Geschichte des Glücksspielstaatsvertrags


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Der Glücksspielstaatsvertrag 2021, kurz auch GlüSt 2021 und in der Langfassung Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland ist ein zwischen allen 16 Bundesländern geschlossener Staatsvertrag über bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für Glücksspiele jeglicher Art.

Der erste geschlossene Glücksspielstaatsvertrag

Der erste abgeschlossene Staatsvertrag trat am 01. Februar 2008 in Kraft. Die Ziele waren in erster Linie Suchtbekämpfung und Suchtprävention, was sich vor allem in einer Einschränkung illegaler Glücksspiele zu Gunsten von ordnungsgemäßem Glücksspiel zeigte. Dieses Bestreben sollte zudem Folge- und Begleitkriminalität verhindern und zum Jugend- sowie Spielerschutz beitragen.

Das alleinige Glücksspielmonopol wurde dem Anbieter Oddset zugesprochen, was vor allem kleinere und freie Anbieter in große Schwierigkeiten brachte. Auch der Deutsche Lottoverband sah sich durch die Regelung benachteiligt. Am 08. September 2010 entschied schließlich der Europäische Gerichtshof, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag gegen Europarecht verstößt, auch da durch die Werbekampagnen des Monopolinhabers keine entsprechende Suchtprävention mehr gewährleistet werden konnte.

Am 31. Dezember 2011 trat der Glücksspielstaatsvertrag erst einmal außer Kraft. Eine Weiterführung des Vertrages war von den verantwortlichen Ministerpräsidenten nicht beschlossen worden. Dennoch blieben die grundlegenden Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern weitestgehend erhalten.

Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Am 01. Juli 2012 trat in der Folge der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag, kurz GlüÄndStV in Kraft, nachdem er bereits am 15. Dezember 2011 von fast allen Bundesländern unterschrieben worden war. Lediglich Schleswig-Holstein unterzeichnete als einziges Bundesland den neuen Staatsvertrag nicht mehr und regelte die Thematik eigenständig auf Landesebene.

Die größten Änderungen betrafen die Aufhebung des Lotto-Vertriebsverbots über das Internet sowie eine großflächige Aufhebung des Werbeverbots von physischen Spielbanken. Allerdings wurden einige Auflagen für Spielbanken eingeführt, beispielsweise ein Verbot von Außenwerbung sowie Mindestabstände zu anderen Spielbanken oder zu Einrichtungen, die von Kindern und Jugendlichen frequentiert werden. Auch Sperrstunden und das Verbot der Abgabe von Speisen und Getränken waren festgelegte Einschränkungen. Online-Casinos unterlagen weiterhin einem kompletten Verbot.

Vor allem aber beendete der GlüÄndStV das alleinige Anbietermonopol und ermöglichte somit kleineren und privaten Glücksspielanbietern, wieder am Markt teilhaben zu können. Eine auf sieben Jahre angelegte Experimentierklausel ließ am 08. August 2012 ein Vergabeverfahren für 20 Konzessionen zu. Bewerber mussten diverse Mindestanforderungen erfüllen sowie eine Sicherheitszahlung von 2,5 Millionen Euro leisten können.

Die Sonderrolle Schleswig-Holsteins

Das schleswig-holsteinische Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels vom 14. September 2011 ermöglichte es privaten Anbietern für Sportwetten sowie auch Online-Casinos, auf fünf Jahre begrenzte Lizenzen zu erwerben. Begründet wurde die Öffnung des Marktes vor allem mit geschaffenen Arbeitsplätzen sowie der Widersprüchlichkeit, Spieltätigkeiten im deutschen Internet zu verbieten, wenn das Internet auch ausländische Online-Casinos beinhalte, in denen man stattdessen spielen könne.

Nach dem Regierungswechsel bei der Landtagswahl 2012, bei der die Regierung aus CDU/FDP abgelöst wurde durch ein Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und SSW, wurde von besagtem Gesetz jedoch wieder abgewichen. Schleswig-Holstein trat im Januar 2013 letztendlich doch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag bei.

Zweiter Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Im Juli 2014 wurde Glücksspiel ein Thema der EU-Kommission. Es wurden Pläne diskutiert, das Glücksspielrecht entweder konsequent zu liberalisieren oder aber bei einer fortbestehenden Einschränkung einen stärkeren Schutz für Suchtgefährdete und Jugendliche auszuarbeiten.

Die Debatte führte auch zu Turbulenzen innerhalb Deutschlands. Besonders betroffen war der Bereich der Sportwetten, bei denen das europaweit einzusetzende Schutzkonzept in der existierenden Form nicht gewährleistet werden konnte. Auch die Begrenzung auf 20 Konzessionen stand im Widerspruch zur von der EU geforderten Liberalisierung.

