Thörlerbahn

Thörlerbahn
Kapfenberg–Au-Seewiesen
Streckenlänge:22,7 km
Spurweite:760 mm (Bosnische Spur)
0,0Kapfenberg 509 m ü. A.
(Übergang zur Südbahn)
0,5Kapfenberg Landesbahn
2,8Winkl
3,9Einöd 537 m ü. A.
5,5Hansenhütte 551 m ü. A.
10,0Margarethenhütte 616 m ü. A.
11,4Thörl 630 m ü. A.
11,5Thörler Tunnel 8,8 Meter
12,6Aflenz zuletzt in Thörl umbenannt642 m ü. A.
13,4Wappensteinhammer 646 m ü. A.
15,2Mitterberg
17,3Hinterberg 686 m ü. A.
19,8Seebach-Turnau 715 m ü. A.
22,7Au-Seewiesen 1964 eingestellt

Die Thörlerbahn, im amtlichen Sprachgebrauch Lokalbahn Kapfenberg–Au-Seewiesen, war eine von den Steiermärkischen Landesbahnen betriebene Schmalspurbahn mit 760 mm Spurweite. Sie verband die Region um Aflenz in der Obersteiermark mit der Südbahn bei Kapfenberg.

Geschichte

Bau des kurzen Tunnels bei Thörl, August 1893

Ursprünglich als Teilstück einer projektierten Bahnverbindung vom Mürztal nach Mariazell geplant, wurde die Schmalspurbahn 1893 eröffnet. Die Bahn brachte der Region vor allem durch den Güterverkehr wirtschaftlichen Aufschwung, besonders die Eisenindustrie profitierte von dem damals innovativen Transportmittel. Im Personenverkehr erlangte die Verbindung nie große Bedeutung, da die größeren Orte wie Aflenz oder Turnau abseits der Strecke lagen und die weitere Verbindung zur Mariazellerbahn nie verwirklicht wurde.

Ab 1933 setzten die Steiermärkischen Landesbahnen von Austro-Daimler gebaute Benzintriebwagen (Schienenbusse) der Reihe VT/s auf der Strecke ein. Die vierachsigen, mit zwei je 80 PS starken Motoren ausgestatteten Triebwagen besaßen erstmals hydraulische Kraftübertragung und Luftfederung. Der Leichtbau-Wagenkasten und die Benzinmotore hielten dem rauen Eisenbahnbetrieb auf Dauer jedoch nicht stand. Spätestens zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die Fahrzeuge aufgrund von Schäden und Treibstoffmangels abgestellt.

Am 15. März 1959 wurde der Personenverkehr aufgegeben; der Streckenabschnitt von Seebach-Turnau nach Au-Seewiesen wurde 1964 komplett abgetragen. Der Güterverkehr für die Eisenindustrie bis Thörl entwickelte sich hingegen positiv, der Betrieb wurde in den 1960er-Jahren auf Dieseltraktion umgestellt, moderne Güterwagen beschafft, der Oberbau an die gestiegenen Lasten angepasst und zuletzt Anfang der 1990er-Jahre am Kapfenberger Landesbahnhof noch ein modernes Remisen- und Werkstättengebäude errichtet.

Der Abschnitt von Aflenz nach Seebach-Turnau, der nur noch sporadisch zum Holztransport diente, wurde Ende 1990 eingestellt. Der Verein Thörlerbahn hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Streckenabschnitt vor der Abtragung zu bewahren. Er nahm 1991 einen Nostalgiezug-Probebetrieb mit geliehenen Fahrzeugen auf. Dieses Angebot wurde durchwegs positiv angenommen, so dass in den folgenden Jahren ein zunächst vielversprechendes Museumsbahn-Projekt aufgebaut werden konnte: Personenwagen wurden nach historischem Vorbild auf Güterwagen-Fahrgestellen aufgebaut und die letzte Originaldampflokomotive No. 6 THÖRL, zugleich die letzte existierende Maschine einer mit der Reihe Z eng verwandten Reihe, konnte vom Club 760 angemietet und reaktiviert werden.

