Hartwig Gauder

Hartwig Gauder (1994)

Hartwig Gauder (* 10. November 1954 in Vaihingen an der Enz, Baden-Württemberg; † 22. April 2020 in Erfurt[1][2]) war ein deutscher Leichtathlet und Olympiasieger, der – für die DDR und später das wiedervereinigte Deutschland startend – in den 1980er und 1990er Jahren zu den weltbesten 50-km-Gehern gehörte. Seine größten Erfolge sind die Titelgewinne bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau, bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 1986 in Stuttgart und bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1987 in Rom.

Karriere

Hartwig Gauder verbrachte seine frühe Kindheit in Süddeutschland, bis seine Familie 1960 in die DDR nach Ilmenau (Thüringen) übersiedelte, weil seine Mutter dort ein Haus geerbt hatte. Als Geher startete er zunächst auf der 20-km-Strecke. Er wurde 1975 sowie 1976 DDR-Meister und stellte 1978 einen Europarekord im 20.000-Meter-Bahngehen (1:24:22,7 h) auf. Nachdem er bei den Europameisterschaften nur Siebter geworden war, stieg er auf die 50-km-Strecke um. Als er 1980 seinen Olympiasieg in Moskau errang, bestritt er erst seinen vierten Wettkampf auf dieser Distanz.

Die Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles entgingen ihm wegen des Boykotts der DDR.

Nach den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1993 nahm er Abschied vom Leistungssport, blieb aber weiter aktiv und betrieb Walking. 1994 stellte sich ein zunächst unerklärliches Absinken seiner Leistungsfähigkeit ein, das sich 1995 als Virusinfektion seines Herzens erwies – infiziert während eines Gebäudeaufmaßes im Rahmen seines Architekturstudiums in einer ehemaligen Geflügelfarm, wie Ärzte später vermuteten. 1996 erhielt er zunächst ein künstliches Herz und 1997 ein Spenderherz, mit dem er kaum zwei Jahre danach den New-York-City-Marathon im Walking bestritt. Fünf Jahre später erfüllte er sich einen weiteren Traum: Als erster Mensch nach einer Herztransplantation bestieg er im August 2003 den heiligen Fuji-san, Japans höchsten Berg.[3]

Hartwig Gauder war Diplom-Architekt und arbeitete von 2007 bis 2013 am Universitätsklinikum Jena, ab 2013 im Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit. Er war Generalsekretär des Vereins Sportler für Organspende und 2. Vorsitzender des Vereins Kinderhilfe Organtransplantation; zudem Schirmherr der Deutschen Sepsisgesellschaft, Beirat in der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation in der Kardiologie, Kuratoriumsmitglied der Deutschen Sepsisstiftung und ständiger Gast der Deutschen Stiftung Organtransplantation.

In seiner aktiven Zeit startete er für den SC Turbine Erfurt und trainierte bei Siegfried Herrmann. Er war in dieser Zeit 1,86 m groß und wog 71 kg.

Einen seiner letzten öffentlichen Auftritte erlebte er im November 2019 in der MDR-Talkshow „Riverboat“ (siehe Mediathek).

Hartwig Gauder starb im April 2020 im Alter von 65 Jahren nach einem Herzinfarkt.[4] Er war verheiratet und hatte einen Sohn.[5]

Erfolge

Ehrungen

Schriften

  • Die zweite Chance oder Mein Leben mit dem dritten Herzen, aufgeschrieben von Angelika Griebner. Sportverlag, Berlin 1998, ISBN 978-3-328-00787-6.
  • Nordic Walking mit Rheuma. Rübe Verlag, Erfurt 2005, ISBN 978-3-938527-01-6.
  • Zwei Leben, drei Herzen. Vom Olymp zum Heiligen Berg, aufgeschrieben von Angelika Griebner, Bombus-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-936261-65-3.

Literatur

  • Karl-Heinz Keldungs: Hartwig Gauder. In: ders.: Die deutsche Leichtathletik in 100 Porträts von Hanns Braun bis Malaika Mihambo. Arete Verlag Christian Becker, Hildesheim 2022, ISBN 978-3-96423-081-2, S. 46f.
  • Kurzbiografie zu: Gauder, Hartwig. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Trauer um Geher-Legende Hartwig Gauder, leichtathletik.de, 23. April 2020
  2. Gerald Müller: Trauer um Geher-Legende Hartwig Gauder. 22. April 2020, abgerufen am 22. April 2020.
  3. VSO-Aktion gelungen: Mann mit dem „dritten Herzen“ erobert den Fuji. In: tischtennis.de. 23. Juli 2003, abgerufen am 23. April 2020.
  4. Trauer um Geher-Legende Hartwig Gauder, leichtathletik.de, 23. April 2020
  5. Was macht eigentlich Hartwig Gauder?, magazin-forum.de, 17. April 2020
  6. Zeitschrift DTS, 1998/12 S. 37
  7. 16 neue Mitglieder in „Hall of Fame des deutschen Sports“. In: hall-of-fame-sport.de. Archiviert vom Original am 17. Juli 2016; abgerufen am 23. April 2020.

