Seriation (Archäologie)

Der Begriff Seriation ist abgeleitet von dem Wort Serie, das eine Reihe bestimmter gleichartiger Dinge und Folgen bezeichnet. In diesem Sinne ist es auch ein Gestaltungsprinzip, durch regelmäßiges Wiederholen freier oder vorgegebener Formen ein vollkommenes Gleichmaß zu erreichen, z. B. beim Mäander.

Wissenschaftsgeschichte

Jens Jacob Asmussen Worsaae, er war ein Schüler des dänischen Altertumsforscher Christian Jürgensen Thomsen, formulierte noch bevor Oscar Montelius sein Konzept des „geschlossenen Fundes“ darlegte, die Bedeutung von Funden und Fundkontexten, die in einer ungestörten, gemeinsamen Lage zueinander liegen, für die relative Chronologie.[1] Das Verfahren wurde nach verschiedenen – etwas anders gearteten – Vorläufern von Klaus Goldmann 1972 eingeführt zur Ordnung einer Anwesenheits- / Abwesenheits-Matrix. Danach wurde es stetig verbessert, unter anderem in den 1980er Jahren von Peter Ihm durch Berücksichtigung der Häufigkeiten. Weitere Forschungen führten zur Entdeckung, dass die optimale Art der Diagonalisierung mit Hilfe einer Korrespondenzanalyse erzielt werden kann; die erste Lösung dieses potentiell mehrdimensionalen Verfahrens ist identisch mit dem Ergebnis einer Seriation.

Erläuterung

In der Archäologie wird mit Seriation ein Verfahren zur Ordnung schwach besetzter Matrizen nach dem unimodalen Modell benannt. Es dient der relativen Datierung von Artefakten aus verschiedenen Fundstätten, um diese in eine chronologische Reihenfolge zu bringen (Altersbestimmung (Archäologie)).

Diese „schwach besetzten Matrizen“ sind in der Regel umfangreiche Tabellen, die zu einem bestimmten Thema in den Zeilen die geschlossene Funde aufführen (z. B. Abfallgruben, Gräber) und in den Spalten spezifische Fundtypen (Keramik, Schmuck, Waffen). Die Tabellen verzeichnen entweder das Vorkommen und Nicht-Vorkommen dieser Typen („null“ oder „eins“, auch: Anwesenheits-/Abwesenheits-Matrix oder Inzidenzmatrix) oder auch die Häufigkeit des Vorkommens der Typen (Häufigkeitsmatrix).

Im Alltag begegnet man vielen Phänomenen, die dem linearen Modell unterliegen: Je mehr Benzin getankt wird, desto höher fällt die Rechnung aus. Ein unimodales Modell liegt vor, wenn ein Phänomen zunächst häufiger, nach einem Maximum jedoch wieder seltener wird. Diese Annahme machen Archäologen für Phänomene entlang der Zeitachse: irgendetwas existiert noch nicht; es wird erfunden und taucht danach gelegentlich auf; es wird zunehmend beliebt und taucht häufig auf; es wird durch etwas Neues abgelöst, wieder unmodern und in den Fundspektren seltener bis zum Verschwinden. Die Seriation ist das adäquate mathematische Verfahren, Tabellen, die solchen Phänomenen unterliegen, geeignet zu ordnen, so dass sie im Ergebnis die geschlossenen Funde und die Typen in einer chronologischen Ordnung zeigen.

Literatur

  • Klaus Goldmann: Die Seriation chronologischer Leitfunde der Bronzezeit Europas, Spiess, Berlin 1979, ISBN 3-88435-010-2
  • Peter Ihm: Korrespondenzanalyse und Seriation. In: Archäologische Informationen. 6, 1, 1983, ISSN 0341-2873, S. 8–21. doi:10.11588/ai.1983.1.27644
  • Ursula Janßen: Die frühbronzezeitlichen Gräberfelder von Halawa, Shamseddin, Djerniye, Tawi und Wreide am Mittleren Euphrat. Versuch einer Datierung und Deutung sozialer Strukturen anhand multivariater statistischer Verfahren (Korrespondenzanalyse und Seriation). In: Ugarit Forschungen. 34, 2002, ISSN 0342-2356, S. 223–313.
  • D. G. Kendall: Seriation from abundance matrices. In: F. R. Hodson, D. G. Kendall, und P. Tautu (Hrsg.): Mathematics in the Archaeological and Historical Sciences. Edinburgh University Press, Edinburgh 1971, ISBN 0-85224-213-1, S. 215–252.
  • Oscar Montelius: Die typologische Methode. Selbstverlag, Stockholm 1903 (Nachdruck herausgegeben von Marcel Schoch. Documenta-Verlag, München (recte: Olching) 1997 (Documenta historiae 1, ISSN 1433-1691)).
  • Johannes Müller, Andreas Zimmermann (Hrsg.): Archäologie und Korrespondenzanalyse. Beispiele, Fragen, Perspektiven. Leidorf, Espelkamp 1997, ISBN 3-924734-41-0 (Internationale Archäologie 23).
  • Michael J. O'Brien, R. Lee Lyman: Seriation, Stratigraphy, and Index Fossils. The Backbone of Archaeological Dating. Plenum Publishers, New York NY u. a. 1999, ISBN 0-306-46152-8.
  • F. W. M. Petrie: Sequences in prehistoric remains. In Journal of the Anthropological Institute. 29, 1899, ISSN 1359-0987, S. 295–301.

Weblinks

  • Seriation als Gestaltungsprinzip.
  • Vortrag von Martin Langner, Professor für Digitale Bild- und Objektwissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen, im Rahmen der Ringvorlesung „Alte Welt neu formatiert. Altertumswissenschaftliche Forschung im Zeitalter des digitalen Wandels“ des Berliner Antike-Kollegs im Wintersemester 2019/2020 an der Freien Universität Berlin.[2]

Einzelnachweise

  1. Jan Miera: Grundlagen der Seriation. 20. September 2020 ([1] auf praehistorische-archaeologie.de)