So sollte am 01. Januar 2018 der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft treten. Die Begrenzung auf 20 Glücksspiel- und inzwischen auch 35 Konzessionen im Bereich der Sportwetten sollte aufgehoben sowie weitere kleinere Änderungen vorgenommen werden, um den EU-Richtlinien zu entsprechen.

Schleswig-Holsteins weitere Handhabung

Nach der nächsten schleswig-holsteinischen Landtagswahl war erneut eine CDU-dominierte Jamaika-Koalition an der Macht, die nun auf eine umfangreichere Liberalisierung des Glücksspielrechts sowie auf die Zulassung und Gleichstellung von Onlinespielanbietern pochte. Andernfalls würde Schleswig-Holstein erneut nicht Teil des GlüÄndStV werden. Dies hätte wiederum eine Verabschiedung des gesamten Vertrags verhindert, da Art. 2 des 2. GlüÄndStV für dessen Inkrafttreten voraussetzte, dass der Staatsvertrag von allen 16 Bundesländern ratifiziert werde.

Dritter Glücksspieländerungsstaatsvertrag

Da der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht ratifiziert werden konnte und die Frist der auf sieben Jahre angelegten Experimentierklausel sich auch ihrem Ende neigte, wurde im März 2019 als Übergangslösung der Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag entwickelt. Es ging weiterhin darum, die Obergrenze für Konzessionserteilung abzuschaffen sowie Lizenzen auch für Online-Casinos zu erteilen.

Die Ratifizierung erfolgte diesmal ohne größere Schwierigkeiten, so dass der Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag am 01. Januar 2020 mit einer Frist bis zum Juni 2021 final in Kraft treten konnte.

Der Glücksspielstaatsvertrag 2021

Auch nach Ablauf der Übergangsphase blieb die Lizenzierung von Online-Casinos das größte Streitthema. Während Schleswig-Holstein weiterhin Lizenzen vergab, war dies in anderen Bundesländern fortwährend nicht möglich. Zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrag 2021 mussten zahlreiche Vorschläge gemacht und Gutachten erstellt werden, um auf eine einheitliche Lösung zu kommen, der mindestens 13 von 16 Bundesländern zustimmen, um durch die EU notifiziert zu werden.

Am 01. Juli 2021 trat der aktuelle Staatsvertrag schließlich in Kraft. Online-Casinos ist es nun schlussendlich möglich, unter bestimmten Auflagen Lizenzen zu erhalten. Die Auflagen beinhalten unter anderem eine bundesweite Datenerfassung der Spieler, um vor allem zu gewährleisten, dass weder Jugendliche teilnehmen können noch Suchtgefährdete über das festgesetzte Limit hinaus Geld einsetzen können. Verwaltet wird die Datenbank von einer bundeseinheitlichen Zentrale, die eigens dafür eingerichtet wurde.

Durch die personenbezogene Registrierung ist es nicht möglich, mehrmals unter verschiedenen Accounts am selben Spiel teilzunehmen. So soll ein faires Spiel gewährleistet werden. Ebenso existiert eine Sperrdatei für Spieler, die gegen die Regeln verstoßen haben. Ein Einsatzlimit schützt zudem vor der potenziellen Gefahr, sich zu verschulden.

Bisherige Auswirkungen des GlüSt 2021

Vor der Legalisierung von Online-Casinos stand die Debatte im Raum, dass ein Verbot ebensolcher nicht die Lösung des Problems ist und dazu führt das immer mehr neue Online-Casinos auf den Markt kommen. Eher im Gegenteil sei es zu beobachten, dass gerade Verbote den illegalen Markt beflügeln, da das Bedürfnis aufgrund eines Verbots nicht automatisch verschwunden sei.

Seit Inkrafttreten des GlüSt 2021 ist in der Tat ein Zuwachs im legalen Online-Glücksspielsektor zu verzeichnen. Dieser wächst jährlich um eine gewisse Prozentzahl, während gleichsam der illegale Sektor im Bereich Online-Glücksspiele an Umsatz eingebüßt hat. Generell lässt sich zudem ein ganz allgemeiner Zuwachs im Onlinebereich als Gegensatz zum analogen Glücksspiel feststellen. Dies mag unter anderem auch eine Folge der Pandemie und einem allgemeinen Zuwachs der Nutzung digitaler Plattformen sein.

Eine vollständige Erfassung von Daten ist allerdings aufgrund der Dunkelziffer im illegalen Bereich sowie der nicht vollumfänglichen Dokumentation ebenderer nicht vollends möglich.