Süddeutsche Fußballmeisterschaft 1903/04

Süddeutsche Fußballmeisterschaft 1903/04
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MeisterKarlsruher FV (4)
Meisterschafts EndrundeDeutsche Fußballmeisterschaft 1903/04
Süddeutsche Fußballmeisterschaft 1902/03
Spieler des Karlsruher FV im Jahr 1904.

Die süddeutsche Fußballmeisterschaft 1903/04 des Verbandes Süddeutscher Fußball-Vereine gewann zum vierten Mal in Folge der Karlsruher FV, dieses Jahr im Endspiel durch einen 5:0-Erfolg gegen den Frankfurter FC Germania. Wie in den meisten Jahren zuvor, war auch diese Meisterschaft durch kurzfristige Spielabsagen und teilweise erratische Änderungen der ursprünglichen Ansetzungen beeinträchtigt, so dass die Schlussphase aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen ist. Termin, Ort und Ergebnis des Endspiels sind aber belegt.[1]

Jedenfalls war es der vierte, nach anderen Quellen sogar fünfte[2] Gewinn der süddeutschen Fußballmeisterschaft für die Karlsruher, die sich dadurch für die deutsche Fußballmeisterschaft 1903/04 qualifizierten. Bei dieser schieden die Karlsruher bereits in der ersten Runde aus, bewirkten aber durch einen Protest gegen die Spielwertung sogar den Abbruch der deutschen Fußballmeisterschaft: Zum ersten Endrundenspiel um die deutsche Meisterschaft mussten die Karlsruher bei Britannia 92 Berlin antreten. Der KFV absolvierte dieses Spiel, das mit 1:6 verloren ging, nicht mit seiner besten Aufstellung, da einige Spieler keinen Urlaub für die weite Reise bekommen hatten. Da das Spiel zudem nicht wie vorgesehen an einem neutralen Ort stattfand, legte der Verein beim DFB Protest gegen dessen Wertung ein. Über diesen Einspruch wurde erst am Morgen des Endspieltermins am 22. Mai 1904 beraten, als die DFB-Funktionäre zu ihrem jährlichen Bundestag zusammenkamen. Der DFB erkannte den Protest der Karlsruher an, sagte kurzerhand das für den Nachmittag geplante Endspiel ab und setzte die Meisterschaft in diesem Jahr aus. Pikanterweise war auf derselben Tagung der Vorsitzende des KFV, Friedrich Wilhelm Nohe, zum neuen DFB-Präsidenten gewählt worden.

Modus und Übersicht

Zum erstmals angewandten Spielbetrieb im Rundenturnier wurde das Gebiet des Verbands Süddeutscher Fußball-Vereine (VSFV) in sechs Gaue aufgeteilt, deren Meister sich für die süddeutsche Endrunde qualifizierten. Die regionalen Gegebenheiten waren jedoch höchst unterschiedlich. Während der Maingau aufgrund der großen Anzahl von Mannschaften in Staffeln aufgeteilt werden musste, beschränkte sich der Spielbetrieb beispielsweise in ganz Bayern auf noch wenige Vereine. Neben einer Münchner Stadtmeisterschaft wurde mit dem Nürnberg-Fürther Fußball-Bund im Laufe der Saison ein weiterer Verband gegründet. Zu Beginn der Spielzeit 1903/04 gehörten dem VSFV erst 65 Vereine an.

GauGaumeister
MainFrankfurter FC Germania
MittelbadenKarlsruher FV
OberbayernFC Bayern München
OberrheinStraßburger FV
PfalzMannheimer FG 1896
SchwabenStuttgarter Cickers

Gau Main

Die mit Abstand größte Beteiligung gab es im Rhein-Main-Gebiet, für den Maingau meldeten insgesamt 32 Mannschaften, so dass hier eine Unterteilung in Staffeln vorgenommen werden musste. In der Staffel Westmain traten 13 Mannschaften in einer einfachen Runde gegeneinander an, Helvetia Bockenheim zog seine Mannschaft allerdings schon vor Rundenbeginn zurück. In Frankfurt wurde im Anschluss an die Verbandsrunde des VSFV eine Meisterschaft des Frankfurter Association Bunds ausgetragen, an der sich vier Mannschaften beteiligten und die der Frankfurter FC 1899 Kickers für sich entschied.

