Österreichische Bücherei

Die Österreichische Bücherei ist eine zwischen 1917 und 1938 nacheinander bei drei österreichischen Verlagen in unterschiedlicher Ausstattung erschienene Buchreihe mit österreichischer Thematik.

Vorbemerkungen

Mit der Österreichischen Bibliothek (1915–1917) war schon im Leipziger Insel Verlag die Idee gescheitert, hier als Seitenstück der 1912 begonnenen Insel-Bücherei, eine dauerhafte, speziell auf Österreich bezogene Reihe mit kleineren essayistischen Arbeiten zu politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Themen zu etablieren.
Ein ähnliches Reihenkonzept wurde erneut im Rahmen der Österreichischen Bücherei am Vorabend des Zerfalls der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, nun in Österreich selbst, aufgegriffen. Ihr erstes Erscheinen im Verlag Carl Fromme im Endstadium des Ersten Weltkrieges setzte interessanterweise zu einem Zeitpunkt ein, als die Österreichische Bibliothek des Insel Verlags nach nur 26 Bänden an ihren Endpunkt gelangt war. Drei ihrer Autoren sollten sich auch in der Österreichischen Bücherei wiederfinden: Adam Müller-Guttenbrunn mit Österreichs Literatur- und Theaterleben (Nr. 5/1A, 1918), Josef Kallbrunner mit Wohnungssorgen im Alten Wien. Dokumente zur Wiener Wohnungsfrage im 17. und 18. Jahrhundert (Nr. 15/2A, 1926) und Felix Braun mit Esther. Ein Schauspiel in fünf Aufzügen (Doppelband Nr. 20/21/2B, 1926).
Inwieweit eine Abstimmung der drei österreichischen Reihenverlage untereinander über die schrittweise Übernahme des Reihentitels durch den jeweiligen Folgeverlag erfolgte, ist nicht bekannt; zwischen den Neuanfängen der Einzelreihen lagen nämlich jeweils mehrere Jahre.

Die Reihe im Verlag Carl Fromme

Als Nummer 1/1A der von der Österreichischen Waffenbrüderlichen Vereinigung in Wien herausgegebenen und von R. von Wettstein geleiteten Reihe kam 1917 der Titel Österreichs geschichtliche Sendung von Alfons Dopsch auf den Buchmarkt.[1] Die erste Reihenfolge bis zur Nummer 16/1A von 1920 wurde in broschierten Einbänden im Verlag Carl Fromme Wien und Leipzig verlegt. Es erschienen im Einzelnen folgende Titel:

Nr.AutorTitelJahrSeitenzahl
1/1AAlfons DopschOesterreichs geschichtliche Sendung191794
2/1AMichael HaberlandtDie nationale Kultur der österreichischen Völkerstämme191796
3/1ARichard CharmatzOesterreich als Völkerstaato. J. [1918]92
4/1ARudolf KobatschDie österreichische Volkswirtschaft191893
5/1AAdam Müller-GuttenbrunnOesterreichs Literatur- und Theaterleben: Eine Uebersichto. J. [1918]92
6/1AWilhelm HaasDie Gewerbeförderung und das gewerbliche Bildungswesen in Oesterreich191885
7/1AJoseph NeuwirthBildende Kunst in Österreich.
1. Von der Urzeit bis zum Ausgang des Mittelalters
191896
8/1AJoseph NeuwirthBildende Kunst in Österreich.
2. Von der Renaissance bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts
191896
9/1ARobert SiegerDer österreichische Staatsgedanke und seine geographischen Grundlagen191899
10/1AMax von Millenkovich-MoroldDie österreichische Tonkunst191884
11/1AMax NeuburgerDie Entwicklung der Medizin in Österreich1918104
12/1AAlfred BirkOesterreichs Anteilnahme an der Entwicklung des Verkehrswesens191994
13/1AAlfred BirkTechnisches Schaffen in Oesterreich191989
14/1AGeorg WendelÖsterreichisches Kunstgewerbe192096
15/1ASalomon FrankfurterÖsterreichs Bildungswesen: Die Volks-, Bürger- und Mittelschulen192096
16/1AFritz HofDie Wehrmacht Österreich-Ungarns:
Ihre Geschichte von der Entstehung bis zum Zusammenbruche
192096

Die zweite Reihe im A. Hartleben’s Verlag

Ab 1925 wurde erneut eine Österreichische Bücherei mit neuen Titeln, nunmehr vom Verlag A. Hartleben Wien, aufgelegt. Die aus 24 regulären und fünf Sonderbänden mit Architekturbeschreibungen Niederösterreichs bestehende, umfangreichste Teilreihe endete 1926 regulär mit dem Band: Anton Bettelheim, Karl Schönherr und das österreichische Volksstück, allerdings erschien der fünfte und letzte Sonderband, Anton Beckers Eggenburg, erst im darauffolgenden Jahr.

