Nutzungsentgelt

Nutzungsentgelt ist in der Wirtschaft das Entgelt für die gestattete Nutzung von Sachen oder Rechten oder wenn ein Nutzungsrecht nicht oder nicht mehr besteht, die Bezahlung der unentgeltlichen Nutzung einer Sache oder eines Rechts aber der Billigkeit entspricht.

Allgemeines

Nutzungsentgelt ist der Oberbegriff für sämtliche Entgelte aus schuldrechtlichen Gebrauchs- und Nutzungsüberlassungsverträgen wie Mietvertrag, Pachtvertrag, Leasing, Franchising, dingliche Nutzungsrechte (Dienstbarkeiten) oder gewerbliche Schutzrechte wie Urheberrechte, Patente, Lizenzen, Konzessionen, Gebrauchsmuster, Warenzeichen oder Markenzeichen. Auch der Kreditvertrag gilt als Nutzungsüberlassung, weil der Kreditgeber dem Kreditnehmer das Kapital überlässt. Bei der Nutzungsüberlassung räumt der Eigentümer dem Nutzungsberechtigten das Recht zur Nutzung eines Gegenstandes ein und erhält als Gegenleistung ein Nutzungsentgelt.[1]

Der Eigentümer gibt sein Eigentumsrecht nicht auf, sondern räumt dem Nutzungsberechtigten für die Dauer des Dauerschuldverhältnisses die Befugnis zur Nutzung der Gegenstände ein. Das Nutzungsentgelt heißt vertragsspezifisch entsprechend Miete (Mietzins), Pacht (Pachtzins), Leasing-, Franchise- oder Patentgebühr. Das Nutzungsentgelt aus Kapital heißt entweder Kreditzins (Sollzins) oder Habenzins. Endet die vertragliche Nutzungsüberlassung, ohne dass der bisherige Nutzungsberechtigte die Nutzung aufgibt, so steht im Rahmen der Billigkeit dem Eigentümer eine Nutzungsentschädigung zu.

Ermittlung

Am Beispiel eines Kraftfahrzeuges soll die Ermittlung des Nutzungsentgelts nachvollzogen werden. Mit dem Nutzungsentgelt (Nutzungsentschädigung) erhält der Verkäufer eines PKW vom Käufer im Falle einer Rückabwicklung des Kaufvertrages einen Wertersatz für die gefahrenen Kilometer. Maßgeblich sind der Bruttokaufpreis, die erwartete Gesamtlaufleistung und die tatsächlich gefahrenen Kilometer. Bei der Ermittlung des Nutzungsentgelts kann folgende Formel zugrunde gelegt werden:

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Von Bedeutung ist der durch die kostenlose Nutzung ersparte Aufwand des Nutzers, während die eingetretene Wertminderung des Fahrzeugs (die altersbedingte Abnutzung) unberücksichtigt bleibt.[2] Es ist der Gebrauchsnutzen zu ersetzen, nicht jedoch der Wertverlust des Fahrzeugs. Zudem ist irrelevant, ob die Kilometer mit einem neuen oder alten Fahrzeug gefahren wurden oder ob die zu erwartende Gesamtlaufleistung bereits überschritten war. Auch der Restwert des Fahrzeugs fließt in die Berechnung des Entgelts nicht ein.[3]

Einzelne Rechtsgebiete

Nutzungsentgelte spielen vor allem eine Rolle in den Rechtsgebieten des Zivilrechts, Mietrechts oder Familienrechts.

Zivilrecht

Im Schadensersatzrecht hat der Schädiger unentgeltlich gezogene Gebrauchsvorteile aus der Nutzung eines Gegenstandes in Form eines Nutzungsentgelts zu ersetzen. Dieses Nutzungsentgelt kommt vor allem beim Rücktritt von Kaufverträgen vor, wenn der Käufer bereits unentgeltliche Gebrauchsvorteile mit dem Kaufgegenstand erzielt hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hierzu im September 2009 klargestellt, dass ein Autohändler bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages Anspruch auf Nutzungswertersatz gemäß § 346 Abs. 1 BGB hat. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) bezüglich der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie[4] stehe diesem Grundsatz nicht entgegen.[5] Begründet wird diese Entscheidung mit dem 15. Erwägungsgrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der es ausdrücklich gestatte, dass die Benutzung der vertragswidrigen Waren im Falle der Vertragsauflösung berücksichtigt werden könne. Damit sei der Käufer verpflichtet, in diesem Fall gezogene Nutzungen an den Verkäufer herauszugeben oder hierfür Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 BGB zu leisten.

