Stadtkirche St. Georg (Schmalkalden)

Ansicht der Kirche St. Georg von Nordwest
Ansicht vom Altmarkt
Blick zum Chor

Die Stadtkirche St. Georg in Schmalkalden ist eine spätgotische Hallenkirche, die in den Jahren 1437 bis 1509 erbaut wurde.

Geschichte und Architektur

An Stelle der heutigen Kirche befand sich als ein romanischer Vorgängerbau die Marienkirche. Deren unterer Teil blieb als Südwestturm erhalten. Die Fensterarkaden des Turms lassen sich auf das ausgehende 12. Jahrhundert datieren. Wegen Baufälligkeit wurde der Turm ab 1434 bis zum zweiten Obergeschoss abgetragen.

Der Bau der Kirche St. Georg begann 1437 und dauerte bis 1509. Dabei wurde der Neubau um die romanische Kirche herum errichtet. Man sieht noch heute anhand einer Naht sowie der romanischen Rundbögen der Fenster am höchsten der drei Türme, wo alte und neue Kirche verbunden wurden. Die neue Kirche wurde 1500 durch den Bischof von Würzburg geweiht. Daran erinnert die Inschrift Anno domini MCCCCC completum est praesens opus („Im Jahr des Herrn 1500 ist vollendet worden das gegenwärtige Werk“) im Chorraum.

1537 predigte Martin Luther vor dem Schmalkaldischen Bund in der Kirche St. Georg.

Der teilweise abgetragene Südwestturm wurde ab 1570 wieder aufgebaut. Er erhielt in etwa 50 Meter Höhe eine Türmerwohnung, die von 1571 bis 1935 bewohnt wurde. Der beim Neubau neu errichtete Nordwestturm wurde baulich anders gestaltet, die beiden unterschiedlichen Türme sind heute ein Wahrzeichen der Kirche.

Die Kirche ist eine dreischiffige, breit proportionierte spätgotische Hallenkirche. Sie weist verschiedene, reiche und teils virtuose Gewölbeformen auf. Sie zeigen teilweise auch Maßwerkformen. Die Dienste, die den Pfeilern vorgelagert sind, ruhen auf verschieden gestalteten Konsolen mit Kopfmotiven. Der Chor mit Netzgewölben schließt sich in der Breite des Mittelschiffs an den Triumphbogen an. Er endet nach Osten in einem Fünfachtelschluss. An der Nordseite des Chores ist die Sakristei mit der darüber liegenden Paramentenkammer und Bibliothek angebaut.

Insgesamt ist die Seite der Kirche, die zum Markt zugewandt ist, reicher verziert als die vom Markt abgewandte Seite. Besonders der Chor ist reich mit Maßwerkauflagen verziert und verfügt über Spitzbogenfenster mit reichem Maßwerk. Auffällig ist die Bauplastik an einem Chorstrebepfeiler, die eine porträthafte Darstellung eines Kopfes in einem Fenster mit Fensterladen zeigt. Ein Kielbogenportal mit Maßwerk ist auf der Südseite angeordnet.

Ausstattung

Taufstein von 1560

Die mittelalterliche Ausstattung wurde nach der Reformation weitgehend beseitigt. Besonders zum Anfang des 17. Jahrhunderts kam es zu heftigen Auseinandersetzungen über die Ausstattung. 1698 wurden die mittelalterlichen Skulpturen und Altäre entfernt. Die Bemalungen der Emporen von 1503 wurden um 1900 in den Brüstungen aus der Barockzeit wiederentdeckt.

Der Altar besteht nur aus der gemauerten Mensa. Der Taufstein wurde im Jahr 1560 geschaffen und im Chorraum aufgestellt. Die Kanzel wurde 1669 fertiggestellt. Ein Kronleuchter wurde 1642 angefertigt.

Die den Innenraum zu einem Gesamteindruck bindenden Glasfenster schuf Charles Crodel. Die Glasmalereien der Orgelempore spielen mit Bildmotiven des Hohen Liedes Salomonis und erreichen die Qualität der frühen, in Jena entstanden Farbholzschnitte Crodels.

An Luthers Aufenthalt erinnert die sogenannte „Lutherstube“, die ehemalige Paramentenkammer über der Sakristei. Hier hielt sich der Kirchenreformer vor den Gottesdiensten auf. Die „Lutherstube“ verfügt über ein Kreuzigungsgemälde aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, einen dreiflügeligen Schnitzaltar und einen sitzenden Schmerzensmann (Christus in der Rast) aus der Zeit um 1500.

Orgel

Orgel von A. Schuster & Sohn

Eine erste kleine Orgel wurde 1606/1607 von Christian Busse erbaut.[1]

Die Firma A. Schuster & Sohn schuf 1961 die heutige Orgel. Sie verfügt über 39 Register mit etwa 2800 Pfeifen auf drei Manualen und Pedal.[2][3]

Der Prospekt wurde von Fritz Leweke entworfen.

