Liste der Klassischen Philologen an der Universität Bern

Die Liste der Klassischen Philologen an der Universität Bern führt alle relevanten Vertreter des Faches Klassische Philologie an der Universität Bern auf.

Geschichte

Bereits an den Vorgängereinrichtungen der Universität Bern waren griechische und lateinische Sprache gelehrt worden. Bis zum 19. Jahrhundert blieben sie jedoch im Rang einer Hilfswissenschaft. Seit 1684 gab es einen Lehrstuhl der Eloquenz, dessen Vertreter auch Vorlesungen über die antike Literatur zu halten hatte.

Im 19. Jahrhundert war die Klassische Philologie an vielen europäischen Universitäten als eigenständige Wissenschaft etabliert. Als die Universität Bern 1834 gegründet wurde, wurden gleich vier Vertreter der Klassischen Philologie an die Philosophische Fakultät berufen: Karl Jahn, Karl Wilhelm Müller, Georg Rettig und Eduard Schnell, alles ausserordentliche Professoren.

Nach Jahns Tod (1854) war Rettig der einzige verbliebene Professor für Klassische Philologie. Er wurde 1856 zum Ordinarius ernannt. Im gleichen Jahr kam Otto Ribbeck als Extraordinarius an die Universität Bern. Auf seine Initiative wurde am 18. Februar 1859 das Philologisch-Paedagogische Seminar eingerichtet. Das Vorbild für diese Institution, deren Zweck hauptsächlich die Lehrerausbildung war, lieferte die Universität Bonn, an der Ribbeck studiert hatte. Das Seminar bestand aus zwei Abteilungen, einer rein philologischen und einer rein pädagogischen. Die Höchstzahl der ordentlichen Mitglieder betrug sechs, die Zahl der ausserordentlichen Mitglieder war nicht festgesetzt. Neben den philologischen Übungen verlangte das Seminar von seinen Mitgliedern Probeunterricht auf der Kantonsschule Bern. Direktoren des Seminars waren die Professoren für Klassische Philologie (Ribbeck wurde 1859 zum Ordinarius erhoben).

Wie Ribbeck, der 1861 nach Basel wechselte, kam auch sein Nachfolger Hermann Usener aus der Bonner Schule. Er blieb nur zwei Jahre lang in Bern und wechselte dann nach Greifswald. Seitdem waren beide Lehrstühle für Klassische Philologie fast ausschliesslich von Schweizern besetzt. Der zweite Lehrstuhl wurde anlässlich der Berufung von Hermann Hitzig 1878 auf die Fächer „Klassische Philologie und Gymnasialpädagogik“ erweitert. Als Hitzigs Nachfolger Friedrich Haag 1891 zum Ordinarius befördert wurde, erhielt er denselben Lehrauftrag. Eine besondere Wirksamkeit entfaltete im frühen 20. Jahrhundert Otto Schulthess, der von 1907 bis 1932 in Bern wirkte.

Mit der Ernennung von Wilhelm Havers zum Professor für Klassische Philologie (1917) begann die Sprachwissenschaft an der Universität Bern. Seine Lehrstuhlnachfolger Albert Debrunner und Walter Porzig bauten den Fachbereich weiter aus.

Die Lehrstühle für Klassische Philologie wurden nach dem Entschluss der Fakultät 1932 auf Gräzistik beziehungsweise Latinistik spezialisiert. Der lateinische Lehrstuhl wurde 2009 in eine Dozentur umgewandelt.

Zurzeit sind neben dem Lehrstuhlinhaber am Institut für Klassische Philologie eine Dozentin im Professorenrang, drei Assistenten, zwei Hilfsassistenten und zwei weitere Dozenten tätig.

Liste der Klassischen Philologen

Angegeben ist in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Universität Bern erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Seminar. In der letzten Spalte werden Bilder der Dozenten gezeigt, was derzeit aufgrund der Bildrechte jedoch schwer ist.

