen Usbeken.[19]

Die Unruhen in Südkirgisistan

In der Nacht zum 11. Juni eskalierte die Situation im Süden Kirgisistans. Die Stadt Osch wurde zum Schauplatz von gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit, bei denen mehrere hundert Menschen den Tod fanden und tausende Menschen verletzt wurden. Brandstifter steckten zahlreiche von Usbeken bewohnte Gebäude in Brand und es kam zu Plünderungen. Die UNO-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay berichtete, dass die ersten Angriffe abgestimmt, gezielt und gut geplant stattfanden.[20]

Angehörige der usbekischen Minderheit verschanzten sich in ihren Wohnvierteln oder flüchteten nach Usbekistan. Die Regierung bat Russland um militärische Hilfe. Russland lehnte dies mit dem Argument ab, es handle sich um eine interne Angelegenheit.

Über das Wochenende weiteten sich die Kämpfe auf Dschalal-Abad aus. Das usbekische Katastrophenministerium sprach von 75.000 Grenzübertritten von Erwachsenen in der Region Andijon und schloss in weiterer Folge die Grenzen. In Kirgisistan selbst waren 400.000 Menschen auf der Flucht.[21][22] Am Sonntag den 13. Juni erklärte die Regierung, dass sie die Situation nicht mehr unter Kontrolle habe.[19] Sie verdächtigt den Ex-Präsidenten Bakijew und dessen Familie, die am 27. Juni geplante Volksabstimmung über eine neue Verfassung verhindern zu wollen.[23] Dieser wies die Vorwürfe kategorisch von sich.[24]

In der Nacht auf den 15. Juni beruhigte sich die Situation weitgehend. Laut der kirgisischen Regierung konnten Hilfsgüter verteilt werden.

Am 20. August griffen aufgebrachte Demonstranten in Osch Arbeitsministerin Aigul Riskulowa an. Auslöser waren Gerüchte über einen erzwungenen Rücktritt des örtlichen Bürgermeisters, Melis Mirsachmatow. Die Ministerin konnte mit ihrem Auto entkommen.[10]

Verfassungsreferendum

Am 27. Juni 2010 fand ein Verfassungsreferendum statt. Die Kirgisen stimmten mit einer Mehrheit von über 90 Prozent zugunsten einer Verfassungsänderung ab, in der das bisherige präsidiale System in eine parlamentarische Republik umgewandelt werden sollte. Außerdem wurden die Übergangsregierung in ihrem Amt bestätigt und Parlamentswahlen für Oktober 2010 festgesetzt.[25]

Parlamentswahl

Am 10. Oktober 2010 fand die Parlamentswahl statt, die durch das Verfassungsreferendum im Juni nötig wurde. Im Ergebnis kam es zu einer Koalitionsregierung unter Almasbek Atambajew, die die Übergangsregierung ablöste.

Commons: 2010 Kyrgyzstani revolution – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. FAZ: Das arme Bergland
  2. ORF: Autonomer Staat seit Zerfall der UdSSR@1@2Vorlage:Toter Link/orf.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Zehntausende Flüchtlinge
  3. FAZ: Fruchtbarer Boden für Tod und Gewalt
  4. RIA Novosti: Im Spiegel der Presse
  5. Who's Who In Kyrgyz Politics (Memento vom 23. Dezember 2010 im Internet Archive), 1. Mai 2010
  6. CRI Online: Zahl der Toten steigt im kirgisischen Unruhegebiet
  7. Der Standard: Machtverhältnisse unklar
  8. EUZine: Kommissarin Kristalina Georgieva trifft kirgisische Behörden und Empfänger der humanitären Hilfe der EU
  9. Tagensanzeiger: Kirgisien kommt nicht zur Ruhe
  10. a b ORF: Erneut Proteste von Regierungsgegnern
  11. Tote bei Protesten gegen Präsident Bakijew (Memento vom 11. April 2010 im Internet Archive)
  12. Viele Tote bei blutigen Unruhen in Kirgistan Welt Online, 7. April 2010
  13. Opposition protestiert hartnäckig Focus Online, 7. April 2010
  14. Bakijew klebt an der Macht Focus Online, 9. April 2010
  15. ORF: Medwedew überlegt Truppenentsendung (Memento vom 8. Dezember 2012 im Webarchiv archive.today)
  16. Kirgistans Präsident Bakijew tritt offiziell zurück Welt Online, 16. April 2010
  17. Die Welt: Rotes Kreuz - "mehrere hundert Tote" in Kirgistan
  18. Spiegel: Mehrere Tote bei neuen Unruhen
  19. a b Frankfurter Rundschau: Die Gewalt eskaliert in Kirgistan
  20. Deutsche Botschaft evakuiert Ausländer aus Südkirgisien
  21. ORF: Munition an Bord@1@2Vorlage:Toter Link/orf.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Zehntausende Flüchtlinge
  22. Spiegel: Russland schickt Truppen nach Kirgisien
  23. Spiegel: Viele Tote bei Unruhen in Kirgisien
  24. ORF: 700 Tote bei blutigen Unruhen in Kirgistan@1@2Vorlage:Toter Link/orf.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.Usbeken: 700 Tote bei blutigen Unruhen in Kirgistan
  25. Eine Abstimmung unter widrigen Bedingungen, FAZ, 29. Juni 2010

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President of Kyrgyzstan, Kurmanbek Bakiyev, signs the guest book marking his visit to the Transit Center on September 11, 2009.
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