Alfred von Schlieffen

Alfred von Schlieffen, 1890

Alfred Graf von Schlieffen (* 28. Februar 1833 in Berlin; † 4. Januar 1913 ebenda)[1] war ein preußischer Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabes und Autor des Schlieffen-Planes.

Leben

Alfred entstammte dem pommerschen Adelsgeschlecht von Schlieffen. Er war der Sohn des preußischen Majors und Rittergutsbesitzer Magnus Graf von Schlieffen (1796–1864) und dessen Ehefrau Auguste, geborene von Schönberg (1808–1890), einer Tochter des Oberpräsidenten Moritz Haubold von Schönberg.

Nach dem Gymnasium in Niesky und dem Abitur am Joachimsthalschen Gymnasium, begann er ein Jurastudium und trat als Einjährig-Freiwilliger zunächst in die Infanterie der Preußischen Armee ein. Kurz darauf trat er zur Kavallerie über und wurde 1863 in den Generalstab kommandiert. 1866 nahm er als Hauptmann an der Schlacht bei Königgrätz und 1870/1871 als Major im Stab des Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklenburg am Deutsch-Französischen Krieg teil. Von 1876 bis 1884 war er Kommandeur des 1. Garde-Ulanen-Regiments und Mitglied des Großen Generalstabes.

1884 wurde er Abteilungschef im Großen Generalstab und 1888 Oberquartiermeister und somit Stellvertreter des Generalstabschefs Alfred von Waldersee. 1891 folgte er Waldersee an der Spitze des Stabes nach, 1903 wurde er zum Generaloberst befördert. 1904 war er anlässlich des Aufstandes der Herero und Nama bei Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bernhard von Bülow ein Fürsprecher von Lothar von Trothas Völkermord, den er mit den Worten kommentierte „Der entbrannte Rassenkampf ist nur durch die Vernichtung einer Partei abzuschließen.“[2]

1905 präsentierte er den später als „Schlieffen-Plan“ bezeichneten strategischen Plan, mit dem vermieden werden sollte, dass das Deutsche Reich in einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland aufgerieben würde. Der Plan ging von einem schnellen Angriff auf Frankreich aus, der über den rechten Flügel durch das neutrale Belgien und Luxemburg geführt werden sollte, um dem erwarteten Angriff der Franzosen in Elsass-Lothringen in die Flanke zu fallen. Ziel war es, Frankreichs Armeen von Paris abzuschneiden und die französische Hauptstadt binnen 6 Wochen nach Kriegsbeginn einzunehmen, womit der Krieg gegen Frankreich beendet sein sollte. Gleichzeitig sollte nur eine Armee Ostpreußen verteidigen und hinhaltenden Widerstand leisten, bis die im Westen durch den Sieg über Frankreich freigewordenen Truppen zur Verfügung stünden. Der anschließende Angriff auf Russland, für den durch Eisenbahn-Transport an die Ostfront die gesamte Truppenstärke des deutschen Heeres zur Verfügung gestanden hätte, sollte den zweiten Gegner besiegen.

Kernpunkte des Plans waren dabei die massive Truppenkonzentration auf dem rechten deutschen Flügel gegen Frankreich (geplant war eine 7:1-Überlegenheit an Mannschaftsstärke gegenüber den Verteidigern), eine Verletzung der Neutralität Belgiens und Luxemburgs sowie eine Entblößung der Ostfront, da man die russische Mobilmachung als sehr langsam verlaufend erwartete.

Schlieffens Grabstätte auf dem Invalidenfriedhof, Berlin

Um das Heer nach den Erfordernissen seines Plans umzugestalten, ließ Schlieffen die schwere Artillerie feldfähig machen, Transporttruppen aufstellen sowie die Nachschubstrukturen verbessern.

In der militärischen Realität ließ sich der Schlieffen-Plan jedoch während des Ersten Weltkrieges nicht umsetzen: Die angreifenden deutschen Streitkräfte kamen bereits an der Marne zum Stehen. Der geplante Bewegungskrieg wurde so über den Stellungskrieg schließlich zum Grabenkrieg. Unter Historikern wird jedoch kritisch diskutiert, ob der Schlieffen-Plan umgesetzt wurde: Schlieffens Nachfolger Moltke griff zwar mit starkem rechtem Flügel durch Belgien an, jedoch war das Verhältnis zu den Sicherungstruppen in Elsass-Lothringen nur 3:2, nicht wie von Schlieffen geplant 7:1. Außerdem beorderte Moltke aufgrund der Lage in Ostpreußen zwei Armeekorps vor der ersten Marne-Schlacht an die Ostfront, obwohl diese dort erst ankamen, nachdem die Entscheidung gefallen war.

