Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde

Das Evangelische Lexikon für Theologie und Gemeinde (ELThG) ist eine christlich-theologische Enzyklopädie aus protestantischer Sicht. Das Lexikon war eine Erweiterung des einbändigen Evangelischen Gemeindelexikons (1978), herausgegeben von Helmut Burkhardt, Erich Geldbach und Kurt Heimbucher. Die erste Auflage des ELThG erschien 1992 bis 1994 in drei Bänden, die zweite, vierbändig geplante Auflage, eine weitgehende Neubearbeitung, erscheint ab 2017. Diese Lexika wurden im Verlag SCM R. Brockhaus in Holzgerlingen (früher: R. Brockhaus Verlag in Wuppertal) veröffentlicht. Die gebräuchliche Abkürzung ist ELThG (bzw. ELThG2 für die zweite Auflage).

Zum Inhalt

Das Lexikon legt ein besonderes Augenmerk auf Anliegen und Ergebnisse des von Pietismus, Erweckungs- und evangelikaler Bewegung geprägten Protestantismus.[1] Im Vergleich mit anderen theologischen Lexika werden hier die Freikirchen sowie die Charismatische Bewegung weit stärker berücksichtigt, indem vielen ihrer Personen und Werke eigene Artikel gewidmet sind. Siegbert Riecker zählt eine Reihe von Artikeln auf, die man in anderen Lexika nicht (oder nicht so ausführlich) findet: Evangelische Allianz, Evangelikale Theologie und Bewegung, theologische Ausbildung (einschließlich Bibelschulen und theologische Begleitung), Biblische Theologie, Biblizismus, Evangelist, Evangelisation(sverein), Bekehrung und Buße, Erwählung und Berufung, Bekenntnisbewegung, –schulen, Bibelbund, Bibellesebund, Einkehrtage und –häuser, Erbauung(sliteratur), Briefseelsorge, ACL, AEM, BTS, KEP, EEAA, Deutscher Frauen-Missions-Gebets-Bund. Dagegen ist der exegetische und biblisch-theologische Bereich kein Schwerpunkt; für solche Themen sind (auch) andere Lexika heranzuziehen.[2]

Artikel über Organisationen wie z. B. „Evangelische Allianz“ konzentrieren sich auf die jeweilige Geschichte, sind also vorwiegend historisch gestaltet. Im Bereich der protestantischen Kirchengeschichte liegt der besondere Wert dieses Lexikons. Dazu gehört eine große Anzahl von Biographien, jeweils oft mit einem Bild der betreffenden Person versehen.

Erste Auflage 1992 bis 1994

Das ursprünglich 3-bändige Lexikon erschien in den Jahren 1992, 1993 und 1994 mit insgesamt etwa 2500 Artikeln. Es wurde von Helmut Burkhardt und Uwe Swarat herausgegeben.

  • Band 1: A–F, 1992
  • Band 2: G–N, 1993
  • Band 3: O–Z sowie ein Registerband, 1994

Zweite Auflage ab 2017

Herausgeber und Autoren

Eine zweite, vollständig überarbeitete Auflage (also eine „Neuausgabe“[3]) erscheint seit 2017 und soll insgesamt 3400 Artikel umfassen,[4] also etwa um ein Drittel gegenüber der 1. Auflage anwachsen. Das Lexikon erscheint in gedruckter Form und als E-Book.

Die Herausgeber sind evangelisch-landeskirchliche sowie -freikirchliche Theologen, nämlich Heinzpeter Hempelmann und Uwe Swarat „in Verbindung mit“ Roland Gebauer, Wolfgang E. Heinrichs, Christoph Raedel und Peter Zimmerling. Als Autoren beteiligen sich mehr als 500 Fachleute (davon etwa ein Zehntel weiblich[5]). Den meisten Autoren wurden nur jeweils wenige Artikel zugeteilt, aber einige Autoren übernahmen viele Artikel: Sechs Autoren haben in den ersten beiden Bänden jeweils 30 oder mehr Artikel (oder Teil-Artikel) geschrieben,[6] nämlich die Mitherausgeber Hempelmann, Raedel und Swarat sowie drei weitere Autoren: Rolf Hille, Thorsten Dietz und Andreas Heiser (der Mitherausgeber Zimmerling liegt knapp unter 30). Die Gesamtzahl der Artikel soll gegenüber der 1. Auflage um ein Drittel zunehmen, auf etwa 3400 Artikel. Fast jeder Personen–Artikel hat auch ein Porträt;[7] die Bebilderung in Schwarz-Weiß ist „von erheblich besserer Qualität als in der vorhergehenden Ausgabe“.[8]

