Gutleuthof

Mainpanorama mit Gutleuthof, Gouache, um 1825

Der Gutleuthof war ein im 13. Jahrhundert entstandenes Lepra-Spital und der ehemals größte landwirtschaftliche Wehrhof vor den Toren von Frankfurt am Main. Nach umfangreichen Brandschäden durch einen Großbrand im 19. Jahrhundert und einer darauffolgenden längeren Zeit des Verfalls wurden die letzten Überreste der Bauten des Hofes im Jahr 1978 abgerissen.

Geschichte

Der Gutleuthof wurde als Leprosenhof im Jahre 1283 erstmals erwähnt, das heißt hier wurde Leprakranken Unterkunft, Verpflegung sowie Behandlung gewährt; Lepra war im 13. Jahrhundert in Europa weit verbreitet. Gegründet worden war der Gutleuthof von einer Bruderschaft, die auch der benachbarten Galgen- oder Galluswarte ihren ersten Namen gab („Warte zu den guten Leuten“).

Ravenstein-Plan von 1885: Östlich neben dem Gutleuthof liegt Gogels Gut, im Becken des (projektierten) Frankfurter Westhafen die ehemalige Lage des Grindbrunnens, einer schwefelhaltigen Quelle.

In der Nähe des Gutleuthofes, auf dem Gelände des heutigen Frankfurter Westhafens befand sich die „Grindbrunnen“-Quelle,[1] deren schwefelhaltigem Wasser eine heilende Wirkung zugesprochen wurde; sie wurde später ans Nizza verlegt und ist dort versiegt beziehungsweise wegen Verunreinigung geschlossen worden.

Eine Kapelle, die wohl schon von Anfang an mit dem Lepraspital verbunden war, wurde zuerst im Jahre 1329 genannt; die Kirche diente den Protestanten der benachbarten Höfe und der Gemeinden Niederrad und Griesheim zum Gottesdienst, der Kirchhof den Beerdigungen von Gemeindeangehörigen, Selbstmördern und Hingerichteten. Bei der Anlage der Frankfurter Landwehr wurde der Hof in die Stadtbefestigung eingefügt und markierte ihre westlichste Ausdehnung. Er war von einer Ringmauer umschlossen, besaß eine schmale Mainpforte und je ein Haupttor auf der Frankfurter und auf der nördlichen, der Galgen-Warte zugekehrten Seite.[2]

Im Laufe der Zeit hatte die Zahl der Lepra-Erkrankten abgenommen und Ende des 16. Jahrhunderts war die Krankheit in Mitteleuropa fast verschwunden. Im April 1531 wurde der Gutleuthof dem neu gegründeten städtischen Almosenkasten übergeben. Im Jahr 1614 diente der Hof vorübergehend als Gefängnis, um die Revolutionäre des Fettmilch-Aufstands um Vincenz Fettmilch festzusetzen.[3] Goethe beschrieb den Hof in Dichtung und Wahrheit und berichtete über Feste auf den Weiden, die „mit mancherlei Lust und Ungezogenheit“ gefeiert wurden.

Im Jahr 1801 vernichtete ein Feuer fast den ganzen Hof; Scheune, Branntwein-Brennerei und das Herrenhaus bis auf den ersten Stock wurden zerstört.[2] In der Folgezeit hatte das Gebäude wechselnde Besitzer. 1870 löste die Waisenhausstiftung die Erbpacht des Allgemeinen Almosenkastens für 70.000 Gulden ab, verkaufte den Hof aber bereits drei Jahre später für 2.150.000 Goldmark an die Hessische Ludwigsbahn weiter.[4]

Im Jahr 1940 erwarb die Getränkefirma Jöst den Hof, legte dort 1952 einen „Frankfurter Weinberg“ an, gab den Hof aber im Jahre 1971 mit ihrem Konkurs auf.[5] Der Hof wurde daraufhin von einem Tochterunternehmen der Neuen Heimat ersteigert, blieb jedoch ungenutzt. 1978 wurde der verfallene Gutleuthof trotz der Proteste des Ortsbeirates abgerissen. Ein Jahr später kaufte die Stadt Frankfurt das Gelände, um die Werner-von-Siemens-Berufsschule zu bauen.

Der Gutleuthof gab dem Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Stadtteil Gutleutviertel seinen Namen. Außerdem erinnern die Straßen Gutleuthofweg und Gutleutstraße an den größten landwirtschaftlichen Hof Frankfurts.

