Millen (Selfkant)

Millen
Gemeinde Selfkant
Koordinaten:51° 1′ N, 5° 53′ O
Höhe:[1] 45 (39–45) m
Einwohner:324 (30. Jun. 2016)[2]
Eingemeindung:1. Juli 1969
Postleitzahl:52538
Vorwahl:02456
Kirche St. Nikolaus
Kirche St. Nikolaus
Millen auf der Neuaufnahme von 1912
Millen auf der Urkatasterkarte von 1846
Millen auf der Tranchotkarte 1803–1820

Millen ist ein unmittelbar an der Grenze zu den Niederlanden gelegenes Dorf in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Selfkant mit etwa 320 Einwohnern.

Geographie

Lage

Millen liegt am Rodebach im westlichen Gebiet der Gemeinde Selfkant an der deutsch-niederländischen Grenze.

Gewässer

Bei Starkregen und bei Schneeschmelze fließt das Oberflächenwasser aus den Bereich Millen in den Rodebach (GEWKZ 281822)[3] und dann weiter in die Maas. Der Rodebach hat eine Länge von 28,918 km bei einem Gesamteinzugsgebiet von 173,385 km².[4]

Nachbarorte

Nieuwstadt (NL)IsenbruchHavert
Overhoven (NL)Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigtHöngen
Limbrichterveld (NL)Sittard (NL)Tüddern

Siedlungsform

(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Millener Mühle

Millen ist ein zweizeiliges, locker bebautes Straßendorf. Abseits am Rodebach liegt die Millener Mühle und eine große mehrteilige Burganlage mit Wassergräben.

Geschichte

Ortsname

  • 1118 Melin
  • 1144 Millene (Propstei)
  • 1195 Milne
  • 14. Jahrhundert Millen
  • 1452 Myllen
  • 1500 Millen
  • 1846 Millen

Ortsgeschichte

Burg Millen auf einer Darstellung im Codex Welser

Die Burg Millen war bis zum Verkauf der Herrschaft Millen durch Arnold von Millen 1282 an Dietrich II. von Heinsberg Sitz der Herren von Millen. Da Millen ein Lehen des Bistums Lüttich war, bedurfte der Verkauf zusätzlich der Belehnung Dietrichs mit der Herrschaft durch das Bistum. Nach weiteren Herrschaftswechseln gelangte die Herrschaft Millen ab 1499 dauerhaft zum Herzogtum Jülich; die Burg Millen wurde Sitz des aus den drei Herrlichkeiten Gangelt, Vucht und Millen gebildeten jülich'schen Amtes Millen.

Zwischen dem Beginn des 12. Jahrhunderts und dem Jahr 1802 bestand in Millen ein der Benediktinerabtei St. Michael in Siegburg unterstelltes Benediktinerkloster, die bereits bestehende Pfarrkirche wurde als Propstei-Kirche genutzt.

Der Rodebach bildet seit Grenzregelung durch den Wiener Kongress 1815 die Grenze zu den Niederlanden. Seit dieser Zeit ist die links des Baches gelegene Burg Millen niederländisch, wohingegen das rechts des Baches gelegene Dorf deutsches Territorium blieb.

Vom 23. April 1949 bis zum 31. Juli 1963 stand der Selfkant und damit auch Millen durch niederländische Annexionspläne unter Auftragsverwaltung. Am 1. August 1963 erfolgte nach Zahlung von 280 Millionen D-Mark die Rückführung.[5]

Mit dem Gesetz zur Neugliederung von Gemeinden des Selfkantkreises Geilenkirchen-Heinsberg vom 24. Juni 1969[6] wurden die Gemeinden Havert, Hillensberg, Höngen, Millen, Süsterseel, Tüddern, Wehr (Amt Selfkant) und die Gemeinde Saeffelen (Amt Waldfeucht) zur neuen amtsfreien Gemeinde Selfkant zusammengeschlossen.

Politik

Gemäß § 3 (1) der Hauptsatzung der Gemeinde Selfkant ist das Gemeindegebiet in Ortschaften eingeteilt. Millen ist eine Ortschaft und wird nach § 3 (2) von einem Ortsvorsteher in der Gemeindevertretung vertreten. Ortsvorsteher der Ortschaft Millen war Heinz Beckers. (Stand 2013) Seit 2019 ist Erich Hacken Ortsvorsteher.[7]

Pfarrkirche

Pfarr- und frühere Propsteikirche St. Nikolaus von Nordosten
Bruchstück eines im Ostgiebel des Seitenchores eingemauerten römischen Grabsteins

Die dem heiligen Nikolaus gewidmete Kirche des Ortes präsentiert sich im Äußeren überwiegend in romanischen Formen, das Innere wird von der umfangreichen, im Wesentlichen aus dem 17. Jahrhundert stammenden Stuckatur der Wände und Decken geprägt. Sie gilt als die westlichste Kirche in Deutschland.[8]

Ältester Teil der Kirche ist das um das Jahr 1000 errichtete heutige Chorhaus. Das Gotteshaus mit dem Patrozinium des heiligen Quirinus von Neuss wurde von den Herren von Millen als Eigenkirche genutzt. In der typischen regionalen Bauweise kleiner ländlicher Saalkirchen des frühen Mittelalters wurde es einschiffig über einem rechteckigen Grundriss mit schmälerem, nahezu quadratischem Chorschluss im Osten errichtet. Als Baumaterial verwendete man vor Ort leicht verfügbare Flusskiesel, Findlinge sowie römisches Altmaterial. Außen gut als zweitverwendete römische Baustoffe zu erkennen sind beispielsweise runde Hypokaustziegel sowie ein im Ostgiebel über dem Seitenchor eingemauertes Bruchstück eines Grabsteines.

