Nachhaltiger Tourismus in Südtirol

Der Tourismus gehört in Südtirol zu den bedeutenden wirtschaftlichen Standbeinen der Region. Stand 2022 zählte das Landesinstitut für Statistik 123,4 Millionen Übernachtungen in der autonomen Provinz Bozen – Südtirol. Mit Ausnahme der Corona-Jahre verzeichnet die Südtiroler Tourismusbranche so einen stetigen Zuwachs. Um parallel zu dieser Entwicklung die heimische Natur- und Kulturlandschaft zu schützen, haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Strategien zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus herausgebildet. Wirtschaftliche Akteure aus der Branche sind stark in die Umsetzung der Initiativen eingebunden.


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Zielsetzung

Mit seiner alpinen Landschaft und einem teilweise mediterranen Klima bietet die Provinz ideale Voraussetzungen für ein breit gefächertes Tourismusangebot. Die abwechslungsreiche Landschaft ermöglicht Aktiv- und Erholungsurlaube aller Art, weshalb die Region auch abseits des Saisongeschäfts gut besucht ist. Die einzigartige Natur Südtirols gilt deshalb als ihr größtes Kapital. Mit einer rasant wachsenden Zahl an Gästeankünften rücken Umweltschutzthemen immer mehr in den Fokus wirtschaftlicher und politischer Initiativen. Heute widmen sich diverse Projekte und politische Beschlüsse dem Erhalt der Südtiroler Naturlandschaft. Groß angelegte Aufforstungsprogramme tragen dazu bei, die Wälder zu stärken und die Biodiversität zu fördern. Hinzu kommt der Ausbau einer nachhaltigeren Abfallbewirtschaftung. Ein Schwerpunkt lokaler Nachhaltigkeitsbelange liegt auf der Vereinbarkeit von Tourismus und Naturschutz. Diese sind oft auch mit überregionalen Klimastrategien verbunden. Laut der selbst gesetzten Klimaziele der Südtiroler Landesregierung sollen die CO2-Emissionen pro Kopf bis 2050 auf unter 1,5 Tonnen im Jahr gesenkt werden. Hierfür hat die Politik ein Programm zur Zertifizierung für nachhaltige Events ins Leben gerufen. Grüne Events müssen demnach strenge ökologische Kriterien erfüllen. Ebenso relevant für die Branche sind die Nachhaltigkeitslabel für Unterkünfte.

Landschaftliche Vielfalt in Südtirol

Die autonome Provinz beherbergt jedes Jahr Millionen von Urlaubern. Ein Großteil der Besucher kommt aus der angrenzenden DACH-Region, weshalb die heimische Tourismusbranche stark auf die Bedürfnisse von Touristen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgelegt ist. Als besonders gefragter Hotspot gelten die Dolomiten, die 2009 in das UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen wurden. Das Gebirgsmassiv zeichnet sich durch seine markante Felsformation aus und stellt ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und Kletterer dar. Zunehmend spielt auch das Mountainbiking eine Rolle, weshalb mittlerweile zahlreiche Tracks in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden eingerichtet wurden. Seit den 1980er Jahren wird zudem das Wassersportangebot in der Region stark ausgebaut. Zahlreiche Bergseen und Flüsse bieten viele Gelegenheiten für Aktivurlauber. Hierzu zählen Wildwasserbootsfahrten (Rafting), Kitesurfen und begleitete Kajaktouren.

Nachhaltige Touristenunterkünfte

Das Ziel eines nachhaltigen Tourismus hat auch Auswirkungen auf Hotels und Ferienunterkünfte. Nachhaltigkeit ist auch für viele Urlauber zu einem ausschlaggebenden Kriterium geworden, weshalb die besten Hotels in Südtirol großen Wert auf ein grünes Image legt. Sichtbar werden Nachhaltigkeitsbemühungen insbesondere durch offizielle Zertifizierungen wie das Nachhaltigkeitslabel, welches in insgesamt drei Abstufungen verliehen wird.

