Gojko Mitić

Gojko Mitić (2023)

Gojko Mitić (serbisch-kyrillisch Гојко Митић; * 13. Juni 1940 in Strojkovce bei Leskovac, Königreich Jugoslawien, heute Serbien) ist ein deutsch-serbischer[1] Schauspieler und Regisseur.

Große Popularität erlangte Mitić in der DDR als Hauptdarsteller historischer und fiktiver Indianerpersönlichkeiten zahlreicher DEFA-Indianerfilme. In Ostdeutschland war er zeitweise als „DEFA-Chefindianer“, in der Bundesrepublik als „Winnetou des Ostens“ bekannt. Karl Mays Winnetou spielte Mitić ausschließlich bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg, nie in einem Spielfilm.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Mitić entstammt einer Bauernfamilie aus einem Dorf an der Veternica im Süden Serbiens. Da sein Vater Živojin am Befreiungskampf jugoslawischer Partisanen im Zweiten Weltkrieg teilnahm, wuchs er mit seinem Bruder Dragan bei seinen Großeltern auf. Nach seiner Schulausbildung, bei der er auch vier Jahre in Deutsch unterrichtet wurde,[2] begann Mitić, 20-jährig, an der Sporthochschule in Belgrad Sport zu studieren. Während seines Studiums knüpfte er erste Kontakte zum Film. Zu dieser Zeit wurden in Jugoslawien viele internationale Filme produziert, deren Komparsen hauptsächlich Studenten der Belgrader Sporthochschule waren.[3]

Film und Fernsehen

(c) Bundesarchiv, Bild 183-H0627-0018-001 / CC-BY-SA 3.0
Gojko Mitić, 1969

Ab 1961 trat Mitić verstärkt als Stuntman in italienischen und britischen Filmen auf. 1963 erhielt er eine winzige Rolle in dem von Artur Brauner produzierten Karl-May-Film Old Shatterhand. Beeindruckt von seiner athletischen Erscheinung ermöglichte man ihm, nach der Rialto-Produktion Winnetou 2. Teil im nächsten Film der Serie in Unter Geiern eine größere Rolle als Häuptlingssohn Wokadeh zu übernehmen. Hier erschien sein Name im Abspann noch eingedeutscht als „Georg Mitic“.

Dann begann auch die DEFA in Jugoslawien DEFA-Indianerfilme zu drehen: 1966 spielte Mitić als Lakota-Häuptling Tokei-ihto in Die Söhne der großen Bärin seine erste Hauptrolle. Den Film sahen im Kino 9 Millionen DDR-Bürger. Damit begann seine Filmkarriere vor allem in der DDR, wo er eine außerordentliche Popularität erreichte. So spielte er 1967 den Mohikaner Chingachgook, 1968 und 1969 den Dakota-Häuptling Weitspähender Falke, 1970 den Shoshonen Shave Head, 1971 den Seminolen Osceola, 1972 den Shawnee Tecumseh, 1973 und 1974 den Apachenhäuptling Ulzana, 1975 den Cheyenne Harter Felsen, 1978 den Manzanero-Indianer Severino und 1983 den Nez Percé Weiße Feder. 1988 übernahm er in dem zweiteiligen DEFA-Fernsehfilm Präriejäger in Mexiko nach Romanmotiven von Karl May seine letzte Indianerrolle für das Fernsehen der DDR.

Außer in Osteuropa wurde Mitić auch in Afrika und Asien durch die DEFA-Filme bekannt. Bis 1975 stand er jährlich für mindestens einen Film vor der Kamera, wobei er fast ausschließlich Indianerhäuptlinge verkörperte. Um seinen leicht hörbaren Akzent zu vermeiden, wurde Mitić, obwohl er fließend deutsch spricht, synchronisiert. Dass er, wie etwa am laufenden Pferd und in diversen anderen Szenen, als Schauspieler wohl wirklich alle Stunts selbst ausführte, verlieh seiner Darstellung der Heldengestalt ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.