Der Einband war nun zumeist in Halbleinen gehalten; ÖBü 22/2B (Das Burgtheater unter seinem Gründer Kaiser Joseph II. von Karl Glossy) erschien in Ganzleinen, und bei den Sonderbänden liegen auch Pappeinbindungen und Broschuren vor. Der Vorderdeckel trug ein Reihensignet, und der Titel war auf den Buchrücken gedruckt. Den Bänden war zumeist ein Schutzumschlag beigegeben. Die Reihe umfasste folgende Einzeltitel, wobei das Erscheinungsjahr entsprechend den Angaben der DNB ausgewiesen ist:

Nr.AutorTitelJahrIllustrationen
Fotografien

Seiten
1/2AOswald RedlichGrillparzer und die Wissenschaft: Drei Vorträgeo. J. [1925]-68
2/2AErnst LotharTriumph des Gefühls: 2 Erzählungeno. J. [1925]-100
3/2AKarl Glossy
(Vorwort)
Aus den Memoiren eines Wiener Bürgermeisters
(Dr. Kajetan Felder)
o. J. [1925]-77
4/2AEmil ErtlIrrgarten des Lebens: Novelleno. J. [1925]-106
5/2AHans TietzeDie Wiener Kunstmuseen. Ihre Geschichte und ihre Bedeutungo. J. [1925]13 Abb.93
6/2ARaoul AuernheimerDas ältere Wien: Bilder und Schatteno. J. [1925]-107
7/2AJosef Friedrich PerkonigDas Volk steht auf: Wie Kärnten um seine Freiheit rango. J. [1925]-81
8/2AViktor IovanovicEisenstadt und der Neusiedlerseeo. J. [1925]1 Lithogr.
7 Zeichn.
83
9/2AOtto H. StowasserNiederösterreichische Weistumstexteo. J. [1925]-107
10/2AJoseph NeuwirthDie Technische Hochschule in Wien 1815-1925o. J. [1925]-96
11/2AEgid FilekVom Glück der armen Teufel: Novelleno. J. [1926]-106
12/2AFranz MartinWolf Dietrich von Raitenau, Erzbischof von Salzburgo. J. [1925]-91
13/2AGustav RenkerKärntner Novelleno. J. [1925]-91
14/2AAlfred Orel (Hrsg.)Wiener Musikerbriefe aus zwei Jahrhunderteno. J. [1925]1 Faksimile88
15/2AJosef KallbrunnerWohnungssorgen im alten Wien: Dokumente zur
Wiener Wohnungsfrage im 17. und 18. Jahrhundert
o. J. [1926]-82
16/2AFriedrich RosenthalTheater in Österreicho. J. [1926]NN Abb.95
17/2AGisela von BergerDer alte Herr: Novelleno. J. [1926]-106
18/2AHans TritschelHeiligenblut und seine Bergwelto. J. [1926]13 Abb.109
19/2AEduard GoliasDer Weg zum Staate:
Ein Erziehungsproblem der Gegenwart
o. J. [1926]-76
20/21/2AFelix BraunEsther: Ein Schauspiel in 5  Aufzügeno. J. [1926]-91
22/2AKarl Glossy
Franz Herterich (Geleitwort)
Das Burgtheater unter seinem Gründer Kaiser Joseph II.o. J. [1926]1 Abb.104
23/2AHans FraungruberAus dem steirischen Salzkammergut.
Gedichte und Erzählungen
o. J. [1926]-91
24/2AAnton BettelheimKarl Schönherr und das österreichische Volksstücko. J. [1926]3 Abb.84
Sonder-
band 1
Emerich SchaffranDie niederösterreichischen Stifteo. J. [1925]26 Abb.244
Sonder-
band 2
Georg BinderDie niederösterreichischen Burgen und Schlösser.
Teil 1. An und südlich der Donau
o. J. [1926]30 Fotos160
Sonder-
band 3
Georg BinderDie niederösterreichischen Burgen und Schlösser.
Teil 2. Nördlich der Donau
o. J. [1926]3 Fotos152
Sonder-
band 4
Emerich SchaffranDas Land um Krems: Die Städte Krems,
Stein, Mautern, Stift Göttweig, das Kremstal und Gföhl
o. J. [1926]30 Lithogr.148
Sonder-
band 5
Anton BeckerEggenburgo. J. [1927]29 Abb.
1 Karte
135
ÖBü Nr. 2/3A, H. Burgert, Das Wiener Kaffeehaus (1937)