Schlieffen selbst erlebte das Scheitern seiner Strategie nicht mehr. Er wurde 1906 zur Disposition gestellt und am 1. Januar 1911 zum Generalfeldmarschall befördert. Am 4. Januar 1913 starb Alfred Graf von Schlieffen in seiner Wohnung am Kurfürstendamm 210 in Charlottenburg.[1] Auf Befehl des Kaisers fand am 6. Januar 1913 die Trauerfeier in der Berliner Invalidenkirche mit anschließender Beisetzung auf dem Invalidenfriedhof statt.[3] Wilhelm II. ehrte sein Grab anschließend mit einem Kranz.

Familie

Er heiratete 1868 in Hannover Anna Gräfin von Schlieffen (1840–1872), eine Tochter des Grafen Albert von Schlieffen. Das Paar hatte zwei Töchter:

  • Elisabeth Auguste Marie Ernestine (* 13. September 1869 in Groß Krauschen; † 23. September 1943 in Neubrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) ⚭ Wilhelm von Hahnke (1867–1931), preußischer Generalmajor und Sohn des Generalfeldmarschalls Wilhelm von Hahnke
  • Marie Luise Philippine Katharina (* 9. Juli 1872 in Vendenheim bei Strasbourg)[4]

Auszeichnungen

Schlieffen stand à la suite des Großen Generalstabs der Armee und des 1. Garde-Ulanen-Regiments. Er war Inhaber höchster Orden und Ehrenzeichen. So z. B.:

Benennungen

Literatur

  • Petter, Wolfgang : Schlieffen, Alfred Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 81–83 (Digitalisat).
  • Wilhelm Hartmut Pantenius: Alfred Graf von Schlieffen. Stratege zwischen Befreiungskriegen und Stahlgewittern. Leipzig 2016.
  • Friedrich von Boetticher, Graf Alfred Schlieffen, sein Werden und Wirken. Berlin 1933.
  • Friedrich von Boetticher, Graf Schlieffen. Lehrmeister des neuzeitlichen Krieges. In: Von Scharnhorst bis Schlieffen 1806–1906, Hundert Jahre Preußisch-deutscher Generalstab. Generalleutnant a. D. von Cochenhausen (Hrsg.), Berlin 1933.
  • Wilhelm Groener, Das Testament des Grafen Schlieffen. Operative Studien über den Weltkrieg. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1927; 2. durchgesehene Auflage E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1929.
  • Klaus Jürgen Bremm: Alfred Graf von Schlieffen. in: Militär & Geschichte. Heft 71, Okt. 2013, S. 2632.

Weblinks

Wikisource: Alfred von Schlieffen – Quellen und Volltexte
Commons: Alfred von Schlieffen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Standesamt Charlottenburg I: Sterbeurkunde Alfred von Schlieffen. Nr. 10, 1913.
  2. Dominik J. Schaller: Ich glaube, dass die Nation als solche vernichtet werden muss: Kolonialkrieg und Völkermord in „Deutsch-Südwestafrika“ 1904–1907. In: Journal of Genocide Research. Band 6, Nr. 3, S. 398.
  3. Eine Trauerfeier für den Generalfeldmarschall Grafen v. Schlieffen. In: Berliner Volkszeitung. 6. Januar 1913, abgerufen am 24. April 2021.
  4. Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser. Justus Perthes, Gotha 1889, S. 892 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b c d e f g h Wolfgang Petter: Schlieffen, Alfred Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 81–83 (Digitalisat).
  6. a b c d e f g h i j k l m n Rangliste der Königlich Preußischen Armee und des XIII. (Königlich Württembergischen) Armeekorps für 1911. Hrsg.: Kriegsministerium, Ernst Siegfried Mittler & Sohn, Berlin 1911, S. 6.
  7. Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Württemberg, 1907, S. 49.
  8. Bernhard Grün: Zwischen Fronteinsatz und Freiheitsklang. Studententum und Kameradschaftswesen im Nationalsozialismus (Historia academica - Schriftenreihe der Studentengeschichtlichen Vereinigung des Coburger Convents. Band 57), akadpress, Würzburg 2019. ISBN 978-3-930877-52-2, S. 361

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grave of Alfred Graf von Schlieffen on Invalidenfriedhof cemetery in Berlin (1913)
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