Mitić stand neben den Indianerfilmen auch in anderen Film- und Fernsehproduktionen der DEFA und des Deutschen Fernsehfunks vor der Kamera. Gottfried Kolditz besetzte ihn 1970 als Terry für den Science-Fiction-Film Signale – Ein Weltraumabenteuer in der Hauptrolle. Unter Konrad Petzold war er 1980 an der Seite von Agnes Kraus in der Filmkomödie Alma schafft alle als galanter Kellner Hannes Felix, der im Warnemünder Hotel Neptun arbeitet. 1982 spielte er in Anlehnung an sein Sporthochschulstudium neben Gerd E. Schäfer den ungarischen Fußballtrainer Ondrás Nocz im Fernsehschwank Maxe Baumann: Max bleibt am Ball. In Christa Mühls Episodenfilm Weihnachtsgeschichten übernahm er 1986 die Rolle des Weihnachtsmanns.

Nach der Wende wurde Mitić häufig in kleineren Rollen besetzt, so 1993 in Bernhard Sinkels Romanverfilmung Der Kinoerzähler oder 1999 in Sebastian Petersons Helden wie wir. In dem 2006 erstausgestrahlten ZDF-Fernsehkrimi Ein starkes Team: Dunkle Schatten mit Florian Martens und Maja Maranow besetzte ihn Peter Fratzscher als tatverdächtigen serbischstämmigen Restaurantbesitzer Svetozar Markovic.

Von 1996 bis 1997 verkörperte Mitić die Rolle des Roberto Fiorani in der Seifenoper Verbotene Liebe. In der ZDF-Telenovela Wege zum Glück spielte er 2008 den Chefarzt Dr. Tecumseh. Neben festen Serienrollen übernahm er wiederholt Gastauftritte in verschiedenen Fernsehserien- und reihen, u. a. in Der Solist, Schloss Einstein, Tierärztin Dr. Mertens, Küstenwache, Notruf Hafenkante und Donna Leon. Mehrere Gastrollen hatte er in der ARD-Krankenhausserie In aller Freundschaft und in den verschiedenen SOKO-Sendeformaten des ZDF.

2012 verkörperte Mitić in Bernd Fischerauers Dokumentarspiel Europas letzter Sommer Sergei Nikolajewitsch Swerbejew, den letzten Botschafter des Russischen Reichs in Berlin. 2013 kehrte er für die Sat.1-Westernproduktion In einem wilden Land als besonnener Komantschenhäuptling Tahmahkera erstmals in sein altes Metier zurück. Es ist der erste Indianerfilm, in dem Mitić mit eigener Stimme zu hören ist, allerdings vollständig in einem Komantschen-Dialekt. 2016 war er an der Seite von Wotan Wilke Möhring in Philipp Stölzls RTL-Fernsehdreiteiler Winnetou – Der Mythos lebt als Indianer Intschu-tschuna erneut in einer Westernproduktion zu sehen.

Im Dezember 2019 erhielt Mitić den Preis für das filmkünstlerische Lebenswerk von der DEFA-Stiftung. Die Laudatio hielt die Sängerin Ute Freudenberg.[4] In der im Juli 2022 in den deutschen Kinos angelaufenen Filmkomödie Alfons Zitterbacke – Endlich Klassenfahrt! besetzte ihn Mark Schlichter in einer Nebenrolle als Herbergsvater Fred.

Mitić betätigte sich in Film und Fernsehen auch als Regisseur, so von 1981 bis 1989 bei fünf Filmen der Kinderserie Jan und Tini, zu der er auch die Drehbücher geschrieben hatte.

Theater

(c) Bundesarchiv, Bild 183-T0701-0015 / CC-BY-SA 3.0
Gojko Mitic in Neubrandenburg, Foto von Benno Bartocha, 1978

Im Sommer 1976 war Mitić erstmals mit der Rolle des Spartacus im Harzer Bergtheater Thale zu sehen. Dort spielte er bis 1984 meist Abenteuerstücke, die auch für das Fernsehen der DDR aufgezeichnet wurden.

