Bern-Luzern-Bahn

Die Bern-Luzern-Bahn (BLB) war eine Bahngesellschaft in der Schweiz, die am 1. August 1875 die Strecke LangnauLuzern in Betrieb nahm. Am 1. Januar 1890 wurde sie von der Jura-Simplon-Bahn (JS) übernommen.

Geschichte

Planung und Bau

Gründeraktie der Bern-Luzern-Bahn

Im Zusammenhang mit dem Bau der Gotthardbahn (GB) entstanden Pläne für eine neue Verbindung von der Romandie mit der Innerschweiz. Die projektierte Linie von Langnau durch das Entlebuch nach Luzern stand in Konkurrenz zu den bestehenden Strecken der Centralbahn (SCB). Gegen die Streckenführung durch das Entlebuch meldete sich Widerstand. Alfred Scheurer setzte sich für eine Linienführung über SumiswaldAffolternHuttwilWillisau ein, unterlag aber 1871 im Grossen Rat des Kantons Bern knapp.

Hauptaktionäre der Bern-Luzern-Bahn waren die Kantone Bern und Luzern sowie einige Gemeinden. Viele Emmentaler Gemeinden und die Stadt Bern zeigten jedoch wenig Begeisterung zur Zeichnung von Aktien, weil sie mit der gescheiterten Ostwestbahn (OWB) bereits viel Geld verloren hatten. Trotzdem verfügte die Bern-Luzern-Bahn Ende 1872 über 14 Millionen Franken in Form von Aktien und Anleihen, während die Baukosten auf 13,7 Millionen veranschlagt wurden.

Der Streckenabschnitt Gümligen–Langnau konnte von der Bernischen Staatsbahn (BSB) für 6,6 Millionen Franken und Rollmaterial der BSB für 703'500 Franken erworben worden. Durch ihre Fortsetzung nach Luzern hoffte man, die Rentabilität der Stichstrecke nach Langnau zu verbessern. Die Erstellungskosten der in den Jahren 1873 bis 1875 gebauten Linie Langnau–Luzern beliefen sich schlussendlich auf 17'045'166 Franken. Die Gesellschaft bat am 23. Juli 1875 die bernische Regierung, Geld für den Abschluss der Bauten vorzuschiessen. Der Regierungsrat überschritt seine Finanzkompetenzen und überwies eine Summe, die als «Vorschussmillion» in die bernische Geschichte eingegangen ist.

Konkurs

Dampflokomotive B3T Nr. 424 der Jura-Simplon-Bahn, 1875 von der Bern-Luzern-Bahn als Nr. 54 in Betrieb genommen

Der Bahnbetrieb wurde am 1. August 1875 aufgenommen, wozu die BLB mit der Jura bernois eine Betriebsgruppe mit dem Namen Jura–Bern–Luzern gründeten. Bald vermochte die Bern-Luzern-Bahn die Zinsen für ihre Anleihen nicht mehr zu bezahlen und geriet bereits am 26./27. Februar 1876 in Konkurs. An der Zwangsversteigerung am 15. Januar 1877 beteiligte sich der Kanton Luzern nicht, so dass der Kanton Bern einem Konsortium gegenübertrat, bei dem die Centralbahn beteiligt war. Die Vertreter Berns erhielten schliesslich für 8'475'000 Franken den Zuschlag. Der Kanton Bern als Hauptgläubiger kaufte die ganze Bahn also annähernd zu dem Preis, für den er seinerzeit das Teilstück Gümligen–Langnau veräussert hatte. Rund 14,5 Millionen Franken wurden beim Konkurs abgeschrieben, darunter das gesamte Aktienkapital von 10,6 Millionen Franken. Die Pfandgläubiger erhielten 70 Prozent des Nennwerts ihrer Forderungen.

Gegen steigende Preise hatte nicht nur die Bern-Luzern-Bahn zu kämpfen. Wegen massiver Kostenüberschreitungen beim Bau der Gotthardbahn wurde 1877 beschlossen, auf den Bau einiger ihrer Zufahrtslinien – unter anderem auf den Abschnitt Luzern–Immensee – vorläufig zu verzichten. Dagegen wehrte sich der Kanton Bern, der auf den direkten Anschluss der Strecke Bern–Luzern an die Gotthardbahn grossen Wert legte. Die Centralbahn und die Nordostbahn (NOB) verpflichteten sich, der Bern-Luzern-Bahn günstige Anschlussbedingungen im Bahnhof Luzern sowie einen ungehinderten Anschluss über Luzern–Rotkreuz –Immensee an die Gotthardbahn zu gewähren.

