Nationaler Allokationsplan

Der nationale Allokationsplan (kurz NAP, auch nationaler Zuteilungsplan) war eine im Rahmen des europäischen Treibhausgasemissionshandels von jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union am Anfang der ersten (Jahre 2005–2007) und zweiten (Jahre 2008–2012) Handelsperiode zu erstellende Übersicht zur nationalen Verteilung von Emissionszertifikaten.

Durch die Beschränkung der nationalen Mengenkontingente für Emissionsberechtigungen sollte das Ziel des Kyoto-Protokolls, nämlich die gemeinsamen Emissionen von Treibhausgasen im Zeitraum 2008–2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 8 % zu senken, wirtschaftlich verträglich erreicht werden. Im Jahr 2013 wurde ein EU-weites Mengenkontigent eingeführt, nationale Allokationspläne müssen seitdem nicht mehr erstellt werden.

Überblick

Die Festlegung nationaler Mengenkontingente für Emissionsberechtigungen sowie Regeln für deren Zuteilung an die beteiligten Unternehmen bzw. Anlagenbetreiber (zunächst nur für Kohlendioxid, CO2) war für die erste und zweite Handelsperiode, zwischen 2005 und 2012, Grundlage des Emissionshandels der Europäischen Union. Seit der dritten Handelsperioden ab 2013 werden die Emissionsrechte zentral von der Europäischen Kommission vergeben.

Der Artikel 9 der Emissionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG) vom 13. Oktober 2003 verpflichtete die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, erstmals bis zum 31. März 2004, nationale Allokationspläne zu erstellen. Ein solcher NAP enthielt[1]

  • einen Makroplan darüber, wie viele Emissionszertifikate der Mitgliedstaat für den Handelszeitraum insgesamt ausgeben wollte (ihr Mengenkontingent, das nationale „Cap“) und wie viele davon welcher Wirtschaftssektor erhalten sollte, und
  • einem Mikroplan darüber, nach welchen Regeln – ausgehend von den Ist-Emissionen eines Basiszeitraums – einzelne Anlagen Emissionsberechtigungen erhalten sollten.

Viele Mitgliedstaaten stimmten Makro- und Mikroplan mittels branchenspezifischer Erfüllungsfaktoren aufeinander ab. Lag die Summe der gemäß dem Mikroplan zuzuteilenden Emissionen über dem Zielwert des Makroplans, wurden die einzelnen Zuteilungen durch Multiplikation mit dem Erfüllungsfaktor einheitlich vermindert. Waren z. B. für eine Branche 5 Millionen Emissionszertifikate vorgesehen, aber 5,5 Millionen hätten gemäß den Anträgen der Anlagenbetreiber zugeteilt werden müssen, so wurde über den Erfüllungsfaktor 0,909 die Zahl der auszugebenden Emissionszertifikate auf 5 Millionen gleichmäßig reduziert (5,5 × 0,909 = 5,0).

Die Mitgliedstaaten mussten ihre nationalen Allokationspläne veröffentlichen und mussten der Kommission übermittelt werden. Ein Ausschuss prüfte die Pläne. Die Kommission könnte die geprüften Pläne ganz oder teilweise ablehnen.

Eckdaten zu ausgewählten Nationalen Allokationsplänen[2]
LandHandelsperiodeDatum der VeröffentlichungZuteilungsmenge pro Jahr (Millionen Tonnen)Reserve (%)Anzahl der vom EU-Emissionshandel betroffenen AnlagenZuteilung der Emissionszertifikate
Dänemark2005–200731. März 200433,5338095 % Gratis-Zuteilung; 5 % per Auktion
Dänemark2008–2012.....
Deutschland2005–200731. März 20044990,61.849100 % Gratis-Zuteilung
Deutschland2008–201213. Februar 2007456,15,91.850100 % Gratis-Zuteilung
Vereinigtes Königreich2005–2007.245,46,3674.
Vereinigtes Königreich2008–201221. August 2006246,271.17293 % Gratis-Zuteilung; 7 % per Auktion
Italien2005–2007.223,101240100 % Gratis-Zuteilung
Italien2008–201218. Dezember 20062098,7..
Österreich2005–200731. März 2004331205100 % Gratis-Zuteilung
Österreich2008–201229. Juni 200730,71.98,7 % Gratis-Zuteilung; 1,3 % per Auktion

