Vierschanzentournee 1962/63

11. Vierschanzentournee
Sieger
TourneesiegerNorwegen Toralf Engan
OberstdorfNorwegen Toralf Engan
InnsbruckNorwegen Toralf Engan
Garmisch-PartenkirchenNorwegen Toralf Engan
BischofshofenNorwegen Torbjørn Yggeseth
Teilnehmer
Nationen14 (AUT, FIN, FRG, GDR, HUN, ITA, NOR,
POL, SUI, SWE, URS, USA, TCH, YUG)
Sportler78
1961/621963/64

Bei der 11. Vierschanzentournee 1962/63 fand das Springen in Oberstdorf am 28. Dezember statt, am 30. Dezember das Springen in Innsbruck und am 1. Januar das Springen in Garmisch-Partenkirchen. Die Veranstaltung in Bischofshofen wurde am 6. Januar durchgeführt. Mit dem bis dato größten Vorsprung von 51 Punkten gewann der Norweger Toralf Engan die elfte Ausgabe der Tournee. Erstmals nahmen Springer aus den Vereinigten Staaten an der Tournee teil.

Eklat in Oberstdorf

Trotz der Düsseldorfer Beschlüsse der Bundesregierung vom August 1961, die noch bei der 10. Tournee 1961/62 einen Start der DDR-Springer auf den Schanzen in Oberstdorf und Garmisch verhinderten, hatte die DDR ein Aufgebot mit Helmut Recknagel, Peter Lesser, Dieter Bockeloh, Veit Kührt, Kurt Schramm und Johannes Riedel für die Tournee nominiert. Die geschah nicht in provokatorischer Absicht, sondern nach Darstellung der DDR-Seite auf Einladung der Veranstalter, die nicht auf die sportliche Klasse der DDR-Athleten verzichten wollten. Noch war allen die vorjährige Tournee in Erinnerung, bei der der Olympiasieger von 1960, dreifache Tourgewinner und nunmehr aktuelle Weltmeister von Zakopane, Recknagel nicht auf allen vier Bakken starten konnte. Diese Blöße wollte man sich nicht wieder geben und versicherte im Vorfeld mehrfach, das dem Start der DDR-Springer nichts im Wege stünde. Die bundesdeutsche Sportführung schlug einen Kompromiss vor, der letztlich im bundesdeutschen Innenministerium nicht verfing. Der internationale Charakter der Tour wurde schon im Vorfeld betont und schlussendlich auch mit der FIS ein internationaler Ausrichter dieses internationalen Wettbewerbs ins Felde geführt. Da sich die Düsseldorfer Beschlüsse nur auf deutsch-deutsche Vergleiche bezogen, hoffte man, mit dieser Lesart die Teilnahme der Recknagel und Co. gewährleisten zu können. Auch von DDR-Seite wurde alles, was nur den Hauch einer Provokation haben könnte, unterlassen. War man 1959 im sogenannten Flaggenstreit noch stur, so akzeptierte man diesmal klaglos Schwarz-Rot-Gold mit den olympischen Ringen als Teilnehmerflagge. Der Eklat fand dann unmittelbar vor dem Beginn des Auftaktspringens statt. Über den Auslöser ist sich die Literatur bis heute uneinig. Wohlmeinende Veröffentlichungen schreiben es einem "Dorfpolizisten" zu, der in Oberstdorf Sportler mit DDR-Emblem entdeckte und daraufhin das Sprungverbot in Gang setzte. Kritischere Veröffentlichungen abseits der zeternden DDR-Presse sahen aber eher das Bonner Innenministerium in der Verantwortung. Letzten Endes mussten die Springer aus der DDR die Schanze wieder verlassen, fuhren aber demonstrativ den Sprunghang hinunter. Auch die Reise zum nächsten Austragungsort Innsbruck gestaltete sich anschließend schwierig. Zwar akzeptierte Österreich die Pässe von DDR-Bürgern schon seit geraumer Zeit, die bundesdeutsche Seite allerdings nicht. Nur nach deutlichem Insistieren der österreichischen Seite wurde der DDR-Mannschaft der Grenzübertritt ohne die sonst notwendigen Allied Travel Passports genehmigt.

