Hauptfriedhof Bochum

Große Trauerhalle
Ansicht des Ehrenplatz
Mahnmal Niobe auf dem Hauptfriedhof, Bochum

Der Hauptfriedhof Bochum[1][2] (auch: Friedhof Freigrafendamm) ist der größte Friedhof von Bochum. Er befindet sich an der Immanuel-Kant-Straße[1] im Stadtteil Altenbochum. Die breite Allee Freigrafendamm führt von der Wittener Straße auf den Friedhof zu.

Bereits in den frühen 1920er-Jahren zeichnete sich ab, dass die Kapazitäten des damaligen städtischen Hauptfriedhofs Blumenstraße erschöpft seien werden. Schon vor der Eingemeindung von Altenbochum erwarb die Stadt Bochum in den Jahren 1922 bis 1924 Flächen, um dort einen neuen Friedhof zu planen.[3][4] Bereits 1925 starteten die Arbeiten. Nach der Eingemeindung Altenbochums 1926 begannen 1927–1928 die ersten gärtnerischen Arbeiten.[5] Der Friedhof wurde am 18. April 1935 für Bestattungen freigegeben.[4]

Die auf dem vorderen Teil des Friedhofs vorhandenen Gebäude, Eingangsbereich, Verwaltung und Trauerhalle sind in der Zeit von 1935 bis 1939 entstanden. Die Architekten waren Heinrich Timmermann und Wilhelm Seidensticker. Das Krematorium wurde im Juli 1942 in Betrieb genommen.[6] In der Großen Trauerhalle befanden sich Fenster, die in Anlehnung an alte Totentanz-Darstellungen verschiedene Personen darstellte: Den Tod, den Bergmann, den armen sowie den reichen Mann usw. Der Kämpfer war einem S.A.-Mann mit Hakenkreuzflagge nachempfunden. Die Fenster wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.[7] Überdimensionale Totenfiguren im Eingangsbereich hatten auf ihren Schildern auch Hakenkreuze eingeritzt. Diese wurden nach dem Ende des Dritten Reiches zu Schachbrettmustern umgearbeitet. Das Ensemble der Traueranlage zeigt eindrucksvoll die nationalsozialistischen Bauauffassung und Staatsarchitektur. Sie besitzt auch auf das Ruhrgebiet bezogen einen einzigartigen Charakter.[8][9]

Es diente als Kulisse für die martialischen Totenfeiern, mit denen neben gefallenen Soldaten und Würdenträger der Partei später vorwiegend die Bombenopfer der Luftangriffe auf Bochum bestattet wurden. Hier haben die meisten Toten der Angriffe auf die Bochumer Innenstadt ihre letzte Ruhe gefunden.

Der Bergarbeiterführer und SPD-Reichstagsabgeordnete Fritz Husemann (1873–1935) wurde hier nach seiner Ermordung im KZ Esterwegen bestattet. Seiner Beerdigung wohnten 2000 Menschen bei. Nach dem Ende des Nazi-Regimes fand auf dem Hauptfriedhof eine Gedenkfeier für die Verfolgten der Zeit von 1933 bis 1945 statt.[10] In einem 1947 angelegten Ehrenrundplatz wurden am 23. März 1947 die Urnen von acht in Konzentrationslagern und in der Nazi-Hinrichtungsstätte Brandenburg-Görden ermordeten Widerstandskämpfern beigesetzt. Nach langjährigem Einsatz von Angehörigen und überlebenden Antifaschisten kam es im Jahre 2008 zur Einweihung eines Gedenksteines auf dem Ehrenrundplatz.

In den Gräberfeld 19, 19 a und 34 befinden sich die Gräber von 1720 Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen in Bochum.[5] 1946 wurde auf Wunsch von sowjetischen Stellen ein neun Meter hohes, mit kyrillischen Inschriften, einer männlichen Figur und einem Sowjetstern versehenes Denkmal vor dem Friedhof aufgestellt. Vielen Bochumern missfiel dieses Mahnmal. Nach einer Versetzung auf dem Friedhof wurde es wegen angeblicher Baufälligkeit 1964 entfernt.[11] Ein 1965 aufgesetztes Gemeinschaftsgrabmal (sarkophagähnlicher Ruhrsandsteinblock mit russischer und deutscher Aufschrift) erinnert seitdem als Ersatz des ehemaligen Denkmals an die in Bochum umgekommenen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.[5] Im Juli 2004 besuchten ehemalige Zwangsarbeiter die Stadt Bochum, auf Einladung der Stadtverwaltung. Dabei wurden an den Gräbern der Zwangsarbeiter metallene Namensbücher enthüllt.[12]

Ein Denkmal (Hochkreuz und Mosaikwand) gegenüber der großen Trauerhalle erinnert an alle Kriegstoten und gehört mit zu den zentralen Mahnmalen für die Opfer des 2. Weltkrieges in Bochum. Die Mosaikwand wurde 1955 von Ignatius Geitel entworfen und ausgeführt.[13] Sie zeigt eine Darstellung der Niobe, eine Gestalt aus der antiken Mythologie, die um ihre Kinder trauert.

