Jacek Kurski

Jacek Kurski (2016)

Jacek Olgierd Kurski (* 22. Februar 1966 in Danzig) ist ein polnischer Politiker. Er war von 2005 bis 2009 Abgeordneter im Sejm und von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments. Von 2016 bis 2022 war er, von einer fünfmonatigen Unterbrechung abgesehen, Direktor des öffentlich-rechtlichen Senders Telewizja Polska (TVP). In diesem Amt bekam er von polnischen Medien den Spitznamen „Bullterrier Kaczyńskis“.[1] Er ist Mitgründer der rechtsextremen Partei Solidarna Polska.

Leben

Familie

Er ist der Sohn Anna Kurskas, einer Aktivistin der oppositionellen Gewerkschaft Solidarność und ehemaligen Senatorin (PiS), und Bruder von Jarosław Kurski, der als geschäftsführender Chefredakteur der linksliberalen Gazeta Wyborcza zu seinen schärfsten Kritikern gehört. Die beiden Brüder gelten als verfeindet.[2]

Eine Kontroverse rief Kurskis zweite Hochzeit hervor. Er hatte sich 2015 nach zwanzigjähriger Ehe von seiner ersten Frau scheiden lassen, aus der Ehe waren drei Kinder hervorgegangen. 2018 heiratete er seine zweite Frau, eine Fernsehjournalistin, standesamtlich. Zwei Jahre später folgte die kirchliche Trauung in der Krakauer Wallfahrtskirche Łagiewniki. Da die katholische Kirche eine zivile Ehescheidung nicht anerkennt, musste die erste Ehe kirchenrechtlich für ungültig „von Anfang an“ erklärt werden. Da aber die erste kirchliche Trauung Kurskis diese Voraussetzungen offenkundig nicht erfüllte, warfen katholische Organisationen in Krakau ihm empört vor, die kirchliche Genehmigung „erkauft“ zu haben.[3][4]

Wenig später wurde bekannt, dass der Krakauer Erzbischof Marek Jędraszewski, dem ein Teil der Medien die offene Unterstützung der nationalkonservativen Regierungspartei PiS vorwirft, die Annullierung der ersten Ehe Kurskis durchgesetzt habe.[5] An der Trauungsmesse und der anschließenden Feier hatten neben PiS-Chef Jarosław Kaczyński mehrere prominente Vertreter der Regierung teilgenommen, darunter Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak und Justizminister Zbigniew Ziobro.[6]

Politische Tätigkeit

Während seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften mit Spezialisierung Außenhandel an der Universität Danzig in den 1980er Jahren war Jacek Kursi in der verbotenen Opposition aktiv und Mitglied der Gewerkschaft Solidarność.

Nach 1989 war er nacheinander Mitglied mehrerer rechter Parteien. Zu Beginn der 1990er Jahre engagierte er sich in der konservativen Zentrumsallianz (PC), an deren Spitze Jarosław Kaczyński stand. Von dort wechselte er zur Bewegung für den Aufbau Polens (ROP) des früheren Premierministers Jan Olszewski. Bei den Parlamentswahlen 1997 kandidierte er erfolglos für die ROP in der Woiwodschaft Danzig.

Nach dieser Wahlniederlage verließ er die ROP, um sich der Christlich-Nationalen Vereinigung (ZChN) anzuschließen. 1998 wurde er Mitglied des Sejmiks der Woiwodschaft Pommern. Bei den Parlamentswahlen 2001 kandidierte er für den konservativen Parteienblock Wahlaktion Solidarität-Die Rechte (AWSR) im Wahlkreis Toruń. Im selben Wahlkreis sollte auch der ehemalige Landwirtschaftsminister Jacek Janiszewski für die AWSR kandidieren. Kurz vor der Einreichung der Liste bei der Wahlkommission ergänzte Kurski als Wahlbeauftragter der AWSR in Toruń die Liste ohne Abstimmung mit den Parteigremien mit einer anderen Person mit dem gleichen Nachnamen Janiszewski, um seine eigenen Chancen gegenüber dem innerparteilichen Rivalen zu erhöhen. Wegen Manipulierung der Wahlliste wurde Kurski kurz vor den Wahlen als Kandidat zurückgezogen.[7]

Nach der Wahlniederlage der AWSP trat er der neugegründeten Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) bei. Da er keinen Listenplatz für die Kommunalwahlen 2002 erhielt, verließ er die PiS, um sich der nationalkatholischen Liga Polnischer Familien (LPR) anzuschließen. Als Kandidat der LPR wurde er erneut in den Sejmik der Woiwodschaft Pomorze und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Er war auch Kandidat der LPR für das Amt des Stadtpräsidenten von Danzig, schaffte es jedoch nicht in den zweiten Wahlgang. Nach einem innerparteilichen Konflikt trat er 2004 aus der LPR aus und wieder der PiS bei.