Vergleich mit erster Auflage

Die meisten Artikel wurden neu geschrieben, nur bei wenigen begnügte man sich mit einer geringfügigen Überarbeitung gegenüber der ersten Auflage.[9] Dazu Siegbert Riecker: „Artikel von bereits verstorbenen Autoren, die aus der ersten Ausgabe übernommen wurden, sind in ihren Formulierungen kaum wiederzuerkennen, stark überarbeitet und aktualisiert“, und nennt u. a. den Artikel „Children of God / Kinder Gottes“ (geschrieben von Rüdiger Hauth, gestorben 2016).[10] Jan Reitzner vergleicht die 2. Auflage mit der 1. und beobachtet eine Aufwertung – sprich: deutlich stärkere Berücksichtigung – von vier Gebieten: der Religionswissenschaft, des ästhetischen Zugangs, weiblicher und antiker Personen, sowie der internationalen Perspektive (durch zahlreiche Artikel über Länder). Außerdem „können die aktuellen Debatten des kontemporären Evangelikalismus in den einzelnen Unterabschnitten der Artikel wiedererkannt werden“.[11] Einen konkreten Eindruck davon, um welche neuen Artikel es sich handelt, bietet eine Aufzählung von Riecker: Abraham(it)ische Religionen, Allmacht und Allwissenheit Gottes, Alter, Anbetung, Arzt, Barmherzigkeit, Behinderung, Beruf, Besessenheit, Besonnenheit, Bibelillustration, Demut, Deutschland, Diskriminierung, Ehescheidung, Eltern, christlicher Enthusiasmus, Esoterik, Essen und Trinken, Ewigkeit.[12]

Inhaltliche Charakterisierung

Auf kurze Artikel wurde verzichtet; auch die kürzesten Artikel sind zumindest eine Spalte lang. Was derzeit in der öffentlichen Diskussion stark präsent ist, wird auch in diesem Lexikon entsprechend berücksichtigt. So ist der Artikel ‚Homosexualität‘ ebenso umfangreich wie die Artikel über zentrale christliche Themen wie ‚Gott‘, ‚Jesus Christus‘, ‚Kirche/Gemeinde‘ oder ‚Israel‘, mit jeweils ca. 23 Spalten.[13] Über den Artikel Homosexualität urteilt der Adventist Mohr: „Das ELThG2 schafft es, bei einem innerhalb der Kirchen derart umstrittenen Thema sachlich und unaufgeregt biologische, psychologische, historische, biblische, ethische sowie praktisch-theologische Perspektiven miteinander zu verbinden und dabei durchaus auch Position gegen den gesellschaftlichen Mainstream zu beziehen.“[14]

Der Aufbau der Artikel lässt sich z. B. am Artikel über die „Glossolalie“ (Zungenrede) darlegen. Diese wird in vier Kapiteln behandelt, von jeweils einem anderen Autor; das führt zu kleinen Überschneidungen, trägt aber zur Vielfalt der Standpunkte bei. Die Kapitel behandeln das Thema 1. religionswissenschaftlich, 2. biblisch, 3. kirchengeschichtlich und 4. praktisch-theologisch. Die von den Herausgebern getroffene Auswahl an Persönlichkeiten konzentriert sich – nach Altertum und Mittelalter – auf Deutschland. Etwa in Bezug auf Österreich erhielten prominente Kirchenmänner wie Florian von Lorch, Abraham a Santa Clara, Theodor Innitzer oder Franz König keine Artikel. In historischen Artikeln liegt ein besonderes Schwergewicht auf Bezügen zum Christentum. So werden z. B. im Artikel über die Habsburger die jeweiligen Aktionen der einzelnen Herrscher im Hinblick auf Kirche(n) herausgestellt, in drei Kapiteln: 1. Von der Regional- zur Weltmacht und zurück, 2. Heiratspolitik als Machtpolitik, 3. Österreichische Frömmigkeit (Pietas Austriaca). Die den Artikeln angehängten Literaturhinweise sind knapp gehalten.[15]

Gegenüber historisch-kritischen Positionen findet sich in den Artikeln eine kritische Auseinandersetzung, mitunter auch eine Übernahme einer solchen Position. Etwa die Meinung, dass Daniel 11 einen „Geschichtsüberblick als fiktive Prophetie biete, also eine Darstellung der Vergangenheit (fälschlicherweise) als Weissagung einer Person der Vorzeit ausgebe“.[16]

Reitzner gibt Lektüretipps und empfiehlt dabei besonders solche Artikel, welche neuere Entwicklungen empfehlen, etwa ‚Fortschritt‘, ‚Jugendreligiosität‘, ‚Fantasyliteratur‘.[17]

Erscheinungsjahre der Einzelbände

  • Band 1: Anfangsbuchstaben A–E, 2017 (1008 Seiten)
  • Band 2: F–K, 2019 (1168 Seiten)

Rezensionen zum ELThG2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. So im Vorwort zu ELThG2, Bd. 1.
  2. So Riecker in seiner Rezension von ELThG2, Bd. 1.
  3. Eyselein in seiner Rezension: „Die stichprobenhafte Sichtung des Bandes lässt eine fast durchgängige vertiefende Neuabfassung der Artikel auf aktuellem Niveau erkennen.“
  4. ELThG2, Bd. 1, Vorwort der Herausgeber, Sp. V.
  5. Diese Schätzung ist in den Rezensionen von Triebel, S. 202, und von Graf-Stuhlhofer genannt.
  6. Triebel in seiner Rezension, S. 202.
  7. Riecker in seiner Rezension zu Bd. 2.
  8. Eyselein in seiner Rezension.
  9. Reinert in seiner Rezension zu Band 1.
  10. Riecker in seiner Rezension.
  11. Reitzner in seiner Rezension.
  12. Riecker in seiner Rezension zu Bd. 1.
  13. Reinert in seiner Rezension zu Band 2.
  14. Mohr in seiner Rezension.
  15. Werner Thiede spricht in seiner Rezension von „den mitunter etwas dürftig geratenen Literaturangaben“.
  16. So Mohr in seiner Rezension kritisierend, in Bezug auf den Artikel „Apokalyptik“, in Bd. 1, Sp. 328.
  17. Reitzner in seiner Rezension.

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