Nachhaltigkeitslevel

Das Ecolabel für Unterkunftsbetriebe wird nach den Kriterien des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) vergeben und soll Unterkünfte, die gewisse Anforderungen erfüllen, für Urlauber sichtbar machen. Bei der Vergabe werden drei Level unterschieden:

  • Level 1: Die erste Stufe zeigt an, dass die Unterkunft grundlegende Nachhaltigkeitsstandards erfüllt. Hierzu gehört auch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie die Einsparung und Wiederverwendung von Ressourcen.
  • Level 2: Hotels und Unterkünfte auf dieser Stufe haben ihre Bemühungen um nachhaltigen Tourismus intensiviert. Dabei werden die Kriterien der ersten Stufe um sozioökonomische Kriterien ergänzt. Mitarbeiter des Betriebs werden unabhängig ihrer Religion, Hautfarbe oder Herkunft beschäftigt. Zudem fördert das Unternehmen Weiterbildungsmaßnahmen und Qualifikationsangebote.
  • Level 3: Das Label zeigt höchste Nachhaltigkeitsstandards an. Unterkunftsbetriebe auf Niveau setzen nicht nur fortschrittliche umweltfreundliche Technologien ein, sondern engagieren sich auch aktiv in sozialen und wirtschaftlichen Initiativen, um eine umfassende nachhaltige Entwicklung zu fördern. Das schließt auch ein touristisches Angebot für den Zugang zu alternativen und öffentlichen Verkehrsmitteln mit ein.


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Mobilität und Transportmittel

Um die Umweltauswirkungen des Tourismus zu mindern, fördert Südtirol aktiv umweltfreundliche Mobilitätsoptionen. Diese Bestrebungen führten in der Vergangenheit bereits zu einem Boom beim Ausbau von Rad- und Wanderwegen. Aber auch die Infrastruktur für öffentliche Verkehrsmittel wird von den zuständigen Stellen vielerorts forciert. Eine gute Vernetzung soll dabei nicht nur das Gesamtverkehrsaufkommen minimieren und damit die CO2-Emissionen senken, sondern zugleich das Reiseerlebnis verbessern. Langfristiges Ziel ist es, dass Urlauber zwischen Unterkünften und Sehenswürdigkeiten hin und her pendeln können, ohne auf den Individualverkehr angewiesen zu sein.

Gastronomie

Die Südtiroler Gastronomie ist im Rahmen offizieller Nachhaltigkeitsstrategien eng mit der lokalen Landwirtschaft verwoben. Da die Südtiroler Küche stark auf den Rückgriff auf regionale Produkte angewiesen ist, werden entsprechende Initiativen meistens dankend angenommen. Darüber hinaus setzen Landwirtschaftsbetriebe in Südtirol vermehrt auf biologischen Anbau und nachhaltige Landwirtschaftspraktiken. Gastronomen schätzen die Verwertung regionaler Produkte nicht nur als Teil der kulinarischen Identität Südtirols, sondern betonen auch die damit einhergehende Unterstützung für die lokale Wirtschaft. Zahlreiche Gaststätten und Restaurants werben aktiv mit den häufig sehr kurzen Transportwegen und der Frische der Zutaten.

Sensibilisierung von Touristen und Einheimischen

Bei der Realisierung vergangener Nachhaltigkeits- und Umweltprojekte ist Südtirol sowohl auf die Kooperationsbereitschaft von Unternehmen als auch auf Verständnis aus der Bevölkerung und von Touristen angewiesen. Eine wichtige Aufgabe des nachhaltigen Tourismus besteht daher in der Sensibilisierung dieser Zielgruppen für die Thematik. Auf kulturellen Veranstaltungen werden entsprechende Aspekte oft besonders hervorgehoben und damit sichtbar gemacht. Gleichzeitig soll so auch die Bedeutung der einzigartigen Naturlandschaft für die kulturelle Vergangenheit und Gegenwart der Provinz betont werden.