Alexander Calandrelli

Reiterstandbild Friedrich Wilhelm IV. von Preußen vor der Alten Nationalgalerie in Berlin-Mitte
Signatur Alexander Calandrellis

Alexander Emil Ludovico Calandrelli (* 9. Mai 1834 in Berlin; † 26. Mai 1903 in Lankwitz) war ein deutscher Bildhauer italienischer Abstammung.

Leben

Der Sohn des 1832 aus Rom berufenen Edelsteinschneiders und Zeichners Giovanni Calandrelli absolvierte von 1847 bis 1850 die Berliner Akademie der Künste. Aus Geldmangel musste er sein Studium jedoch vorzeitig abbrechen. Er konnte jedoch seine Ausbildung in den Werkstätten von August Wredow, Friedrich Wilhelm Dankberg (bis 1852) und Friedrich Drake (bis 1855) fortsetzen. Anschließend arbeitete er bis 1863 bei Ferdinand August Fischer. Ab 1864 betrieb er eine eigene Werkstatt. Kleine Wachsarbeiten, deren Fertigung er bei Fischer erlernt hatte, bildeten den Übergang zu größeren Bildhauerarbeiten. Calandrellis erste größere Wachsarbeit waren Modelle zu einem silbernen Tafelaufsatz.

1874 wurde Calandrelli Professor für Bildhauerei, 1883 Mitglied und 1887 Senatsmitglied der Akademie der Künste. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen August Gaul und Martin Götze. Seine Tochter Margarethe heiratete am 25. Juni 1891 den preußischen Generalleutnant Franz Georg von Glasenapp.

Alexander Calandrelli wurde in Berlin auf dem landeseigenen Friedhof Wilmersdorf, Berliner Straße 81–103 beigesetzt. In Berlin-Lankwitz wurde bereits vor 1878 eine Straße nach ihm benannt.[1]

Leistungen

Calandrelli gehörte seit den 1870er Jahren zu den bevorzugten Künstlern des Kaiserhofes. Der gemäßigte Klassizismus seiner Arbeiten kennzeichnet ihn als einen späten Vertreter der Rauch-Schule in der Berliner Bildhauerschule, deren Einfluss am Ende des 19. Jahrhunderts massiv an Bedeutung verlor. Für ruhige Standbilder mit geforderter großer Porträtgenauigkeit war er einer der besseren Bildhauer seiner Zeit. Davon kann man sich in Rathenow überzeugen. Hier schuf er im Auftrag des Unternehmers Emil Busch 1885 das Denkmal des Begründers der deutschen optischen Industrie Johann Heinrich August Duncker, welches noch heute den Besucher auf dem Bahnhofsvorplatz in Rathenow begrüßt.