Literatur

  • Rudolf Jung, Julius Hülsen: Die Baudenkmäler von Frankfurt am Main – Band 3, Privatbauten. Selbstverlag/Keller, Frankfurt am Main 1914.
  • Hans Pehl: Als sie einst die Stadt schützten – Frankfurts befestigte Gutshöfe. Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main 1978. ISBN 3-7820-0411-6.
  • Eduard Pelissier: Die Landwehren der Reichsstadt Frankfurt am Main. Topographisch-historische Untersuchung. Völcker, Frankfurt am Main 1905.
  • Ursula Neeb: Die Siechenmagd. 1. Auflage. Societäts-Verlag, 2006, ISBN 978-3-7973-0991-4 (Romanhafte Beschreibung des Lebens auf dem Gutleuthof und in Frankfurt im Jahre 1506).
  • August von Cohausen: Beiträge zur Geschichte der Befestigung Frankfurts im Mittelalter, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Bd. 12, Selbstverlag des Vereines für Geschichte und Alterthumskunde, Frankfurt am Main 1869.
  • Helmut Bode: Frankfurter Sagenschatz. Sagen und sagenhafte Geschichten nach den Quellen und älteren Sammlungen sowie der Lersner’schen Chronik neu erzählt von Helmut Bode. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt a. M., zweite Auflage 1986, S. 158–161 ISBN 3-7829-0209-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Klötzer, Wilfried Ehrlich: Sachsenhausen – 1885 und heute. Herausgegeben von der Frankfurter Sparkasse von 1882 (Polytechnische Gesellschaft), Frankfurt am Main 1985. Vorderes Vorsatzblatt: Plan von Sachsenhausen aus einem Ravensteinführer. 4. Auflage 1885
  2. a b Pehl: Als sie einst die Stadt schützten – Frankfurts befestigte Gutshöfe, S. 42
  3. Pehl: Als sie einst die Stadt schützten – Frankfurts befestigte Gutshöfe, S. 41 f.
  4. Hans-Otto Schembs (Hrsg.): Der Allgemeine Almosenkasten in Frankfurt am Main 1531–1981. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt 1981, ISBN 3-7829-0243-2, S. 136.
  5. Pehl: Als sie einst die Stadt schützten – Frankfurts befestigte Gutshöfe, S. 43

Koordinaten: 50° 5′ 49,6″ N, 8° 38′ 52″ O

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FFM Ravenstein-Plan 1885 Gutleut Niederrad.png
Ausschnitt aus einem Plan des Stadtteils Sachsenhausen von Frankfurt am Main, erschienen in vierter Auflage 1885 in der ortsansässigen Ravensteinschen Verlagsanstalt. Der abgebildete Kartenausschnitt aus diesem Ravensteinführer zeigt den westlichen Teil des heutigen Frankfurter Gutleutviertels sowie einen nördlichen Teil des südmainischen Stadtteils Frankfurt-Niederrad.

Links oben auf der Karte die Galluswarte an der Mainzer Landstraße. Die gestrichelten Linien darunter deuten die Schienentrassen des zu dieser Zeit geplanten Frankfurter Hauptbahnhofs an. Vom linken Bildrand über die Bildmitte nach oben rechts verlaufend der Ginnheimer Fußweg, am Gutleuthof übergehend in die Gutleutstraße. Östlich neben dem nicht mehr bestehenden Gutleuthof liegt Gogels Gut, ein privater Landsitz des Frankfurter Dr. phil. und Oeconom Johann Noë Gogel (1758-1825). 1804 erwarb Johann Noe Gogel dieses Areal vom Almosenkasten oberhalb des Gutleuthofes und lässt sich von dem klassizistischen Baumeister Nicolas Alexandre Salins de Montfort (* 1753 Versailles; † 1838 Nantes) auf seinem Gut eine prächtige Villa bauen (1944 zerstört). 1883 erwirbt der Rentner L. Sommerhoff den Gogelschen Landsitz; seit 1928 befindet sich dort der öffentlich zugängliche Sommerhoffpark. Entlang der Gutleutstraße liegen die Neue Frankfurter Gas-Fabrik mit Petroleum-Magazin sowie die Infanterie Caserne; letztere steht heute auf dem Gelände des dortigen Behördenzentrums. Südlich der Kaserne der am Mainufer in Entstehung befindliche Frankfurter Westhafen. Im Hafenbecken eingezeichnet die Lage des vormaligen Grindbrunnens („Grindbrun.“), eine schwefelhaltige Quelle.

