Die Traumbude

Die Traumbude – vollständiger Titel Die Traumbude. Ein Künstlerroman. – ist ein Roman des deutschen Schriftstellers Erich Maria Remarque, der 1920 veröffentlicht wurde. Er beschreibt das Leben und die Gefühlswelt der jungen Gäste und des Besitzers der Traumbude, einer kleinen Dachgeschosswohnung, die als künstlerischer und gesellschaftlicher Freiraum dient. Die Traumbude ist Remarques Romandebüt.

Handlung

Der Maler und Dichter Fritz Schramm empfängt in seiner Dachgeschosswohnung, der Traumbude, junge Menschen mit künstlerischen Ambitionen. Darunter sind der der Maler Fried, die junge Paula (genannt Paulchen), Trix Bergen aber vor allem der angehende Komponist Ernst Winter und Elisabeth Heindorf. Während Ernst für seine Ausbildung zum Komponisten die meiste Zeit in Leipzig verbringt und dort eine Affäre mit der Sängerin Lanna Reiners beginnt, entwickelt sich Elisabeth immer mehr vom Mädchen zur Frau. Nachdem Ernsts Affäre abrupt zu Ende geht, kehrt er anlässlich des Todes seines Freundes Fritz Schramm in die Heimat zurück, wo er und Elisabeth sich ihre Liebe gestehen.

Veröffentlichung

Das Buch erschien erstmals 1920 im kleinen Dresdner Verlag der Schönheit noch unter Remarques bürgerlichem Namen Erich Paul Remark und wurde kaum beachtet.[1][2] 2020 wurde der Roman von Thomas F. Schneider, Leiter des Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrums, neu herausgegeben. Die neue, bei Kiepenheuer & Witsch als kommentierte Einzelausgabe mit Nachwort und umfangreichem Anhang erschienene Version enthält auch erstmals das vollständig editierte Tagebuch Remarques aus dem Jahr 1918.

In deutscher Sprache wurde der Roman nach der Erstveröffentlichung 1920 erst 1998 (anlässlich des 100. Geburtstages Remarques) und dann 2020 (100 Jahre nach der Erstausgabe) wieder aufgelegt, auch nur wenige Übersetzungen sind erschienen, so dass der Text – ebenso wie fast das gesamt Frühwerk – heute immer noch nahezu unbekannt ist.[3]

Kontext und Analyse

Die folgenden Informationen stammen aus einer Schrift der Universität Osnabrück, an der das Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrum angesiedelt ist:

„Remarque verarbeitet in diesem Roman Erlebnisse aus den Jahren 1915–1916/17, in denen er sich dem sogenannten »Traumbudenkreis« anschloss, in dessen Mittelpunkt der Osnabrücker Kunstmaler und Dichter Fritz Hörstemeier stand. Entsprechend seiner Verehrung für Hörstemeier widmet er seinen ersten Roman sowohl diesem als auch dessen »verstorbener Liebe Lucile Dittrichs« (im Roman »Lu«).

Die Stadt Osnabrück, die Remarque durch die Verwendung authentischer Straßennamen und Orte (Dom, Schölerberg, Große Straße, Möserstraße, Café Wittekind) als Beispiel einer Stadt der Mitte zwischen ländlicher Ruhe und Beschaulichkeit und der modernen Hektik beschreibt, ist nicht nur für Fritz Schramm die letzte Station auf der Suche nach Ruhe. Auch Ernst Winter kehrt hierher zurück, nachdem er in Leipzig durch die Affaire mit Lanna Reiner gereift ist und sich endgültig zu seiner Liebe zu Elisabeth bekennen kann. Während Lanna Reiner die pure Verführung und sinnliche Wollust verkörpert, steht Elisabeth für Weiblichkeit, eine reine – vernünftige, aber nicht vernunftgeleitete – Seele, nach der jeder Mann suche.

Zahlreiche Gespräche über Kunst, Natur und das Leben geben dem Autor die Gelegenheit, seine Vorlieben für Chopin oder Grieg, die Lyrik Fritz Hörstemeiers sowie Goethes und Eichendorffs ausführlich dazulegen. Elemente von Empfindsamkeit, Naturalismus, Nietzsches Naturphilosophie aber auch Ansätze eines »Körperkultes« finden Eingang in die Beschreibungen. Wie auch in vielen anderen Texten seines Frühwerks bedient Remarque sich der Elemente zeitgenössischer Philosophie und kultureller Strömungen, ohne dabei wirklich zu einer ausgereiften und theoretisch fundierten Weltanschauung zu gelangen. In Die Traumbude finden sich neben deutschtümelnden »Beschwörungen« von Geist und Natur gleichermaßen völkerverständigende Bekenntnisse zu den europäischen Nachbarländern.