Nominierte Athleten

NationAthleten
Deutschland BR BR DeutschlandMax Bolkart, Helmut Kurz, Georg Thoma, Helmut Wegscheider, Wolfgang Happle, Alois Haberstock, Heini Ihle, Wolfgang Schüller, Hias Winkler, Josef Schiffner, Bernd Moderegger, Günther Göllner
Deutschland Demokratische Republik 1949 DDRHelmut Recknagel, Veit Kührt, Kurt Schramm, Peter Lesser, Dieter Bokeloh, Johannes Riedel
Osterreich ÖsterreichWilli Egger, Peter Müller, Baldur Preiml, Willi Köstinger, Sepp Lichtenegger, Waldemar Heigenhauser, Walter Habersatter, Ernst Kopp, Walter Steinegger, Max Golser, Gerhard Niederhammer, Horst Moser, Rudi Schweinberger, Herbert Schiffner, Fritz Gamweger, Willy Schuster, Helmut Rauter
Finnland FinnlandJuhani Kärkinen, Pekka Yli-Niemi, Niilo Halonen
Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik JugoslawienBožo Jemc, Ludvik Zajc, Miro Oman, Andrej Nahtigal
Italien ItalienGiacomo Aimoni, Bruno De Zordo, Agostino De Zordo
Norwegen NorwegenToralf Engan, Torgeir Brandtzæg, Torbjørn Yggeseth, Jan Petter Devor
Polen 1944 PolenAndrzej Sztolf, Andrzej Kocyan, Antoni Łaciak, Gustaw Bujok, Jan Pezda, Władysław Tajner
Schweden SchwedenOlle Martinsson, Rolf Strandberg, Bengt Eriksson
Schweiz SchweizToni Cecchinato, Ueli Scheidegger, Heribert Schmid
Sowjetunion 1955 SowjetunionNikolai Andrejewitsch Kamenski, Nikolai Schamow, Koba Zakadse, Alexander Iwannikow
Tschechoslowakei TschechoslowakeiJosef Matouš, Jiří Raška, Dalibor Motejlek
Ungarn UngarnEndre Kiss, Tamás Sudár, László Csávás, Janos Horvath
Vereinigte Staaten Vereinigte StaatenJohn Balfanz, Ralph Semb, Paul Johnson, John Bawer, Roger Dion

Oberstdorf

Pos.SpringerLandPunkte
01Toralf EnganNorwegen Norwegen214,2
02Max BolkartDeutschland BR BR Deutschland199,3
03Torbjørn YggesethNorwegen Norwegen194,6
04Heini IhleDeutschland BR BR Deutschland193,6
05Willy EggerOsterreich Österreich191,6
06Georg ThomaDeutschland BR BR Deutschland185,3
07John BalfanzVereinigte Staaten Vereinigte Staaten182,7
08Torgeir BrandtzaegNorwegen Norwegen182,3
09Niilo HalonenFinnland Finnland181,3
10Sepp LichteneggerOsterreich Österreich180,5
Juhani KärkinenFinnland Finnland180,5

Innsbruck

Auf der Olympiaschanze von 1964 kam es dann zum mit Spannung erwarteten Duell der Weltmeister von Zakopane, dem Norweger Toralf Engan und Helmut Recknagel. Dies entschied der Norweger deutlich für sich. Durch das erneut gute Abschneiden der bundesdeutschen Springer, hierbei vor allem Max Bolkart und Georg Thoma, rückten diese in der Gesamtwertung auf vordere Platzierungen. Nach dem mit großem Abstand führenden Engan lag Max Bolkart auf Platz Zwei, Georg Thoma nur knapp 4 Punkte hinter Yggeseth auf Rang Vier.

Zwischenstand nach 2 Springen
Pos.SpringerPunkte
01.Engan445,4
02.Bolkart408,1
03.Yggeseth404,7
Pos.SpringerLandPunkte
01Toralf EnganNorwegen Norwegen231,2
02Helmut RecknagelDeutschland Demokratische Republik 1949 DDR215,7
03Georg ThomaDeutschland BR BR Deutschland215,3
04Torgeir BrandtzaegNorwegen Norwegen213,1
05Kurt SchrammDeutschland Demokratische Republik 1949 DDR212,1
06John BalfanzVereinigte Staaten Vereinigte Staaten211,1
07Torbjørn YggesethNorwegen Norwegen210,1
08Max BolkartDeutschland BR BR Deutschland208,8
09Heini IhleDeutschland BR BR Deutschland206,8
10Alexander IwannikowSowjetunion 1955 Sowjetunion205,4

Garmisch-Partenkirchen

Da für das Neujahrsspringen in Garmisch wieder das Startverbot für die DDR-Springer griff, reisten diese ab. Bemerkenswerterweise erklärte sich diesmal nur die Mannschaft der Sowjetunion, die eh nur bis Garmisch teilnehmen wollte, als einzige Ostblockmannschaft solidarisch und nahm ebenfalls am Neujahrsspringen nicht mehr teil.[3] Wenige Tage später trafen sich diese Springer bei Skiwettkämpfen in Kawgolowo wieder. In der Gesamtwertung der Tournee konnte Engan mit seinem dritten Tagessieg in Folge seine Führung weiter ausbauen, nunmehr mit über 50 Punkten Vorsprung vor Max Bolkart. Georg Thoma konnte sich durch seinen zweiten Platz in der Tageswertung auf Rang Drei in der Gesamtwertung vorschieben. Allerdings lag der Norweger Yggeseth nur knappe dreieinhalb Punkte hinter ihm.

