Präsidentschaftswahl in Polen 1926 (31. Mai)

Die dritte Präsidentschaftswahl in Polen fand am 31. Mai 1926 in Warschau statt. Die Nationalversammlung hat Józef Piłsudski zum Präsidenten der Republik Polen gewählt, dieser nahm die Wahl jedoch nicht an.

Hintergrund

Während des Maiputsches am 12. bis 15. Mai 1926 stürzte Marschall a. D. Józef Piłsudski die neu gewählte Regierung der Rechts-Mitte Koalition unter Wincenty Witos. Ebenso verzichtete am 15. Mai der Präsident der Republik Polen, Stanisław Wojciechowski, auf sein Amt, um eine weitere Anfeindung und einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Der Sejmmarschall Maciej Rataj übernahm entsprechend der „Märzverfassung“[1] bereits zum zweiten Mal interimistisch die Amtsgeschäfte des Staatsoberhaupts. Zunächst wurde erwartet, dass Marschall Piłsudski auch das Parlament auflösen lässt und vorgezogene Neuwahlen befiehlt. Da allerdings nach dem Putsch keinerlei klare Anweisungen von Piłsudski kamen, rief Rataj für den Montag, den 31. Mai 1926 die Präsidentschaftsneuwahl aus.

Die Wahl

Kandidaten

Folgende Kandidaten wurden in der Nationalversammlung zur Wahl vorgeschlagen:

  • Adolf Bniński – Ländereibesitzer, Ökonom, Woiwode von Posen (seit 1923), Monarchist
  • Józef Piłsudski – Marschall der Armee, Mitgründer der Polnischen Sozialistischen Partei, vormaliger Staatschef (1919–1922) und Oberbefehlshaber (1919–1923)

Die Abstimmung

Unter dem Vorsitz des Sejmmarschalls Maciej Rataj fand die geheime Wahl in der vierten Sitzung der Nationalversammlung durch Wahlzetteleinwurf statt.

Warschau, 31. Mai 1926
WahlgangKandidatStimmenzahl%Unterstützende Parteien
1. WahlgangAdolf Bniński19340 %nationalistische Parteien
Józef Piłsudski29260 %linke und zentristische Parteien
Ungültige Stimmen61
Somit wurde Józef Piłsudski gewählt.
Schreiben von Piłsudski an die Nationalversammlung mit der Nichtannahme der Wahl

Nach der Wahl

Marschall Piłsudski nahm die Wahl nicht an. Die Ablehnung der Wahlannahme wurde mit Staunen wahrgenommen, sowohl unter seinen Gegnern wie auch unter seinen Unterstützern. Mit seiner Wahl und der Ablehnung der Würde verfolgte Piłsudski gleich zwei Ziele. Zum ersten, er legitimierte damit seinen Putsch, da die demokratischen Prozeduren formal eingehalten blieben. Zweitens, er unterwarf sich die Nationalversammlung und demonstrierte damit seine weitestgehende Abscheu gegenüber dem Parlament.[2]

Da weiterhin kein Staatsoberhaupt feststand, vertagte Rataj die Nationalversammlung auf den nachfolgenden Tag, damit eine weitere Wahl des Präsidenten stattfinden konnte.

Fußnoten

  1. Ustawa z dnia 17 marca 1921 r. - Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej. In: Dziennik Ustaw auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 17. März 1921, abgerufen am 9. Dezember 2012 (polnisch, PDF-Datei s. Tekst ogłoszony).
  2. Marschall Piłsudski pflegte es außerdem, gegenüber der Presse die Verfassung als Prostituierte (poln. prostytuta) und privat die Abgeordneten als Huren (poln. kurwy) zu verunglimpfen.

Literatur

  • Daria Nałęcz, Tomasz Nałęcz: Józef Piłsudski, premier Rzeczypospolitej 2 X 1926–27 VI 1928, 25 VIII–4 XII 1930. In: Andrzej Chojnowski, Piotr Wróbel (Hrsg.): Prezydenci i premierzy Drugiej Rzeczypospolitej. Zakład Narodowy imienia Ossolińskich, Wydawnictwo, Breslau, Warschau, Krakau 1992, ISBN 83-04-03854-4, S. 245–260.

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Józef Piłsudski
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List Józefa Piłsudskiego do Marszałka Sejmu, Przewodniczącego Zgromadzenia Narodowego
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Adolf Bniński, Polish politician, supported conservative and pro-monarchy views. In the Polish presidential election, 1926, he was the presidential candidate of the National Populist Union (Związek Ludowo-Narodowy), but he lost to Ignacy Mościcki. Member of the Senate of Poland in the Second Polish Republic. In the aftermath of the German invasion of Poland he was the Government Delegate for Poland for the Polish territories annexed by Nazi Germany. He was arrested by Nazi-German Gestapo in July 1941, tortured and finally killed in 1942