Werke

  • in der Berliner Nationalgalerie befinden sich
    • 1866/67 Sitzbild Peter von Cornelius nach Entwurf von Gustav Bläser als Attikastatue für das bereits 1884 abgerissene Palais des Kunstsammlers Athanasius Graf Raczynski; ein Gipsabguss soll sich im Museum Gotha befunden haben (verschollen)
    • 1874 Muse Thalia, Entwurfsmodell zur Bauplastik der Nationalgalerie Berlin
    • 1878/79 Allegorie der Kunst; Hilfsmodell zu einer Sockelfigur des Reiterstandbilds Friedrich Wilhelms IV. auf der Freitreppe der Nationalgalerie
    • 1878/79 Allegorie der Religion (wie vor)
    • 1880/81 Marmorstatue Peter von Cornelius; ehemals in der Vorhalle des Alten Museums Berlin
  • um 1864 Figurengruppen und reich verzierte Vasen für Schloss Wiesenburg
  • 1866 Gips-Standbild eines Kurfürsten (welches?) auf der Schlossterrasse zur Festdekoration anlässlich des Einzuges der siegreichen Truppen am 21. September 1866 in Berlin (zerstört)
  • 1867/68 vier Soldatenfiguren: Infanterie, Kavallerie, Artillerie und Marine an den Ecken eines silbernen denkmalartigen Aufbaus (Ehrensäule), bekrönt von einer Borussia von Gustav Bläser, als Jubiläumsgeschenk der preußischen Armee an König Wilhelm I. zum 60. Militärjubiläum des Königs; im Berliner Stadtschloss (verschollen)
  • um 1870: Ensemble Krieg – vier Figurengruppen aus Sandstein an der Rüsternallee im Großen Tiergarten, südwestlich der Kongresshalle. Die Figuren waren bis 1938 nahe dem Reichstagsgebäude am ehemaligen Alsenplatz aufgestellt und wurden für Albert Speers Welthauptstadt Germania aus dem Weg geräumt. Für 2012 ist eine Restaurierung und Neuaufstellung am nahe gelegenen und besser sichtbaren Großfürstenplatz vorgesehen.
Abschied des Landsmannes von August Wittig
Schlacht von Rudolf Schweinitz
Pflege der Verwundeten von Ludwig Brodwolf (teilzerstört, aber am Ort belassen)
Glückliche Heimkehr von Alexander Calandrelli[2]
  • um 1870 Ensemble: Vier deutsche Ströme – vier Figurengruppen aus Sandstein im Großen Tiergarten am Großfürstenplatz / John-Foster-Dulles-Allee, gegenüber vom Haus der Kulturen der Welt. Die Figuren, ursprünglich für die bereits 1882 abgerissene Königsbrücke am Alexanderplatz geschaffen, standen danach um einen Tritonbrunnen von Joseph von Kopf im Halbkreis herum. Den Figuren fehlen teilweise Köpfe, sie sind beschmiert und weisen Einschusslöcher auf. Sie befanden sich lange Zeit in einem Depot, nur der Brunnen und die Sockel waren vorhanden. Inzwischen (2015) wurden sie restauriert und wieder an ihrem ursprünglichen Standort aufgestellt.
August Wittig (1823–1893): Die Weichsel (Holzflößerei, Ährenleserin)
Rudolf Schweinitz (1839–1896): Die Oder (Frau, Bergmann, Schafscherer)
Alexander Calandrelli: Die Elbe (Merkur und ein Knabe mit Zahnrad)
Rudolf Schweinitz (1839–1896) Der Rhein (Weinlese, Lachsfang)
  • 1871–73 das Relief Auszug der Truppen und Erstürmung der Düppeler Schanzen an der Westseite des Sockels der Berliner Siegessäule, das sich auf den Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 bezieht (laut Meyers Lexikon das beste der vier Reliefs). Einige Figuren des Reliefs lassen sich als historische Personen identifizieren: Teilansicht 1, Gruppe links oben: Ferdinand Heinrich August Knerk (Staatsbeamter), Johann Heinrich Strack (Architekt), Heinrich Ludwig Alexander Herrmann (Technische Oberleitung) – sie waren für den Bau der Siegessäule verantwortlich. Rechts daneben der Prediger Wilhelm Hoffmann. Teilansicht 3, Bildmitte: Generalmajor Eduard von Raven, er starb nach einer Verwundung beim Sturm auf die Düppelner Schanzen. Teilansicht 4, links unten: Pionier-Leutnant Lommatzsch starb als Fahnenträger beim Angriff.
Johann Heinrich Strack – Büste für dessen Grab in Berlin
Büste für das Duncker-Denkmal in Rathenow, 1885
Reliefbild Franz Schwechten (1895)
Kurfürst Friedrich I. – Denkmal in Friesack (zerstört)
Entwürfe für ein Bootshaus bzw. Touristenhaus in Berlin-Grünau, Dahmestraße 6, Fertigstellung 1910[4]
Kriegerdenkmal in Eltville am Rhein
Sockelfiguren am Kriegerdenkmal (?) in Alsen
Bronzebüste Helmuth Karl Bernhard von Moltke im Kaiserhain auf dem Hutberg bei Großschönau (Sachsen)
Trautchen, Büste eines jungen Mädchens mit offenem Haar (Auktionsverkauf 1994)
weiblicher Akt, Bronzestatuette (Auktion 2004) wahrscheinlich eine Nymphe (siehe oben)
Reiterstandbild des Königs Wilhelm I. im Turnierkostüm mit zwei Landsknechten, 2 m hoch