Zwischenstand nach 3 Springen
Pos.SpringerPunkte
01.Engan675,3
02.Bolkart625,0
03.Thoma617,9
Pos.SpringerLandPunkte
01Toralf EnganNorwegen Norwegen229,9
02Georg ThomaDeutschland BR BR Deutschland217,3
03Max BolkartDeutschland BR BR Deutschland216,9
04Niilo HalonenFinnland Finnland211,4
05John BalfanzVereinigte Staaten Vereinigte Staaten209,9
06Torbjørn YggesethNorwegen Norwegen209,8
07Pekka Yli-NiemiFinnland Finnland207,4
08Antoni ŁaciakPolen 1944 Polen206,5
09Dalibor MotejlekTschechoslowakei Tschechoslowakei204,4
10Torgeir BrandtzaegNorwegen Norwegen204,0

Bischofshofen

Trotz eines vierten Platzes beim letzten Tourneespringen gewann Engan überlegen die Tour mit einem neuen Rekordvorsprung. Durch seinen Tagessieg konnte sich Engans Landsmann Yggeseth in der Gesamtwertung noch auf Platz Zwei an Max Bolkart vorbeischieben. Eher enttäuschend verlief das Springen für Georg Thoma. Der bis dahin in der Gesamtwertung Drittplatzierte kam nur auf Platz 15 ein und verlor so wertvolle Punkte. Am Ende reichte es noch für Rang 6 in der Gesamtwertung.

Pos.SpringerLandPunkte
01Torbjørn YggesethNorwegen Norwegen205,0
02Torgeir BrandtzaegNorwegen Norwegen199,5
03John BalfanzVereinigte Staaten Vereinigte Staaten197,5
04Toralf EnganNorwegen Norwegen195,4
05Max BolkartDeutschland BR BR Deutschland191,8
06Baldur PreimlOsterreich Österreich188,4
07Willy EggerOsterreich Österreich186,8
08Giacomo AimoniItalien Italien186,6
09Max GolserOsterreich Österreich185,6
10Helmut KurzDeutschland BR BR Deutschland184,6

Gesamtstand

Rang
NameNationGesamt-
wertung
Oberst-
dorf
[6]
Inns-
bruck
[7]
Garmisch-
Partenk.-
[8]
Bischofs-
hofen
[9]
01Toralf EnganNorwegen Norwegen870,7214,2 / 01.231,2 / 01.229,9 / 01.195,4 / 04.
02Torbjørn YggesethNorwegen Norwegen819,7194,6 / 03.210,1 / 07.209,8 / 06.205,0 / 01.
03Max BolkartDeutschland BR BR Deutschland816,6199,3 / 02.208,8 / 08.216,9 / 03.191,8 / 05.
04John BalfanzVereinigte Staaten Vereinigte Staaten801,2182,7 / 07.211,1 / 06.209,9 / 05.197,5 / 03.
05Torgeir BrandtzaegNorwegen Norwegen800,7182,3 / 08.213,1 / 04.204,0 / 10.199,5 / 02.
06Georg ThomaDeutschland BR BR Deutschland797,3185,3 / 06.215,3 / 03.217,3 / 02.179,4 / 15.
07Antoni ŁaciakPolen 1944 Polen759,9177,6 / 13.195,0 / 19.206,5 / 08.180,8 / 13.
08Willi EggerOsterreich Österreich758,4191,6 / 05.191,8 / 23.188,2 / 19.186,8 / 07.
09Pekka Yli-NiemiFinnland Finnland746,8167,9 / 25.202,9 / 12.207,4 / 07.168,6 / 26.
10Josef MatoušTschechoslowakei Tschechoslowakei742,3176,2 / 15.193,4 / 20.197,1 / 12.175,6 / 18.

[10]

Einzelnachweise

  1. Weltmeister Toralf Engan siegte. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 29. Dezember 1962, S. 10.
  2. Der Springer des Jahres – Thoralf Engan. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 1. Jänner 1963, S. 12.
  3. Berliner Zeitung vom 1. Januar 1963, S. 2.
  4. Engan vor dem vollkommenen Sieg. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 3. Jänner 1963, S. 12.
  5. Im Mißgeschick bewies Engan seine Klasse. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 8. Jänner 1963, S. 11.
  6. FIS-Resultatsliste
  7. FIS-Resultatsliste
  8. FIS-Resultatsliste
  9. FIS-Resultatsliste
  10. FIS-Resultatsliste

Literatur

  • Robert Kauer, Raymund Stolze, Klaus Taglauer: 50+1 Jahre Internationale Vierschanzentournee Fliegen & Siegen. 3. Auflage. wero press, Pfaffenweiler 2002, ISBN 3-9808049-0-9.

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