Beim Konkurs 1876 ging das gesamte Aktienkapital der Bern-Luzern-Bahn verloren. Ab 1882 konnte dann aber dem Kanton Bern eine ansehnli­che Pachtsumme überwiesen werden.

Unerledigt waren die Finanzprobleme des Kantons Bern zusammen mit der «Vorschussmillion». Dazu kamen über 40 Millionen Franken Eisenbahnschulden. Am 26. August 1877 wurde in einer Volksabstimmung die nachträgliche Billigung der «Vorschussmillion» wuchtig abgelehnt. Die Regierungsräte zogen aus dieser Abfuhr die Konsequenz und traten zurück. Bei den Erneuerungswahlen des Grossen Rates im Frühjahr 1878 mussten die Freisinnigen für ihre Finanzwirtschaft eine herbe Niederlage einstecken.

Betrieb durch die Jura–Bern–Luzern

Für den Betrieb der Bahn war weiterhin die Betriebsgruppe Jura–Bern–Luzern unter der Leitung der Jura bernois zuständig, zunächst auf Rechnung des Kantons Bern, ab 1. Juli 1882 in Pacht. Weil die Strecke Bern–Luzern zu einem Teil ihrer Transitlinie DelleBiel–Bern–Luzern wurde, änderten am 1. Juli 1884 die Jura bernois ihren eigenen Namen in Jura–Bern–Luzern. Die Betriebsergebnisse dieser Unternehmung lagen auch in schwierigen Zeiten stets im positiven Bereich und erlaubten es, dem Kanton Bern einen respektablen Pachtzins für die Strecke Bern–Luzern auszurichten. Die Haupteinnahmequelle war der Güterverkehr, obwohl dem Personentransport ebenfalls grosse Bedeutung zukam.

Im Rahmen der Fusion der Jura-Bern-Luzern-Bahn mit der Suisse-Occidentale–Simplon kam auch die immer noch dem Kanton Bern gehörende Bern-Luzern-Bahn am 1. Januar 1890 zur neu gegründeten Jura-Simplon-Bahn (JS). Der Kanton Bern bekam für die Bern-Luzern-Bahn und seinen Anteil an der Jura–Bern–Luzern-Bahn einen ansehnlichen Anteil der Aktien der neu entstandenen Unternehmung. Die Berner konnten sich damit einen massgebenden Einfluss bei der Jura-Simplon-Bahn sichern.

Streckenabschnitte

Die Strecke Bern–Luzern der Bern-Luzern-Bahn unterteilt sich in folgende Abschnitte:

StreckenabschnittEröffnungBemerkungLänge
Bern–Bern Wylerfeld(15. November 1858)Mitbenutzung des Streckenabschnitts der Linie Bern–Thun der SCB(7,689 km)
Bern Wylerfeld–Gümligen(1. Juli 1859)
Gümligen–Langnau(1. Juni 1864)Am 1. August 1875 von der BSB übernommen29,850 km
Langnau–Fluhmühle[1]11. August 187554,109 km
Fluhmühle–Luzern(1. Juni 1859)Mitbenutzung des Streckenabschnitts der Linie Olten–Luzern der SCB(2,385 km)
Gesamtlänge83,959 km

Rollmaterial

Liste der Lokomotiven, die bei der BLB eingesetzt wurden:

BezeichnungBLB-Nr.JS-Nr. ab 1890SBB-Nr. ab 1903HerstellerBaujahrausrangiert
ab 1873: A
ab 1874: I
ab 1887: A2
(ab 1902: Ec 2/4)
  1–12, 1875 übernommen von der Bernischen Staatsbahn (siehe dort)1888–1896
B
ab 1887: B3T
ab 1902: C 3/3
51421Koechlin18751898
524221902
534231902
544241899
D
ab 1887: C3
ab 1902: Ed 3/3
1514517291Koechlin18751909
15245272921916
15345372931913
15445472941908
155455729518781906
15645672961915
15745772971915