Ab 1992 übernahm Mitić als Nachfolger von Pierre Brice bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg die Rolle des Winnetou. Am 10. September 2006 gab er nach insgesamt 15 Spielzeiten und 1024 Aufführungen seine vorerst letzte Vorstellung. Passenderweise wurde in diesem Jahr Winnetou III gespielt, in dem Winnetou schließlich stirbt. Sieben Jahre später kehrte Mitić in der Rolle des Intschu tschuna, des Vaters seiner einstigen Figur, nach Bad Segeberg zurück.

Von 2007 bis 2009 spielte Mitić im Schweriner Staatstheater den Häuptling Bromden in dem Stück Einer flog über das Kuckucksnest.[5] Am selben Theater spielte er bei den Schlossfestspielen 2009 die Hauptrolle in einem Musical nach dem Roman Alexis Sorbas von Nikos Kazantzakis.[6]

Musik und Privates

Mitić betätigte sich auch als Sänger, wo er u. a. 1977 in Ein Kessel Buntes mit Löscht das Feuer (Musik: Arndt Bause[7]), welcher 2010 von Engel B. in modernerem Gewand neu aufgelegt wurde; 1978 mit Ein Mann kann viel erzählen auftrat. 1976 huldigte ihm die DDR-Rockgruppe Express in ihrem Song Ein Wigwam steht in Babelsberg. 2012 trat Mitić u. a. mit Uwe Jensen mit Musik am Lagerfeuer beziehungsweise Weihnachten am Lagerfeuer auf.[8]

Gojko Mitić lebte von 1974 bis 1976 mit der Schauspielerin Renate Blume (* 1944) zusammen, die er während der Dreharbeiten von Ulzana kennenlernte. Aus einer späteren Beziehung hat er eine Tochter (* 1992). Er spricht nach eigenen Angaben alle slawischen Sprachen, Deutsch, ein wenig Italienisch und Englisch. Mitić ist deutscher und serbischer Staatsbürger und lebt in Berlin-Köpenick.[1]

Am 27. Januar 2013 wurde ihm zu Ehren der Asteroid (147595) Gojkomitić nach ihm benannt.[9]

Spielgemeinschaft „Gojko Mitić“ Bischofswerda e. V.

Am 13. Juni 1993 wurde in Bischofswerda die Spielgemeinschaft „Gojko Mitić“ gegründet. Der Verein ist kein Fanclub, sondern ein Theaterverein. Er veranstaltet Deutschlands kleinste Karl-May-Spiele mit den jüngsten Darstellern auf der Waldbühne in Bischofswerda. In den jährlichen Neuinszenierungen wirken über 80 Kinder und Jugendliche sowie zahlreiche Tiere mit. Während ihrer 21. Saison im Jahr 2013 konnten die Bischofswerdaer Karl-May-Spiele den insgesamt 100.000. Zuschauer auf der Waldbühne begrüßen. Gojko Mitić ist Namensgeber und Schirmherr des Vereins. Regelmäßig besucht er Proben oder Aufführungen der Karl-May-Spiele Bischofswerda und macht sich öffentlich für die Kinder- und Jugendarbeit des Vereins stark.[10]

Filmografie

Kino

Fernsehen

Fernsehfilme

Fernsehserien und -reihen

Theater

Auszeichnungen

Ehrungen

Dokumentation

  • 1973: Begegnung mit Gojko, DEFA-Dokumentarfilm von Eckhard Potraffke[13]

