Bahnstrecke Wächtersbach–Hartmannshain

Wächtersbach–Hartmannshain
Kursbuchstrecke (DB):192d
Streckenlänge:32,1 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung:21 
von Frankfurt (Main) Hbf
-0,5Wächtersbach 147 m
nach Göttingen
0,0Wächtersbach Kreisbahnhof
1,4Wächtersbach Schwimmbad
Bracht
4,3Weilers
Bracht
6,4Schlierbach (b Wächtersbach)
Bracht
8,1Hellstein
Reichenbach
12,2Birstein
Reichenbach
13,8Unterreichenbach (b Birstein)
16,8Fischborn-Oberreichenbach
20,6Radmühl-Wettges
23,3Wüstwillenroth
25,6Lichenroth
28,6Völzberg
von Bad Vilbel
31,6Hartmannshain 575 m
nach Lauterbach (Hess) Nord

Quellen: [1]

Die Bahnstrecke Wächtersbach–Hartmannshain war eine Nebenbahn in Hessen, die ursprünglich durch die Wächtersbach-Birsteiner Kleinbahn-Gesellschaft erbaut und betrieben wurde. Sie zweigte in Wächtersbach von der Bahnstrecke Frankfurt–Göttingen ab und führte im Süden des Vogelsberges über Birstein nach Hartmannshain, wo sie in die Bahnstrecke Bad Vilbel–Lauterbach einmündete.

Die zuletzt von den Gelnhäuser Kreisbahnen als Vogelsberger Südbahn betriebene Strecke wurde zwischen 1958 und 1967 abschnittsweise stillgelegt und nachher abgebaut.

Geschichte

Am Anfang der Bahnverbindung aus dem Kinzigtal heraus nach Norden in den Vogelsberg stand eine Initiative der Gemeinden Schlierbach und Birstein, der Steingutfabrik Waechtersbacher Keramik und des Landrates Wilhelm Ludwig von Baumbach, die 1897 zur Gründung einer Aktiengesellschaft zum Bau der Bahnstrecke Wächtersbach Birstein führte.[2] Die für den Bahnbau notwendigen Grundstücke finanzierten die beiden Fürstenhäuser zu Ysenburg und Büdingen in Wächtersbach und zu Isenburg in Birstein. Die Bauzeit für die technisch einfach zu realisierende Strecke, im Tal von Kinzig, Bracht und Reichenbach, betrug nur ein halbes Jahr. Schon am 30. Juni 1898 konnte sie durch die Eisenbahnbau- und Betriebsgesellschaft Vering & Waechter, die den Bau finanziert und errichtet hatte, eröffnet werden. Betrieben wurde sie durch die Wächtersbach-Birsteiner Kleinbahn-Gesellschaft.

Der von Anfang an beabsichtigte Bau einer nördlichen Fortsetzung der Bahnstrecke, von Birstein bis Hartmannshain im Vogelsberg gestaltete sich deutlich schwieriger. Zunächst scheiterte es an der Finanzierung. Als schließlich, 36 Jahre nach der Südstrecke, am 23. Dezember 1934 der planmäßige Betrieb auch auf diesem Bahnabschnitt aufgenommen werden konnte „war der Bau um ein Vielfaches teurer (2,1 Millionen Mark) als der Bau der ersten Strecke Wächtersbach-Birstein“.[3]

Der Verkehr auf der Südstrecke entwickelte sich von Anfang an sehr dynamisch. Dazu trug insbesondere der Hauptkunde bei, die Steingutfabrik in Schlierbach (damals mit etwa 800 Mitarbeitern), mit ihren An- und Abtransporten von Rohmaterial und Produkten, sowie der Beförderung eines Teils ihrer Mitarbeiter. Für die innerbetriebliche Logistik verfügte die Waechtersbacher Keramik auf eigenem Gelände nochmals über 1000 m Betriebsgleise[4], die direkt an die Vogelsberger Südbahn angeschlossen waren. Auch die Quarzwerke in Hellstein waren auf diese Verkehrsanbindung für ihre Massentransporte von Quarzsand angewiesen. Die kundenfreundliche Verlagerung der Endhaltestelle Wächtersbach der Bahn, der ursprünglich etwa 300 m weiter östlichvom Bahnhof entfernt lag, bis direkt vor das Bahnhofsgebäude, trug sicher nochmals zur guten Akzeptanz dieses Abschnittes der Vogelsberger Südbahn bei.