Bei den Parlamentswahlen 2005 wurde er über die Liste der PiS für den Wahlkreis Danzig in den Sejm gewählt. Lech Kaczyński nahm ihn in seinen Wahlkampfstab für die Präsidentschaftswahlen 2005 auf. Vor dem zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen behauptete er in einem Interview, dass „nach ernst zu nehmenden Quellen der Großvater von Donald Tusk als Freiwilliger der Wehrmacht beigetreten“ sei[8]. Tusk war der Rivale Lech Kaczyński bei dieser Stichwahl um das Präsidentenamt. Wahlanalysen zufolge trug die „Großvateraffäre“ zur Niederlage Tusks bei; allerdings stellte sich bald heraus, dass der Großvater keineswegs freiwillig bei der Wehrmacht war, sondern als Bürger der Freien Stadt Danzig zwangseingezogen worden war.[9]

Bei den Sejmwahlen 2007 errang Jacek Kurski für die PiS mit 23.585 Stimmen zum zweiten Mal ein Abgeordnetenmandat. Er wurde stellvertretender Vorsitzender des Sejm-Ausschusses für Staatsschatz. Bei der Europawahl 2009 wurde er ins Europäische Parlament gewählt, woraufhin er sein Sejm-Mandat aufgab.[10]

2011 wurde er zusammen mit Zbigniew Ziobro aus der PiS ausgeschlossen, nachdem er Kritik an Jarosław Kaczyński geäußert hatte.[11] 2012 gehörte Kurski zu den Gründern der rechtsextremen Partei Solidarna Polska, er wurde einer der Stellvertreter des Parteichefs Ziobro. Doch 2014 wurde Kurski "wegen parteischädigenden Verhaltens" aus der Partei ausgeschlossen. Medienberichten zufolge lag der Grund darin, dass Kurski damit geprahlt hatte, als Autofahrer regelmäßig Geschwindigkeitsbeschränkungen zu missachten; auch hatte er Ziobro öffentlich kritisiert. Nach seinem Parteiausschluss näherte sich Kurski wieder der PiS Kaczyńskis an, er trat auf einem PiS-Kongress auf.[12]

Gerichtsverfahren

Am 13. Juni 2006 warf er im polnischen Fernsehen der PO und dem Wahlkomitee von Donald Tusk vor, dass der Wahlkampf vor den Sejm- und Präsidentenwahlen 2005 mit Geldern finanziert worden sei, die nach seinen Angaben aus schwarzen Kassen des größten polnischen Versicherungskonzerns Powszechny Zakład Ubezpieczeń (PZU) stammten. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Warschau stellte im Dezember 2006 das Verfahren in dieser Sache wegen sachlicher Unbegründetheit ein.[13] Als Antwort auf die Anschuldigungen verklagte die PO Jacek Kurski wegen Verleumdung und beantragte eine Entschuldigung in den Medien und Zahlung von 100.000 zł zugunsten der Caritas. Am 3. April 2007 fällte das Landgericht Warschau ein Urteil, wonach Kurski sich gegenüber Tusk in den Zeitungen Rzeczpospolita und Gazeta Wyborcza sowie in den Fernsehsendern TVN und TVP entschuldigen und 15.000 Złoty zugunsten der Caritas Polska zahlen musste[14].

Fernsehdirektor

In Anwendung der am 8. Januar 2016 in Kraft getretenen, im In- und Ausland umstrittenen Reform der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen wurde Kurski noch am selben Tag von Schatzminister Dawid Jackiewicz zum neuen Direktor des Fernsehsenders Telewizja Polska (TVP) ernannt.[15] Er konnte seine Position im Rahmen einer Ausschreibung zum Fernsehintendanten verteidigen. Der Rat Nationaler Medien entschied sich am 12. Oktober 2016 mit vier gegen eine Stimme für ihn.[16] Im März 2020 wurde Jacek Kurski vom Rat Nationaler Medien als Direktor abgesetzt. Er wurde im August 2020 vom RMN erneut zum Direktor berufen.