Eine Bankpleite führte jedoch 1995 die lokale Eisenindustrie in den Konkurs, so dass sich die Landesbahnen nach Wegfall des größten (und praktisch einzigen) Frachtkunden gezwungen sahen, den Betrieb zu beenden. Bis Saisonende 1998 durfte der Verein noch die Schienen nutzen, eine vollständige Übernahme der 20 km langen Strecke war jedoch aus finanziellen Gründen nicht möglich. Mangels Unterstützung in der Region, hier wurde eher die Nutzung der Bahntrasse als Radweg und zur Verbreiterung der Bundesstraße begrüßt, meldete der Verein nach Ausfall der Saison 1999 Konkurs an. Die Fahrzeuge wurden verkauft oder an ihre Eigentümer zurückgegeben. Am 31. Oktober 1999 befuhr eine Draisine letztmals die Thörlerbahn.

In den Jahren 2003 und 2004 wurden die Gleise abgetragen und, wie schon zuvor angedacht, ein Bahntrassenradweg errichtet.

Das Aufnahmsgebäude sowie das Gütermagazin des Bahnhofes Thörl stehen unter Denkmalschutz.

Literatur

  • Dietmar Zehetner. Unvergessene Thörlerbahn. Sutton Verlag. 2013
  • Walter Krobot, Josef Otto Slezak, Hans Sternhart: Schmalspurig durch Österreich. Geschichte und Fahrpark der Schmalspurbahnen Österreichs von 1825 bis 1975. 4. Auflage. Verlag Slezak, Wien 1991, ISBN 3-85416-095-X (Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte. 3).
  • J. O. Slezak, H. Sternhart: Renaissance der Schmalspurbahn in Österreich. Verlag Slezak, Wien 1986, ISBN 3-85416-097-6 (Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte. 36).
  • Markus Strässle: Schmalspurbahn-Aktivitäten in Österreich. Verlag Slezak, Wien 1997, ISBN 3-85416-184-0 (Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte. 43).

Weblinks

Commons: Thörlerbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Kapfenberg Lokalbahn U40 19910915.jpg
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StLB U40 mit einem der ersten Dampfbummelzüge der Thörlerbahn im Kapfenberger Landesbahnhof.
Fahrpläne Höllentalbahn Neuberg Thörlerbahn Breitenauerbahn Übelbach 1946-47.jpg
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Fahrpläne der Bahndienste der Österreichischen Bundesbahnen (Staatseisenbahnnen) und Privatbahnen 1946/47 für die Höllentalbahn Payerbach - Hirschwang, die Neuberger Bahn Mürzzuschlag - Neuberg, die Thörlerbahn, die Breitenauerbahn und die Lokalbahn Peggau - Übelbach
Thoerl tunnelbau.jpg
Building of the only tunnel of the Kapfenberg narrow gauge line near Thörl
Thörlerbahn Triebwagen ca 1933.jpg
Autor/Urheber: unbekannt (Abdruck in: Dietmar Zehetner: Unvergessene Thörlerbahn, Sutton Verlag, Wien 2013, S. 30). Für die Datei: Josef Moser, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Triebwagen der Austro-Daimler auf der Thörlerbahn: Die steiermärkischen Landesbahnen beschafften 1933 zwei solche Triebwagen (neben einigen anderen, auch) für den Personenverkehr auf der Thörlerbahn. Diese Wagen bewährten sich nicht, wurden zu Personenwagen umgebaut und letztlich auf der Stainzerbahn 1945-1951 verwendet, danach verschrottet.
Bahnhof Thoerl 2003 1.jpg
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Aufnahmsgebäude und Gütermagazin des Bahnhofes Thörl (ursprünglich Bahnhof Aflenz), kurz nach Abtragung der Gleise
Au Seewiesen hist.jpg
Au-Seewiesen station, original terminus of the Kapfenberg narrow gauge line in Styria
Au-Seewiesen Bahnhof 19910915.jpg
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Empfangsgebäude des ehemaligen Bahnhofs Au-Seewiesen, Steiermark.