Die dritte Reihe im Heimat-Verlag

Schließlich wurde der Reihenname im Jahr 1937 nochmals neu belebt. Ihre verlegerische Heimat hatte die Österreichische Bücherei nun bei dem in Brixlegg/Tirol ansässigen Heimat-Verlag gefunden, Herausgeber war der österreichische Publizist Alfred Missong[2][3], der nach dem sog. Anschluss 1938 verhaftet wurde, aber noch im selben Jahr emigrieren konnte, was jedoch das erneute Aus auch der dritten Reihe bedeutete. Sie begann mit Paul Graf Thun-Hohensteins Österreichische Lebensform (Nr. 1/3A) und endete schon mit der Nummer 10/3A, Rudolf Allers' Die Wiener Medizinische Schule.

Laut Ankündigungsprospekt von 1937, der in Aufbau und Sprache an denjenigen von Hofmannsthal zur Einführung der Österreichischen Bibliothek im Jahr 1915 erinnert, sollten die Ausgaben „zwanglos in Reihen zu je 5 Bänden“ erscheinen und „einen Einblick in alle Gebiete de[s][4] dichterischen, künstlerischen, staats- und sozialpolitischen, wirtschaftlichen und technischen Schaffens Österreichs“ gewähren.[5]

Die Bändchen waren wieder in einem Broschurband erschienen, der mit seiner zweifarbigen Gestaltung nach einer Idee von Carry Hauser[5] und den aufgeklebten Titel- und Rückenschildern Anleihen bei der Insel-Bücherei, worauf der Herausgeber in seinen autobiografischen Schriften ausdrücklich hinweist[2], und der Österreichischen Bibliothek genommen zu haben scheint und einen stilisierten Doppeladler als Symbol von Österreichs Wappentier im Rapport aufweist. Die Reihe wurde offensichtlich 1937 in Österreich und in Deutschland hergestellt und verkauft. So ist im Impressum der Nr. 2/3A angegeben: „Matthias-Grünewald-Druckerei, Wiesbaden. Für Österreich: L. Beck & Sohn, Wien“. Auch weist der DNB-Katalog bis zur Nr. 5/3A zwei Preisangaben aus: 1.- (Reichsmark) und S 1,75 (Schilling). Auch ein Verkauf in der Schweiz für 1,40 Schweizer Franken war vorgesehen.[5] Über die Auflagenhöhen liegen keine Angaben vor. Folgende Titel erschienen (Erscheinungsjahr lt. DNB):

Werbefaltblatt zur Reihe von 1937, Außenseite
Innenseite, Liste von Band 1 bis 7
Nr.AutorTitelJahrEinbandfarbeSeitenzahl
1/3APaul Thun-HohensteinÖsterreichische Lebensformo. J. (1937)rotorange68
2/3AHelmuth BurgertDas Wiener Kaffeehauso. J. (1937)gelborange79
3/3AHans SündermannJohann Strauß, ein Vollendero. J. (1937)bordeauxrot63
4/3AViktor ZatloukalSchöpfungen österreichischer Technikero. J. (1937)schwarzgrau77
5/3AErnst StreeruwitzÖsterreichs Wirtschaftsstrukturo. J. (1937)moosgrün67
6/3AHugo Hantsch
Alfred Missong (Hrsg.)
Österreichs Friedensbemühungen 1916/18o. J. (1938)beige77
7/3ACarry HauserVon Kunst und Künstlern in Österreicho. J. (1938)blau62
8/3AHeinrich Suso Waldeck (Hrsg.)Lese aus Abraham a Sancta Clarao. J. (1938)NN61
9/3AErnst Joseph GörlichPerthaler, ein Staatsmann aus Tirolo. J. (1938)grau59
10/3ARudolf AllersDie Wiener Medizinische Schuleo. J. (1938)anthrazit63

Einzelnachweise

  1. Armeeblatt. Militärwissenschaftliche Wochenschrift für die Interessen unserer Land- und Seemacht vom 27. April und 4. Mai 1918, Wien 1918, Nr. 17–18, S. 8 (ANNO Digitalisat).
  2. a b Alfred Missong jun. in Verbindung mit Cornelia Hoffmann und Gerald Stourzh (Hrsg.): Alfred Missong – Christentum und Politik in Österreich. Ausgewählte Schriften 1924–1950. Böhlau Verlag, Wien-Köln-Graz 2006, S. 32 (Digitalisat), ISBN 978-3-205-77385-6
  3. Vergleiche zu Missongs Biografie auch das Forum Austria.
  4. Im Original steht irrtümlich „der“.
  5. a b c Prospekt des Heimat-Verlags Brixlegg/Tirol zur Österreichischen Bücherei o. J. [wohl 1937], 4 S.

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