Literatur

  • Beat Junker: Die Entstehung des demokratischen Volksstaates 1831–1880, Band 2. (PDF 286 kB) Kap. Der Weg zur Staatskrise von 1877/78. In: Geschichte des Kantons Bern seit 1798. Historischer Verein des Kantons Bern, abgerufen am 2. Februar 2014 (digitale Ausgabe 07/1998).
  • Bern–Luzern-Bahn, Jura bernois und Jura–Bern–Luzern In: bahndaten.ch. Daten zu den Schweizer Eisenbahnen 1847–1920. Thomas Frey und Hans-Ulrich Schiedt, ViaStoria, abgerufen am 1. Februar 2014.
  • Hermann Dietler: Bern-Luzern-Bahn. In: Röll: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 1912, abgerufen am 1. Februar 2014.
  • Jürg Rettenmund: Wie Huttwil zu seiner Bahn kam. (PDF 810 kB) In: Das Jahrbuch des Oberaargaus, Band 33. Jahrbuchvereinigung Oberaargau, 1990, S. 227–264, abgerufen am 2. Februar 2014.
  • Die Bern-Luzern-Bahn. (PDF 1,8 MB) Die Eisenbahn = Le chemin de fer, Band 6 (1877), Heft 3, S. 21–22, abgerufen am 16. April 2014.
  • Placid Weissenbach: Das Eisenbahnwesen der Schweiz. (PDF 14,8 MB) Erster Teil. Geschichte des Eisenbahnwesens. 1913, S. 66, abgerufen am 1. Februar 2014.
  • Hans G. Wägli: Schienennetz Schweiz und Bahnprofil Schweiz CH+. AS Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-909111-74-9.
  • Alfred Moser: Der Dampfbetrieb der Schweizerischen Eisenbahnen 1847–1966. Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart 1967

Anmerkungen

  1. heute Gütsch

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BLB B3T 54.JPG
Lokomotive Nr. 424 der Jura-Simplon-Bahn, die 1875 mit der Nummer 54 für die Bern-Luzern-Bahn beschafft wurde.
Die Schlepptender-Lokomotive vom Typ Bourbonnais wurde von der Elsässischen Maschinenbaugesellschaft Mülhausen geliefert. 1899 wurde das Fahrzeug ausrangiert.
Finanzzahlen Bern–Luzern-Bahn.PNG
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Aktienkapital und feste Anleihen sowie Dividende
Aktien sind Anteile am Grundkapital des als Aktiengesellschaft konstituierten Bahnunternehmens. Sie sind hier im Nennwert angegeben, der jedoch in keiner Weise dem Kurswert entsprechen muss. Viele Bahnen haben im Laufe der Zeit ihr Aktienkapital erhöht, was gewöhnlich auf eine Expansion der Bahn hindeutet. Eine Verminderung des Aktienkapitals wurde bei finanziellen Schwierigkeiten vorgenommen, indem durch Herabsetzung des Nennwerts der Aktien Kapital für das Unternehmen freigesetzt wurde (sogenannter Kapitalschnitt). Dotationsgelder der öffentlichen Hand, beispielsweise bei Aufkauf nach Konkurs, werden hier ebenfalls dargestellt.
Feste Anleihen waren neben Aktien die wichtigste Form der Geldbeschaffung für die Bahnen. Das vom Unternehmen aufgenommene Kapital wird über eine bestimmte Laufzeit zu einem bestimmten Zinssatz verzinst. Die Zinslast für Anleihen war ein gewichtiger Ausgabeposten insbesondere der grossen Bahnen. Wenn wegen zu geringen Erträgen die Zinsen nicht mehr bezahlt werden können, droht der Konkurs.
Die Dividende­nauszahlungen für die Aktionäre sind hier im Verhältnis zum Nennwert der Aktien angegeben. Vermerkt sind auch die Erträge aus Dotationskapitalien, die bei der Bern–Luzern-Bahn in Form von Pachtzinsen ausbezahlt wurden.
Über die Höhe der Pachtzinsen im Jahr 1885 sind aufgrund der Quellenlage keine Angaben vorhanden.
Bern-Luzern-Bahn Aktie.jpg
Die 1873 gegründete Bern–Luzern-Bahn (BLB) eröffnete 1875 die Bahnstrecke Bern-Langnau-Luzern. Wegen überhöhter Baukosten war die BLB zahlungsunfähig geworden, so dass sie 1877 vom Kanton Bern als Hauptgläubiger aufgekauft wurde.