Staffel Ostmain

Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
 1.Darmstädter FC 5 5 0 0025:5005,0010:00
 2.1. Hanauer FC 1893 5 4 0 1038:6006,3308:20
 3.FC Viktoria Hanau 5 3 0 2039:9004,3306:40
 4.Kickers Offenbach 5 2 0 3011:1300,8504:60
 5.Teutonia 1900 Offenbach 5 1 0 4004:3600,1102:80
 6.Viktoria Aschaffenburg 5 0 0 5004:5200,0800:10
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Absteiger
  • Staffel Westmain

    Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
     1.Frankfurter FC Germania 1894 11 10 0 1076:1007,6020:20
     2.Frankfurter FC 1899 Kickers 11 8 1 2066:2602,5417:50
     3.FC Hermannia Frankfurt 11 7 1 3040:2501,6015:70
     4.1. Wiesbadener FC 11 7 1 3040:2901,3815:70
     5.FSV Frankfurt 11 6 1 4056:2402,3313:90
     6.FV Amicitia Bockenheim 11 4 3 4040:2301,7411:11
     7.Bockenheimer FVgg 11 5 1 5030:3900,7711:11
     8.FC Germania Bockenheim 11 5 1 5027:3900,6911:11
     9.Frankfurter FC Victoria 1899 11 4 1 6029:2901,0009:13
    10.Frankfurter FC 1902 11 3 0 8018:3600,5006:16
    11.FC Alemannia Griesheim 11 1 1 9009:7500,1203:19
    12.1. Rödelheimer FC 11 0 1 10004:8000,0501:21
    13.FC Helvetia Bockenheima 0 0 0 0000:0001,0000:00
    a zurückgezogen.
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Absteiger
  • Gau Mittelbaden

    In Mittelbaden dominierte der süddeutsche Titelverteidiger Karlsruher FV und ließ die lokale Konkurrenz hinter sich.

    Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
     1.Karlsruher FV (SM) 2 2 0 0013:10013,0004:00
     2.FC Frankonia Karlsruhe 2 1 0 1004:8000,5002:20
     3.Karlsruher FC Phönix 2 0 0 2004:1200,3300:40
     4.1. FC Pforzheimb 0 0 0 0000:0001,0000:00
    b zurückgezogen.
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Absteiger
  • (SM)süddeutscher Titelverteidiger

    Gau Oberbayern

    In Oberbayern wurde erstmals eine Meisterschaft des Münchner Fußball-Bunds ausgespielt, an der sechs Vereine teilgenommen hatten und aus deren Herbstserie die Fußballabteilung des MTV München hervorgegangen war.[3] Diese Meisterschaft diente nicht als Qualifikation für die süddeutsche Endrunde. Ob zusätzlich noch eine Frühjahrsrunde stattfand, ist aufgrund der schlechten Quellenlage unbekannt. An der VsFV-Meisterschaft nahm der FC Bayern München teil, weil „keine andere Mannschaft gemeldet hatte“.[4]

    Gau Oberrhein

    Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
     1.Straßburger FV 3 3 0 0019:6003,1706:00
     2.Freiburger FC 3 2 0 1015:7002,1404:20
     3.FC Mülhausen 1893 3 0 1 2005:1300,3801:50
     4.Straßburger FC Donar 3 0 1 2008:2100,3801:50
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Absteiger
  • Gau Pfalz

    In Pfalz spielten nur Vereine aus Mannheim, Ludwigshafener Vereine nahmen noch nicht an den Verbandsspielen teil. Mannschaften aus Kaiserslautern, Pirmasens, Zweibrücken und Landau spielten im Verband Pfälzer Vereine für Bewegungsspiele.

    Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
     1.Mannheimer FG 1896 3 3 0 0018:00006:00
     2.Mannheimer FC Viktoria 1897 3 2 0 1007:9000,7804:20
     3.Mannheimer FG Germania 1897 3 1 0 2003:1000,3002:40
     4.Mannheimer FG Union 1897 3 0 0 3005:1400,3600:60
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Gau Schwaben

    Die Mannschaft der Stuttgarter Kickers 1903/04. Über Jahre hinweg die Nummer Eins in Schwaben, konnten sie sich allerdings auf süddeutscher Ebene erst 1907/08 durchsetzen.

    Auch in Schwaben beteiligten sich nur einige wenige Vereine aus der württembergischen Hauptstadt.

    Pl.VereinSp.SUNToreQuotePunkte
     1.Stuttgarter Cickers 3 3 0 0011:00006:00
     2.Stuttgarter FC 1894 3 2 0 1010:9001,1104:20
     3.Süddeutscher FC Stuttgart 3 0 1 2004:1000,4001:50
     4.FC Karlsvorstadt 3 0 1 2002:8000,2501:50
     5.FA Privat TV Ulmc 0 0 0 0000:0001,0000:00
    c zurückgezogen.
  • Qualifikation süddeutsche Endrunde
  • Endrunde um die süddeutsche Meisterschaft

    Daten und Austragungsorte des Karlsruher FV (alle Spiele) nach Ivo Schricker, der selbst mitwirkte.[5]

    Viertelfinale

    DatumErgebnisOrt
    31. Januar 1904Straßburger FV
    (Sieger Gau Oberrhein)
    1:1Karlsruher FV
    (Sieger Gau Mittelbaden)
    Hagenau
    DatumErgebnisOrt
    14. Februar 1904Frankfurter FC Germania 1894
    (Sieger Staffel Westmain)
    2:1aDarmstädter FC
    (Sieger Staffel Ostmain)
    Offenbach
    a Die Darmstädter legten wegen zu kurz bemessener Spielzeit Protest ein.[6] Zum Wiederholungsspiel am 21. Februar trat Darmstadt nicht an. Das Spiel wurde mit 5:0 für Frankfurt gewertet. Erneut legten die Darmstädter Protest ein. Darauf hin wurde am 13. März noch einmal in Frankfurt gespielt.[7]
    DatumErgebnisOrt
    14. Februar 1904Stuttgarter Kickers
    (Sieger Gau Schwaben)
    5:0FC Bayern München
    (Sieger Gau Oberbayern)
    Ulm
    b Die Neue Sportwoche berichtet, Bayern München habe auf die Austragung verzichtet und das Spiel wurde mit 5:0 für Stuttgart gewertet.[8]

    Wiederholungsspiele:

    DatumErgebnisOrt
    14. Februar 1904Karlsruher FV
    (Sieger Gau Mittelbaden)
    4:1Straßburger FV
    (Sieger Gau Oberrhein)
    Hagenau
    DatumErgebnisOrt
    13. März 1904Frankfurter FC Germania 1894
    (Sieger Staffel Westmain)
    2:1Darmstädter FC
    (Sieger Staffel Ostmain)
    Frankfurt

    Halbfinale

    Nun sollte der KFV am 28. Februar 1904 bei Mannheim 1896 antreten, doch wurde die Partie am Vortag abgesagt[9] und, wie es scheint, nicht neu angesetzt. Die Mannheimer trafen stattdessen auf Germania Frankfurt, Karlsruhe auf die Stuttgarter Kickers. Grund hierfür war die Verzögerung im Viertelfinale.[10]

    DatumErgebnisOrt
    13. März 1904Karlsruher FV2:0 (0:0)Stuttgarter KickersStraßburg (Le Nôtre)

    Torschützen für Karlsruhe waren Wetzler und Zinser.[11]

