Truppenstärke

Unter der Truppenstärke (auch: Mannstärke) wird im Militärwesen die Personalstärke der aktiven Soldaten einer militärischen Einheit, eines Truppenteils, einer Teilstreitkraft oder einer Streitkraft in einem Staat zu einem bestimmten Zeitpunkt verstanden.

Allgemeines

Aktive Soldaten sind lediglich die bei der Zählung tatsächlich Wehrdienst Leistenden, dagegen gehören die Reservisten nicht dazu. Wehrpflichtarmeen können ihre Truppenstärke durch gesetzlichen Zwang erhöhen, indem sie Wehrpflichtige zum Militärdienst einberufen. Bei Berufsarmeen ist dagegen die Truppenstärke von der Freiwilligkeit der Bewerber abhängig.

Die Truppenstärke ist eine Kennzahl, die international verglichen wird. Sie ist Bestandteil der quantitativen Kampfkraft von Armeen. Die absolute Truppenstärke ist wenig aussagekräftig, sie muss vielmehr im Zusammenhang mit der Bevölkerung gesehen werden. Die Kennzahl gibt an, wie viele Einwohner auf einen Soldaten entfallen oder wie hoch der prozentuale Anteil der Soldaten an der Gesamtbevölkerung ist.

Geschichte

In der Bibel gibt es zahlreiche Angaben über Truppenstärken. So berichtet das 4. Buch Mose () über die Truppenstärken unter dem Banner von Juda nach dem Auszug aus Ägypten unter Führung von Nachschon (Truppenstärke 74.600 Mann; 1,7,28), unter Führung von Issachar (54.400 Mann; 1,7,29) und unter Sebulon (57.400 Mann; 1,7,31).[1]

Ausschlaggebend für den Ausgang von historisch bedeutsamen Schlachten und Kriegen war häufig die Truppenstärke der sich gegenüberstehenden Kriegsparteien. Die Schlacht bei Issos („Alexanderschlacht“) brachte im November 333 vor Christus etwa 30.000 Soldaten unter Alexander dem Großen und möglicherweise genau so viele Soldaten des Dareios III. gegeneinander, Alexander siegte. In der Schlacht von Cannae standen sich im August 216 v. Chr. die römische Legion unter Lucius Aemilius Paullus mit 80.000 Mann und Hannibal mit vielleicht 55.000 Mann (darunter 10.000 Reiter, der Rest Infanterie) gegenüber.[2] Für die Jahre 214 bis 212 v. Chr. besaß das römische Heer eine Stärke zwischen 225.000 und 250.000 Mann, zwischen 200 und 168 v. Chr. lag sie bei 100.000–150.000 Soldaten.[3] Trotz der römischen Überlegenheit wurde die Schlacht zum Desaster. Spätestens 59 v. Chr. stellte Gaius Julius Caesar die Legio VIII Augusta auf. Beim Tod von Kaiser Augustus (14 nach Christus) besaß das römische Heer eine Stärke von 125.000 Mann, hinzu kamen nochmal so viele Hilfstruppen (lateinisch auxilia).[4]

Der mittelalterliche Indiculus loricatorum aus 981 verzeichnete die Truppenstärke, die dem in Italien gegen die Sarazenen unter der Führung des Emirs Abu al-Qasim kämpfänden Kaiser Otto II. zugeführt werden musste. Es handelte sich um 2.090 gepanzerte Reiter, darunter je 100 aus dem Erzbistum Köln und dem Erzbistum Mainz.[5] Jedoch ging die Schlacht am Kap Colonna im Juli 982 verloren.

In der Schlacht von Doryläum im Juli 1097 standen sich maximal 30.000 Ritter des ersten Kreuzzuges und höchstens 8.000 Rum-Seldschuken gegenüber, letztere unterlagen.

Weitere bedeutende Schlachten des Mittelalters und der aufgebotenen Truppenstärke zeigt folgende Tabelle:[6]

SchlachtZeitraumSchlachtfeldbeteiligte Soldaten
Schlacht bei BouvinesJuli 1214Frankreich Frankreichetwa 17000
Schlacht von WorringenJuni 1288Deutschland Deutschlandetwa 9000
SporenschlachtJuli 1302Belgien Belgienetwa 17000
Schlacht von BannockburnJuni 1314Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreichmaximal 35000
Schlacht bei TannenbergJuli 1410Polen Polenmaximal 66000
Schlacht bei GuinegateAugust 1513Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreichetwa 37000

Eine der größten militärischen Auseinandersetzungen bis zur Gründerzeit war im Juni 1815 die Schlacht bei Waterloo, die von der Koalition unter Wellington und Blücher gegen Napoleon Bonaparte gewonnen wurde. Die Koalition besaß eine Truppenstärke von 78708 Mann, Blüchers Armee zählte 48.000 Mann.