»Die Welt ist schön; aber bei uns ist sie am schönsten. Das ist subjektiv, und ich weiß, daß der Engländer, Franzose, Spanier, der das sagt, auch recht hat. Und der Italiener vielleicht noch mehr. Dennoch sage ich es und habe auch recht!«

Hauptaspekt seines Romans bleibt aber die Suche nach dem Schönen in Kunst, Kultur und Natur sowie die Erinnerung an seinen Mentor Fritz Hörstemeier.“[4]

Kritik

Remarque wurde vorgeworfen, aufgrund der Nähe zum Verlag Die Schönheit und seiner zahlreichen Publikationen in der gleichnamigen Zeitschrift, in der nachweislich spätere Nationalsozialisten publizierten, von faschistischer Ideologie selbst nicht weit entfernt zu sein. So finden sich in Die Traumbude Anklänge völkischer Ideologie, daneben aber auch Bekenntnisse zu europäischen Nachbarländern (siehe Abschnitt Kontext und Analyse).

Insbesondere Kritiker aus dem linken Lager warfen Remarque auf Basis der Traumbude eine Nähe zu rechtsradikalen und antisemitischen Positionen vor. von denen er sich jedoch bereits 1920 distanziert hatte.[5]

Remarque selbst erklärte in einem Interview 1963, Die Traumbude sei in einer jugendlichen Orientierungsphase entstanden, in der er ausprobiert und zuweilen auch „präziös“ geschrieben habe. Er sei froh, dass dieser frühe Texte größtenteils in Vergessenheit geraten sei.[6]

Literatur

  • Erich Maria Remarque. Die Traumbude. Station am Horizont. Die unselbständigen Publikationen (1916-1968). Bibliographie zusammengestellt von Thomas F. Schneider und Donald Weiss. Osnabrück: Universitätsverlag Rasch, 1995 (Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs; 9) [R-A 6.1.2.011].
  • Richard Arthur Firda. »Young Erich Maria Remarque: Die Traumbude«. Monatshefte 71 (1979), 49–55.
  • Petra Oerke. »›Geliebter Fritz‹. Entstehung und biographischer Hintergrund von Remarques erstem Roman Die Traumbude (1920)«. Thomas F. Schneider (ed.). Erich Maria Remarque. Leben, Werk und weltweite Wirkung. Osnabrück: Universitätsverlag Rasch, 1998 (Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs 12), 41–56.
  • Petra Oerke. »Erläuterungen. Die Traumbude (1920)«. Erich Maria Remarque. Das unbekannte Werk. Frühe Prosa. Werke aus dem Nachlaß. Briefe und Tagebücher. Herausgegeben von Tilman Westphalen und Thomas F. Schneider. Vol. 1: Frühe Romane. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1998, 563–570.
  • Brian Murdoch. The Novels of Erich Maria Remarque. Sparks of Life. Rochester/NY, Woodbridge: Camden House, 2006, 1–30.
  • Thomas F. Schneider »Ein Denkmal. Zu Erich Maria Remarques erstem Roman Die Traumbude«. Erich Maria Remarque. Die Traumbude. Ein Künstlerroman. In der Fassung der Erstausgabe mit Anhang und einem Nachwort herausgegeben von Thomas F. Schneider. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2020 (KiWi 1742), 295–318

Ausgaben

  • Die Traumbude. Ein Künstlerroman. Verlag der Schönheit, Dresden 1920 (Bücherei der Schönheit, Vierter Band).
  • Die Traumbude. Ein Künstlerroman. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2020, ISBN 978-3-462-05468-2.

Einzelnachweise

  1. Die Traumbude – Ein Künstlerroman von Erich Remark. Universität Osnabrück, abgerufen am 24. Juni 2021.
  2. Thomas F. Schneider: Ein Denkmal (Nachwort zur Neuausgabe von Die Traumbude, 2020).
  3. Die Traumbude – Ein Künstlerroman von Erich Remark. Universität Osnabrück, abgerufen am 24. Juni 2021.
  4. Die Traumbude – Ein Künstlerroman von Erich Remark. Universität Osnabrück, abgerufen am 24. Juni 2021.
  5. Thomas F. Schneider: Ein Denkmal (Nachwort zur Neuausgabe von Die Traumbude, 2020).
  6. Das gesamte Interview ist abgedruckt in Erich Maria Remarque. Ein militanter Pazifist. Texte und Interviews 1929-1966. Hg. und mit einem Vorwort von Thomas F. Schneider. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1998, S. 118–133.