Im September 2022 wurde Kurski ohne Vorankündigung und Pressekommentaren zufolge zu seiner eigenen Überraschung entlassen.[17] Den Berichten zufolge war Jarosław Kaczyński zu Ohren gekommen, dass Kurski sich gerühmt habe, sich von niemandem in seine Entscheidungen hineinreden zu lassen, „nicht einmal von Kaczyński“. Dem PiS-Chef habe überdies missfallen, dass in den TVP-Nachrichten Premierminister Mateusz Morawiecki weitaus weniger vorkomme als dessen politischer Rivale Zbigniew Ziobro.[18][19] Nach Informationen der Gazeta Wyborcza hatte Kurski sogar in kleinem Kreis geäußert, er sehe sich in der Lage, Morawiecki an der Spitze der Regierung zu ersetzen.[20]

Weblinks

Fußnoten

  1. Der Bullterrier Kaczynskis faz.net, 13. Januar 2016.
  2. Bracia Kurscy. Historia konfliktu onet.pl, 22. Juli 2020.
  3. Komentarze po ślubie Kurskiego. Jezuita: To zgorszenie dla wiernych dziennik.pl, 19. Juli 2020.
  4. Ślub Kurskiego w Łagiewnikach oburzył część katolików lifeinkrakow.pl, 18. Juli 2020.
  5. Ślub Jacka Kurskiego w Łagiewnikach. Źródła Onetu: zgodę wyrażono na polecenie abpa Jędraszewskiego onet.pl, 6. August 2020.
  6. Na ślubie Kurskiego śmietanka PiS. Data pod Kaczyńskiego? polityka.pl, 19. Juli 2020.
  7. Kurski kontra Janiszewski i... Janiszewski wp.pl, 17. August 2001.
  8. Artikel in Agora vom 16. Oktober 2005 (Memento des Originals vom 30. Dezember 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.angora.com.pl (PDF-Datei; 44 kB)
  9. Der Bullterrier Kaczynskis faz.net, 16. Januar 2016.
  10. Website des Sejm, Posłowie VI kadencji/archiwum - Jacek Kurski, abgerufen am 11. Juni 2009
  11. Rzeczpospolita, Ziobro, Cymański i Kurski wyrzuceni z PiS, 4. November 2011
  12. Kurski usunięty z Solidarnej Polski. Ziobro rozstaje się z Kurskim rp.pl, 30. Juli 2014.
  13. PO żąda przeprosin w sprawie afery billboardowej.@1@2Vorlage:Toter Link/wiadomosci.gazeta.pl (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: gazeta.pl 14. Dezember 2006 (polnisch).
  14. Bogdan Wróblewski: Ja, Jacek Kurski, bardzo przepraszam. (Nicht mehr online verfügbar.) In: gazeta.pl. Archiviert vom Original am 20. April 2010; abgerufen am 3. Februar 2016.
  15. Regierungsnaher Journalist zum TV-Chef ernannt. In: Spiegel Online, 8. Januar 2016.
  16. Jacek Kurski pozostanie prezesem Telewizji Polskiej. In: onet.pl. 12. Oktober 2016, abgerufen am 12. Oktober 2016 (polnisch).
  17. Rosół z Kury. Kaczyński upokorzył Kurskiego. Tak się odprawia najemników polityka.pl, 15. September 2022.
  18. Jacek Kurski poleciał, bo naraził się "najwierniejszej" współpracownicy Jarosława Kaczyńskiego gazeta.pl, 21. September 2022.
  19. Wojna Kurski - Morawiecki. Premier znika z TVP rp.pl, 23. Juni 2020.
  20. Wielowieyska: O dymisji Kurskiego wiedziała garstka osób w PiS, żeby nie zdążył się przygotować wyborcza.pl, 9. September 2022.

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Autor/Urheber: Adrian Grycuk, Lizenz: CC BY-SA 3.0 pl
President of the Board of Telewizja Polska Jacek Kurski in the Sejm