Mietrecht

Wohnungsgenossenschaften schließen mit ihren Mitgliedern/Mietern keine Mietverträge, sondern Dauernutzungsverträge, so dass die Miete hier Nutzungsentgelt genannt wird.[6] Das genossenschaftliche Nutzungsverhältnis ist der Sache nach ein Mietvertrag.[7] Ein Nutzungsentgelt ist auch in Fällen zahlbar, in denen beispielsweise ein Mietvertrag ordnungsgemäß gekündigt wurde, der Mieter zum Räumungstermin das Mietobjekt jedoch noch nicht geräumt herausgibt dort weiter mietfrei wohnt. Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter gemäß § 546a Abs. 1 BGB für die Dauer der Vorenthaltung als Nutzungsentschädigung die ursprünglich vereinbarte Miete verlangen. Das Nutzungsentgelt wird fällig, weil der Vermieter dieses Mietobjekt bis zur endgültigen Räumung nicht anderweitig vermieten kann. Das Nutzungsentgelt soll den vom Vermieter erlittenen Mietausfall ersetzen.

Familienrecht

Im Familienrecht ist ein Nutzungsentgelt zu zahlen, wenn sich die Eheleute trennen und ein Ehepartner nach Wohnungszuweisung oder freiwilligem Auszug[8] des anderen Partners alleine die im Mit- oder Alleineigentum stehende Wohnung nutzt und die Zahlung der Billigkeit entspricht (§ 1361b Abs. 3 BGB). Es liegt dann nahe, dass der im Haus verbliebene Ehegatte ein Nutzungsentgelt an den anderen Ehepartner zahlt.[9]

Steuerrecht

Im Steuerrecht ist ein Nutzungsentgelt zu entrichten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung überlässt. Dann muss diese Privatnutzung als Bestandteil des Arbeitseinkommens versteuert werden. Der Arbeitnehmer hat in diesem Falle an den Arbeitgeber (oder auf dessen Weisung an einen Dritten) zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers für die „außerdienstliche Nutzung“ eines Firmenwagens eine Zahlung zu leisten.[10] Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist der Nutzungswert für die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung (zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer) als Aufwendung anzusetzen (geldwerter Vorteil). Als Nutzungsentgelt gilt[11] ein

  • arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter nutzungsunabhängiger pauschaler Betrag (z. B. Monatspauschale) oder
  • ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter an den gefahrenen Kilometern ausgerichteter Betrag (z. B. Kilometerpauschale) oder
  • die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vom Arbeitnehmer übernommene Leasingrate.

Das vom Arbeitnehmer für die Privatnutzung gezahlte Nutzungsentgelt wird vom steuerlichen Nutzungswert abgezogen und reduziert damit seine Steuerlast. Entspricht das gezahlte Nutzungsentgelt dem steuerlichen Nutzungswert, hat der Arbeitnehmer seine Steuerpflicht erfüllt.

Gesellschaftsrecht

Bei Kapitalgesellschaften muss das Eigenkapital erhalten bleiben. So schreibt § 57 Abs. 1 AktG bei der Aktiengesellschaft vor, dass den Aktionären ihre Einlagen nicht zurück gewährt werden dürfen; für die GmbH findet sich die Parallelvorschrift in § 30 Abs. 1 GmbHG. Kommt es zu Sacheinlagen, so dürfen die Gesellschafter für die der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Sachanlagen kein Nutzungsentgelt verlangen, wenn hiermit das Grundkapital/Stammkapital erhalten wird. Dennoch vereinnahmte Nutzungsentgelte sind an die Gesellschaft nach § 31 GmbHG zurückzuerstatten.

Literatur

  • Kurt Reinking/Christoph Eggert: Der Autokauf, 13. Auflage 2017, ISBN 978-3-8041-4649-5.

Einzelnachweise

  1. Manuel Imhof: Business Restructuring, 2012, S. 85.
  2. Gerwich Riautschnig: Berechnung der Benützungsvergütung für Fahrzeuge unter Berücksichtigung der Judikatur des OGH. In: Kodek/Neumayr (Hrsg.): Zak, Zivilrecht aktuell. Nr. 2019/420.
  3. Gerwich Riautschnig: Benützungsentgelt für Fahrzeuge, ZVR 2017/14, S. 45 f.
  4. Richtlinie 1999/44/EG vom 25. Mai 1999. Die Richtlinie 1999/44/EG wird ab dem 1. Januar 2022 durch die Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkauf) aufgehoben.
  5. BGH, Urteil vom 16. September 2009, Az. VIII ZR 243/08, Volltext.
  6. Henri Lüdeke: Immobilienwirtschaftliche Deckungsbeitrags- und Deckungsbeitragsflussrechnung, Band 2, 2016, S. 3210, FN 37.
  7. BGH, Urteil vom 10. September 2003, Az. VIII ZR 22/03, Volltext = NZM 2004, 25 f.
  8. OLG Frankfurt, Urteil vom 1. November 2010, Az. 5 UF 300/10, Volltext.
  9. BGH, Urteil vom 17. Mai 1983, Az. IX ZR 14/82, Leitsatz = FamRZ 1983, 795.
  10. BMF, Schreiben vom 19. April 2013, Az. IV C 5 - S 2334/11/10004, Volltext.
  11. R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 LStR 2011.