Im 12. Jahrhundert erweiterte man anlässlich der Propsteigründung die bisherige Kapelle um ein im Westen angebautes größeres Kirchenschiff. Das nun auch als Propsteikirche genutzte Gotteshaus unterstellte man zusätzlich dem Patrozinium des heiligen Nikolaus. Eine abermalige Erweiterung erfolgte um die Mitte des zwölften Jahrhunderts durch den Anbau eines schmalen Seitenschiffes an der Nordseite. Haupt- und Seitenschiff waren durch vier zu späterer Zeit wieder vermauerte Rundbogenarkaden zueinander geöffnet. Mutmaßlich bedingt durch Streitereien wegen des doppelten Patroziniums errichtete man in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts am Ostende des Seitenschiffes noch die mit eigener Apsis versehene Quirinuskapelle.

Im 17. Jahrhundert fanden abermals größere Arbeiten statt. Der heutige Westturm und die Sakristei wurden erbaut sowie das Kircheninnere neu ausgestattet. Insbesondere sehenswert ist die reiche, durch den Propst Otto Heinrich von Bylandt zwischen 1636 und 1654 in Auftrag gegebene Stuckatur.

Eine durchgreifende Renovierung erfolgte im 19. Jahrhundert, allerdings mit teilweise willkürlichen Veränderungen. So brach man neue Fenster und ersetzte keineswegs originalgetreu die blinde Zwerggalerie an der Apsis der Quirinuskapelle.

Im Zuge der Pfarrgemeindereformen im Bistum Aachen wurde die ehemals eigenständige katholische Pfarrgemeinde St. Nikolaus Millen in die Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) St. Servatius Selfkant eingegliedert.[9]

Infrastruktur

Sehenswürdigkeiten

  • Katholische Pfarrkirche St. Nikolaus, als Denkmal Nr. 39
  • Buntverglasung der Pfarrkirche[10]
  • Propstei, am Propsteiweg, als Denkmal Nr. 3
  • Zehntscheune, an der Johann-Grein-Straße, als Denkmal Nr. 4
  • Wohnhaus, Kirchplatz Nr. 5, als Denkmal Nr. 18
  • Wohnhaus, von Byland Straße 18, als Denkmal Nr. 20
  • Wegekreuz, An Gut Alfens, als Denkmal Nr. 21
  • Wohnhaus, (Alte Pastorat), von Byland Straße 5, als Denkmal Nr. 29
  • Mühlengebäude, Zum Haus Millen, als Denkmal Nr. 31
  • Backstein-Hofanlage, Kirchplatz 1, als Denkmal Nr. 35
  • Backstein-Hofanlage, von Byland Straße 24, als Denkmal Nr. 38
  • Missionskreuz auf dem Friedhof, an der Kirche, als Denkmal Nr. 46
  • Backstein-Hofanlage, Kirchplatz 12, als Denkmal Nr. 48

Vereine

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Tag des Pferdes mit Pferdesegnung

Verkehr

Autobahnanbindung

Die Selfkantautobahn führt an Millen im Anschluss an die niederländische N 297 Richtung A 2 und übergehend an der Anschlussstelle Heinsberg in die A 46 vorbei.[11]

BABStreckenabschnittAnschlussstelleEntfernung
A 46Heinsberg – DüsseldorfAS Heinsberg15 km
A 44Aachen – MönchengladbachAS Aldenhoven30 km
A 4Aachen – KölnAS Eschweiler-West40 km
A 2Maastricht – EindhovenAS Born9 km

Bahnanbindung

Ab Bahnhof Geilenkirchen (ca. 15 km Entfernung)

LinieLinienbezeichnungLinienverlauf
RE 4Wupper-ExpressAachenMönchengladbachDüsseldorfDortmund
RB 33Rhein-Niers-BahnAachenMönchengladbachKrefeldDuisburg

Busanbindung

Millen wird im öffentlichen Personennahverkehr von den AVV-Buslinien 436, 439 und 475 der WestVerkehr angefahren.