    DatumErgebnisOrt
    20. März 1904Frankfurter FC Germania 1894
    (Sieger Gau Main)
    4:0Mannheimer FG 1896
    (Sieger Gau Pfalz)
    Frankfurt

    Finale

    DatumErgebnisOrt
    27. März 1904Karlsruher FV Karlsruher FV Logo.svg5:0VfL Germania 1894 Frankfurt.svg Frankfurter FC Germania 1894Mannheim

    KFV: Wilhelm LangerFritz Gutsch, Kohts – Erwin Schricker, Ivo Schricker, A. Holdermann („neu aus London“) – Hans Ruzek, Louis Heck, Rudolf Wetzler, Julius Zinser, Fritz Langer.[12] Die Tore beim 5:0 erzielten Wetzler (2) sowie Heck, Zinser und Holdermann.[13]

    Literatur

    • Hardy Grüne: Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga. In: Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs. Band 1. AGON, Kassel 1996, ISBN 3-928562-85-1, S. 20.
    • Der deutsche Fußball (1900–1920) (= Libero, Spezial deutsch, Nr. D3, 1992). IFFHS, Wiesbaden 1992, S. 85.
    • Udo Luy: Fußball in Süddeutschland 1889–1980, Kleinrinderfeld 2016.

    Weblinks

    Einzelnachweise

    1. Neues Wiener Tagblatt vom 28. März 1904, Seite 12, sowie: Wettspielbuch Ivo Schricker (handschriftlich), Seite 17, im DFB-Archiv; siehe außerdem unten „Finale“.
    2. Sportkroniek vom 31. März 1904: „Sedert fijf jaren is de Karlsr. F.V. kampioen van Zuid-Duitschland“ (ein Beispiel, es gibt weitere)
    3. Luy, Seite 150 f.
    4. Luy, Seite 149.
    5. Wettspielbuch Ivo Schricker (handschriftlich), Seite 17, im DFB-Archiv. Das 1:1 beim ersten Spiel in Straßburg enthält den Zusatz „Sumpf“, was erklären könnte (!), warum keine Verlängerung stattfand.
    6. Prager Tagblatt vom 22. Februar 1904, Seite 4
    7. Udo Luy: Fußball in Süddeutschland 1889 - 1908, Kleinrinderfeld 2016, Seite 153
    8. Udo Luy (Seite 153). Auf den Tag war das Spiel angesetzt, doch gab es tags darauf lt. Prager Tagblatt (Seite 4) noch kein Resultat.
    9. Badische Landes-Zeitung vom 2. März 1905, Mittagsblatt, Seite 3
    10. Einige Vorschauen sind so formuliert, dass schon in diesem Spiel am 13. März der neue (oder alte) Meister ermittelt würde, so z. B. die Badische Landes-Zeitung am 2. März 1904, Seite 3, aber auch Sport im Wort, Ausgaben 12 und 13/2004, Seiten 137 bzw. 151 f. Dann kam es anders.
    11. Spielbericht im Prager Tagblatt vom 16. März 1904, Seite 6, worin auch der Termin und Austragungsort bestätigt sind.
    12. Aufstellung so im Halbfinale (!) nach Sport im Wort Nr. 13/1904, S. 151 f.; Tore durch Wetzler (1:0) und Zinser (2:0), Schiedsrichter war Scherwitz aus Straßburg. Die Endspielelf scheint nicht komplett überliefert zu sein.
    13. Prager Tagblatt vom 30. März 1904, Seiten 30 f.; der Spielbericht erwähnt auch beide Schricker, Fritz Langer und Kohts.

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    Mannschaft des Karlsruher FV im Jahr 1904
    Häfner, Julius Zinser, Ivo Schricker, Altenhein, Louis Heck, Fritz Langer, Roth, Holdermann, Wilhelm Langer, Ralf Wetzlich, Fritz Gutsch, Zweerts, Breining

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    Mannschaft der Stuttgarter Kickers in der Spielzeit 1903/04