Schweizer Parlamentswahlen 1975

1971Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1975
1979
Wahlbeteiligung: 55,1 %
 %
30
20
10
0
24,87
22,21
21,09
9,94
6,07
2,67
2,47
2,45
2,37
5,85
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1971
 %p
   2
   0
  −2
  −4
+1,97
+0,39
+0,77
−1,13
−1,56
−1,36
−0,73
+0,26
−0,21
+1,59
Bundeshaus in Bern:
Sitz des Schweizer Parlaments

Die Schweizer Parlamentswahlen 1975 fanden am 26. Oktober 1975 statt. Dabei waren die 200 Mandate des Nationalrats sowie 35 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 40. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1979.

Für die 200 Mandate des Nationalrats gab es 1'947 Kandidaturen (1'618 Männer und 329 Frauen).[1] Grosser Wahlsieger waren die Sozialdemokraten. Sie steigerten sich von 46 auf 55 Sitze. Ihr Erfolg wurde damals üblicherweise auf die damalige Wirtschaftskrise zurückgeführt.[2] Die beiden „Überfremdungsparteien“ Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat und Republikaner mussten demgegenüber einen Grossteil ihrer 1971 gewonnenen Mandate wieder abgeben. Dagegen gewann die rechtspopulistische Lokalpartei Vigilance aus Genf erstmals einen Nationalratssitz. Ebenfalls einen Sitz erzielte der Partito Socialista Autonomo, eine linke SP-Abspaltung aus dem Tessin. Erfolglos blieben hingegen die erstmals grossflächig angetretenen 68er-Parteien POCH und RML.

Im Ständerat gab es keine grossen Veränderungen: Die SP gewann ein Sitz, die Liberalen verloren ein Sitz.

Die Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1975 erreichte mit 55,1 % ihren damals tiefsten Wert seit der Einführung der Proporzwahl 1919, sie sank aber bei folgenden Wahlen noch weiter und erreichte 1995 mit 42,2 % ihren vorläufigen Tiefpunkt.

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 26. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. Dabei kam es zu mehreren 2. Wahlgängen. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden die Ständeräte. Die Kantone Graubünden (Wahlperiode von 1974 bis 1979) und Zug (1974–1978) hatten abweichende Wahltermine. Im Kanton Bern wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. Durch die Gründung des Kantons Jura kam es dort zu ausserordentlichen Ständeratswahlen am 19. November 1978.

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Parteien, Stimme, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1975/Resultate Nationalratswahlen.

Insgesamt 200 Sitze
ParteiWähler%(+/-)Sitze(+/-)
Sozialdemokratische Partei480'39624,87 %+1,97 %55+9
Freisinnig-Demokratische Partei428'91922,21 %+0,39 %47−2
Christlichdemokratische Volkspartei407'28621,09 %+0,77 %46+2
Schweizerische Volkspartei192'0539,94 %−1,13 %21−2
Landesring der Unabhängigen117'2176,07 %−1,56 %11−2
Republikanische Bewegung51'6602,67 %−1,36 %3−4
Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat47'7962,47 %−0,73 %2−2
Liberale Partei der Schweiz47'2562,45 %+0,26 %6±0
Partei der Arbeit45'7992,37 %−0,21 %4−1
Evangelische Volkspartei37'9591,97 %−0,15 %3±0
Progressive Organisationen der Schweiz19'1730,99 %+0,90 %0±0
Revolutionäre Marxistische Liga7'1260,37 %+0,37 %0±0
Eidgenössisch-Demokratische Union16'7170,35 %+0,35 %0±0
Partito Socialista Autonomo (PSA) (TI)26'7060,35 %+0,09 %1+1
Unité Jurassienne (BE)36'1670,32 %+0,32 %0±0
Vigilance (GE)5'5320,29 %+0,07 %1+1
Mouvement démocratie et progrès (VS)43'3400,17 %+0,17 %0±0
Parti chrétien-social indépendent du Jura (BE)52'8830,15 %−0,15 %0±0
Politisch interessierte Frauen (ZH)2'5840,13 %+0,13 %0±0
Team 67 (AG)2'4960,13 %−0,06 %0±0
Parti progressiste national (NE)62'4340,13 %+0,01 %0±0
Liga zum Schutz von Lebensraum und Lebensqualität (ZH, BS, AG)2'0200,11 %+0,11 %0±0
Aktion für echte Wahlen im Kanton Glarus (GL)1'6590,09 %+0,09 %0±0
Mouvement populaire vaudois pour l’environnement (VD)71'2460,06 %+0,06 %0±0
Liberalsozialisten und Freie Bürger (ZH)1'1070,06 %+0,06 %0±0
Neue Demokratische Bewegung – Liste der Demokraten (ZH)8770,05 %+0,05 %0±0
Freie Zürcher Bürger (ZH)4030,02 %+0,02 %0±0
Liste du Mouvement populaire socio-écologique (FR)83320,02 %+0,02 %0±0
Europäische Föderalistische Partei (ZH)3030,02 %−0,09 %0±0
Diritti Democratici Ticinesi (TI)92090,01 %+0,01 %0±0
Liberale Bewegung (GR)1380,01 %+0,01 %0±0
Interessen-Gemeinschaft für Schweizer Arbeitnehmer (BS)630,00 %±0,00 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen (AI, GL, NW, OW, UR)1'5320,08 %+0,04 %0±0
Total1'931'387100 %±0200±0
1 
inkl. Rassemblement national républicain vaudois (VD)[3]
2 
auf Deutsch: Unabhängige Sozialistische Partei
3 
4 
auf Deutsch: Bewegung für Demokratie und Fortschritt
5 
auf Deutsch: Unabhängige Christlich-soziale Partei des Jura
6 
auf Deutsch: Nationale Fortschrittspartei
7 
auf Deutsch: Waadtländer Volksbewegung für Umweltschutz, Vorgäinger der Grünen Kanton Waadt
8 
auf Deutsch: Liste der sozial-ökologischen Volksbewegung
9 
auf Deutsch: Tessiner Demokratische Rechte