Literatur

  • Ehrentraud Nowotny: Gojko Mitic Henschelverlag 1976
  • Gojko Mitic: Erinnerungen. Ullstein Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-548-23832-7.
  • F. B. Habel: Gojko Mitic. Mustangs und Marterpfähle. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1997, ISBN 3-89602-120-6.
  • F. B. Habel: Gojko Mitic – Schauspieler, Stuntman, Autor, Regisseur. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 30, 1998.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L–N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 482 f.
  • Friedrich von Borries, Jens-Uwe Fischer: Sozialistische Cowboys. Der Wilde Westen Ostdeutschlands. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-518-12528-1.
  • Gerd Dietrich: Mitić, Gojko. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Niko Sturm: Gojko Mitić und seine Brüder. Drava Verlag, Klagenfurt/Celovec 2013, ISBN 978-3-85435-726-1.
Commons: Gojko Mitić – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Jens Blankennagel: Was macht…. Gojko Mitić. Berliner Zeitung, 1. August 2009, abgerufen am 23. Dezember 2013.
  2. Lutz Rentner und Frank Otto Sperlich: Ostlegenden: Gojko Mitić. Dokumentarfilm; MDR; 11. Juni 2020, 23:10 Uhr; 43 min
  3. gojko-mitic.de/ (Memento vom 8. März 2016 im Internet Archive): Interview
  4. 19. Preisverleihung der DEFA-Stiftung. Abgerufen am 2. Juni 2020.
  5. Anja Werner:Einer flog über das Kuckucksnest von Dale Wasserman nach dem Roman von Ken Kesey. (Memento vom 5. April 2009 im Internet Archive) Theater Schwerin, Version im Internet Archive vom 5. April 2009, abgerufen am 4. November 2015.
  6. Schlossfestspiele Schwerin 2009: Sorbas. Musical nach dem Roman von Nikos Kazantzakis. (Memento vom 15. August 2009 im Internet Archive) Theater Schwerin, Version im Internet Archive vom 15. August 2009, abgerufen am 4. November 2015.
  7. „...‚Arndt Bause ist übrigens Schuld, dass ich mit dem Singen angefangen habe‘, erinnerte Mitić daran, dass der begnadete Biesdorfer Komponist ihm einst das Lied ‚Löscht das Feuer‘ auf den Leib geschrieben hatte...“, Einmal Indianer, immer Indianer@die-hellersdorfer.berlin (Stadtteilzeitung); Video@mdr.de/meine-schlagerwelt, abgerufen am 1. November 2020
  8. Kriegsbeil statt Friedenspfeife: Gojko Mitic: Großes Indianer-Ehrenwort gebrochen? Berliner Kurier, 28. Juni 2013.f
  9. 147595 Gojkomitic (2004 GE20). JPL Small-Body Database Browser auf der Website der NASA, abgerufen am 4. November 2015 (englisch).
  10. Ben Hänchen: „Alte Freunde wiedertreffen“: Im Gespräch mit Gojko Mitic Mitic, der im Sommer als Intschu-tschuna nach Bad Segeberg zurückkehrt. Aus: Karl May & Co. 132, 12. Mai 2013, S. 99–102, hier S. 99, abgerufen am 4. November 2015 (pdf; 10,8 MB).
  11. Goldene Nadel für den ChefindianerGoldene Nadel für den Chefindianer (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Superillu vom 3. Juni 2010
  12. mdr.de: Bischofswerda: Gojko Mitić erhält Sächsischen Verdienstorden | MDR.DE. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  13. Begegnung mit Gojko – Dokumentation (ganzer Film auf Deutsch) – DEFA. DEFA-Filmwelt (offizieller DEFA-YouTube-Kanal), abgerufen am 24. September 2020.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Berlin, 8. Sommerfilmtage, Gojko Mitic

Zentralbild Katscherowski 27.6.69 Berlin: Sommerfilmtage 1969 Der Liebling des jugendlichen Kinopublikums Gojko Mitic ist auch bei den diesjährigen Sommerfilmtagen mit einem Indianer-Film der DEFA vertreten. Als "Weitspähender Falke" kämpft er gegen die "Weißen Wölfe". Der Film "Weiße Wölfe" (Drehbuch: Günter Karl, Rgie: Konrad Petzold) bietet Spannung, vermittelt aber auch Kenntnisse und ein richtiges Geschichtsbild.

[Porträt Gojko Mitic]

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Neubrandenburg, Gojko Mitic, Natalia Rytschagina

ADN-ZB Bartocha 1.7.78 Neubrandenburg-Sommerfilmtage Ein besonderes Ereignis zu den 17. Sommerfilmtagen war die Anwesenheit von Hauptdarstellern bekannter Filme. Gojke Mitic erhielt als Zeichen der Freundschaft ein Abzeichen von der sowjetischen Schauspielerin Natalia Rytschagina. Abgebildete Personen: