Inge Keller

(c) Bundesarchiv, Bild 183-19000-2695 / Gielow / CC-BY-SA 3.0
Inge Keller (1950)
Inge Keller (2006)
Inge Keller bei einer Lesung im Kino Tilsiter Lichtspiele (2009)
Grab von Inge Keller (2020)

Ingeborg „Inge“ Keller (* 15. Dezember 1923 in Berlin; † 6. Februar 2017 ebenda) war eine deutsche Schauspielerin.

Leben und Karriere

Inge Keller wurde in Berlin-Friedenau geboren. Ihr Vater, Arthur Keller (1882–1941), der Straßenbau gelernt hatte, hatte mit 36 Jahren in Niedercunnersdorf die Fabrikantentochter Auguste Dorothea Engler geheiratet. Ingeborg hatte eine ältere Schwester Jutta und den jüngeren Bruder Jürgen. Ihr Vater betrieb einen Steinbruch und eine Fabrik in Löbau und lieferte u. a. das Material für den Bau der Avus.[1]

Theater

Inge Keller debütierte 1942 im Theater am Kurfürstendamm. Anschließend ging sie nach Sachsen, wo sie in Freiberg und Chemnitz spielte und auch das Kriegsende erlebte.[2] Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte sie nach Berlin zurück, zunächst ans Hebbel-Theater. Boleslaw Barlog engagierte Inge Keller schließlich ans Schlossparktheater. Dieser besetzte sie als Pützchen in Des Teufels General, die sie in 250 Vorstellungen mit O. E. Hasse in der Titelrolle spielte. 1950 wechselte sie an das Deutsche Theater im Ostteil der Stadt. Dort spielte sie als Ensemblemitglied bis 2001 und war von da an weiter als Gast tätig. 1963 feierte sie mit Goethes Iphigenie (Iphigenie auf Tauris) in der Regie von Wolfgang Langhoff einen ihrer größten Erfolge. Alexander Lang, in den 80er Jahren einer der wichtigsten Regisseure des Deutschen Theaters, besetzte sie 1981 – sie war zu diesem Zeitpunkt bereits 58 Jahre alt – mit der jugendlichen Rolle der Julie in Büchners Dantons Tod. Langs Begründung: sie sei für ihn eine alterslose Schauspielerin.[3]

Ihre Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Wolfgang Langhoff und Wolfgang Heinz, später mit Alexander Lang, Thomas Langhoff, Peter Stein, Edith Clever, Harry Kupfer, Einar Schleef und Michael Thalheimer machte sie zu einer der bedeutendsten Theaterschauspielerinnen in Ost- und Westdeutschland. Keller gastierte in den 1970er und 1980er Jahren in West-Berlin an der Schaubühne und am Renaissance-Theater, u. a. in Inszenierungen von Rudolf Noelte.

1989 gastierte sie bei den Wiener Festwochen als Frau Alving in Ibsens Gespenstern mit Ulrich Mühe als Osvald – einer Inszenierung, die zwölf Jahre lang auf dem Spielplan des Deutschen Theaters stand. Einen ihrer umjubelten Auftritte hatte sie an der Bayerischen Staatsoper in München und an der Komischen Oper Berlin als Maria Josefa in Aribert Reimanns Oper Bernarda Albas Haus nach Federico García Lorca in der Regie von Harry Kupfer, der einzigen Sprechrolle in dem modernen Musiktheaterstück. Kellers sprachliche Ausdruckskraft und Nachhaltigkeit als Schauspielerin bezeugen auch ihre Lesungen der Werke von Heinrich von Kleist, Theodor Fontane, Thomas Mann, Stefan Zweig, Eva Strittmatter, Christa Wolf und Franz Fühmann. Im Hörbuchverlag PATMOS erschien Die Betrogene von Thomas Mann.

Zu ihrem 75. Geburtstag im Jahr 1998 erschien im Verlag Das Neue Berlin das seitdem mehrfach vergriffene Buch von Hans-Dieter Schütt Inge Keller – Alles aufs Spiel gesetzt. Eine erweiterte Neuauflage erschien zur Leipziger Buchmesse 2007. Günter Gaus porträtierte Keller im Jahr 2000 in seiner Interviewreihe Zur Person im RBB.

Am 18. November 2007 beging sie ihr 65. Bühnenjubiläum mit einer Lesung von Kleists Die Marquise von O.... am Deutschen Theater Berlin. Bei einer Gedenkveranstaltung aus Anlass des Todes von Erwin Geschonneck trat sie am 2. April 2008 in der Akademie der Künste gemeinsam mit Regine Lutz, Hermann Beyer und Thomas Langhoff auf. Mit Geschonneck hatte Keller unter anderem 1961 in dem DEFA-Film Gewissen in Aufruhr gespielt.

Am 13. April 2008 las Keller im Deutschen Theater die Novelle Leporella von Stefan Zweig. Aus Anlass ihres 85. Geburtstags am 15. Dezember 2008 interviewte Gregor Gysi sie in der Gesprächsreihe des Deutschen Theaters Gregor Gysi trifft Zeitgenossen. Im Jahre 2009 stand Inge Keller im Berliner Ensemble als Shakespeare in der Inszenierung Shakespeares Sonette von Robert Wilson und Rufus Wainwright auf der Bühne.

Am 16. Juli 2009 las Inge Keller im Kino Tilsiter Lichtspiele aus dem Roman Junge Frau von 1914 von Arnold Zweig. Ebenfalls anwesend war der Filmregisseur und Autor Egon Günther, in dessen gleichnamiger Verfilmung des Romans sie eine größere Rolle spielte.

Inge Keller war Ehrenmitglied des Deutschen Theaters Berlin und Mitglied der Akademie der Künste.

Film und Fernsehen

Keller stand ab 1949 auch für Film und Fernsehen vor der Kamera. Sie wirkte in Kinofilmen wie Ärztinnen mit, nach dem Theaterstück von Rolf Hochhuth (1984 Darstellerpreis beim 3. Nationalen Spielfilmfestival der DDR). In Aimée und Jaguar und Lola und Bilidikid im Jahr 2000 überzeugte Keller durch Stil und Sprache. Darüber hinaus spielte sie in Fernsehfilmen der ARD und des ZDF, so in Alles Samba, Wilsberg und Commissario Brunetti.

Privatleben

Aus der 1952 geschlossenen Ehe mit dem Chefkommentator des DDR-Fernsehens Karl-Eduard von Schnitzler, die 1956 geschieden wurde, ging die Tochter Barbara Schnitzler hervor. Diese, wie auch deren Tochter Pauline Knof, sind ebenfalls als Schauspielerinnen tätig.

Inge Keller starb am 6. Februar 2017 im Alter von 93 Jahren. Sie wurde am 20. Februar 2017 in Berlin-Mitte auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt.[4]

Darstellung Inge Kellers in der bildenden Kunst

Filmografie (Auswahl)

Theater

(c) Bundesarchiv, Bild 183-1983-1118-005 / CC-BY-SA
Inge Keller (l.) mit Ulrich Mühe und Simone von Zglinicki (r.) bei einer Aufführung von Ibsens Gespenster, 18. November 1983

Hörspiele

(c) Werner Bethsold – CC-BY-SA-4.0
Inge Keller im Hörspielstudio – ein Porträt des Berliner Fotografen Werner Bethsold
  • 1951: Karl-Georg Egel: Einer von unseren Tagen – Regie: Gottfried Herrmann (Berliner Rundfunk)
  • 1951: Maximilian Scheer: „Todeshandel“ oder „Mut zur Freiheit“ – Regie: Werner Stewe (Berliner Rundfunk)
  • 1951: Albert Maltz: Die Nächte enden – Regie: Werner Stewe (Berliner Rundfunk)
  • 1951: Oleksandr Kornijtschuk: Der Chirurg (Baumeisterin Lida) – Regie. Werner Stewe (Berliner Rundfunk)
  • 1952: Howard Fast: 30 Silberlinge – Regie: Günther Rücker (Berliner Rundfunk)
  • 1953: Günther Rücker: Drachen über den Zelten – Regie: Günther Rücker (Berliner Rundfunk)
  • 1953: Maximilian Scheer: Die Rosenbergs (Ruth Greenglass) – Regie: Maximilian Scheer (Berliner Rundfunk)
  • 1958: Henrik Ibsen: Stützen der Gesellschaft (Lona Hessel) – Regie: Herwart Grosse (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1959: Rolf Schneider: Zimmer 112 – Regie: Theodor Popp (Rundfunk der DDR)
  • 1959: Karlernst Ziem, René Ziem: Der Fall Dinah Furner (Dinah Furner) – Regie: Werner Grunow (Kriminalhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1960: Rolf Schneider: Affären (Nelli Walser) – Regie: Werner Stewe (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1960: Axel Kielland: Einer sagt nein (Eena Mikropolus) – Regie: Wolfgang Brunecker (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1961: Stefan Scherpner: Erhebungen im Fall Engelfried – Regie: Edgar Kaufmann (Hörspieldokumentation – Rundfunk der DDR)
  • 1970: Günther Rücker: Das Modell (Die Frau) – Regie: Günther Rücker (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1971: Heinrich Mann: Die Jugend des Königs Henri Quatre – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1971: Hans-Jörg Dost: Passio Camilo (Camillos Mutter) – Regie: Barbara Plensat/Detlef Kurzweg (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1976: Günter Kunert: Ein anderer K. – Regie: Horst Liepach (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1977: Samuil Marschak: Das Katzenhaus (Fürstin Koschka, eine vornehme Katze) – Regie: Jürgen Schmidt (Kinderhörspiel – Litera)
  • 1979: Alberto Molina: Beerdigung unter Bewachung (Matilde) – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1981: Peter Hacks: Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe (Frau von Stein) – Regie: Werner Grunow (Monolog-Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1982: Walentin Rasputin: Matjora (Darja) – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 2002: Marianne Weil/Stefan Dutt: Legionäre, Guerilleros, Saboteure – Regie: Marianne Weil/Stefan Dutt (Ein sozialistisches Gesamthörspiel – DLR)