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1975/Resultate Nationalratswahlen

KantonSPFDPCVPSVPLdUREP/VNALPSPdAEVPPOCH
Kanton Aargau Aargau24,2 %17,7 %20,7 %12,8 %6,6 %6,5 %3,5 %4,6 %0,6 %
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden40,1 %45,8 %14,1 %
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft30,3 %23,9 %13,3 %10,6 %11,2 %5,6 %1,8 %3,3 %
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt33,3 %11,4 %12,1 %9,9 %8,2 %11,6 %4,6 %4,0 %4,2 %
Kanton Bern Bern31,0 %17,6 %5,3 %27,1 %4,7 %2,4 %3,4 %0,6 %3,5 %0,5 %
Kanton Freiburg Freiburg25,7 %22,1 %46,9 %4,3 %
Kanton Genf Genf22,6 %16,6 %14,7 %2,4 %6,9 %1,7 %16,0 %18,0 %
Kanton Graubünden Graubünden15,2 %18,1 %35,9 %26,9 %3,5 %
Kanton Luzern Luzern13,4 %29,1 %50,1 %5,3 %1,8 %
Kanton Neuenburg Neuenburg38,9 %22,4 %22,1 %9,8 %
Kanton Schaffhausen Schaffhausen37,2 %40,1 %16,6 %6,1 %
Kanton Schwyz Schwyz29,3 %21,3 %46,4 %3,0 %
Kanton Solothurn Solothurn31,4 %38,7 %26,0 %3,4 %
Kanton St. Gallen St. Gallen15,1 %25,1 %43,3 %8,0 %5,4 %2,2 %0,4 %0,5 %
Kanton Tessin Tessin13,9 %39,1 %35,7 %3,6 %
Kanton Thurgau Thurgau21,6 %14,4 %22,3 %25,1 %6,6 %7,6 %2,5 %
Kanton Waadt Waadt27,6 %25,6 %4,6 %8,0 %1,6 %3,1 %1,6 %13,6 %10,7 %
Kanton Wallis Wallis17,4 %18,9 %59,7 %
Kanton Zug Zug35,7 %23,1 %39,4 %
Kanton Zürich Zürich23,9 %18,5 %9,4 %11,3 %15,6 %6,2 %4,4 %1,1 %5,4 %1,5 %
Schweiz24,9 %22,2 %21,1 %9,9 %6,1 %3,0 %2,5 %2,5 %2,4 %2,0 %1,0 %
S1 
inkl. Vigilance

Sitzverteilung in den Kantonen

Quelle: [4]

Stimmen und Prozente in den Kantonen sowie die Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1975/Resultate Nationalratswahlen.

KantonTotalSPFDPCVPSVPLdULPSPdAEVPREPNAVigPSA
Kanton Aargau Aargau144+13321−11
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell Ausserrhoden211
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell Innerrhoden11
Kanton Basel-Landschaft Basel-Landschaft722111
Kanton Basel-Stadt Basel-Stadt73+111110−1
Kanton Bern Bern3111+16+11101−110−11
Kanton Freiburg Freiburg62+11−13
Kanton Genf Genf113+121−122−11+1
Kanton Glarus Glarus11
Kanton Graubünden Graubünden51+1121−1
Kanton Luzern Luzern9135
Kanton Neuenburg Neuenburg5221
Kanton Nidwalden Nidwalden11
Kanton Obwalden Obwalden11
Kanton Schaffhausen Schaffhausen211
Kanton Schwyz Schwyz310−12+1
Kanton Solothurn Solothurn7232
Kanton St. Gallen St. Gallen122361
Kanton Tessin Tessin813−131+1
Kanton Thurgau Thurgau6112+120−1
Kanton Uri Uri11
Kanton Waadt Waadt165+1511220−1
Kanton Wallis Wallis7115
Kanton Zug Zug21+10−11
Kanton Zürich Zürich359+17+14+14−1622−21
Schweiz20055+947−246+221−211−26±04−13±03−42−21+11+1

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1975Wahlen 1971
CVP1717
FDP1515
SVP55
SP54
LPS12
LdU11

Gewählte Ständeräte

Trotz Frauenwahlrecht waren alle Mitglieder des Ständerats Männer. Detaillierte Ergebnisse mit Stimmen aller Kandidierenden unter [5]

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
Kanton Aargau AargauRobert Reimann, CVP (bisher)Willy Urech, FDP (bisher)
Kanton Appenzell Ausserrhoden Appenzell AusserrhodenHans Ulrich Baumberger, FDP (neu)nur ein Sitz
Kanton Appenzell Innerrhoden Appenzell InnerrhodenRaymond Broger, CVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Landschaft Basel-LandschaftWerner Jauslin, FDP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Basel-Stadt Basel-StadtWilli Wenk, SP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Bern BernFritz Krauchthaler, SVP (bisher)Maurice Péquignot, FDP (bisher)
Kanton Freiburg FreiburgJean-François Bourgknecht, CVP (neu)Pierre Dreyer, CVP (bisher)
Kanton Genf GenfWilly Donzé, SP (neu)Olivier Reverdin, LPS (bisher)
Kanton Glarus GlarusPeter Hefti, FDP (bisher)Fridolin Stucki, DP/SVP (bisher)
Kanton Graubünden GraubündenLeon Schlumpf, SVP (neu)Gion Clau Vinzenz, CVP (bisher)
Kanton Luzern LuzernAlphons Egli, CVP (neu)Peter Knüsel, FDP (bisher)
Kanton Neuenburg NeuenburgPierre Aubert, SP (bisher)Carlos Grosjean, FDP (bisher)
Kanton Nidwalden NidwaldenEduard Amstad, CVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Obwalden ObwaldenJost Dillier, CVP (bisher)nur ein Sitz
Kanton Schaffhausen SchaffhausenKurt Bächtold, FDP (bisher)Konrad Graf, SVP (bisher)
Kanton Schwyz SchwyzAlois Dobler, CVP (neu)Josef Ulrich, CVP (bisher)
Kanton Solothurn SolothurnUlrich Luder, FDP (bisher)Walter Weber, SP (neu)
Kanton St. Gallen St. GallenPaul Bürgi, FDP (neu)Paul Hofmann, CVP (bisher)
Kanton Tessin TessinFranco Masoni, FDP (neu)Alberto Stefani, CVP (bisher)
Kanton Thurgau ThurgauHeinrich Herzog, SVP (bisher)Hans Munz, FDP (bisher)
Kanton Uri UriLeo Arnold, CVP (bisher)Franz Muheim, CVP (bisher)
Kanton Waadt WaadtEdouard Debétaz, FDP (neu)Jacques Morier-Genoud, SP (neu)
Kanton Wallis WallisGuy Genoud, CVP (neu)Odilo Guntern, CVP (neu)
Kanton Zug ZugOthmar Andermatt, FDP (bisher)Hans Hürlimann, CVP (bisher)
Kanton Zürich ZürichAlbin Heimann, LdU (bisher)Fritz Honegger, FDP (bisher)

Fraktionen in der 40. Legislaturperiode

Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien. Nur Fraktionen stellen Mitglieder in den Kommissionen des National- oder Ständerats. Fraktionslose dagegen haben keinen Einsitz in diesen Kommissionen. Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.[6]

FraktionGesamtNationalratStänderat
Christlichdemokratische Fraktion634617
Freisinnig-Demokratische Fraktion624715
Sozialdemokratische Fraktion60555
Fraktion der Schweizerischen Volkspartei26215
Fraktion des Landesrings12111
Liberale und evangelische Fraktion1091
Partei der Arbeit und Autonome Sozialistische Partei550
ohne Fraktionszugehörigkeit660

Einzelnachweise

  1. Anzahl der Kandidaturen nach Kanton
  2. Année politique suisse 1975
  3. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken/tabellen.assetdetail.217225.html
  4. Nationalratswahlen: Mandatsverteilung nach Parteien und Kanton. Bundesamt für Statistik, 1. Dezember 2015, abgerufen am 28. Mai 2017.
  5. Ständeratswahlen in der 40. Legislaturperiode
  6. Fraktionen seit 1912

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