Die auf der Karte mit gestrichelten Linien eingezeichnete breite Flussquerung westlich des Nadelwehrs zeigt den Standort der heutigen Eisenbahnbrücke Main-Neckar-Brücke.

Südlich des Mains zwei Krankenhäuser („Allgem. Krankenhaus“, „Blattern Spit.“), heute Standort der Universitätskliniken in Niederrad. Südlich bis westlich des Klinikgeländes der damalige Unterlauf des Königsbachs/Luderbachs. Seit dem 20. Jahrhundert verläuft der Bach kanalisiert und unterirdisch einige Meter weiter westlich und mündet am Fuß der Main-Neckar-Brücke verdolt in den Main. Auf der Landzunge der entlang des südlichen Flussufers eingezeichneten Schleuse „Bei Frankfurt“ befindet sich seit dem Jahr 1900 das bis in die Gegenwart bestehende Licht- und Luftbad Niederrad. Eine Wehranlage der Schleusenkammer ist erhalten geblieben. Das zur Schleuse gehörige, im späten 19. Jahrhundert errichtete Nadelwehr östlich der Main-Neckar-Brücke existiert seit etwa 1928 nicht mehr.
Frankfurt Am Main-Mainpanorama mit Gutleuthof-um 1825.jpg
Frankfurt am Main: Mainpanorama mit Gutleuthof, Gouache. 1803 kaufte der Frankfurter Dr. phil. und Oeconom Johann Noe Gogel (1758-1825) von dem Erbpächter des Gutleuthofes Ferber 27 Morgen große Äcker, die östlich des Hofes lagen. Er bezahlte dafür 10 000 Gulden. Johann Noe Gogel, der einen Wein-Großhandel im Zentrum Frankfurts mit Haus "Zur goldenen Kette" am Roßmarkt hatte, ließ nach den Überlieferungen der Familie auf dem Gutleuthof nach Plänen von Nicolas Alexandre Salins de Montfort (1753 Versailles; † 1838 Nantes) ein Herrenhaus, die sogenannte Villa Gut Gogel, die schon 1805 bezugsfertig war, errichten. Auch legte er einen Landschaftspark an, um die ländliche Ruhe zu genießen. Die an exponierter Stelle gelegene Villa mit halbrundem Gartenhaus muss schon in historischer Zeit ein Blickfang für Schiffsreisende von und nach Frankfurt gewesen sein. Nachfolgende Generationen der Familie Gogel erwarben noch Gelände an der Ostgrenze dazu und bauten das Anwesen mit Scheunen, Stallungen und Wirtschaftsgebäuden aus.

Nach einer Beschreibung in Schriften des historischen Museums von 1929 hatte das Gebäude einen langrechteckigen Grundriss, der sich nach dem Main halbkreisförmig ausbuchtete. Der Aufbau des Hauses war zweigeschossig. Ein Sockelgeschoss mit Fugenschnitt und ein Hauptgeschoss über einem breiten Gutgesims. Vor den Dächern lag eine niedrige Attika. Ein halbrunder Vorbau öffnete sich im ersten Stock nach außen in einer mit Säulen ausgestellten Loggia. Er war mit einem Kuppeldach eingedeckt. Zu der Zeit, als der als Quelle dienende Artikel erschien, soll das Landhaus unter Verwahrlosung und rücksichtslosen Umbauten an Bedeutung verloren haben.

An einem der beiden heute noch existierenden erhöhten Aussichtsplätzen an der Ufermauer ließ Gogel Arkaden nach antikem Vorbild errichten. Die Arkaden, die sehr kostbar waren, stammten aus dem Besitz der ehemaligen Benediktiner-Abtei Neustadt am Main. Gogel erwarb sie vom Fürsten von Löwenstein-Wertheim, auf den die Abtei bei der Säkularisation übergegangen war. 1970 wurde die Arkadenreihe abgetragen und auf Bitten des Landrats des Kreises Lohr am Main in das Benediktinerkloster Neustadt zurückgebracht. Gogel erwarb im Laufe der Zeit noch Gelände an der Ostseite des Hofes hinzu. Er ließ dort Scheunen, Stallungen und Wirtschaftsgebäude neu errichteten. Der Park mitsamt dem Anwesen galt damals zu einem der schönsten in Frankfurt. Quelle:http://www.gutleuthist.de/villagogelundsommerhoff.html