Ölpest im östlichen Mittelmeer 2006

Von der Ölpest verschmutztes Wasser im Hafen von Byblos

Die Ölpest im östlichen Mittelmeer 2006 ist eine Umweltkatastrophe, die im Sommer 2006 durch die Zerstörung eines Elektrizitätswerks an der libanesischen Küste ausgelöst wurde und die besonders an der Küste des Libanons, aber auch an der Küste Syriens, Schäden verursachte.

Verlauf

Satellitenaufnahme der Nasa. Der Ölteppich ist am dunkelsten Blau zu erkennen.

Im Verlauf des Libanonkrieges 2006 bombardierte die israelische Luftwaffe zwischen dem 13. und 15. Juli das ca. 25 km südlich von Beirut gelegene Ölkraftwerk Dschije im Südlibanon. Dabei wurden fünf der sechs Öltanks, deren Abstand zum Meer etwa 25 m beträgt, beschädigt. Vier davon brannten völlig aus, aus dem fünften trat unkontrolliert Öl aus. Der sechste, unbeschädigte Tank mit 25.000 t Inhalt drohte wegen eines nicht kontrollierbaren Schwelbrands zeitweise zu explodieren.

Ölteppich im Hafen von Byblos

Nach Angaben des libanesischen Umweltministeriums und verschiedener Umweltschutzorganisationen traten 10.000 bis 35.000 t Öl ins Mittelmeer aus. Dabei handelte es sich laut der auf Malta ansässigen Organisation Regional Marine Pollution Emergency Response Centre (Rempec) um Heizöl einer mittelschweren Sorte. Am 1. August bedeckte der klebrige, schwarze Ölschlick einen Küstenabschnitt von etwa 80 km Länge, was rund einem Drittel der ca. 225 km langen libanesischen Küste entspricht. Laut Rempec und der Hafenverwaltung der syrischen Küstenstadt Tartus wurde zu diesem Zeitpunkt zudem ein sieben Kilometer langer Ölteppich an der libanesisch-syrischen Grenze entdeckt.

Reaktion der libanesischen bzw. israelischen Regierung

Der libanesische Umweltminister Yakoub Sarraf sprach am 29. Juli von der bisher „größten Umweltkatastrophe im Mittelmeer“, obwohl sich dort z. B. 1979 (Tanker Independența, 109.000 t) bzw. 1991 (Tanker Haven, 140.000 t) bereits Unglücke mit einem Vielfachen ausgelaufenen Öles ereignet hatten. Die Ölpest an der libanesischen Küste könne laut Sarraf nicht nur „furchtbare Folgen für unser Land, sondern für alle Länder des östlichen Mittelmeers haben“. Er behauptete ferner, dass sich ähnliche Ölkatastrophen bisher nur in offenen Ozeanen, nicht aber in einem geschlossenen Gewässer wie dem Mittelmeer ereignet hätten, was aufgrund der oben genannten Tankerkatastrophen nicht den Tatsachen entspricht. Sarraf befürchtete, dass die Ölpest, wenn keine Gegenmaßnahmen unternommen würden, sich auf zwei Drittel der libanesischen Küste ausbreiten könne. Daneben könne auch Israel betroffen sein. Außerdem wies der Umweltminister auf die schädlichen Folgen für Tierwelt und Ökosystem hin, die bis zum Aussterben mancher Arten reichen könnten. Sarraf sagte, dass es nicht möglich sei, die Ölpest zu bekämpfen, solange Israel seine Seeblockade aufrechterhalte. Er habe das Vereinigte Königreich, Italien, Spanien, die Vereinigten Staaten und weitere Länder mit Erfahrung in der Bekämpfung von Ölkatastrophen um technische Hilfe gebeten.

Israel erklärte, im Rahmen der UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) und der REMPEC (Regional Marine Pollution Emergency Response Centre) Hilfe zu leisten, um eine ökologische Katastrophe in der Region zu vermeiden. Das ausgelaufene Heizöl verhalte sich im Meer anders als das schwerere Erdöl, die Ausbreitung des Flecks im Nordlibanon sei gestoppt worden. Der Fleck bleibe an der Küste und verteile sich nicht im Meer. Bilder, die Nachrichtenagenturen über verletzte Seevögel verbreitet hatten, seien gefälscht und stammten aus den Golfkriegen von 1990 und 2003.

Gesundheits- und Umweltschäden

Laut Stephan Lutter von der Umweltstiftung WWF war die ausgetretene Ölsorte besonders „zäh, klebrig und giftig und darum gefährlicher und schwieriger zu bekämpfen als andere Öle“. Außerdem sei Schweröl schwer biologisch abbaubar und habe eine hochgiftige Wirkung in der Nahrungskette der Meereslebewesen. Der Ölteppich dehnte sich auf eine Länge von etwa 90 Kilometer und eine Breite von bis zu 30 Kilometer aus; er hatte die syrische Küste auf eine Länge von 10 Kilometer verseucht.