Literatur

  • Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998.
  • Michael Puls: Gustav Hermann Bläser. Zum Leben und Werk eines Berliner Bildhauers. Letter-Stiftung, Köln 1996.
  • Bernhard Maaz (Hrsg.): Nationalgalerie Berlin. Das XIX. Jahrhundert. Bestandskatalog der Skulpturen. Verlag E. A. Seemann, 2006.
  • Peter Bloch, Waldemar Grzimek: Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert. Das klassische Berlin. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1978. (überarbeitete Auflage 1994)
  • Peter Bloch, Sibylle Einholz, Jutta von Simson: Ethos & Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786–1914. (Katalog und Begleitband zur Ausstellung) Berlin 1990.

Weblinks

Commons: Alexander Calandrelli – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Calandrellistraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  2. Glückliche Heimkehr (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive); Abbildung auf bildhauerei-in-berlin.de
  3. Kriegerdenkmal an der Landsberger Allee (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive), Historisches Foto auf bildhauerei-in-berlin.de
  4. Ortsverein Grünau e.v. (Hrsg.): Festschrift 250 Jahre Grünau. C. Presseagentur & Verlag, 1999.

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Calandrelli Relief Siegessaeule Berlin, Teilansicht 2.jpg
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Relief von Alexander Calandrelli (1834-1903) am Sockel der Berliner Siegessäule. Thema: der Deutsch-

Dänische Krieg von 1864, "Auszug der Tuppen und Erstürmung der Düppeler Schanzen". Das Relief entstand 1871-73.

Teilansicht (2).
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Relief von Alexander Calandrelli (1834-1903) am Sockel der Berliner Siegessäule. Thema: der Deutsch-

Dänische Krieg von 1864, "Auszug der Tuppen und Erstürmung der Düppeler Schanzen". Das Relief entstand 1871-73.

Teilansicht (3). Als historische Person lässt sich identifizieren: Generalmajor Eduard von Raven (Bildmitte).
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Relief von Alexander Calandrelli (1834-1903) am Sockel der Berliner Siegessäule. Thema: der Deutsch-

Dänische Krieg von 1864, "Auszug der Tuppen und Erstürmung der Düppeler Schanzen". Das Relief entstand 1871-73. Teilansicht (1). Vier historische Personen lassen sich identifizieren: als Gruppe links oben Heinrich August Knerk (Staatsbeamter), Johann Heinrich Strack (Architekt) und Heinrich Ludwig Alexander Herrmann (Bauleiter),

bei denen die Verantwortung für den Bau der Siegessäule lag. Rechts daneben der Theologe Wilhelm Hoffmann.
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Reliefbild des Architekten Franz Schwechten (1895) vom Bildhauer Alexander Calandrelli im Deutschen Technikmuseum (Inventarnummer: VBM E-5010) in Berlin. Wikipedianische KulTour am 10. Oktober 2015 in der Ausstellung des Museums.
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Relief von Alexander Calandrelli (1834-1903) am Sockel der Berliner Siegessäule. Thema: der Deutsch-

Dänische Krieg von 1864, "Auszug der Tuppen und Erstürmung der Düppeler Schanzen". Das Relief entstand 1871-73.

Teilansicht (4). Als historische Person lässt sich identifizieren: Ingenieur-Leutnant Lommatzsch (links unten).
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Reiterstandbild Friedrich Wilhelm IV. auf dem Zwischenpodest der Freitreppe der Alten Nationalgalerie auf der Museuminsel in Berlin-Mitte. Es wurde 1875-1886 von Alexander Calandrelli nach einem frühen Entwurf von Gustav Bläser geschaffen.
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Denkmal für Johann Heinrich August Duncker, den Begründer der optischen Industrie in Rathenow in Brandenburg, bronze-bust by Alexander Calandrelli 1885
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Signatur des Bildhauers Alexander Calandrelli am Reliefbild von Franz Schwechten im Deutschen Technikmuseum (Inventarnummer: VBM E-5010) in Berlin. Wikipedianische KulTour am 10. Oktober 2015 in der Ausstellung des Museums.