WissenschaftlervonbisFunktionenBemerkungenBild
Karl Jahn (1777–1854)18341854ExtraordinariusLehrer an der Kantonsschule Bern, gleichzeitig an der Akademie Professor für „Litteratur und deutsche Sprache“
Karl Wilhelm Müller (1800–1874)18341846Extraordinarius1833 Privatdozent an der Akademie, 1834 Extraordinarius
Georg Rettig (1803–1897)18341878OrdinariusExtraordinarius, seit 1856 Ordinarius
Eduard Schnell (1805–1858)18341852Extraordinarius
Ludwig Seeger (1810–1864)18351848PrivatdozentGymnasialprofessor, im Nebenamt Dozent an der Universität Bern; politischer Publizist und bekannter Übersetzer; zog 1848 nach StuttgartLudwig Seeger.jpg
Otto Ribbeck (1827–1898)18561861OrdinariusExtraordinarius, 1859 Ordinarius und Gründer des philologisch-pädagogischen Seminars; wechselte nach Basel, später nach Kiel, Heidelberg und LeipzigOtto Ribbeck - Imagines philologorum.jpg
Hermann Usener (1834–1905)18611863ExtraordinariusNachfolger Ribbecks; wechselte nach Greifswald, später nach BonnHermann Usener - Imagines philologorum.jpg
Johann Melchior Knaus (1820–1901)18631878ExtraordinariusNachfolger Useners
Hermann Hagen (1844–1898)18651898OrdinariusPrivatdozent, 1873 Extraordinarius, 1878 Ordinarius als Nachfolger von Knaus
Hermann Hitzig (1843–1918)18781886ExtraordinariusPrivatdozent, 1878 Extraordinarius als Nachfolger Rettigs; wechselte nach Zürich
Friedrich Haag (1846–1914)18871906OrdinariusNachfolger Hitzigs, 1891 Ordinarius
Karl Praechter (1858–1933)18891907OrdinariusPrivatdozent, 1897 Extraordinarius, 1899 Ordinarius als Nachfolger Hagens; wechselte nach Halle
Otto Schulthess (1862–1939)19071932OrdinariusNachfolger Praechters
Wilhelm Havers (1879–1961)19151920OrdinariusNachfolger Haags, Indogermanist; wechselte nach Würzburg, später nach Breslau und Wien
Albert Debrunner (1884–1958)1920
1925
1935
1954
OrdinariusProfessor für Indogermanistik
Walter Porzig (1895–1961)19251935OrdinariusNachfolger Debrunners; wegen nationalsozialistischer Aktivitäten entlassen
Édouard Tièche (1877–1962)19311943OrdinariusNachfolger von Schulthess
Oskar von Allmen (1898–1932)19311932Extraordinarius
Walter Wili (1900–1975)19331966OrdinariusExtraordinarius als Nachfolger Allmens, 1949 ordentlicher Honorarprofessor; Spezialist für augusteische Dichtung, Herausgeber der Schriftenreihe Noctes Romanae
Willy Theiler (1899–1977)19441968Ordinariusals Extraordinarius Nachfolger Tièches, 1947 Ordinarius; Plotin-Forscher
Konrad Müller (1920–2015)19471963PrivatdozentLektor, 1960 habilitiert; wechselte nach Tübingen, später nach Freiburg im Üechtland
Olof Gigon (1912–1998)19481982OrdinariusSpezialist für griechische Philosophie, Mitherausgeber der Zeitschrift Museum Helveticum
Georges Redard (1922–2005)19541987Ordinariusals Extraordinarius Nachfolger Debrunners, 1958 Ordinarius
Max Imhof (1928–2017)19651992ExtraordinariusPrivatdozent, 1970 nichtbeamteter außerordentlicher Professor
Thomas Gelzer (1926–2010)19701991OrdinariusNachfolger Theilers, Spezialist für griechische Komödie (Aristophanes) und hellenistische Literatur
Christoph Eucken (* 1939)19742004ExtraordinariusAssistent, 1979 Oberassistent, 1980 habilitiert, 1984 Oberassistent-Lektor, 1993 nebenamtlicher ausserordentlicher Professor; Spezialist für platonische Philosophie, Sophistik, Rhetorik und Geschichtsschreibung
Alfred Stückelberger (* 1935)19772000HonorarprofessorLehrbeauftragter, 1982 habilitiert, 1988 Honorarprofessor; Spezialist für Literatur der Kaiserzeit
Kurt Anliker (1926–2006)19801991HonorarprofessorSpezialist für Literatur der Kaiserzeit
Christoph Schäublin (* 1941)19821997OrdinariusNachfolger Gigons, 1997 hauptamtlicher Rektor der Universität Bern
Heinz-Günther Nesselrath (* 1957)19922001Ordinariusals Extraordinarius Nachfolger Gelzers, 1997 Ordinarius; Spezialist für griechische Geschichtsschreibung, platonische Philosophie, Komödie und Literatur der Zweiten Sophistik; wechselte nach Göttingen
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(c) Christoph Alexander Martsch, CC BY-SA 3.0
Michael Hillgruber (* 1961)19921995PrivatdozentSpezialist für griechische Literatur, 1993 habilitiert; wechselte nach Halle
Martin Korenjak (* 1971)20032009OrdinariusSpezialist für römische Literatur der Kaiserzeit; wechselte nach InnsbruckMartin Korenjak Passbild.jpg
Arnd Kerkhecker (* 1965)2003OrdinariusNachfolger Nesselraths; Spezialist für hellenistische Dichtung
Gerlinde Huber-Rebenich (* 1959)2009Assoziierte ProfessorinProfessorin für Lateinische Philologie; Spezialistin für mittel- und neulateinische Dichtung und Ovid-Rezeption

Lehrstuhlinhaber

Literatur

  • Reglement über die Einrichtung eines philologisch-paedagogischen Seminars in Bern. In: Jahrbücher für classische Philologie, 5. Jahrgang (1859), S. 654–656.
  • Hochschulgeschichte Bern 1528–1984. Zur 150-Jahr-Feier der Universität Bern 1984. Bern 1984.

Weblinks

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Martin Korenjak beim Bundeskongress des Deutschen Altphilologenverbandes des Jahres 2010
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Ludwig Seeger, 1810-1864, German author.
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(c) Christoph Alexander Martsch, CC BY-SA 3.0
Heinz-Günther Nesselrath, Professor für Klassische Philologie/Gräzistik an der Universität Göttingen, während des III. Abends der antiken Literatur vor dem Seminar für Klassische Philologie.