LinieVerlauf
436Heinsberg Busbf – Selsten – (Hontem – (Waldfeucht –) Bocket –) Abzw. Nachbarheid – Breberen – Saeffelen – Heilder – Höngen (→ Stein → Havert → Schalbruch → Isenbruch → Millen → Tüddern)
439Millen – Tüddern – (Höngen –) Wehr – Hillensberg – Süsterseel
475(Oberbruch – Unterbruch) / Heinsberg Agentur für Arbeit – Heinsberg Busbf – Lieck –Kirchhoven – Vinn – Haaren – Obspringen – Brüggelchen – Waldfeucht – Bocket – Abzw. Nachbarheid – Breberen – Saeffelen – Heilder – Höngen – (Stein – Havert – Schalbruch – Isenbruch – Millen –) Tüddern

Literatur

  • Friedrich von Restorff: Topographisch-Statistische Beschreibung der Königlich Preußischen Rheinprovinz. Nicolai, Berlin und Stettin 1830
  • Handbuch des Bistums Aachen. 3. Auflage. Kühlen, Mönchengladbach 1994, ISBN 3-87448-172-7, S. 691–693
  • Wolfgang Zahn in: Heimatkalender des Kreises Heinsberg 1979. Eigenverlag des Kreises Heinsberg, Heinsberg 1979, S. 54 ff. (zur Kirche und ihrer Ausstattung)
  • Paul Clemen (Hrsg.), Karl Franck-Oberaspach, Edmund Renard (Bearbeiter): Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 8. Band, III: Die Kunstdenkmäler des Kreises Heinsberg. L. Schwann, Düsseldorf 1906
  • Wilhelm Piepers, Hans E. Wolters, Werner Reinartz, Balthasar Jacobs, Heinrich Bast, Josef Schmitz: Unsere Heimat, der Selfkantkreis Geilenkirchen Heinsberg. Herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft der Heimatpfleger des Kreises Heinsberg, Buchdruckerei Gatzen, Geilenkirchen 1956
  • Leo Gillessen: Die Ortschaften des Kreises Heinsberg, ISBN 3-925620-13-3, S. 252
  • Wilhelm Piepers: Archäologie im Kreis Heinsberg. Selbstverlag des Kreises Heinsberg, Heinsberg 1989, ISBN 3-925620-05-2, Band I, S. 103. Die Inschriftreste lauten: Ē•OB / SIME / E•FIL / TERNUS / R / BI / IF

Weblinks

Commons: Millen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Deutsche Grundkarte 1:5000
  2. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 1. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.selfkant.de
  3. http://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/wasser/pdf/Gewaesserverzeichnis%20GSK3C.xls
  4. Gebietsverzeichnis (Memento vom 17. Oktober 2013 im Internet Archive)
  5. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.aachener-zeitung.de
  6. https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?print=1&anw_nr=2&gld_nr=%202&ugl_nr=2020&val=4036&ver=0&sg=0&menu=1&aufgehoben=N&keyword=&bes_id=4036
  7. Selfkant-online.de
  8. Matthias Altmann, Steffen Zimmermann: Das sind Deutschlands Kirchen der "Superlative". In: katholisch.de. 21. August 2022, abgerufen am 21. August 2022.
  9. St. Nikolaus, Millen (Memento vom 1. Juli 2013 im Internet Archive)
  10. [1]
  11. B56n jetzt komplett: Östliches Teilstück für den Verkehr freigegeben. (Nicht mehr online verfügbar.) Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, 3. Mai 2017, archiviert vom Original am 3. Mai 2017; abgerufen am 28. August 2019.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Selfkant-Millen Denkmal-Nr. 29, von Byland Straße 5 (4917).jpg
(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Wohnhaus ( Alte Pastorat), Bauzeit: 18. Jh., Adresse: von Byland Straße 5 in Selfkant (OT Millen), Eintrag in die Denkmalliste: 26.06.1984
Selfkant-Millen Denkmal-Nr. 46, An der Kirche (4934).jpg
(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Missionskreuz auf dem Friedhof, Bauzeit: 19. Jh., Adresse: An der Kirche in Selfkant (OT Millen), Eintrag in die Denkmalliste: 15.06.1989
Millen Neuaufnahme.jpg
Neuaufnahme 1891 -1912
Millener Mühlen 1.jpg
(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Die Millener Mühle auf der rechten deutscher Seite
Millen cw.jpg
Burg Millen, Selfkant, Codex Welser
Millen Uraufnahme.jpg
Preußische Kartenaufnahme 1846 - Uraufnahme -
Church in Millen, Selfkant.JPG
Autor/Urheber: Pölkkyposkisolisti, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Church in Millen, Selfkant
Selfkant-Millen Denkmal-Nr. 21, An Gut Alfens (4909).jpg
(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Wegekreuz, Bauzeit: 19. Jh., Adresse: An Gut Alfens in Selfkant (OT Millen), Eintrag in die Denkmalliste: 30.03.1984
Karte Millener Mühlen.jpg
Kartenaufnahme der Rheinlande 1804/05
Latin inscription on the brickwork of the church of Millen, Selfkant.JPG
Autor/Urheber: Pölkkyposkisolisti, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Latin inscription on the brickwork of the church of Millen, Selfkant
Selfkant-Millen Denkmal-Nr. 3, Probsteiweg (4891).jpg
(c) Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de
Propstei, Bauzeit: 1701 + 1827, Adresse: Probsteiweg in Selfkant (OT Millen), Eintrag in die Denkmalliste: 23.06.1982