Das beschädigte Ölkraftwerk Dschije

Es war nach Ansicht internationaler Fachleute nicht auszuschließen, dass er auch die Türkei, Zypern und sogar Griechenland erreichen konnte. Das Öl hatte auch das Naturschutzgebiet Palm Islands fünf Kilometer vor der Nordküste des Libanon erreicht. Dieses ist ein wichtiger Nistplatz für die Unechte Karettschildkröte und die vom Aussterben bedrohte Grüne Meeresschildkröte. Diese legt ihre Eier im Sand der libanesischen Küste; deren frisch geschlüpfte Jungtiere hätten aufgrund des Ölschlammes das Meer nicht mehr erreichen können. Weiterhin betroffen war der durch Überfischung ohnehin schon erheblich bedrohte Rote Tunfisch, Fischlaichplätze und Rastgebiete für Zugvögel. Auch der libanesische Umweltexperte Wael Hmaidan berichtete am 30. Juli von 40 cm dicken Klumpen aus geronnenem Öl sowie zahlreichen verendeten Meerestieren.

Das Dokumentations- und Forschungszentrum für Wasserverschmutzung durch Unfälle (Cedre) im französischen Brest war dagegen der Ansicht, dass das Öl weniger dickflüssig und damit gefährlich sei als beispielsweise das der 1999 vor der Bretagne leckgeschlagenen „Erika“, deren ausgetretene Ölmenge im Übrigen mit der der Katastrophe im Libanon vergleichbar sei. Dennoch könne auch dieses Öl bei längerem Wasserkontakt stärker verkleben, was die Reinigung der Küsten erschwert haben würde.

Drei Jahre nach dem Vorfall waren die Schäden größtenteils beseitigt. Der Gesamtschaden hatte sich als geringer, als anfangs befürchtet herausgestellt.[1]

Wirtschaftliche Schäden

Der Umweltexperte Hmaidan rechnete damit, dass die Beseitigung der Ölschäden, mit der erst nach Ende der Kampfhandlungen begonnen werden konnte, mindestens ein halbes Jahr dauern würde. Damit wäre der Tourismusbranche und der Fischereiwirtschaft in den betroffenen Gebieten mindestens für diesen Zeitraum die Existenzgrundlage entzogen gewesen. Die Kosten für die Ölbeseitigung schätzte die libanesische Regierung auf 50 bis 100 Millionen US-Dollar.

Bis 2012 hatte die libanesische Regierung mehrere Gerichtsverfahren angestrengt, um einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, blieb damit jedoch weitestgehend erfolglos.[1]

Hilfsmaßnahmen

Mehrere Mittelmeerländer, sowie Kuwait, stellten Ausrüstung und Personal zur Bekämpfung der Ölpest zur Verfügung. Laut Deklaration der damaligen libanesischen Regierung sei die Menge der bereitstehenden Reinigungs- und Absorptionsmittel, Ölsperren und Abschöpfvorrichtungen allerdings minimal gewesen.

Siehe auch

Commons: Ölpest im östlichen Mittelmeer 2006 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Aseel A. Takshe, Irna Van der Molen, Jon C. Lovett: Examining the Lack of Legal Remedies for Environmental Damage in the 2006 Lebanon–Israel War in Environmental Policy and Governance, Vol. 22, Nr. 1, Januar/Februar 2012, S. 27–41

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Boats on petroleum-polluted water at the harbour of Byblos, Lebanon.
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Oil Spill Along the Lebanese Coast

In the summer of 2006, military conflict between Lebanon and Israel led to an oil spill along the coast of Lebanon. Between July 13 and 15, 2006, damage to the Jiyyeh Power Station released thousands of tons of oil along the coast of Lebanon. According to BBC news, early estimates indicated that the oil spill could rival the Exxon Valdez accident in 1989. Covering roughly 120 kilometers (75 miles), the spill was expected to affect fishing and tourism industries, as well as local wildlife. Because cleanup efforts could not safely begin until the hostilities ended, the oil slick continued to spread in the Mediterranean Sea in early August 2006. Representatives from the United Nations, the European Union, and the International Maritime Organization planned to discuss the issue in Greece on August 17, 2006.

The Advanced Spaceborne Thermal Emission and Reflection Radiometer (ASTER) on NASA’s Terra satellite took this picture of the region on August 10, 2006. In this image, the oil slick appears as a slightly darker shade of blue on the sea surface, and it is easier to see in the enlarged area around Beirut at lower right. The slick spreads from the power plant at the southern end of the image to well north of the city of Beirut. The oil initially moved away from the coast, but some officials feared that it might return to the shoreline. The intensely urbanized area of Beirut appears in shades of gray, with straight lines and sharp angles marking the city’s features. In contrast, patches of green appear along Lebanon’s rough terrain to the east.

Oil slicks are not always easily visible in satellite imagery from passive sensors like radiometers, which observe reflected sunlight. The ocean is already a dark surface in the imagery from those sensors, and the oil may only change the color slightly if at all. More often, oil slicks are observed with active sensors like radars, which send out pulses of energy and measure the returned signal. However, at the time of this image, the area of the slick was in a part of the ASTER scene where the sea surface appeared very bright. Generally, the rougher the water surface, the brighter the sea will appear, and because oil smoothes the water’s surface, places where the oil has spread appear darker in this image.
Jiyeh damage.jpg
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Damaged oil tanks at Jiyeh power station, Lebanon