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Rennsteigweltrekord nicht gebrochen

Als am 29. April 1994 sechs Männer noch vor Sonnenaufgang in Hörschel bei Eisenach ihren Fuß auf den Rennsteig setzten, hatten sie nur ein Ziel: Einen Weltrekord auf dem Rennsteig aufzustellen. Die Idee vom USV Jena war gemeinsam mit Sponsoren und Medienvertretern lange diskutiert worden. Die Idee bestand darin, möglichst kurz vor dem traditionellen Rennsteiglauftermin eine medienwirksame Aktion zu starten, die noch einmal auf Thüringens größtes Sportereignis aufmerksam macht. Der Rennsteig mit seiner legendären 168,3 km langen Strecke, die jährlich von tausenden Wanderern und Läufern begangen wird, bot sich dazu regelrecht an. Sowohl die sportliche Herausforderung, als auch der Bekanntheitsgrad dieses Höhenweges bot alles, was medial einen Erfolg garantierte. Außer der Länge und der Höhenmeter bestand die Schwierigkeit des Rekordversuches darin, dass sich die sechs Teilnehmer verpflichteten die gesamte Zeit gemeinsam, d. h. nie weiter auseinander als 100m, auf dem Rennsteig zu wandern oder zu walken. Jürgen Anhöck, Hartwig Gauder, Wolfgang Knaust, Dr. Hans-Georg Kremer, Dr. Matthias Schulze und Frank Zülke, alles erfahrene Ausdauersportler und vielfache Rennsteiglaufteilnehmer wurden für das Projekt gewonnen und bereiteten sich gemeinsam darauf vor. Der USV Jena e. V., das Institut für Sportwissenschaft der Jenaer Universität und vor allem der Rennsteiglaufverein sorgten für die Organisation des Rekordmarsches. Nach einer Gesamtzeit von 37 Stunden und 21 Minuten erreichte das Team in Blankenstein an der Saale das Ende des Rennsteigs. Die reine „Wanderzeit“ lag bei unter 30 Stunden. Die Differenz wurde für Wissenschaftliche Untersuchungen, Medienaktivitäten wie Interviews und Fernsehaufnahmen und Versorgungszeiten benötigt. Die medizinische Betreuung hatte der Bereich Sportmedizin der Uni unter Leitung von Frau Prof. Dr. Johanna Hübscher übernommen, die auch die umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen vornahm, unterstützt durch den Trainingswissenschaftler Prof. Dr. Hans-Alexander Thorhauer und den Sportpsychologen Prof. Dr. Dieter Teipel. Eine ganze Mannschaft von Helfern des USV unter Leitung von Maik Masuhr hatte dafür gesorgt, dass etwa alle 10 Kilometer eine Versorgungsstelle eingerichtet wurde, die von den Vereinen des GutsMuths-Rennsteiglaufs betreut wurden. An vielen Stellen organisierten die Gemeinden an der Strecke Begrüßungen, kleine Volksfeste und Sonderaktionen. Streckenweise wanderten Wissenschaftler, Journalisten, Kamerateams und Sportler der Region mit. Zwischen Kopfweitsprung und dem längsten Paar Laufski wurde der Rekord ins Guinness-Buch der Rekorde eingeschrieben. Es steht zu lesen: „Gruppenwandern: Das Sextett Matthias Schulze, Wolfgang Knaust, Hans-Georg Kremer, Jürgen Anhöck, Frank Zühlke und Hartwig Gauder haben am 29./30. April den 168,3 km langen Thüringer Höhenweg Rennsteig in der Rekordzeit von 37:21 Stunden durchwandert.“ Start: 29. April 1994 um 10.00 Uhr in Hörschel; Ziel: 30. April um 23.41 Uhr in Blankenstein. Witterung: tagsüber 20° C, nachts um 5° C, trocken; ab dem 30.04.94, 22.00 Uhr Regen.“ Bisher gelang es nicht, diesen Rennsteig-Weltrekord zu brechen.


Hans-Georg Kremer