Ehrungen

(c) Bundesarchiv, Bild 183-86965-0020 / Junge, Peter Heinz; Sturm, Horst / CC-BY-SA 3.0
Walter Ulbricht (links) zeichnet Inge Keller 1961 mit dem Nationalpreis I. Klasse für Kunst und Literatur aus.

Literatur

Commons: Inge Keller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans-Dieter Schütt: Inge Keller – Alles aufs Spiel gesetzt. Das Neue Berlin, ISBN 978-3-360-01299-9, S. 45.
  2. Hans-Dieter Schütt: Inge Keller – Alles aufs Spiel gesetzt., S. 45–46.
  3. Hans-Dieter Schütt: Inge Keller – Alles aufs Spiel gesetzt., S. 85.
  4. knerger.de: Das Grab von Inge Keller.
  5. Inge Keller, 1999. In: artnet.de. Abgerufen am 8. November 2023.
  6. Waltraud; Niemeyer-Holstein Rabich: Inge Keller (Schauspielerin). 1970, abgerufen am 7. Juli 2022.
  7. Tilla. Deutsches Theater Berlin, abgerufen am 30. Dezember 2020.

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Bundesarchiv Bild 183-19000-2695, Inge Keller in "Die letzte Heuer".jpg
(c) Bundesarchiv, Bild 183-19000-2695 / Gielow / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
"Die letzte Heuer".

In diesen Tagen wurden die letzten Dreharbeiten des Defa-Films "Die letzte Heuer" beendet, in dem Inge Keller die Hauptrolle spielt. Das Drehbuch dieses Films schrieb Richard Nicolas nach dem Roman des Arbeiterdichters Ludwig Turek, den dieser 1934 in französischer Emigration geschrieben hat. Regie führt E.W.Fiedler.

UBz: Inge Keller als Hauptdarstellerin in dem Film "Die letzte Heuer". ADN Nr. 6163
Inge Keller im Hörspielstudio.jpg
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Die Schauspielerin Inge Keller im Hörspielstudio - ein Porträt des Berliner Fotografen Werner Bethsold.
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-1983-1118-005 / CC-BY-SA
ADN-Zentralbild (Image Centre) – Reiche – 18 November 1983 – Berlin: The premiere of Ghosts by Henrik Ibsen on 18 November 1983 in the reopened Kammerspiele (Chamber Play Theatre). Under the direction of Thomas Langhoff, Inge Keller (left) played Mrs. Alving, Ulrich Mühe (middle) her son Osvald, and Simone von Zglinicki the maid Regine Engstrand (right). The Norwegian family drama is one of the scandal-ridden pieces of the 19th century; when it was released it caused a storm of indignation, and it was only successful on the Berlin stage.
Inge Keller 2006.jpg
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Bildbeschreibung: Die Schauspielerin Inge Keller während einer Ausstellungseröffnung in Berlin-Mitte, Oktober 2006

Inge Keller Kino Tilsiter Lichtspiele Lesung 2009.jpg
Autor/Urheber: Sven Loose, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Inge Keller bei einer Lesung im Kino Tilsiter Lichtspiele in Berlin-Friedrichshain am 16.07.2009.
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-86965-0020 / Junge, Peter Heinz; Sturm, Horst / CC-BY-SA 3.0
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Zentralbild-Junge-Sturm -6.10.1961 Walter Ulbricht verlieh Nationalpreis 1961. Den Nationalpreis 1961 verlieh der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, Walter Ulbricht, am Vorabend des 12. Jahrestages der Gründung der DDR 46 hervorragenden Persönlichkeiten und Kollektiven aus allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens. Auf einem festlichen Auszeichnungsakt am Vormittag des 6.10.1961 im Amtssitz des Staatsrates in Berlin-Niederschönhausen nahmen die Männer und Frauen, die sich durch großartige Leistungen zum Nutzen der Republik höchste Anerkennung erworben haben, aus der Hand Walter Ulbrichts den Nationalpreis entgegen. UBz. Walter Ulbricht (links) zeichnet Inge Keller vom Kollektiv des Fernsehfilmwerks "Gewissen in Aufruhr" mit dem Nationalpreis I. Klasse für Kunst und Literatur aus.
Grab der Schauspielerin Inge Keller.jpg
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Grave of Inge Keller, 2020, Dorotheenstädtischer Friedhof Berlin