I Rückpositiv C–g3
Gedackt8′
Prästant4′
Rohrflöte4′
Oktave2′
Sifflöte1′
Sesquialter II
Scharff IV1′
Krummhorn8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
Quintade16′
Prinzipal8′
Gemshorn8′
Harfpommer8′
Oktave4′
Blockflöte4′
Quinte223
Oktave2′
Mixtur IV113
Kleinmixtur III12
Trompete8′
III Seitenwerk C–g3
Holzgedackt8′
Quintatön8′
Prinzipal4′
Nachthorn4′
Waldflöte2′
Nasat223
Terz135
Spitzquinte113
Cymbel III12
Rankett16′
Regal4′

Tremulant

Pedal C–d1
Prinzipal16′
Subbass16′
Oktavbass8′
Gedacktbass8′
Choralbass4′
Choralflöte II2′
Rauschpfeife V223
Posaune16′
Feldtrompete4′

Glocken

Die Stadtkirche St. Georg verfügt über fünf Glocken aus dem 19. Jahrhundert. Die größte Glocke, genannt „Große Oster“, zählt zu den größten Thüringens.

Nr.NameGießerGewichtDurchmesserNominalInschrift
1Große OsterRobert Mayer, Ohrdruf, 18523606 kg1830 mma0Stumm ein entschlafender Schwan, so harrt ich vergessen der Zukunft.

Ach mich beseelte kein Klang, grüßte kein festlicher Chor. Doch, da erglühte die Brust mir in läuternder Flamme Umarmung. Herrlich aus Asche und Glut rang ich verjüngt mich empor. Wieder ertönt wie zuvor mein erhebender Ruf der Gemeinde. Klagt zu der Weinenden Leid, jauchzt zu der Jubelnden Glück. Weckt in den Tiefen der Seele das Weh nach der himmlischen Heimath. Feiert die Tage des Herrn, heiligt die weltliche Lust. Dir aber, gläubiger Christ, Dir sei ich ein mahnendes Sinnbild. Herrlich aus irdischer Nacht Steigst Du wie ich einst zum Licht.

2Kleine OsterC. F. Ulrich, Apolda, 18441700 kg1400 mmd1Ohne Geist und ewiges Leben dien ich dem Herrn.

Beides ist Euch Menschen gegeben dienet ihm gern. Rufe, o tönend Erz, so oft dein metallener Mund sich oeffnet, über die Stadt Segen herab und Gedeihn.

3SechsuhrglockeBalthasar Bittorf und Sohn, 1814700 kg1080 mmfis1Im Jahre Christi MDCCCXIV wurde diese Terzglocke von den Zinsen des Baukapitals

welches der Bürger und Armenfreund Johann Michael Kreuter Luther. Confession vormals Zinn – Knopffabrikant v. Bürgermeister allhier zur Erhaltung der hiesigen Stadtkirche vermacht hat.

4NeunuhrglockeC. F. Ulrich, Apolda, 1845500 kg940 mma1Halb nur gehör ich der Erde zur Hälfte gehör ich dem Himmel.

Irdischen Stoffs ist mein Leib, himmelentsprossen mein Ruf. Bald ertönt er dem sterblichen Ohr wie Klage der Engel. Bald wie Mahnung des Herrn, ladend zu Dank und Gebet.”

5Sterbe- oder KlängglöckchenRobert Mayer, Ohrdruf, 1852250 kg770 mmcis2Armer Dulder, mein Ruf erreicht dein sterbliches Ohr nicht.

Heil dir, wenn du gehört, ehe ich zur Ewigkeit rief.

Der Dachreiter auf dem Chor besitzt außerdem zwei Schlagglocken, die die Stunden und Viertelstunden schlagen.

Literatur

  • Klaus Mertens: Stadtkirchen in Thüringen. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1982, S. 179–180.

Weblinks

Commons: Stadtkirche St. Georg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gerhard Aumüller: Orgeln, Orgelbauer und Organisten der Schütz-Zeit in Hessen. S. 117–118.
  2. Orgelbau Welde: Werkverzeichnis, auf der Website von Orgelbau Welde, gesehen am 21. Mai 2016.
  3. Informationen zur Orgel

Koordinaten: 50° 43′ 18″ N, 10° 27′ 3″ O

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Orgel im Westchor der Stadtkirche St. Georg (Schmalkalden) von A. Schuster & Sohn (1964, III/P 39)[1]
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Kirche St.Georg; Schmalkalden
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achteckiger Taufstein von 1560 im Chorraum der Stadtkirche St. Georg (Schmalkalden)