Ab Mitt der 1960er wurde der Friedhof nach Osten, in Richtung Havkenscheid erweitert.[14] An der Feldmark wurde in den Jahren 1966 bis 1968 im Stil des Brutalismus die Trauerhalle Ost gebaut.[15] Sie wurde in den 2010er geschlossen und wird demnächst für das Fritz-Baur-Forum unter anderem als Bibliothek dienen. Im Ostteil des Friedhofs ist auch das Gräberfeld der Ruhr-Universität Bochum, auf welchen die Körperspenderinnen und Körperspender beerdigt werden, die ihren Körper nach dem Tod der Wissenschaft übergeben.[16] Ebenso ist hier seit 1999 auf dem Feld 90 ein Bestattungsbereich für Muslime zu finden.[17]

Seit 2006 befinden sich im Eingangsbereich ein Kolumbarium für Urnenbestattung.

Zu den Bochumer Persönlichkeiten, die auf dem Hauptfriedhof begraben wurden, zählen unter anderem der Bildhauer Friedrich Gräsel, Kulturdezernent Wilhelm Stumpf, Mitglieder der Fabrikanten-Familie Eickhoff, Stadtbaurat Clemens Massenberg, den Möbelhändler Hein de Groot, Mitglieder der Kamerahändler-Familie Hamer. Weiterhin sind mehrere Bergleute des Grubenunglücks vom 31. Mai 1948, welches sich auf der Zeche Caroline ereignet hat, hier bestattet.

Seit März 2014 wird der Friedhof in der Route der Industriekultur, Themenroute Bochum gelistet.

Literatur

  • Hanke, Hans H.: In schlechter Würde? Der Freigrafendamm und seine NS-Bauten (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 9). Bochum 2001, S. 3–6 (online [PDF]).
  • Hanke, Hans H.: Wo wir die Russen einmal reingelegt haben. Das Bochumer Denkmal zu Ehren der ermordeten Sowjetbürger 1946-1964 (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 7). Bochum 2000, S. 3–6 (online [PDF]).
  • Kreuzer, Clemes: Das Niobe-Mosaik des lgnatius Geitel - Geschichte und aktuelle Aspekte eines Bochumer Mahnmals (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 15). Bochum Oktober 2004, S. 12 (online [PDF]).

Weblinks

Commons: Zentralfriedhof Bochum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Friedhöfe der Stadt Bochum. Adressen und Anfahrtsinformationen. Stadt Bochum, abgerufen am 16. November 2022.
  2. Beschriftung im offiziellen Stadtplan der Stadt Bochum 2015
  3. WAZ Bochum, 28. November 2015
  4. a b Bochumer Anzeiger, 18. April 1935
  5. a b c Leidens-Wege in Bochum 1933 bis 1945. Station 30: Friedhof Freigrafendamm. Stadt Bochum, abgerufen am 16. November 2022.
  6. Bochumer Anzeiger, 17. Juli 1942
  7. Bilder der Fenster der Großen Trauerhalle des Hauptfriedhofs finden sich in "Weiter Serien historische Bilder", Flickr Album der Stadt Bochum
  8. Hanke, Hans H.: In schlechter Würde? Der Freigrafendamm und seine NS-Bauten (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 9). Bochum 2001, S. 3–6 (online [PDF]).
  9. Dietmar Bleidick: Bochum: Industriekultur im Herzen des Reviers. (PDF) Hauptfriedhof Bochum. Regionalverband Ruhrgebiet, abgerufen am 16. November 2022.
  10. Bild der Gedenkfeier mit OBM Geldmacher am Rednerpult, im Flickr Auftritt der Stadt Bochum
  11. Hanke, Hans H.: Wo wir die Russen einmal reingelegt haben. Das Bochumer Denkmal zu Ehren der ermordeten Sowjetbürger 1946-1964 (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 7). Bochum 2000, S. 3–6 (online [PDF]).
  12. Bild der Enthüllung der Namenstafeln, im Flickr Auftritt der Stadt Bochum
  13. Kreuzer, Clemes: Das Niobe-Mosaik des lgnatius Geitel - Geschichte und aktuelle Aspekte eines Bochumer Mahnmals (= Kortum-Gesellschaft Bochum [Hrsg.]: Bochumer Zeitpunkte. Heft 15). Bochum Oktober 2004, S. 12–16 (online [PDF]).
  14. Luftbild- und Stadtplanvergleich. Regionalverband Ruhr, abgerufen am 16. November 2022.
  15. Zentralfriedhof Freigrafendamm, Trauerhalle Ost. Abgerufen am 16. November 2022.
  16. Tag des Friedhofs „Hier bekommen die Menschen wieder einen Namen“. Abgerufen am 16. November 2022.
  17. Enzyklopädie des Islam, Abschnitt Hauptfriedhof Bochum

Koordinaten: 51° 28′ 43,1″ N, 7° 15′ 11,7″ O

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Am Hauptfriedhof in Bochum zeigt ein Mosaik des Bochumer Künstlers Ignatius Geitel die Niobe Sage aus Griechenland.