Nationale Allokationspläne in Deutschland

Nationaler Allokationsplan 2005–2007

Der erste Nationale Allokationsplan für die Bundesrepublik Deutschland für die erste Handelsperiode von 2005 bis 2007 (NAP I) wurde am 31. März 2004 im Rahmen des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz vom Bundeskabinett beschlossen. Die wesentlichen Inhalte des NAP 2005–2007 wurden in das Zuteilungsgesetz 2007 (ZuG 2007) übernommen, das am 9. Juli 2004 vom Bundestag beschlossen wurde. Es trat am 31. August 2004 in Kraft (BGBL I 2004 S. 2211). Gegenüber dem NAP ergaben sich im Zuteilungsgesetz 2007 eine Reihe von Änderungen. Das ZuG baut auf dem Nationalen Allokationsplan auf und definiert die zuteilungsfähige Gesamtmenge an CO2-Emissionsberechtigungen sowie konkrete Festlegungen von Regeln und Mengen der Zuteilung. Hierin wurden allgemein die deutschen Emissionsziele für die Sektoren Industrie, Energiewirtschaft, Verkehr, Privathaushalte sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen festgelegt. Die emissionshandelspflichtigen Unternehmen fielen fast ausschließlich in die Sektoren Industrie und Energiewirtschaft.

Insgesamt legte das ZuG 2007 folgende Emissionsmengen für die erste Zuteilungsperiode (Handelsperiode) 2005 bis 2007 in Millionen Tonnen Kohlendioxid je Jahr fest:

  • Energie und Industrie 503
  • andere Sektoren 356, davon:
    • Verkehr und Haushalte 298.
    • Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 58.

Nationaler Allokationsplan 2008–2012

Das Bundeskabinett beschloss am 28. Juni 2006 den zweiten Nationalen Allokationsplan für die Bundesrepublik Deutschland für den Zeitraum 2008 bis 2012 (NAP II) und legt ihn am 30. Juni 2006 fristgerecht der EU-Kommission vor.[3] Die gesetzliche Umsetzung des NAP II erfolgte im Zuteilungsgesetz 2012 (ZuG 2012). Für eine genauere Datenbasis für den NAP II beschloss das Bundeskabinett am 28. Juni 2006 die Datenerhebungsverordnung 2012 (DEV 2012). Gemäß der DEV 2012 wurden CO2-Emissionen der vom Emissionshandel betroffenen Anlagen (rund 1.800 in Deutschland) für die Jahre 2003 und 2004 (in bestimmten Fällen auch noch für die Jahre 2000 bis 2002) nachträglich erhoben.

Mit dem NAP II wurden die Emissionsziele für alle Sektoren (Energie und Industrie, Verkehr, Haushalte, Gewerbe/Handel/Dienstleistungen) festgelegt. Die Sektoren Energie und Industrie mussten dazu einen Minderungsbeitrag von insgesamt 15 Mio. t CO2 pro Jahr im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2000–2002 erbringen (- 3 %). Während in der ersten Emissionshandelsphase 2005–2007 die Emissions-Höchstgrenze (Cap) 499 Millionen Tonnen CO2 betrug, wurde im NAP II diese Grenze auf 465 Millionen Tonnen (ursprüngliche Planung 482 Mio. Tonnen, s. u.) reduziert. Darüber hinaus differenzierte der NAP II erstmals die Reduktionsvorgaben für Anlagen: Während beim NAP I alle Anlagen ihren CO2-Ausstoß einheitlich um 2,91 % senken mussten, galten für den NAP II branchenbezogene Reduktionsvorgaben: Industrieanlagen, die internationalem Wettbewerb ausgesetzt waren, mussten ihren Ausstoß um 1,25 % senken, ebenso Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung. Energiekonzerne mussten dagegen ihre CO2-Emissionen um 15 %, besonders ineffiziente Braun- und Kohlekraftwerke ab 2008 um 30 % reduzieren. Kleine Anlagen mit maximal 25000 t CO2-Ausstoß wurden dagegen von Reduktionspflichten ganz befreit.

Verschärfung des NAP II Aufgrund der Bewertung des NAP I durch die EU-Kommission und deren Forderung nach Nachbesserungen wurde der NAP II verschärft. In dem revidierten NAP II (Entwurf vom 13. Februar 2007) wurde die Gesamtmenge der zugeteilten Emissionsrechtezertifikate für die emissionshandelspflichtigen Anlagen in Deutschland von 482 Millionen Tonnen auf 456,1 Millionen Tonnen pro Jahr (incl. Reserve) abgesenkt. Darüber hinaus wurde die CO2-Reserve von 17 Millionen Zertifikaten pro Jahr auf 27 Millionen Zertifikaten pro Jahr erhöht. Mit dieser Verschärfung des NAP II wollte die deutsche Bundesregierung die Forderungen der EU-Kommission erfüllen.

Nationale Allokationspläne in Österreich

In Österreich wurde der NAP durch das Emissionszertifikategesetz geregelt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Nationaler Allokationsplan für die Bundesrepublik Deutschland 2005–2007. 13. März 2004 (bund.de [PDF; 402 kB]).
  2. NAPS der Länder, Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt)
  3. Zweiter nationaler Allokationsplan (Memento des Originals vom 15. Februar 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmu.de