Im Ersten Weltkrieg kam die Triple Entente auf 42,188 Millionen Soldaten, die gegnerischen Mittelmächte auf 22,85 Millionen.[7] Im Zweiten Weltkrieg standen sich folgende Armeen gegenüber:[8]

JahrVereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichFrankreich FrankreichRussland RusslandVereinigte Staaten Vereinigte StaatenDeutschland DeutschlandItalien ItalienJapan Japan
1939480500045221740
1940227370005000576223401630
1941338371001620730932272420
19424091113403970841038102840
19434761118589020948038153700
19444967122251141094205380
19455090121001143078307730

Die Truppenstärke der französischen Streitkräfte wurde nur bis 1940 veröffentlicht.

Bundeswehr

Die Truppenstärke der Bundeswehr entwickelte sich wie folgt:[9]

JahrSoldaten
1960258.080
1970468.484
1980490.243
1990458.752
1995344.690
2000318.713
2005251.722
2010245.823
2015179.633
2020183.969

Den Höchststand erreichte die Truppenstärke 1987 mit 495.649 Soldaten, danach sank die Zahl kontinuierlich und belief sich 2021 auf 183.725 Soldaten.

International

International besitzen folgende Staaten die größten Armeen:[10]

Wichtige Armeen weltweit
StaatSoldatenAnteil an
Bevölkerung
in %
China Volksrepublik Volksrepublik China20000000,14
Indien Indien14500000,11
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten13900000,43
Korea Nord Nordkorea12000004,71
Russland Russland8500000,59
Pakistan Pakistan6400000,31
Iran Iran5750000,71
Korea Sud Südkorea5550001,08
Vietnam Vietnam4700000,50
Agypten Ägypten4500000,48

Meist verfügen bevölkerungsreiche Flächenstaaten über die größten Armeen. Dieser Grundsatz wird lediglich von Nord- und Südkorea und Iran durchbrochen, die überproportional besetzte Armeen besitzen. Legt man als Maßstab die Gesamtbevölkerung an, so sind die Armeen dieser Staaten vergleichsweise zu groß.

Österreich und Schweiz
StaatSoldatenAnteil an
Bevölkerung
in %
Osterreich Österreich0550000,63
Schweiz Schweiz1475101,74

Der Anteil der Schweizer Armee an der Gesamtbevölkerung ist mit 1,74 % mehr als doppelt so hoch wie beim Bundesheer, bei der Bundeswehr liegt der Anteil mit 0,22 % im internationalen Vergleich sehr niedrig.

Dynamik der Truppenstärke

Die Truppenstärke und damit auch die Kampfkraft ändern sich während eines Krieges, weil gefallene, in Kriegsgefangenschaft geratene oder fahnenflüchtige Soldaten die Truppenstärke dezimieren und weitere Mobilmachungen zur Verstärkung beitragen. Gleiches gilt für die quantitative Kampfkraft, wenn Kriegswaffen zerstört oder vom Gegner in Besitz genommen werden.

Die Truppenstärke ist in Deutschland nach der Maximalzahl durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag (Artikel 3 Absatz 2), welcher am 12. September 1990 unterzeichnet wurde, auf eine maximale Stärke von 370.000 Mann (davon maximal 345.000 Soldaten der Land- und Luftstreitkräfte) begrenzt. Betrachtet man diese Zahl als Sollstärke, so wird diese nur zu rund 53 % durch die Iststärke erreicht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ulrich Wendel, Die Orientierungsbibel, 2022, S. 191 ff.
  2. Elke Stein-Hölkeskamp/Karl-Joachim Hölkeskamp (Hrsg.), Erinnerungsorte der Antike, 2006, S. 205
  3. Christian Mann, Militär und Kriegführung in der Antike, 2013, S. 99
  4. Christian Mann, Militär und Kriegführung in der Antike, 2013, S. 42
  5. Martin Clauss, Militärgeschichte des Mittelalters, 2020, S. 39
  6. Hans Delbrück, Das Mittelalter, 1923, S. 431 ff.
  7. Statista, Mobilisierte Streitkräfte und Verluste aller kriegsführenden Staaten im Ersten Weltkrieg in den Jahren 1914 bis 1918, Januar 2005
  8. Statista, Armeestärken im Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1939-1945, Soldaten in Tausend, Januar 1998
  9. Statista, Personalbestand der Bundeswehr von 1959 bis 2021, 2022
  10. Statista, Staaten mit den größten militärischen Streitkräften nach Truppenstärke im Jahr 2022, 2022

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