Im Gegensatz dazu lief es auf dem nördlichen Teil, von Birstein bis nach Grebenhain, deutlich ungünstiger. Ein nur wenige Jahre andauerndes Hoch gab es auf diese Streckenabschnitt erst nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele, im Vogelsberg ansässig gewordene Flüchtlinge, die Bahn für ihren Weg zur Arbeit ins Rhein-Main-Gebiet nach Hanau, Offenbach und Frankfurt am Main nutzten. Wiederholte strenge Winter, mit Frost und viel Schnee, führten auf dieser exponierten, kurvenreichen Strecke, mit hohen Dämmen und tiefen Einschnitten, zu Schneeverwehungen, mit teilweise wochenlangen Stillständen. Die nachfolgend notwendigen Reparaturen erhöhten nochmals die wirtschaftliche Belastung für die Betreiber der Bahn.

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Lokomotivdenkmal in Birstein (2005)

So wurde der nördliche Abschnitt, zwischen Birstein und Hartmannshain schon in den Jahren 1958/59 wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit aufgegeben[5], aufgrund des zunehmenden Individualverkehrs, aber auch wegen häufiger technischer und wetterbedingter Probleme, auf dieser landschaftlich anspruchsvollen, hoch gelegenen Strecke. Die Stilllegung der Stammstrecke zwischen Birstein und Wächtersbach folgte 8 Jahre später, am 27. Mai 1967. Die Bahn gehörte damals zu den Gelnhäuser Kreisbahnen.

Schon kurze Zeit nach Stilllegung der Eisenbahn wurde die Idee, auf der alten Bahntrasse einen Fahrradweg anzulegen, entwickelt. Der heutige Vogelsberger Südbahnradweg verläuft weitgehend unabhängig von der größtenteils nicht mehr nutzbaren und teilweise überbauten Trasse der namensgebenden Bahnstrecke.

Streckenbeschreibung

Die Strecke war eingleisig und in Normalspur errichtet, so dass Wagen (in der Regel ausschließlich Güterwagen) von der Staatsbahn auf die Vogelsberger Südbahn (und umgekehrt) übergehen konnten. Zulässig war das – wegen des erheblichen Gefälles der Strecke – aber nur für Wagen mit eigener Bremse.[6]

Die zum Teil sehr kurvenreiche, insgesamt 32 km lange Strecke erreichte eine Höhe von 575 m über NHN, bei einem Höhenunterschied von 425 m. Für die Wartung und Unterbringung des Lokomotivenparks gab es Lokschuppen in Wächtersbach, Birstein und Hartmannshain.

Modelleisenbahn

Im Brachttal-Museum in Brachttal-Spielberg befindet sich ein Modelleisenbahn-Nachbau der Strecke der Vogelsberger Südbahn.[7]

Trivia

Einmal im Jahr findet der Vogelsberger Südbahnlauf statt. Es können verschiedene Disziplinen vom Halbmarathon bis hin zum Bambinilauf absolviert werden.

Literatur

  • Heinz Schomann: Eisenbahn in Hessen. Eisenbahnbauten und -strecken 1839–1939. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Hessen. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Drei Bände im Schuber. Band 2.2. Theiss Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1917-6, S. 797 ff. (Strecke 071).
  • Reinhold Winter, Joachim Volz: Vogelsberger Südbahn, Birstein 1994, ISBN 3-9804078-0-2
  • Bernd Schäfer, Vortrag zur Geschichte der Vogelsberger Südbahn, Vorsprung, Nachrichten aus der Region Main-Kinzig, 1. Oktober 2012

Weblinks

Commons: Vogelsberger Südbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eisenbahnatlas Deutschland. 11. Auflage. Schweers + Wall, Köln 2020, ISBN 978-3-89494-149-9.
  2. „Die Vogelsberger Südbahn“, Bernd Schäfer, Samml. Geschichte Wächtersbach 5.1.7.2, ISSN 0931-2641, 8/1988, S. 3
  3. „Die Vogelsberger Südbahn“, Bernd Schäfer, Samml. Geschichte Wächtersbach 5.1.7.2, ISSN 0931-2641, 8/1988, S. 4
  4. „Die Vogelsberger Südbahn“, Bernd Schäfer, Samml. Geschichte Wächtersbach 5.1.7.2, ISSN 0931-2641, 8/1988, S. 3
  5. Bernd Schäfer, Vortrag zur Geschichte der Vogelsberger Südbahn
  6. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 5. Oktober 1935, Nr. 45. Bekanntmachung Nr. 468, S. 193
  7. Museums- und Geschichtsverein Brachttal e. V. Brachttalmuseum, abgerufen am 25. Juli 2020.

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Birstein lokdenkmal d schmidt 10 2005.jpg
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"Lokdenkmal am Südbahnradweg in Birstein (Vogelsberg/Hessen)